Ausgabe 190 am 24. Oktober 2015
Im Trüffelgarten
Keiner ist Topfavorit
Und die Welt
SC Freiburg
Die Biologin impft und verkauft Trüffelbäume. Auf Streuobstwiesen angepflanzt bieten sie eine eigene Ernte und sind nützlich. Seite 2
Der Auftritt des StreichTeams am Sonntag beim heimstarken FC St.Pauli ist die interessanteste Partie des Spieltages. Seite 11
Willkommen Leben Cinemaxx und die Studenteninitiative „Weitblick“ zeigen die Dokumentation „Willkommen auf Deutsch“. Seite 17
Die Mehrheit ist mitfühlend! Nach einem internen Papier des Bundeskriminalamts hat sich die Zahl der Taten mit rechtsradikalem Hintergrund im laufenden Jahr 2015 gegenüber dem gesamten Jahr 2014 bereits mehr als verdoppelt.Von Michael Zäh
D
ie Fakten sind auf dem Tisch. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat offenbar schon vor dem Messerangriff gegen die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker durch einen Mann aus der rechtsradikalen Szene in einer internen Lagebesprechung die Gefahr erkannt, dass mehr und mehr auch Politiker und Betreiber von Unterkünften für Flüchtlinge in das “Zielspektrum fremdenfeindlich motivierter Täterkreise” geraten könnten. Das BKA geht davon aus, dass die rechte Szene vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise einen “ideologischen Konsens” finde. Also: Weitere gefährliche Anschläge auf Leib und Leben drohen. Der Zusammenhang mit der Hetze, insbesondere auf den PegidaVeranstaltungen, ist evident. Auf solchen Märschen wurden ja schon kürzlich Galgen gezeigt, die für die führenden Politiker Angela Merkel und Sigmar Gabriel reserviert seien. Und kurz darauf sticht ein Mann in Köln Henriette Reker mit einem Messer in den Hals. Erst ist es das rechte Gedankengut, dann kommt die entsprechende Tat. Wer also mit solchen menschenverachtenden und abscheulichen Taten nichts zu tun haben will, muss den Hebel schon bei der verbalen Hetze ansetzen. Die Zahlen des BKA sprechen eine klare Sprache. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres gabe es bereits 461 Taten mit einem rechtsextremen Hintergrund. Das sind schon mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2014. Die Mehrzahl dieser Straftaten richtete sich gegen bereits bewohnte oder im Bau befindliche Sammelunterkünfte für Flüchtlinge. Meistens waren dies
HALLO ZUSAMMEN
Vorspiegeln falscher Beine
Brandstiftungen. Während sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) quasi selbstredend für ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter aussprach ("Wer Straftaten gegen Flüchtlinge, Polizisten oder Helfer begeht, muss auch mit der ganzen Härte des Rechtsstaates rechnen."), warnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mal wieder etwas unglücklich vor einer "gefährlichen Radikalisierung" von größeren Teilen der Gesellschaft.” Die Mehrheit müsse sich dagegen stellen, sagte de Maizière der Passauer Neuen Presse. Das klingt ja fast, als sei diese Mehrheit inzwischen knapp. Dabei zeigt ja der tägliche Alltag bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, dass es einen sehr breiten gesellschaftlichen Konsens in Deutschland gibt. Obwohl es mitunter schon
an Überforderung grenzt, lassen die Kommunen und eben auch viele freiwilligen Helfer nicht nach, diese Aufgabe tagtäglich anzugehen. Um den Menschen zu helfen, nimmt eine überwältigende Mehrheit der Deutschen sogar gewisse Einbußen im gewohnten Alltag in Kauf, etwa wenn Turnhallen in den Kommunen zu Notunterkünften werden und dann eben mal der Sportunterricht nicht stattfinden kann. Wenn rechte Brandstifter den Eindruck erwecken wollen, dass es angesichts der Flüchtlinge nun immer mehr Bürger in Deutschland gäbe, die von der Politik nicht mehr repräsentiert würden, dann ist das eine Verdrehung der Tatsachen. Denn selten hat sich wohl eine so breite Mehrheit für die FlüchtlingsPolitik von Merkel gefunden wie jetzt. Die Pegida-Hetze findet ja nur
statt, weil sie sich an eine stark ins rechtsradikale Milieu reichende Minderheit richtet. Die Zunahme der rechten Gewalttaten hat ihren Grund nicht etwa in einer größeren Zustimmung in der Gesellschaft. Sie hat ihren Grund schlicht darin, dass es aufgrund der momentanen Flüchtlingssituation einfach viel mehr Ziele gibt. Es ist nicht so, dass Pegida und Rechtsextreme nun mehr Zustimmung erfahren, weil die vielen Flüchtlinge gekommen sind. Es ist genau umgekehrt: Durch die konkrete Situation, dass diese Menschen jetzt da sind und Hilfe brauchen, sind dumpfe rechtsradikale Parolen nur Schall und Rauch. Der Prozess, der gerade stattfindet, trotz aller Ängste und Sorgen, ist mitfühlend!
Es sah schon ein bisschen zum Gruseln aus: zwei Beine ohne Oberkörper standen da einfach mitten in den Tagesthemen drin. Also zwischen den beiden Sprechern hinter ihren Pulten, quasi im freien Raum. Nur kurz, dann waren die Beine wieder weg, was der Sache noch mehr Geisterhaftigkeit gab, bis hin zum Glauben an übersinnliche Mächte. Oder an einen Hackerangriff mit gut werbeplatzierter optischer Täuschung. Mindestens eine Panne wurde da vermutet, etwa ein im Studio vergessener Programmdirektor, der sein Gesicht nicht zeigen wollte. Nun aber kommt die schlechte Nachricht. In der ARD stehen immer mehr halbe Menschen in diversen Sendungen rum. Und ein Slogan gibt es auch schon dazu: „Der ganze Mensch - die ganze Wahrheit: Tagesschau“. Oh je, die wollen jetzt nicht mehr hinter ihren Pulten stehen, sondern Beine zeigen. Das kennen wir ja schon von der Sportschau und vom Wetterbericht. Und dieses lässige Schlendern scheint uns in etwa wie das Vorspiegeln falscher Tatsachen. Michael Zäh