Ausgabe 192 am 21. November 2015
Humor ist Katalysator
Dreier wäre gut
Interview Martin Fromme ist einarmig und als Kabarettist bitterböse. Tabus kennt er auf der Bühne nicht, auch nicht bei Behinderungen. Seite 3
Eine WG wie eine Familie
SC Freiburg
Markt
Im Heimspiel gegen den SC Paderborn wird es wieder so sein, wie schon oft zuvor. Tief stehende Gäste lauern auf Konter. Gut für den Lernprozess. Seite 7
Es gibt in Freiburg eine WG für Pflegebedürftige, die aktiv am Leben teilhaben wollen. In der betreuten Wohngemeinschaft leben zwei Generationen. Seite 13
Angst und Ratio Gerade in den bedrohlichen Zeiten, in denen der Terror Angst in die Köpfe der Menschen pflanzen will, stellt sich die Frage, ob der Bevölkerung möglichst wenig oder möglichst viel an Details genannt wird. Von Michael Zäh
E
s heißt, dass Terroristen es darauf abgesehen haben, der Bevölkerung in Europa, auch in Deutschland, Angst zu machen. Dies mag im Großen und Ganzen stimmen, auch wenn es merkwürdig rational anmutet, in Anbetracht der Tatsache, dass eben diese Terroristen sich selbst in die Luft sprengen. Was möglicherweise noch mehr Angst macht, ist eben diese Tatsache, dass das Irrationale sich bei den Taten der Terroristen Bahn bricht. Zumindest bei den Tätern selbst ist es doch so, dass diese jenseits jeder Ratio sind. Wer kann denn glauben, ins Paradies hoch zu fahren, weil er soeben mit einem Sturmgewehr wahllos auf unbewaffnete, hilflose Leute schoss und sich dann selbst umbrachte? Es sind also die Hintermänner der Anschläge, die möglicherweise damit kalkulieren, dass wahlloses Morden wie in Paris die Bevölkerung verängstigt. Diese Hintermänner schicken lebende Bomben los und hoffen, damit umso mehr für Panik zu sorgen. Weil es überall passieren kann, dass ein Selbstmörder seinen Sprengstoffgürtel inmitten einer Menschenmenge zündet. Der ISTerror gründet darin, dass er Leute vorschickt, die unmenschliche Dinge tun, weil sie sich nach der Erlösung sehnen, die dann mit dem Selbstmord kommt. Klar macht das Angst. Schon das Kalkül dahinter ist zutiefst unmenschlich, nicht nur die Taten, die dann folgen. Dieser Angst muss man sich stellen. Denn bei ihr geht es um ein Phänomen, das ebenfalls irrational sein kann und deshalb noch viel mehr Schaden anrichteten kann als die Terrortaten selbst. Wenn die Angst sich erst einmal in den Köpfen
HALLO ZUSAMMEN
Profis drohen Landesfürsten
festsetzt, ist sie wie ein Lauffeuer, das Kultur, Lebensfreude und sogar den Alltag auffrisst. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, wieviel denn die Öffentlichkeit erfahren soll, oder umgekehrt, was ihr besser vorenthalten bleiben soll. Nach der Absage des Länderspiels in Hannover gab hier Innenminister Thomas de Maizière eine vieldiskutierte, weil ziemlich steile Vorlage. Er sagte, er könne die genauen Gründe für die Absage nicht nennen: “Ein Teil der Antworten würde die Bevölkerung verunsichern." Dieses Raunen hat natürlich für noch mehr Verunsicherung, aber auch für Hohn und Spott gesorgt. Es war ziemlich ungeschickt, was Thomas de Maizière da auf der Pressekonferenz rausgerutscht ist, unter höchster persönlicher An-
spannung, wie man vermuten darf. Er wollte doch nur auf den Umstand hinweisen, der zweifelsohne für ihn besonders schwer wiegt: Die Last der Verantwortung. Der Zeitdruck. Das Einsame darin. Die interessante Frage, die der Innenminister dabei unfreiwillig aufgeworfen hat, lautet aber: Ist die Angst der Bevölkerung kleiner, wenn sie von Details verschont bleibt. Oder ist sie dann noch größer, weil die Angst nicht mit konkreten Gedanken verbunden werden kann? Sollen also die Leute lieber nicht wissen, was die Terroristen geplant hatten, oder ist es nicht sogar besonders wichtig, dass die Menschen sich damit auseinander setzen können? Generell weiß man von dem Phänomen der Angst, dass eine konkrete Auseinandersetzung mit
ihr und ihren Gründen der einzige Weg ist, sie zu beherrschen. Zwar verschwindet sie dadurch nicht, aber sie greift dann auch nicht grenzenlos um sich. Angst ist ja ein Phänomen, das Sinn macht. Sie schärft die Sinne. Sie erfüllt in der Evolution eine ganz zentrale Aufgabe. Ohne Angst wäre der Mensch gar nicht lebensfähig, oder längst ausgestorben. Das Problem mit der Angst beginnt dort, wo sie in der Phantasie rast, auf und davon, ohne realen Bezug. Wie es so schön heißt, kann Angst “die Seele auffressen.” Aber nicht den Kopf, wenn dieser genug Input hat, um rational zu denken. Es sollte deshalb gerade in den bedrohlichen Zeiten so sein, dass die Bevölkerung informiert wird.
Da sind sie baff, die Profis im deutschen Fußball. Denn sie wurden aus dem Stegreif von den Amteuren rechts überholt und links liegen gelassen. BVB-Chef Hans-Joachim Watzke drohte sogleich mit den Worten: "Man sollte die Möglichkeiten des Profifußballs nicht unterschätzen." Aha, aber um was geht es? Da haben die Landesfürsten, also die Chefs der 21 Landesverbände im DFB, den amtierenden DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel als Nachfolger für den zurückgetretenen DFB-Chef Wolfgang Niersbach aufgestellt. Angeblich passt Watzke und Co. daran nicht, dass Grindel erst seit 2013 im DFB aktiv ist und dies als Schatzmeister in der zweiten Reihe. Mal ganz davon abgesehen, dass halt die Landesverbände bei der Wahl des DFB-Präsidenten zwei Drittel der Stimmen stellen (wobei die einfache Mehrheit reicht), kann doch wohl dem DFB nix besseres passieren als ein Chef, der nicht in den WM-Skandal 2006 verstrickt sein kann, weil er erst seit 2013 aktiv ist und zum Glück aus der zweiten Reihe kommt. Michael Zäh