195. Ausgabe, ET 06.02.2016

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Ausgabe 195 am 6. Februar 2016

Gefrotzel unter Männern Interview Marc Hofmann hat seinen zweiten Roman veröffentlicht, einen Roadtrip. In „Alles kann warten“ lässt er dialogische Funken sprühen. Seite 2

Mit drei Neuen

Kasperle kommt

SC Freiburg

Tipps

Mit den Angreifern Havard Nielsen und Florian Niederlechner sowie dem jungen Defensivtalent Pascal Stenzel geht es weiter. Seite 7

Die Freiburger Puppenbühne zeigt das Kinderstück „Kasper und Die Suche nach dem Roten Diamanten“. Seite 3

Puppe für Putin Der Besuch von Horst Seehofer in Moskau hatte keinen wirklichen Anlass. Das hat sich Wladimir Putin zunutze gemacht, um mediale Bilder entstehen zu lassen, die von einem „Aufruhr in Deutschland“ erzählen wollen. Von Michael Zäh

D

HALLO ZUSAMMEN

Forschen ohne Handbremse

Montage: S. Schampera

ieser Besuch passte in die närrische Zeit: CSU-Chef Horst Seehofer hat sich mit seiner völlig anlasslosen Stipvisite in Moskau tatsächlich zum Narren gemacht. Denn er hat übersehen, dass Wladimir Putin ein sehr gewiefter Taktiker in Sachen Medien und Metatexte ist, die er in Umlauf bringen will. Und so gab er Seehofers Besuch einen echten Grund, den dieser ja eigentlich nicht hatte.Das wirkte dann wie ein Schulterschluss mit Angela Merkels Gegenspieler in Deutschland. Das entspricht auf der Meta-Ebene dem, was Putin besonders gerne macht: Eine Brise Zwietracht säen, während gleichzeitig beteuert wird, dass man Eintracht anstrebe. Die große Aufregung im Vorfeld dieses Besuches war ebenfalls närrisch. Wenn CDU-Politiker dem CSU-Chef vorwarfen, dass er eine Art „Nebenaußenpolitik“ mache, die sich noch dazu gegen Merkel richte, dann wurde Seehofers Macht schlicht überhöht. Denn er war gar nicht der wirklich handelnde Akteur in dieser Inszenierung, sondern am Ende nur die Puppe in Putins Händen. Wer Horst Seehofer im Vorfeld dieser Moskau-Reise zutraute, dass diese ein bewusst kalkulierter Schachzug sei, um die Kanzlerin noch mehr in die Defensive zu zwingen, gibt ihm zuviel politisches Gewicht. Seehofer hat umgekehrt die Kritiker seines Putin-Besuchs als „fünftklassige Politiker“ bezeichnet, was eigentlich ja nur bedeuten kann, dass es sich bei ihm selbst um einen erstklassigen Politiker handeln muss. Da wurde, narri, narro, mächtig in die Luftschlangen geblasen. Am Aschermittwoch wird aber nur der Kater bleiben.

Der gravierende Mangel an dem Besuch Seehofers in Moskau war von vornherein der, dass es dafür keinen Grund gab. Deshalb hat Seehofer dann in den Vordergrund gestellt, dass Dialog wichtig sei, gerade jetzt und ganz besonders mit Putin. Diese durchaus richtige Erkenntnis hat Horst Seehofer allerdings nicht

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exklusiv. Und es ist ja keineswegs so, dass Angela Merkel nicht schon extrem viele Stunden im Dialog mit Wladimir Putin verbracht hat. Trotz aller Gespräche ließ Merkel sich aber nicht beirren, die Sanktionen gegen Russland so lange aufrecht zu erhalten, bis im Ukraine-Konflikt das Minsker Abkommen auch wirklich konsequent umgesetzt wird. Wenn Putin nun Seehofer lobte und dem CSU-Politiker den Satz entlockte, dass die Sanktionen der EU gegen Russland möglichst bald enden sollten, dann hat er damit in seiner Heimat den Eindruck erweckt, als gebe es einen in Russlands Sinne „vernünftigen“ Gegenspieler zu der deutschen Kanzlerin. Damit hat Putin den Konflikt zwischen Seehofer und Merkel in der Flüchtlingspolitik geschickt für seine eigenen Zwecke genutzt. Er ließ es so aussehen, dass Merkel-Gegner Seehofer auch im Ukraine-Konflikt an Putins Seite

stehe. Und wie immer erweckte Wladimir Putin den Eindruck, dass im Ukraine-Konflikt alle anderen unvernünftig sind. Wie auch die Flüchtlingskrise eher ein westliches Problem sei. Und während Putin diesen Eindruck erweckt, bombt er in Syrien an der Seite Assads (nicht nur gegen den IS) und trifft dabei offensichtlich auch viele Zivilisten, was immer mehr Menschen zur Flucht zwingt. Nach dem Besuch Seehofers bei Putin blieben die Bilder. Die waren eher peinlich für Seehofer und für seinen Begleiter Stoiber. Da waren also innige Umarmungen mit Putin, die in den russichen Medien dann als Beleg für einen „Aufruhr in Deutschland“ angeführt wurden. Na ja, im „Deutschland-Trend“ hat Seehofer dadurch zwei Zähler in der Beliebtheit zugelegt. Helau!

Der Gynäkologe Peter Braude vom Londoner King‘s College ist begeistert: „Wenn ich ein bestimmtes Gen entferne, was passiert dann mit der weiteren Entwicklung des Embryos? Das ist so, als würden Sie wissen wollen, wie ein Auto funktioniert. Wenn Sie den Anlasser entfernen, startet der Motor nicht mehr. Oder wenn Sie die Handbremse entfernen, dann können Sie prima weiterfahren, aber wenn Sie an einer Steigung parken wollen, merken Sie schnell, wozu sie eine Handbremse brauchen. Genauso ist es hier. Und das Tolle an der Gentechnik ist: Sie brauchen jeweils nur ein Gen herauszunehmen, um mehr zu wissen.“ Großbritannien erlaubt jetzt also Genmanipulationen an Embryos. Aber keine Angst: Bevor es dann die gefürchteten Designer-Babys geben wird, liegt noch ein langer Weg vor den Forschern. Sie müssen ja zuerst noch lernen, dass die Evolution keine Autos, sondern Menschen hervorbrachte. Oder dass sie nur so lange weiter forschen können, bis sie merken wofür sie eine Handbremse gebraucht hätten. Michael Zäh


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