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Ausgabe 217 am 18. Februar 2017
Das Judas-Bild
Verballermänner
Zukunftsvisionen
Theater
Champions-League
Leben
Ben Becker spielt „Ich, Judas“ nach einem Text von Walter Jens und wirft die Frage nach der Rolle des Judas auf. War er wirklich ein Verräter? Seite 2
Julian Draxler in Paris und Toni Kroos in Madrid schossen schöne Tore. Die Bayern zerlegen Arsenal und die Dortmunder verballern beste Chancen. Seite 9
Das Theaterprojekt „Hochwasserzukunft“ des Aktionstheaters Pan.Optikum bringt Gymnasiasten und junge Flüchtlinge auf die Bühne und im Leben zusammen. Seite 13
Ziemlich beste F(r)einde Martin Schulz, der Geist aus der SPD-Flasche, hat Horst Seehofer doch prompt dazu gebracht, sich hinter Angela Merkel zu stellen als Kanzlerin und erneute Kanzlerkandidatin. Er will also eine „Herrschaft des Unrechts“ unterstützen. Von Michael Zäh
W
as ein Geist aus der SPD-Flasche so alles bewirken kann! Kaum hat Martin Schulz die bis zur Grenze der Nichtmehrwahrnehmung darniederliegenden Genossen mit seiner Kanzler-Kandidatur in ein Stimmungs - und Umfragehoch versetzt und die SPD zu einem veritablen Konkurrenten belebt, da hat Horst Seehofer sich hinter Angela Merkel als Kanzlerin gestellt. Natürlich weiß man nie, ob das so ein großer Vorteil ist, wenn Horst Seehofer hinter jemandem steht. Und die Kanzlerin, die es auch wieder werden will, hat nicht einmal so richtig gelächelt, als Seehofer nun also die Unterstützung seiner CSU für die erneute Kandidatur Merkels verkündet hat. Wohl eher im Gegenteil. Angela Merkel vermittelt derzeit gerne den Eindruck, dass manche Menschen in der Union mal froh sein müssen, dass sie sich das mit der erneuten Kanzlerkandidatur überhaupt antut. Vor allem ein gewisser Horst Seehofer, der ja noch vor nicht allzu langer Zeit so tat, als würde er gerne selbst der Gegenspieler sein, also tatsächlich selbst als Kanzler kandidieren. Was natürlich völlig lächerlich war. Etwas tiefer geht da schon, was Seehofer in den letzten eineinhalb Jahren so alles über Merkel und ihre Politik von sich gab. Da war zum Beispiel die Aussage, dass Merkel 2015 eine „Herrschaft des Unrechts“ errichtet habe. Und wie geht das dann, dass man sich im Wahlkampf erneut als ziemlich beste Freunde präsentiert? „Wir haben eine vorzügliche Kanzlerin“, sagte Seehofer dazu. Seine Unterstützung
HALLO ZUSAMMEN
Sohlengang und Tigerzahn
gründe darin, dass es „Deutschland gut geht“ und darin, dass die ganze Welt im Umbruch sei, weshalb es eine erfahrene Kanzlerin brauche, die Stabilität garantiere. Also eine stabile Herrschaft des Unrechts in einer unruhigen Welt? In einer sowieso aus den Fugen geratenden Welt lieber ein Pol der Ruhe, ohne das geringste Lächeln, statt einem aufgeregten und offenbar aufregenden Dampfplauderer (wie Wolfgang Schäuble jüngst den SPD-Kandidaten Schulz in einem Interview bezeichnete)? Nach all seinen Angriffen und Belehrungen hat Horst Seehofer jetzt ein klitzekleines Glaubwürdigkeitsproblem mit seiner herzlichen Unterstützung für Merkel. Und auch deren Dank fällt spröde aus: „Dass wir das gemeinsam machen, stärkt die Sache natürlich.“ Es kann fast sein, dass Angela Merkel es nun zu
ihrem späten Markenzeichen macht, den schulterzuckenden Eindruck (in Deutschland, aber auch in der EU) zu erwecken: Wer nicht will, der soll es halt lassen! Das besorgt zwar so manchen Wahlkämpfer in der CDU, weil da die wahre Leidenschaft fehlt. Aber es kommt wenigstens ehrlich rüber, was natürlich als Marketing prima ist. Es macht Kante. Und es macht es spannend. Da ist die Kanzlerin in größtmöglicher Gleichmut und der SPD-Herausforderer in seiner Aufbruchstimmung. Und da ist ein Horst Seehofer, der 40 Prozent der Wählerstimmen für die Union gewinnen will (die momentan nach Umfragen hinter der SPD liegt), aber gleichzeitig sagt, dass er keinen Koalitionsvertrag unterschreiben werde, der nicht eine Obergrenze für Flüchtlinge enthält. Was wiederum Merkel die
dürre Aussage entlockt: „Ich habe nicht die Absicht, hier die Position zu ändern.“ Man habe den Konflikt in dieser Frage „nicht zugekleistert“, sagt Merkel noch. Und behauptet quasi im gleichen Satz, dass „Gemeinsamkeit ein hohes Gut in der Wahrnehmung der Menschen“ sei. Also was nun? Gemeinsam beste Freunde sein, die sich aber ständig streiten und das nicht verbergen wollen? Ziemlich beste F(r)einde sind sie. Zumindest gehen sie nun also gemeinsam gegen einen Martin Schulz vor, den sie auf breiter Front in seiner bisherigen Funktion als „Europäer“ angreifen. Das ist allerdings nicht so clever. Denn auch Merkel wird gerade mit ihrer Kompetenz für Europa punkten. Auch und sogar ohne Lächeln.
Also ehrlich, wenn wir unsere Wissenschaftler nicht hätten! Da fanden die jetzt doch glatt heraus, dass wir Menschen wohl deshalb auf den Sohlen gehen, weil wir halt von jeher eine aggressive Art haben. Die latent aggressive Natur von Menschen und Menschenaffen könnte die Entwicklung ihres Ganges mitbestimmt haben, mutmaßen Wissenschaftler. Der typische Sohlengang sei beim Kämpfen von Vorteil, berichten sie im Fachblatt „Biology Open“. Und prompt weiter: „Wenn Aggression in unserer Vergangenheit wichtig war, dann sollten wir Belege dafür in unserer Anatomie finden“, sagt David Carrier von der University of Utah (Salt Lake City/US-Staat Utah), der die Untersuchung zusammen mit Christopher Cunningham von der Swansea University (Swansea/Großbritannien) durchgeführt hat. Aha. Jetzt wissen wir aber nicht so recht, in welches Verhältnis wir den menschlichen Sohlengang zur Kopf- und Zahngröße eines sibirischen Tigers setzen sollen. Oder zum aufgerissenen Maul eines Krokodils. Michael Zäh