220. Ausgabe, ET 01.04.2017

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 220 am 1. April 2017

Satisfaction

Ausgleich Bratsche

Gegen drei Verfolger

Und die Welt

SC Freiburg

Freiburg bekommt eines der weltweit größten Rolling-Stones-Archive. Der Uni wurde eine Sammlung übergeben. Seite 2

Gegen Bremen, Wolfsburg und Mainz hat der SC die Chance, sich vom Abstiegskampf zu verabschieden. Und das Risiko, wieder drin zu sein. Seite 7

Leben Kinder-Herzchirurg Johannes Kroll liebt die Musik als Ausgleich. In Freiburg spielt er gleich in mehreren Ensembles Bratsche. Seite 11

Farbspiele zur Macht Der Schulz-Effekt? Kanzlerin Merkel meinte nach der Wahl im Saarland, dass sie sich „nicht mit irgendwelchen Effekten“ beschäftigen mag. Aber natürlich ist für Martin Schulz und die SPD noch alles drin. Na ja, fast alles. Von Michael Zäh

D

er Schulz-Effekt, heißt es, wenn eine Fantasie in Worte gefasst werden soll, die sich kaum glauben lässt, jedoch dann eben den Glauben zurück bringt. Und zwar den Glauben der SPD an ihre eigene Stärke, wo doch vor Schulz ein Dümpeln so um die 20-Prozent-Marke war, sogar mit Abwärtstendenz zum Nirwana. Bis also Martin Schulz kam, der 100-Prozent-Mann (so seine Quote bei der Wahl zum SPD-Chef), der von den Genossen wie ein Messias der Sozialdemokratie gefeiert wird. Dies alles ging bis zur Wahl im Saarland, die praktisch ein Aufgalopp für die nun folgenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bis hin zu der im September anstehenden Bundestagswahl werden sollte. Der Schulz-Effekt? Kanzlerin Merkel meinte nach der gewonnenen Wahl im Saarland, dass sie sich mit „irgendwelchen Effekten“ nicht beschäftige. Das zerging ihr süß auf der Zunge. Und Annegret Kramp-Karrenbauer, die eindeutige Wahlsiegerin, meinte zum Schulz-Effekt: Die CDU habe in diesem Wahlkampf einen Stimmungsumschwung erlebt, nachdem Martin Schulz grünes Licht für eine

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Diese Insel der Isolation

Koalition mit den Linken gegeben habe. Danach seien die CDU-Werte nämlich gestiegen. „Wenn das der Schulz-Effekt ist, können wir gut damit umgehen“, spottete Kramp-Karrenbauer. Nun ist das Saarland tatsächlich nicht zwangsläufig ein Gradmesser für die kommenden Wahlen. Schon deshalb nicht, weil Kramp-Karrenbauer ja schon zuvor im Saarland regiert hat und dort für ihre Politik hohe Zustimmungswerte hat. Da hat man dem Schulz-Effekt vielleicht ein bisschen zuviel zugetraut, ein solch stabiles Gebilde zu kippen. Bei den nun folgenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen regiert die SPD mit Torsten Albig und Hannelore Kraft. Da muss der Schulz-Effekt also nicht gleich Berge versetzen. Da darf Schulz vielleicht sogar umgekehrt durch Wahlsiege der

SPD auf Rückenwind für ihn als Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl hoffen. Doch eine Frage stellt sich nach der Wahl im Saarland denn schon: Mit welchen Farben will Martin Schulz denn an die Macht? Will er auch im Bund auf rot-rot-grün setzen? Hatte Kramp-Karrenbauer mit ihrer süffisanten Wahlanalyse überhaupt recht, oder wollte sie aus taktischen Gründen nur diesen Anschein erwecken, dass rot-rot-grün für mächtig Aufwind im schwarzen Lager sorgt? Vielleicht wäre es der Kanzlerin und der Union ja sehr recht, wenn Martin Schulz nun eine rot-rot-grüne Koalition für den Bund ausschließen würde. Vielleicht hat er nämlich genau darin noch immer die besten Chancen, wenn er an die Macht kommen will. Die andere Frage ist allerdings, ob er zuviel dieses rot-rot-grünen

Farbenspiels überhaupt zum Thema machen soll. Tut er es, dann bietet sich für die CDU an, einen Lagerwahlkampf daraus zu machen, in der Absicht, die bürgerliche Klientel zu gewinnen, also auch jene Wechselwähler, die sich ein Kreuz bei der SPD zwar gut vorstellen können, aber nicht eine Koalition mit den Linken. Schweigt er das Thema aber aus, dann kann er all jene jungen Wilden verunsichern, die ihn derzeit auf Händen tragen. Vermutlich gibt es im Hinterkopf des Martin Schulz auch noch die unaussprechliche Variante (die er echt niemandem laut sagen darf), dass er nach der Bundestagswahl ja auch eine erneute Große Koalition anführen könnte. Das wäre echt ein Effekt. Der als Junior-Schulz neben Merkel verpufft.

Scheiden tut weh. Es gehört wohl zu den Klassikern aller gescheiterten Beziehungen, dass man das sagt, was Angela Merkel jetzt gesagt hat: „Lasst uns Freunde blieben!“ Ja klar, das wäre schön. Aber es hat einen Haken: Merkel sagt das nur, um eben das zu bemänteln, was wirklich zählt. Wenn Großbritannien nun also offiziell aus der EU aussteigen will, kann ja vor allem eines gar nicht sein, aus Sicht der EU und aus Sicht Merkels. Nämlich dass sich der Ausstieg für die Briten auch noch lohnt, wie das von den streitbaren Brexit-Populisten stets (aber ohne weitere Realitätsbindung) behauptet wurde. Es wird eher umgekehrt laufen. Es stehen 27 EU-Staaten gegen die von den Briten gewählte Fantasie. Das wird zu einer ungleichen Verhandlung führen, weil die Brexit-Populisten zwar ein eher fatales Referendum im eigenen Land knapp für sich entscheiden konnten, nun aber keinerlei Hebel haben, weshalb Merkel und Co. ihnen entgegen kommen sollten. Ja, diese Insel da, die viel Charme hat, wird jetzt echt zu einer Isolation. Michael Zäh


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