222. Ausgabe, ET 29.04.2017

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 222 am 29. April 2017

Vor dem Umbruch

Moderner Konfuzius

Buchtipp

Bayerns Ausscheiden

Leben

Der Wolfsexperte Günther Bloch hat ein neues Buch geschrieben, mit wertvollen Tipps für ein Zusammenleben von Wolf und Mensch. Seite 2

Nach den beiden Pleiten in der Champions-League und dem DFB-Pokal-Halbfinale ist die Zeit der alten Superstars abgelaufen. Seite 9

Rückkehr der Wölfe

Ganz versteckt liegt das Konfuzius-Institut in Freiburg. Hier werden Veranstaltungen angeboten, man kann Chinesisch lernen und fröhlichen Menschen begegnen. Seite 13

Gegen die Ängste der Alten Noch hat Emmanuel Macron die Stichwahl am 7. März um das französische Präsidentenamt nicht gewonnen. Es wird nicht nur eine Abstimmung Pro oder Contra EU, sondern auch eine von „Vorwärts“-Optimismus gegen Pessimismus. Von Michael Zäh

D

er 7. Mai wird ein Zeichen senden. Nachdem die Briten für ihr „Exit“ aus der EU gestimmt haben und die Amerikaner dann den Populisten Donald Trump zum Präsidenten wählten, kommt der Stichwahl um das Präsidentenamt in Frankreich eine besondere Bedeutung zu. Emmanuel Macron, der junge Pro-Europäer tritt gegen Marine Le Pen an, die extrem rechte Nationalistin. Und nein: Diese Stichwahl ist noch nicht entschieden. Auch wenn Macron im ersten Wahldurchgang die meisten Stimmen bekam und sich dann gleich auch noch die dort unterlegenen Kandidaten der etablierten Parteien, nämlich der Republikaner Fillon und der kläglich gescheiterte Sozialist Hamon hinter den Shootingstar Macron stellten und dazu aufriefen gegen Le Pen zu stimmen. Womöglich ist das sogar eine Steilvorlage für Le Pen in der letzten Wahlkampfwoche. Die Ähnlichkeiten mit den Ideen von Populist Donald Trump sind frappierend. Gegen das gesamte Gebilde des Establishments soll es gehen, lautete bekanntlich Trumps Wahlversprechen ebenso wie jetzt Marine Le Pen wettert. Sie hat zwar den ersten Wahldurchgang nicht wie sie hoffte als Siegerin bestritten, aber sie hat die Hürde zur Stichwahl genommen. Sie steht also mit einem Fuß im Zentrum der Macht, und zwar mitten in Europa. Also griff Le Pen den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron als Kandidaten „der Banken und der Salons“ an: „Es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, dass er Frankreich liebt... Man spürt nicht, dass er Frankreich und die Franzosen mag.“

HALLO ZUSAMMEN

Ivanka Trump bei Merkels

Auch Trump hatte ja im USWahlkampf auf dieses „I love you“ gesetzt und die angeblich kleinen Leute als Zielgruppe seiner Liebe erkoren. Wie Trump setzt auch Le Pen auf die sogenannte Stärkung der heimischen Wirtschaft, also raus aus der EU und dann mit Hilfe von Zöllen und Steuern auf importierte Waren einen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil für Frankreichs Unternehmen zu erzielen. Le Pen hat bei der Stichwahl am 7. Mai eigentlich ihren erklärten Lieblingsgegner vor sich. Macron, sagt Le Pen, sei nämlich „für eine Liberalisierung des Arbeitsrechts, für Masseneinwanderung und eine wilde Globalisierung.“ Im Grunde läuft es also auf die Frage hinaus, ob sich auch die Franzosen in Nationalismus abschotten wollen (wie die Briten und die Amerikaner

wählten), oder ob sie für die EU und die Globalisierung stimmen. Weil in Frankreich eine relativ hohe Arbeitslosigkeit herrscht und die Stimmung in der Wirtschaft recht mies ist, dürfte gerade hier der Schlüssel zum Präsidentenpalast liegen. Glauben die Franzosen, dass der rechtsextreme Nationalismus ihnen mehr Jobs, mehr Geld und mehr Sicherheit bringt, oder dass sich umgekehrt das Blatt nur mit einem progressiven Kurs in der EU wenden kann? Emmanuel Macron hat hier eine seltsame Faszination zu bieten. Wie schon seine erst vor einem Jahr gegründete Bewegung heißt (die er nicht Partei nennen will), „En Marche“ (etwa: Vorwärts, oder „Wir gehen voran“), steht er für einen optimistischen Kurs. Mit seinen noch nicht einmal 40 Jahren gibt er

auch noch ein passend jugendliches Gesicht dazu ab. Interessant ist daran auch, dass Macron ein Dilemma der gesamten rechten Bewegung in Europa (und anderswo) aufdeckt: Die Rechtsextreme setzt immer auf Angst, Abschottung, auf stets rückwärtsgewandte Ideale. Nichts, was jung und zuversichtlich ist. Nichts, was am Ende nicht weltfremd wäre. Überspitzt könnte man sagen: Es sind die Ängste der Alten, die hier gegen den Aufbruch mobil machen wollen. In Frankreich hat sich diesen Tendenzen ein Junger entgegen gestellt, der aber in der alten französischen Elite bereits zuvor Karriere gemacht hat (Rothschild-Banker, Wirtschaftsminister unter Hollande). Le Pen will das altbacken für sich nutzen.

Was war das doch wieder für eine schlaue Idee von Angela Merkel: Da es mit Donald Trump nicht ganz so einfach ist, hat sie ganz einfach seine Tochter Ivanka Trump nach Berlin eingeladen und ihr dort ein Podium verschafft. Dort war die junge Frau Gast beim „Women20 Summit“ und nahm an einer Diskussion zum Thema Stärkung von Frauen in der Wirtschaft teil. Es gab nichts, was sie dafür mehr qualifiziert hätte als Millionen andere junge Frauen. Wohl im Gegenteil: Als Tochter eines Milliardärs Trump, der ihr dann halt ein Modelevel als Spielplatz eröffnete, musste sie sich nicht so sehr in der Wirtschaft behaupten wie etliche andere Frauen ohne diesen Hintergrund. Nun sagte sie also auf dem ihr von Merkel verschafften Podium: „Ich bin sehr stolz auf den Einsatz meines Vaters. Lange bevor er die Präsidentschaft übernommen hat, war er schon ein großer Meister darin, Familien zu unterstützen und ihnen zu ermöglichen, zu wachsen.“ Ja klar, die eigene Familie, jetzt mit Ivanka bei den Merkels. Michael Zäh


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