226. Ausgabe, ET 24.06.2017

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 226 am 24. Juni 2017

Picassos Modell Portrait Sylvette David war das Mädchen mit dem Pferdeschwanz, das Pablo Picasso unzählige Mal malte. Heute ist sie 83 und selbst Künstlerin. Seite 2

Breite Perspektiven

Krebskranken helfen

Confed Cup, U21-EM

Leben

Bundestrainer Löw hat ein recht interessantes Ding laufen: Er kann aus drei Kadern wählen: Dem Confed-Cup-Team, der U21 und den Etablierten. Seite 9

Rainer Fritzsche leitet die Brückenpflege. Mit seinem Team kommt er zu schwerkranken Tumorpatienten nach Hause. Sie sind rund um die Uhr erreichbar. Seite 13

Grün wird wieder griffig Auf ihrem Parteitag in Berlin haben die Grünen ein Wahlprogramm verabschiedet, von dem sie selbst wissen, dass es teilweise an Utopie grenzt. Das aber ist ja gerade der Witz daran: Sie wollen wirklich Verantwortung übernehmen. Von Michael Zäh

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ie soll man das jetzt also finden, was die Grünen auf ihrem Parteitag in Berlin als ihr Programm vorgestellt haben? Sagen wir so: Es ist jedenfalls mal wieder griffig und grün (ohne jetzt zu sehr in den Fußball-Jargon verfallen zu wollen, trotz einer gewissen Affinität eines grünen Oberbürgermeisters in Freiburg zum rollenden Ball). Quasi im Gegensatz zu den gefühlt ewigen Zeiten der Konturlosigkeit grüner Kommentare zu Politik und Weltgeschehen. Insoweit: Bravo! Da wird der Ausstieg aus der Kohle bis 2030 verlangt, das Abschalten der 20 schmutzigsten Kraftwerke mal gleich vorneweg, das Ende des Verbrennungsmotors (ab 2030 sollen nur noch Fahrzeuge neu zugelassen werden, die ohne Verbrennung laufen, also nur noch elektrisch), es soll die Ehe für alle geben (nicht die Ehe „mit“ allen, wie SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz kürzlich vorschlug) und es soll mit den Grünen definitiv keine Obergrenze für Flüchtlinge geben. Das ist mal eine mutige Ansage, die auf jeden Fall die Richtumg vorgibt, wie die Grünen und ihre Wähler sich in eine Regierung mit einbringen wollen. Sie bekennen sich dazu, „real und radikal“ zu sein und haben sich auch nicht auf mögiche Koalitionen nach der Wahl am 24. September festgelegt. Auch keine augeschlossen, die die Welt voranbringen könnte. Die Botschaft lautet also: Wir wollen Verantwortung im Lande übernehmen, und wir werden hier auch gebraucht, wenn die Ziele im Klimaschutz auch in Deutschland umgesetzt werden sollen. Dazu hat

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HALLO ZUSAMMEN

Denn der Mensch fühlt

Fraktionschef Anton Hofreiter beim Parteitag denn auch die passende Performance hingelegt. Seine als „Wutrede“ (nein, jetzt nicht schon wieder an Fußball denken, von Rudi Völler bis Trappatoni und so) durch die Medien und das Internet gegangene Kampfansage machte deutlich: „Es ist die zentrale Existenzfrage, um die wir hier ringen“, und es sind nicht ein paar Nebensächlichkeiten, die man aufschieben könne. Ja, da sind sie wieder in Fahrt, die Grünen, die ja damals daraus entstanden sind, den Austieg aus der Atomenergie zu fordern, der ja heute von der Merkel-CDU in die Tat umgesetzt wird. Anton Hofreiter mobilisierte die Seinen, indem er dem US-Präsidenten Donald Trump vorwarf, „unverantwortlichst“ (geht so ein Wort eigentlich?) das Klimaabkommen gekündigt zu haben (was Trump 99 Prozent der Staaten

dieser Welt vorwerfen), dann aber doch viel konkreter (und wunderbar noch wütender) wurde, mit seinen Angriffen auf Merkel und die Große Koalition, sprich: die amtierende Bundesregierung. Die CO2-Bilanz in Deutschland bezeichnete er als eine reine Katastrophe, da hierzulande noch immer am meisten Braunkohle verbrannt würde, und nicht etwa in China oder sonstwo. Auch der Dieselbetrug - wo komme der her? Aus den USA unter Trump, dem Schrecklichen? Nee, von VW! Also gut, das sind grüne Kampfansagen. Vieles daran kann Wähler mobilisieren, die einfach ein Gegengewicht zur allgemeinen Ausbeutung aller Ressourcen für wünschenswert halten. Es ist ja auch nicht darauf angelegt, die absolute Mehrheit bei der Bundestagswahl zu erringen, sondern eventuell eine Art Korrektiv zu sein. So real kann

radikal tatsächlich sein. Es wurde medial nach dem Parteitag zu sehr in den Vordergrund gerückt, dass die Grünen die „Ehe für alle“ als Bedingung für jedwede Koaltion, also als sogenannte rote Linie, in ihr Programm aufnahmen. Weil die CDU da nicht auf Linie ist, sondern die Ehe von homosexuellen Paaren ablehnt. Aber damit machen sich die Grünen nicht unmöglich für eine Koalition, da eine (wahrscheinliche) Merkel-Mehrheit hier durchaus mit dem altbekannten Mittel operieren könnte, dass die Vereinnahmung grüner Inhalte selbstverständlich ist. Mit der SPD ginge es sowieso, weil Schulz für seine Ehe mit allen ist. Na klar, man kann den Grünen vorwerfen, dass sie selbst wissen, dass ihre Ziele utopisch sind. Aber das ist ja der wahre Witz daran!

Der Mensch kann denken. Die Maschine kann rechnen. Also hat eine Ethikkommission darüber nachgedacht, was denn die Leitlinien für das vollautomatisierte Fahren sein müssen. Die 14 Denker (neben Juristen, Ingenieuren und Technikern war auch ein Philosoph und ein Theologe dabei), die von Verkehrsminister Dobrindt beauftragt worden waren, kamen zu einer Prämisse, die zunächst selbstverständlich klingt, es aber dann doch in sich hat: Die Maschine muss so programmiert sein, dass der Schutz des menschlichen Lebens immer Vorrang hat. Links steht ein Blecheimer, rechts spielt ein Kind: Hier muss die Maschine in den Blecheimer fahren. Kein Problem. Was ist aber, wenn die Entscheidung ansteht, entweder in den Gegenverkehr zu steuern, oder in eine Menschenmenge, die auf der Straße steht? Wenn die Maschine so programmiert ist, dass sie den Fahrer schützen soll, wird sie in die Menge und nicht in das entgegenkommende Auto fahren. Und was täte der Mensch am Steuer? Vielleicht das Unmögliche. Denn der Mensch fühlt. Michael Zäh


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