229. Ausgabe, ET 05.08.2017

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage Samstag, 5. August 2017

Samstag, 5. August 2017

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Ausgabe 229 am 5. August 2017 Samstag, 5. August 2017

Menschenverstand Interview Die Philosophin Susan Neiman schreibt in ihrem Buch „Widerstand der Vernunft“ Klartext über Trump und postmoderne Ideologien. Seite 2

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Die Vorfreude steigt SC Freiburg Die ersten Paarungen in der Bundesliga haben es für den SC in sich: Frankfurt, Leipzig, Dortmund. Das macht ja Appetit! Seite 7

Rückkehr des Spions Leben Der neue Roman des Beststeller-Autors John Le Carré erscheint am 7. September. An diesem Tag liest er in London, was live im Cinemaxx übertragen wird. Seite 11

Abstrampeln.Absturz.Schulz Während Angela Merkel im Sommerurlaub ein bisschen wandert, bemüht sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz um viel mediale Präsenz. Aber seine Idee, dass Merkel „ihre Pflichten vernachlässigt“, bringt ihn nicht wirklich weiter. Von Michael Zäh

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ährend Angela Merkel beim Wandern kleinere Hügel erklimmt, stürzt Martin Schulz weiter ab. Dabei gibt er sich alle Mühe, nicht im Sommerloch zu verschwinden, sondern diese nachrichtenärmere Zeit zu nutzen, um sich als Kanzlerkandidat der SPD ins richtige Licht zu rücken. Dabei hat Schulz allerdings nun ein Thema „entdeckt“, mit dem er in der heißen Phase des Wahlkampfes punkten will: Die Flüchtlingskrise. Da rückt er sich also eher ins rechte Licht anstatt ins richtige. Er bekam denn auch gleich ein (natürlich vergiftetes) Lob von der AfD. Dabei ist es nicht so, dass man Schulz eine ehrliche Sorge über die dramatische Situation in Italien nicht abnehmen wollte. Dort reiste er vergangene Woche hin, dort traf er Paolo Gentiloni, den italienischen Premier. Ja, in Kreisen europäischer Spitzenpolitiker kennt sich Schulz prächtig aus, da er ja sehr lange Präsident des EU-Parlaments war. Da fühlt er sich sicher und ist oft auch beliebt. Warum sollte Martin Schulz jetzt im Wahlkampf diese Karte nicht spielen dürfen?

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Was in alten Büchern steht

Was offen sichtlich auch bei den Wählern nicht gut ankommt, ist die leicht zu durchschauende Absicht von Schulz, die Flüchtlingskrise im Wahlkampf gegen Merkel als deren Schwachstelle zu wenden, also die schlimme Situation mit tausenden im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlingen zu instrumentalisieren. Prompt fielen die Umfragewerte von Schulz auf einen Tiefpunkt. Nur noch 21 Prozent würden ihn direkt zum Kanzler wählen. Zuerst hatte Schulz in der „Bild am Sonntag“ den direkten Angriff auf Merkel gestartet: Wer angesichts der „hochbrisanten“ Lage auf Zeit spiele und versuche, das Thema Flüchtlinge bis zur Bundestagswahl zu ignorieren, verhalte sich zynisch, so Schulz. Na gut, wer aber glauben machen möchte, dass man in den wenigen Wochen bis zur Wahl am 24. September nun all das in der

Flüchtlingsfrage erreichen könne, was seit Jahren nicht funktioniert hat, der opfert ein Stück weit seine Glaubwürdigkeit. „Wir müssen aus dem System der Hoffnungslosigkeit ein System der Hoffnung machen“, sagte Schulz in Italien in Hinblick auf die Flüchtlingskrise. Gleichzeitig weist er immer wieder darauf hin, Merkel habe 2015 die Grenzen zu Österreich geöffnet und so „kamen über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland“ (was etwas übertrieben ist: Es waren 890.000 Menschen). Er spielt untergründig mit der Angst vieler Wähler, dass sich dieses Szenario wiederholen könnte. Doch das wird ihm wohl kaum zusätzliche Stimmen einbringen. Es ist sowieso sein größter Irrtum, dass er glaubt, die Wähler davon überzeugen zu können, dass Merkel „ihre Pflicht vernachlässigt.“ Dies sagt

Martin Schulz in einem Interview mit „Spiegel online“ (medial also ganz schön fleißig). „Ich muss nicht Angela Merkel zum Zittern bringen, ich muss für die Zukunft dieses Landes die besseren Vorschläge machen. Das ist gar nicht so schwer: Die Amtsinhaberin macht ja gar keine“, sagt er dort etwa. Aber da hakt es mit der Logik. Denn Schulz vermittelt damit das (immer gleiche) Bild einer quasi untätigen Merkel („Die CDU-Vorsitzende ist ein Profi im Vertagen von Problemen“, so Schulz), gegenüber einem emsigen und tatkräftigen Herausforderer. Man könnte das aber auch so verstehen: Er strampelt sich ab, gegen eine Kanzlerin, die lässig wandert. Ist das nicht jenes „System Hoffnungslosigkeit“, das Schulz für sich selbst gerne drehen würde?

Christian Streich wurde halt gefragt: 222 Millionen Ablöse für Neymar? Das brachte den Freiburger Trainer laut einem vom „kicker“ zitierten Monolog zum „Gott des Geldes“, der immer größer wird. „Und irgendwann verschlingt er alles. Aber die meisten werden es erst merken, wenn alles verschlungen wird. […] Der Mammon - es steht nicht umsonst in den alten Büchern - ist eine der größten Gefahren für die Menschen: dass er über sie Besitz ergreift“. Aber es sei natürlich nicht böse, wenn ein junger Kicker immer mehr Geld wolle, sondern nur dessen Streben nach Anerkennung und Sicherheit. Alle diese philosophischen Gedanken von Christian Streich nehmen wir mit in den Urlaub. Denn die ZaS macht wie jedes Jahr ihre Sommerpause, in der unser Streben nach Erholung, Entspannung, Bücher (alte und neue) und natürlich einen guten Bundesligastart des SC Freiburg geht. Wir wünschen unseren Lesern, dass sie auch ohne uns gut durch das Sommerloch 2017 kommen. Die nächste ZaS gibt es am 9. September. Michael Zäh


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