230. Ausgabe, ET 09.09.2017

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Ausgabe 229 am 9. September 2017

Leidenschaft in Bildern Interview Der Freiburger Fotograf hat Tango-Paare in Buenos Aires fotografiert und sich dabei in die Stadt verliebt. Jetzt erscheint der Bildband. Seite 2

Der zornige Herr Löw Nationalmannschaft Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich nach dem Auftritt von rechten Chaoten mal von seiner ganz anderen Seite und sagte „Das ist verachtenswert!“ Seite 9

Welt der Illusionen Leben „Magic Man“ Willi Auerbach veranstaltet eine Varieté-Benefizgala im Theater Freiburg und zeigt dabei auch seine preisgekrönte Zaubershow. Seite 13

Farbenspiele vor der Wahl Mit der FDP und der AfD werden wohl zwei Parteien neu in den Bundestag einziehen. Wobei die Farbe Gelb bei etlichen möglichen Koalitionen ins Spiel gebracht wird. Christian Lindner hat Cem Özdemir schon als Außenminister angesprochen.Von Michael Zäh

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s braucht wohl keinen Blick in die Glaskugel, um gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl am 24. September zumindest eines behaupten zu können: Mit der FDP und der AfD werden zwei weitere Parteien in den Bundestag einziehen, beide so in der Größenordnung von Grünen und Linke. Also irgendwo zwischen acht und zehn Prozent. Das kostet natürlich irgendwo Prozentpunkte bei den anderen Parteien und dürfte die Optionen für denkbare Koalitionen nach der Wahl erhöhen. Zumindest die FDP wird hier in allen nur möglichen Konstellationen mit rein phantasiert. Bei dieser Bundestagswahl ist tatsächlich vieles drin, aber wohl immer mit einer Kanzlerin Merkel an der Spitze: Wird es erneut eine Große Koalition geben oder doch lieber die Neuauflage einer schwarz-gelben Regierung? Aber es könnte auch neue Farbkonstellationen geben - Schwarz-Grün oder die sogenannte Jamaika-Variante aus Union, FDP und Grünen. Also man sieht schon: In zwei dieser vier wahrscheinlichen Konstellationen

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Mit falschen Karten gespielt

spielt Posterboy Christian Lindner und seine FDP eine zentrale Rolle. Er ist quasi der Spion, der aus der Kälte kam. Dorthin hatten die Wähler ja die FDP 2013 geschickt. In den letzten Umfragen lag die Union so bei 38 Prozent. Da müssten die Grünen oder die FDP (beide liegen derzeit zwischen 8 und 10 Prozent) also noch eine Schippe drauflegen, um als alleiniger Koalitionspartner von Merkel in Frage zu kommen. Vielleicht hat Lindner deshalb im „Fünfkampf“ in der ARD den Grünen-Chef Özdemir lässig geduzt und sprach ihn in einer Fragerunde als möglichen künftigen Außenminister an - „in welcher Konstellation auch immer“, so der Liberale. Wenn es Merkel und Schulz wirklich ernst damit meinen, dass sie die Fortsetzung der Großen Koalition nur dann anstreben, wenn es

gar nicht anders geht – das wirkte beim TV-Duell allerdings gerade nicht so, weshalb das ganze für manche Beobachter ja bereits wie ein Sondierungsgespräch für die nächste GroKo wirkte – dann wäre Jamaika plötzlich nicht mehr weit weg. Natürlich gibt es auch ein paar unwahrscheinliche Konstellationen, die aber rechnerisch eventuell drin wären, falls es Schulz und der SPD doch noch gelingt, eine größere Zahl der Unentschlossenen im Endspurt zu gewinnen: Die Ampel aus Rot, Gelb und Grün, wobei die FDP das wohl kaum mitmachen würde, wenn sie nicht durch ihre vierjährige Abwesenheit völlig ausgehungert ist. Und ein rot-rot-grünes Bündnis, das allerdings (selbst wenn es denn rechnerisch möglich würde) schwierige Verhandlungen mit sich brächte, etwa in den Positionen der

Linken in der Außenpolitik. Mit der AfD will ja keiner eine Koalition eingehen. Aber die AfD wird in den neuen Bundestag einziehen und dort also auch ihre Stimme haben. Das kann Debatten anheizen, ist aber grundsätzlich der beste Weg. Denn auch in den diversen TV-Debatten hat sich ja gezeigt, dass man dem Versteckspiel der AfD am besten mit sachlichem Einbezug beikommt. Im ARD-Fünfkampf lief das optimal. Die AfD-Kandidatin Alice Weidel bekam die gleiche Redezeit wie alle anderen und hatte weder Anlass noch Gelegenheit, sich als ausgegrenzt zu inszenieren. Das muntere Farbenspiel ist noch das Spannendste an dieser Wahl. Also neben den Hackerangriffen auf die Wahl-Software, vor der der Chaos Computer Club gewarnt hat.

Am Ende wird man nie in Frieden ruhen dürfen, solange es Gerichte gibt, die nach 28 Jahren noch den Leichnam exhumieren lassen. Salvador Dalí ist das passiert und es hat sich dabei dann doch nur heraus gestellt, dass Pilar Abel nicht wie von ihr behauptet seine leibliche Tochter ist. Abel, eine aus dem Fernsehen bekannte Wahrsagerin und Kartenlegerin, hatte es doch echt geschafft, ein spanisches Gericht davon zu überzeugen, dass sie die Tochter von Dalí sei. Denn die heute 87 Jahre alte Mutter von Pilar Abel hatte ausgesagt, Dalí habe sie geschwängert. Sagen wir so: Das fiel Mutter und Tochter Abel recht spät ein. Und die Gründe dafür liegen ja auch auf der Hand: Salvador Dali hatte sein Vermögen (geschätzte 300 Millionen Euro) dem Staat, also Spanien vermacht. Bei aller Liebe für Recht und Gerechtigkeit hat das Öffnen von Dalis Grab etwas Unanständiges. Der nun bekannt gewordene DNA-Abgleich zeigt: Pilar Abel und Salvador Dalí sind in keiner Weise verwandt. Hätte die Kartenleserin doch wissen müssen. Michael Zäh


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