Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage
Ausgabe 239 am 3. Februar 2018
An erster Stelle Kultur
Tolle Mentalität
Soja-Gärtner gesucht
Interview
SC Freiburg
Leben
Ulrich Wickert erklärt uns in seinem neuen Buch „Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen“ die Identitätskrise Frankreichs. Seite 2
Spektakulär war nicht nur das Tor von Nils Petersen in Dortmund aus über 40 Metern, sondern die vier Punkte gegen zwei Topfavoriten, jeweils nach Rückstand. Seite 9
Für ein Soja-Experiment suchen die Universität Hohenheim und der Freiburger Tofu-Hersteller Taifun Hobby-Gärtner, die Saatgut testen wollen. Seite 13
Parteipolitisches Blendwerk Das großartige Ausschlachten von SPD und CSU in der Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidärem Schutz ist schon mehr als peinlich. Die eigentliche Herausforderung für eine neue Regierung ist nämlich viel größer. Von Michael Zäh
E
s ist ein wahrhaft kleinliches Geschacher, das als große Sache verkauft wird. Bei der sogenannten Einigung von SPD und Union in der Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus handelt es sich nur um Symbolpolitik, die dann beide Lager, links wie rechts, als Sieg verkaufen wollen. Das ist angesichts der Sache, um die es dabei geht, mehr als peinlich für alle Akteure. Der „subsidiäre Schutz“ ist für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten gedacht. Der Schutz ist befristet, weil sich die Lage in der Heimat wieder ändern könnte. Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingen dürfen Flüchtlinge mit subsidärem Schutz seit März 2016 keine Familienangehörigen nach Deutschland nachholen. Das beschloss die alte Groko, an der dieselben Parteien beteiligt waren wie es nun bei der neuen Groko auch wieder sein soll. So gesehen konnte Martin Schulz und seine SPD den bereits im Sondierungspapier ausgehandelten neuen Kompromiss schon als einen Farbtupfer seiner Partei ansehen. Und diese Woche hat der Bundestag den neuen Kompromiss auch schleunigst verabschiedet (weil die alte Regelung sonst im März ganz ausgelaufen wäre). Bis zum 31. Juli soll der Nachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus ausgesetzt bleiben, anschließend soll er auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt werden. Für den von der Unionsfraktion eingebrachten Gesetzentwurf stimmten 376 Abgeordnete. Dagegen stimmten 298 Bundestagsmitglieder; vier enthielten sich. CDU, CSU und SPD haben
HALLO ZUSAMMEN
Falls wir einen Hamster haben
zusammen im Bundestag 399 Sitze. Doch wie ist der somit schon mal verabschiedete Gesetzentwurf denn nun zu interpretieren? Ist es etwa so, wie Martin Schulz in gewohnt prahlerischer Weise verkündet hat? Die SPD habe sich durchgesetzt: „Wir haben jetzt eine Regelung 1000 plus“, jubilierte Schulz. Oder ist es so, wie es der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verkaufen mochte? „Mit der Neuregelung wird der Anspruch auf Familiennachzug für subsidär Geschützte endgültig abgeschafft“, so der CSU-Hardliner. Also was nun? Wenn künftig 1000 Familienangehörige pro Monat nach Deutschland nachkommen dürfen, ist dies tatsächlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Derzeit sind es zwischen 50.000 und 100.000 Angehörige, um die es geht. Für die Betroffenen muss die
neue Regelung völlig willkürlich erscheinen. Denn es geht in diesem Falle ja tatsächlich um Kinder und deren Eltern, um Ehemänner und deren Ehefrauen, was übrigens allen Expertisen nach auch gut für die Integration der Flüchtlinge wäre. Also warum gerade 1000 und nicht 2000? Dies fragte FDP-Chef Lindner in der Bundestagsdebatte nach. Die FDP hatte übrigens einen Entwurf eingebracht, nachdem der Nachzug für weitere zwei Jahre komplett ausgesetzt geblieben wäre. Schulz kann also sagen: Die 12.000 Menschen, die dann pro Jahr ihre Familien zusammen führen können, sind immerhin nicht null. Dobrindt kann sagen: Da die Zahl eng begrenzt ist, heißt das eben im Umkehrschluss, dass es keine grundsätzliches Recht auf Nachzug mehr gibt. Es ist in jedem Falle für die Betroffenen eine bittere Pille.
Völlig lächerlich ist diesbezüglich das parteipolitische Ausschlachten von Schulz und Dobrindt, was die Härtefallregelung angeht. Diese gab es ja schon und hat 2017 nur ein paar Dutzend Menschen betroffen. Wenn nun Schulz wegen der noch folgenden Abstimmung der SPD-Basis zum möglichen neuen Koalitionsvertrag so tut, als habe die SPD dort ein großes „Plus“ heraus geholt, ist das ebenso unsinnig wie umgekehrt die hartherzige CSU-Rhethorik, nur weil in Bayern demnächst gewählt wird. Und man die AfD weit rechts bekämpfen will. Die hier hochgespielte Frage des Familiennachzugs ist im Vergleich zur eigentlichen Herausforderung nur Blendwerk. Diese besteht in der Integration der in Deutschland lebenden Flüchtlinge.
Es gibt für alles einen Tag, wenn man so will. Zwischen dem „Tag der Straßenkinder“ (der ist am 31. Januar) und dem weltweiten „Welttag der Feuchtgebiete“ (2. Februar) wurde der 1. Februar zum Passwortwechseltag erkoren. Da wird also jedermann daran erinnert, dass er nicht wie sonst auch die meisten sein Passwort 123456 oder qwertz (Tastatur-Reihenfolge von links oben, falls wir hier jetzt den Hackern, die in Wahrheit Rechner sind, nicht allzuviel verraten) nennen soll. Und man soll außerdem an diesem Tag mal wieder sein Passwort wechseln, selbst wenn es nicht 123456 heißt, sondern nur den Namen des Haustieres enthält... Oje! Denn das Problem ist ja nicht das Passwort, sondern wie man es sich merkt. Die Lösung wäre nur dann einfach, wenn also das Haustier, dessen Namen das Passwort ja nicht sein soll, der Sprache so mächtig wäre, dass es uns bei Bedarf und Nachfrage gleich das Passwort sagen könnte. Also klar: „Bello-bell“, „miez-miez“ – falls wir einen Hamster haben.Michael Zäh