Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage
Ausgabe 240 am 17. Februar 2018
Mehr als nur „Africa“
Hohe Hürden
Und die Welt
Staurday Night Fever
SC Freiburg
Seit 40 Jahren gibt es die Band Toto. Jetzt sind sie zurück – mit neuem Best-OfAlbum, drei neuen Songs und einer Welttournee. Seite 2
Tipps
Das enorm wichtige Heimspiel gegen Werder „Kruse“ Bremen wird ersten Aufschluss darüber geben, ob der SC auch gegen tief stehende Teams erfolgreich spielt. Seite 7
John Travolta und die Bee Gees lösten in den 70ern eine Discowelle aus. Jetzt kommt das Musical „ Saturday Night Fever“ nach Freiburg. Seite 11
Deutschland darf warten Nachdem endlich ein Koalitionsvertrag ausgehandelt ist, werden nun also die SPD-Mitglieder darüber abstimmen, wo die Reise für das Land hingeht. Merkel-Kritiker aus der CDU sind ungefährlich, weil ohne viel Einfluss.Von Michael Zäh
D
eutschland, deine Volten. Erst der lange Marsch von der Bundestagswahl bis hin zu einem Koalitionsvertrag, der quasi durch die politische Wüste führte, an der sich nur die Wüsten labe(r)n konnten. Und jetzt werden also die SPD-Mitglieder über diesen Vertrag abstimmen. Man kann also wohl sagen: Am Votum der rund 463.000 SPD-Leuten hängt nun auch noch Deutschlands Schicksal. Das ist zwar länger bekannt, aber dennoch der Gipfel der Absurdität. Bis zum 4. März soll es dauern, bis die Stimmen der Genossen dann ausgezählt sind. Und Deutschland darf warten. Eine Partei, die derzeit auf unterirdische 16 Prozent der Wählergunst abgerutscht ist, hat die Hoheit über Land und Leute. Und innerhalb dieser Partei wird gezerrt und gezogen, offen damit kalkuliert, dass es im Falle der Ablehnung des Koalitionsvertrages gar nicht zu einer Neuwahl kommen müsse, weil Angela Merkel und die Union auch in eine Minderheitsregierung gingen. Klar: Welcher Genosse (und die meisten sind keine Jusos, sondern so um die 60 Jahre alt) würde derzeit mit der Ablehnung der erneuten GroKo für eine Neuwahl stimmen wollen, die für die SPD verheerend ausfallen würde? Deshalb sagen die oberklugen Gegner der GroKo, dass bei einer Ablehnung des Vertrages nicht die Hölle der sofortigen Neuwahl drohen würde, sondern eher das Fegefeuer der Erneuerung oder gar das Paradies einer von Merkel geführten Minderheitsregierung, die ja dann in jeder Sachentscheidung auf die Stimmen der SPD (oder von anderen Parteien) angewiesen wäre. Schöner gings nimmer. Es
HALLO ZUSAMMEN
Silver Surfer, nein Danke!
wäre ja genau wie der jetzt anstehende Mitglieder-Entscheid, nur ständig und andauernd. Das ist womöglich eine Machtphantasie, die ebenso zum Scheitern verurteilt ist wie die Machtphantasien einzelner SPD-Spitzenpolitiker (siehe Seite 3). Merkels Position innerhalb der CDU scheint zwar ebenfalls etwas geschwächt zu sein. Aufgrund des schwachen Verhandlungsergebnisses zum Koalitionsvertrag wird der Kanzlerin vorgeworfen, die eigene Partie ein Stück weit im Stich zu lassen, um weiter an der Macht zu bleiben. Insbesonders die Preisgabe des Finanzministeriums an die SPD hat hier für Protest aus den eigenen Reihen gesorgt. Je lauter der Unmut in der CDU über die Ergebnisse der neu geplanten Koalition ist, desto mehr wird der SPD-Basis damit nahe gelegt, für die neue Groko zu stimmen. Indirekt unterstützen die
Kritiker in Reihen der CDU somit also Angela Merkel, vielleicht ohne das so zu wollen. Wenn die SPD den Koalitionsvertrag durchwinkt, wird Merkel wieder Kanzlerin und sitzt für die nächsten Jahre fest im Sattel. Es sind dann nämlich recht stabile Verhältnisse geschaffen und es ist weit und breit niemand in Sicht, der Merkel gefährlich werden könnte. Mit einer gewissen ironischen Note hat Merkel kürzlich gesagt, dass sie jetzt ja zwölf Jahre lang Kanzlerin ist und es bestimmt nicht noch einmal weitere zwölf Jahre lang machen wird. Damit hat sie auf ihre Art reagiert, da man ihr (völlig zu Recht) vorwirft, nachrückende jüngere Politiker in der CDU ganz klein zu halten. Nun hat Merkel Zugeständnisse auch an die eigene Partei gemacht: Noch vor dem Sonderparteitag der CDU am 26. Februar, auf dem der
Koalitionsvertrag durchgewunken wird, will Merkel die Namen der künftigen Minister nennen. Sie hat schon erklärt, dass sie dabei „nicht nur die über 60-Jährigen, sondern auch jüngere Leute“ in ihr Kabinett holen wolle. Eine süffisante Note haben die Proteste gegen Merkel dadurch, dass es lauter beleidigte Ex-Größen aus der CDU sind, die ihn besonders laut vorgetragen haben. Friedrich Merz, Roland Koch, Wolfgang Bosbach oder Volker Rühe sind alles Leute, die eine alte Rechnung mit Merkel offen haben. Ihr Einfluss ist allerdings (eben weil sie früher von Merkel ins Abseits gedrängt wurden) heute nicht mehr nennenswert. Wenn Merkel also nun junge Politiker wie Jens Spahn „aufbaut“, ist es reine Taktik. Für danach.
Der Zahn der Zeit nagt auch an den schnellen und hippen „sozialen“ Medien. Nur dass dieser Zahn anders aussieht als es Mark Zuckerberg wohl vermutet hat. Bei Facebook sind es nämlich die dritten Zähne, die nicht unbedingt für ein Lächeln bei Zuckerberg sorgen. Weil die sogenannten „Silver Surfer“, nämlich Oma und Opa, jedenfalls Leute über 60 Jahre (siehe auch Merkels Kabinett-Stückchen im Text links) im Jahr 2017 so richtig Freude an Facebook gefunden haben, wandern die Teenager lieber ab. Sieben von zehn Onlinern ab 60 nutzen jetzt Marc Zuckerbergs Netzwerk. Aber nur unter den Ältesten ab 50 und 60 ist Facebook noch das beliebteste soziale Medium. In allen anderen Altersgruppen liegt Youtube an der Spitze. Teenager nutzen häufiger Instagram (84 Prozent) und Snapchat (82 Prozent). Na ja, da hat sich also im Laufe der Zeit nicht so viel verändert. Weil erst Mama und Papa und dann auch noch Oma und Opa am „sozialen Leben“ ihrer lieben Teenies teilnehmen, sind diese auf der Flucht. Ist ja nicht cool. Michael Zäh