241. Ausgabe, ET 03.03.2018

Page 1

Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 241 am 3. März 2018

Abgründe Und die Welt Die deutsche Serie „Bad Banks“ zeigt: Es geht auch anders im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Désirée Nosbusch feiert hier ein Comeback. Seite 2

Die Bayern kommen SC Freiburg

Klimaheldinnen Leben

Erst kommen die Bayern, dann geht es nach Berlin, bevor das Derby gegen Stuttgart ansteht. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz ist knapp. Seite 9

Mit einer Fotoausstellung würdigt die Hilfsorganisation CARE Frauen, die sich aktiv für schonenden Ressourcenverbrauch einsetzen. Seite 13

Oh, du heiligs Diesele Die Autokanzlerin will beschwichtigen und wirkt dabei ewig gestrig. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass Diesel-Fahrverbote zulässig sind, müssen endlich neue Ideen und Konzepte für die Innenstädte her. Von Michael Zäh

D

ie Autokanzlerin spielt (mal wieder) auf Zeit. „Es geht nun wirklich nicht um die gesamte Fläche und um alle Autobesitzer in Deutschland“, sagte Angela Merkel in Reaktion auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge grundsätzlich als zulässig erachtet. Merkel wollte also beschwichtigen, ohne dabei zu überzeugen. Denn es ist ja genau diese Haltung der Politik gegenüber der Autoindustrie, die das Problem überhaupt erst in einer solchen Dimension ermöglicht hat. Es ist schwach bis sogar erbärmlich, wie sich Merkel hier (zusammen mit den Autokonzernen) aus der Verantwortung stehlen will. Nein, es geht nicht um alle Autobesitzer, sondern „nur“ um rund zehn Millionen gutgläubiger Diesel-Käufer, und es geht nicht „um die gesamte Fläche“, sondern „nur“ darum, mit seinem Auto noch in die Innenstädte fahren zu dürfen. Und dies dann auch noch vor dem Hintergrund betrügerischer Software der Autohersteller. Merkel, quo vadis? Der VW-Kozern etwa hat im letzten Jahr 11,4 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Er hat dies auch auf der Basis dessen erreicht, dass er den Leuten angeblich saubere Dieselfahrzeuge verkauft hat, die aber nur auf dem Prüfstand sauber waren, in der Umwelt jedoch für viel zu hohe Stickoxid-Belastungen gesorgt haben. Das alles war längst bekannt, sowohl den Herstellern wie auch den politischen Größen. Der Diersel-Skandal bei VW kam ja schon 2015 ans Licht. Man hätte eigentlich einen Service für die Kunden anbieten müssen, nämlich die Hardware bei den betroffenen Autos umzurüsten. Doch der dann

HALLO ZUSAMMEN

Ein Schlitzer für die GroKo

folgende „Diesel-Gipfel“ bei Merkel verlief im Sande. Die Hersteller boten lediglich ein Software-Update an (ist halt viel billiger als eine Hardware-Umrüstung). Also das muss man sich natürlich auf der Zunge zergehen lassen: Die Autokozerne boten an, die betrügerische Software zu ersetzen! Hut ab und Gratulation für den Kurs der Kanzlerin, die sich dafür fast noch bedankt hat. Nun ist also die Quittung da. Und das ist gut so. Denn drohende Fahrverbote für zehn Millionen Autobesitzer erhöhen endlich den Druck auf die Politik und natürlich auch auf die Autokonzerne. Diese werden schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nun neue Lösungen anbieten müssen, wenn sie denn ihre Kunden behalten wollen. Völlig absurd ist die teilweise von den Autoherstellern schon ins Spiel gebrachte Idee, den Druck der nun

möglichen Fahrverbote dazu zu nutzen, nun erst recht den Verkauf von Dieselfahrzeugen anzukurbeln, nach dem Motto: Alles neu macht der Mai, mit den Euro-6-Modellen. Und könnte da nicht die Politik ein bisschen helfen? Wie wäre es mit einer Abwrackprämie für die zwei Jahre alten Euro-5-Diesel? Nein, solche schlichten Ideen werden dieses Mal nicht reichen. Die Käufer werden dem Diesel nicht mehr trauen. Das bringt dann die Hersteller in einen Teufelskreis, weil ja laut EU-Vorgabe ein Grenzwert für das Klimagift CO2 einzuhalten ist, der innerhalb der Flotten der Autokonzerne bisher nur realisiert werden konnte, wenn viele Diesel verkauft wurden, die ja in dieser Hinsicht viel besser sind als die Benziner. Es drohen deshalb hohe Strafen vonseiten der EU. Wie man es dreht und wendet:

Es wird reichlich Geld kosten, aber es reicht nicht mehr, einfach nur abzuwarten. Zuviel Vertrauen haben die deutschen Autokonzerne schon bei ihren Kunden verspielt. Wenn diese nicht zur japanischen Konkurrenz abwandern sollen, wird es unumgänglich sein, im Galopp die Kurve zu emmissionsarmer Technik zu kriegen. Es braucht neue Ideen, nicht nur beim Autobau, sondern auch bei der Entwicklung von Konzepten für die Innenstädte, vom massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bis zu intelligenten Verkehrsleitsystemen. Daran kann auch FDPChef Christian Lindner nichts rütteln, der das Urteil als „Schlag gegen Freiheit und Eigentum“ bezeichnete, da er halt seine SUV-Riesendiesel-Klientel im Auge hat. Und denen stinkts!

Falls Sie diese Zeitung druckfrisch am Samstag in Händen halten, völlig ungeschlitzt und intakt, werden Sie (so wie wir) noch nicht wissen, was denn nun das Mitglieder-Votum der SPD zur GroKo ergeben hat. Denn die Auszählung der Stimmen soll erst am Sonntag (4.März) abgeschlossen sein. Was wir aber schon vor dem Ergebnis wissen, ist die tolle Technik, die von der SPD zur endgültigen Klärung der Sachlage eingesetzt wird. Es handelt sich nämlich um eine Hochleistungsschlitzmaschine, die da der Wahrheit in die Augen sieht. Diesen Ausdruck prägte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles bereits vor vier Jahren bei der letzten Abstimmung zum Koalitionsvertrag. Nun ja, damals wurde ja nur pro forma geschlitzt, während es heuer zu einem recht tiefen Einschnitt für Deutschland wie auch für die SPD kommen kann. Das Modell: „OL 1000 plus“ stammt von einer Firma aus dem oberbayerischen Prien am Chiemsee. Es öffnet 40.000 Briefe in der Stunde, und die CSU darf witzeln, dass den Genossen ein Bayer half. Michael Zäh


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
241. Ausgabe, ET 03.03.2018 by ZEITUNG AM SAMSTAG Verlags GmbH - Issuu