242. Ausgabe, ET 17.03.2018

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 242 am 17. März 2018

Letztmals mit Rattle

Wer sagts denn?

Yakari-Pferdeshow

Konzerte

Bayern München

Tipps

In Baden-Baden beginnen die Osterfestspiele mit den Berliner Philharmonikern, die letztmals dort von Sir Simon Rattle dirigiert werden. Seite 2

Jupp Heynckes hat immer gesagt, dass er über den Sommer hinaus nicht weitermachen will. Bis er jetzt sagte, dass er das nie gesagt hat. Robben will es. Seite 7

Die Kinder-TV-Serie mit dem kleinen Indianer kommt auf die Bühne nach Freiburg – mit echten Pferden sowie Darstellerinnen und Darstellern. Seite 11

Wir wissen nicht, was sie tun Es reicht halt nicht, Russland und Putin im Falle des Mordanschlages auf den ehemaligen Doppelagenten Skripal einfach zu unterstellen, dass dort die Bösewichte sitzen, nur weil sie dafür sorgen, dass echte Beweise fehlen. Von Michael Zäh

W

ir wissen nichts. Gar nichts. Wir hören, lesen und bestaunen nur die Geschichten, die von beiden Seiten verkündet werden. Theresa May sagt der Weltöffentlichkeit, dass Russland hinter dem Mordanschlag gegen den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter im britischen Salisbury steckt. Begründung: Bei dem Attentat soll das in der früheren Sowjetunion produzierte, und extrem gefährliche Nervengift Nowitschok verwendet worden sein. Sagt May, sagen ihre Geheimdienste. Wer sollte das nachprüfen können? Deshalb antwortete Sergej Lawrow, Putins Außenminister, dass man zuerst Proben der Substanz haben wolle, um dann bei der Aufklärung helfen zu wollen. Klingt nicht unlogisch. Doch stattdessen werden medienwirksam in aller Öffentlichkeit die üblichen Stereotypen erzeugt: Putin als eine Art Mafiaboss und umgekehrt der gesamte Westen als Hetzer gegen das russische Regime. Wem nutzt das? Man kann natürlich immer eine Phantasie entwickeln, quasi einen Agententhriller entwerfen. Wenn etwa Lawrow sagte, dass Russland kein Motiv für diese Tat gehabt hätte, dann stimmt das vordergründig zwar schon. Schließlich war der jetzt angegriffene Sergej Skripal lange Zeit in Russland in Haft, bevor er im Zuge eines Austausches nach Großbritannien kam. Er stellte auch längst keine Gefahr mehr da, weil er ja längst alle Informationen preisgegeben hatte. Warum also sollten die Russen ihn jetzt spät und aufwendig töten wollen? Noch dazu mit einer „Waffe“, die sofort auf Russland weisen würde? Lawrow behauptet, dass es sich dabei um Provokationen

HALLO ZUSAMMEN

Maskulin darf dominieren

handeln würde und sein Land „nicht schuldig“ sei. Wenn es sich um eine fiktive Agentenstory handeln würde, dann liefert Lawrow mit dem Argument des fehlenden Motivs den Schlüssel zur Lösung. Putin wäre darin eine Art Schachspieler, der gewieft die Reaktion von May und Co. voraussieht. Das“fehlende“ Motiv, den ehemaligen Doppelagenten mit einem russischen Nervengift umbringen zu wollen, läge dann darin, dass Putin genau die daraus folgende Ächtung des Westens in Wahlzeiten dazu nutzen wollte, seinem Volk mal wieder zu zeigen, dass der Westen eine unberechenbare Bedrohung darstellt und es nur einen einzigen Mann gibt, der sich dem widersetzen kann: Putin selbst! Doch das sind nur Phantasien und nicht einmal Spekulationen. Selbst wenn es stimmt, dass die

Verdächtigungen dem Kreml gerade recht sind, weil sie genau jene Wagenburg-Mentalität stärken, auf der Putins ganze Wahlkampagne aufgebaut ist, muss das ja nun nicht bedeuten, dass Putin dies durch einen Mordauftrag selbst inszeniert hat. Denn die Frage könnte ebenso lauten, weshalb eine Theresa May nun plötzlich so forsch vorging und sogleich ein Ultimatum stellte, von dem doch unmittelbar klar war, dass Putin sich dem nicht beugen werde. Dieselbe May wollte 2006 als damalige britische Innenministerin verhindern, dass es nach Jahren zu einem Richterspruch im Mordfall Alexander Litwinenko kam, der in London mit hochradioaktiven Polonium vergiftet worden war. Doch die Witwe des Ermordeten verklagte den britischen Staat und setzte ein Verfahren durch. Und so

stellte dann ein britischer Richter fest, dass die russische Staatsspitze hinter dem Mord steht. May hat ja auch in anderen Zusammenhängen nicht so viel Gespür für die Realität bewiesen, Stichwort: Brexit und Neuwahlen (die sie dann die absolute Mehrheit kosteten). Auf das bloße Wort von May hin kann hier niemand bauen. Wir wissen nichts, sondern gehen höchstens davon aus, dass ja etwas dran sein muss, wenn May auch von Merkel, der EU und Trump (haha!) eine Unterstützung erfährt. Doch das ist ein schneller Schulterschluss, der auch aus ganz anderen Interessen her geleitet sein könnte. Was hier fehlt, sind echte Beweise. Es reicht halt nicht, Putin zu unterstellen, dass er ja eben ein Bösewicht sei, weil er dafür sorgt, dass Beweise fehlen.

Auch Männer werden nicht stolz sein, wenn der BGH nun entschieden hat, dass Frauen von Banken nicht etwa als Kundin, sondern weiterhin als Kunde (in den Formularen) angesprochen werden dürfen. Die klagende 80-jährige Marlies Krämer hätte etwas mehr Mut des BGH erwarten dürfen. Sie wollte bei ihrer Sparkasse nicht als männlich dominiert angesehen werden. Der BGH argumentierte mit dem sogenannten „generischen Maskulinum“, also jener nur rein grammatisch männlichen Personenbezeichnung, die auch die Frauen umfasse. Aber ist das wirklich so? Ist die männliche Form in Wahrheit „geschlechtsblind“, wie der BGH sagt? Natürlich nicht! Das Rätsel dieses Urteils mag höchstens darin zu lösen sein, dass die „Richter am BGH“ (so der Aushang bei der Verhandlung) in Wirklichkeit zwei Frauen (also Richterinnen) sowie drei Männer (Richter) meinte. So ein Aushang kann natürlich ungebührlich schwierig werden, wenn man ihn nicht generisch vereinfacht. Gell, ihr BGH-Richter!? Michael Zäh


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