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Ausgabe 249 am 23. Juni 2018
Jazz statt Cowboy Portrait Gitte Haenning kommt für ein Konzert zum Ebneter Kultursommer. Im reiferen Alter hat sich die Dänin, die früher Schlagerstar war, dem Jazz verschrieben. Seite 2
Lauter Endspiele
Auf der Zielgeraden
WM-Spezial
Leben
Nach der 0:1-Auftaktpleite gegen Mexiko muss das LöwTeam nun gegen Schweden und Südkorea sechs Punkte holen. ab Seite9
Das Musée Unterlinden in Colmar zeigt Werke des Künstlers Georg Baselitz aus den vergangenen vier Jahren. Der 80-jährige Künstler setzt sich darin auch mit Verfall und Tod auseinander. Seite 15
Kasperl und Kanzlerin Was Horst Seehofer und Angela Merkel nun schon seit Wochen aufführen, schadet sowohl innenpolitisch wie außenpolitisch Deutschland und verspielt in Zeiten von Trump, Putin und China viel Vertrauen. Das KroKodil kriegt es ab. Von Michael Zäh
W
as Horst Seehofer da in den letzten Wochen aufführt, seit er im Kabinett Merkel zum Bundesinnenminister berufen wurde, gleicht dem ziemlich derben Vorbild des Kasperltheaters. Da gibt selbstverständlich Seehofer selbst den guten Kasperl(e), der mit seiner Klatsche der bösen Hexe oder wahlweise dem Krokodil (das ja auch für den bösen Drachen steht), also jedenfalls Kanzlerin Merkel so richtig auf die Mütze haut. Ja, da klopfen sich die Kinder auf die Schenkel, vor lauter Lust und Laune. Blöd ist dabei nur, dass Kasperl Seehofer mit seinem Haudraufstil in Wahrheit keine gute Figur abgibt. Die Hexe mit den markanten Mundwinkeln, die sie nach unten zieht, natürlich auch nicht. Was die beiden Protagonisten mit ihrem Streit auf offener Jahrmarktsbühne alles an Glaubwürdigkeit verspielen, lässt sich noch gar nicht ermessen. Es sieht nämlich so aus, als würde die neue Bundesregierung, die erst Ewigkeiten brauchte, bis sie sich überhaupt konstituierte, nun weiter den Streit pflegen, anstatt endlich das Land zu regieren und auch nach außen ein vertrauenswürdiger Partner zu sein. Es ist Slapstik (der sich ja quasi vom Kasperl ableitet), aber um den Preis völliger Unglaubwürdigkeit. Und zwar von beiden Politikern. Wenn etwa Angela Merkel dann betont, dass eine Kanzlerin und ein Innenminister „miteinander im Gespräch“ bleiben müssten, dann ist das genau derselbe Satz, den sie im Zusammenhang mit Putin oder Trump des öfteren schon sagte. Also: Trump mit seinem „America first“, Putin mit seinem blutigen
HALLO ZUSAMMEN
Einfach nur die Klappe halten!
Nationalismus, oder auch China mit seinem totalitären Regime und dem trickreichen Ausspielen aller Krisen, mit den Möglichkeiten des eigenen Wachstums (etwa Nordkorea als politische Währung) – dies alles steht für Merkel quasi auf derselben Stufe wie ihr Verhältnis zum „eigenen“ Innenminister, der tatsächlich seinerseits zum Handlanger von Markus Söder und dessen „Bayern first“ geworden ist. Innenpolitisch stärkt der Zoff und vor allem seine rechtsnationale Strahlkraft natürlich nur die AfD. Wenn etwa Söder vom Stapel lässt, dass man „den Rechtsstaat wieder vom Kopf auf die Füße stellen“ müsse, dann kopiert dies ja eins zu eins die AfD-Parolen, dass die Kanzlerin Merkel eine „Herrschaft des Unrechts“ führe. Na ja, aber mit Unterstützung der CSU, die ja bekanntlich in der neuen (alten)
Koalition ist, weshalb die Wähler eines eher rechten Gedankenguts (das von der CSU befördert wird) sich nicht von der AfD abziehen lassen werden, sondern sich eher als „salonfähig“ bestärkt sehen, bei der kommenden Landtagswahl in Bayern erst recht die AfD zu wählen. Auch außenpolitisch sind die Äußerungen Söders, „die Zeit des geordneten Multilateralismus wird in Europa und der Welt abgelöst“, ein verheerendes Signal. Und dies wird umso furchteinflößender, wenn Söder auch noch hinzu fügt, dass er verhindern wolle, dass in Deutschland die Rechtspopulisten an die Macht kommen. Denn er selbst ist dabei der Rechtspopulist, der derzeit zumindest in Bayern an der Macht ist, sozusagen der Trump in blau-weiß-kariert. Aus Sicht der EU und aller Europäer, die weiterhin glauben, dass ein Miteinander viel
mehr Vorteile bringt (was übrigens in den letzten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg recht viel Friede und Reichtum einbrachte, gerade für Deutschland) als eben ein nationalistisches Gegeneinander, der würde sich hier eine neue Rollenverteilung im Kasperltheater wünschen: Merkel darf klatschen, Seehofer und Söder sind Hexe und KroKo(dil). Übrigens geht es bei dem „Asylstreit“, der gerade aufgeführt wird, in keiner Weise um die Rechte der Flüchtlinge, die schon längst weitgehend beschnitten sind. In 62 von 63 Punkten des Masterplans Migration von Horst Seehofer (die alle hart sind) stimmt Merkel zu. Ihr geht es nur um die Partnerschaft in der EU, gegen Söders Stuss. Nicht allein, sondern zusammen!
Was der Egomane Donald Trump in seinem schlichten (also gewöhnlich nur für ihn selbst gewinnorientierten) Weltbild so von sich gibt, ist schlicht schockierend. Von Klimawandel bis Handelskrieg macht der Typ halt alles, was ihm sein Ego so ins Hirn bringt. Wenn es ihm einfällt, sagt er morgen via Twitter, dass die Erde eben doch eine Scheibe sei und keine Kugel, wie es subversive und natürlich antiamerikanische Kreise behauptet hätten. Trump weiß es besser. Denn wenn irgendjemand etwas besser wüsste als Trump, wäre das ja praktisch ein persönlicher Angriff auf sein Ego. So weiß Trump nun also auch, dass die Kriminalität in Deutschland „um zehn Prozent plus“ zugenommen habe, „seit Migranten aufgenommen werden“. Auf Twitter schrieb er, dass die deutschen Behörden aber nicht über diese Verbrechen berichten wollten. Außerdem schrieb er: „Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung.“ Dabei ist es der niedrigste Wert seit 1992, den die Statistik 2017 an Straftaten vorweist. Trump sollte die Klappe halten! Michael Zäh