251. Ausgabe, ET 21.07.2018

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 251 am 21. Juli 2018

Pferdemesse Eurocheval in Offenburg Über 425 Aussteller, über 500 Pferde, viele Workshops und Vorführungen: Vom 26. bis 29. Juli ist in Offenburg wieder Eurocheval-Messe, mekka aller Pferdeliebhaber . Seite 2

Es ist ein Jammer Weltmeister 2018 Frankreich galt aufgrund seiner individuellen Stärken als Favorit und hat den Titel auch geholt. Schade, dass dafür eine Schwalbe nötig war. Modric war der Beste. Seite 9

Raumflugsimulator Tipps Im Kuppelsaal des Freiburger Planetariums kann man Ausflüge in die unendlichen Weiten des Weltalls unternehmen und wie in einer Zeitmaschine virtuell in andere Galaxien reisen. Seite 12

Das Gift des „Ego first“ Donald Trump hat auf seiner Europa-Reise alles kurz und klein gehauen, was ihm vor die Twitter-Flinte kam. Damit hat er allen populistischen Parteien des Westens ein Vorbild geliefert. Bis er sich bei Wladimir Putin blamierte. Von Michael Zäh

S

o sehr Donald Trump sich überschätzt, wenn er sich über alles setzt, so sehr wurde lange Zeit unterschätzt, wie gefährlich das Gift des egoistischen Politikstils in den Boden des Weltgefüges sickert. Es ist geradezu ansteckend und auch beispielgebend, wenn der Präsident des mächtigsten Landes der Erde alles kurz und klein haut, was bisher so eine Art Nachkriegsordnung war. „Ego first“ ist dann für viele andere Akteure ebenfalls verlockend. Trump interessiert sich nur für Trump. Das ist ebenso leicht durchschaubar wie die immergleichen Strategien, die er dann wählt: Erst maximal draufhauen, dann so tun, als sei nichts geschehen und sich schließlich für das Ergebnis auf die Schulter klopfen, das er als „stabiles Genie“ (wie er sich ständig selbst nennt) durch diese „Verhandlungsweise“ erreicht hat. So hat er auf seiner jüngsten Europareise alles in Frage gebrüllt, was bislang als unerschütterlich galt. Zuerst war Deutschland und Angela Merkel dran. Das Land sei Russlands Gefangene, da es vom russischen Gas abhängig sei, so Trump. Er werde nicht dulden, dass Deutschland nicht zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Rüstungsausgaben bereit stelle (das wären 80 Milliarden Euro pro Jahr!), und zwar nicht irgendwann, nein, nein, sondern sofort. So einen Stil nennt man gemeinhin Erpressung oder mindestens Einschüchterung eines Verbündeten. Dann war die Nato als Ganzes dran (wie schon zuvor die EU als Ganze, die Trump sogar als „Feind“ bezeichnete): Die USA könne auch ihr eigenes Ding machen, wenn

HALLO ZUSAMMEN

Keine Alibis für die Blöden

die Natopartner nicht schleunigst mehr Geld für Rüstungsausgaben in die Hand nähmen. Muss man hier extra erwähnen, dass all diese Milliarden, die Deutschland und die anderen Natostaaten pro Jahr mehr ausgeben sollen in die Taschen der US-Rüstungsindustrie fließen würden, denen die entsprechenden Waffen abgekauft werden sollen? Als Drittes war auf dem Kurzund-Klein-Kurs des Rambos Trump dann der langjährige Verbündete Großbritannien dran. Auch hier nach dem gleichen Muster: Kurz vor dem Gala-Dinner mit Theresa May erklärte er via Interview mit der „Sun“, dass May die Brexit-Verhandlungen mit der EU verbockt habe und außerdem sei (der kürzlich als Außenminister zurückgetretene) Boris Johnson ja eigentlich ein viel besserer Premierminister. Hoppla, solch rotznasige Einmischung in die

britische Innenpolitik ist beispiellos. Aus Sicht des narzisstischen Egozentrikers Trump sind all seine aggressiven Vorstöße jedoch durchaus folgerichtig. Denn als Egoist denkt er ja nur an die nächsten Wahlen, wo er wieder triumphieren will. Wenn sein gesamtes Auftreten die halbe Welt schockiert, so bringt es ihm doch Applaus seiner Wähler ein. Und dies ist auch die Gefahr, die das Gift des Egoismus ausströmt. Illiberalität, Demokratieverachtung, Protektionismus, Revisionismus dies alles haben die populistischen Partein des Westens gemeinsam. In Ungarn, Polen und neuerdings auch in Italien sitzen ihre Protagonisten an der Macht. In Deutschland treibt die AfD den Bundestag vor sich her. Sie verbindet die Abscheu über das alte System. Sie wollen Umsturz. Trump ist ein Vorbild dafür. Er reißt ja alles ein, was er als Egoshooter

vor die Twitter-Flinte bekommt. Doch das Gift des „Ego first“ macht auch vor denen nicht Halt, die es verspritzen. Weil Trump ein Treffen wollte und Wladimir Putin ihm in meisterhafter Manier schmeichelte, kam es in Helsinki zu einer Art Demütigung der USA im Namen des Präsidenten. Und hier stimmten die Sehnsüchte von Trumps Ego und die Wünsche seiner Wähler mal so gar nicht überein. Um in Putins Augen bestehen zu können, setzte Trump den eigenen CIA herab. Jeder konnte sehen, dass Trump hier nicht für sein Land stand, sondern für sein Ego, was Putin typisch mit einem leicht spöttischen Lächeln im Mundwinkel goutierte. Das war so schwach, dass es die Wende in der eher rechtsorientierten Wählergunst in den USA sein kann.

Manchmal muss man einen Rabauken wie Jürgen Klopp ganz einfach lieben. „Das ist doch völliger Quatsch. Die intelligenten Menschen dieses Landes fordern Toleranz. Und die anderen sollten am besten mal den Mund halten und die Jungs nicht infrage stellen“, sagte Klopp zur emotionalen Debatte um die Erdogan-Fotos, die die Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan in Verruf gebracht hatten. Das war dann auch ein Seitenhieb auf DFB-Chef Grindel und auf Teammanager Oliver Bierhoff, die beide öffentlich Mesut Özil nach der blamablen WM zum Sündenbock machen wollten. Özil hat mit Deutschland bereits die U21-Europameisterschaft gewonnen, stand später 2010 für das Multikulti-Team des DFB, das begeisterte, holte mit der Mannschaft 2014 den Titel und war somit in mehr als zehn Jahren immer ein Spieler, der sich tadellos verhielt. Und es gibt Millionen Jugendliche in Deutschland, die wie Özil mit Migrationshintergrund auf Bolzplätzen und in den Vereinen kicken. Es geht um mehr als um die Alibis der Blöden. Michael Zäh


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