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Ausgabe 256 am 20. Oktober 2018
Erdbeben und Föhn Reportage
Offensive Blüten
Varieté und Menü
Bundesliga
Nach der Wahl ist vor der Wanderung: Ein subjektiver Stimmungsbericht vom Wahlsonntag in Bayern. Seite 2
Leben
Offensiv kommt der SC Freiburg immer besser zurecht, dank Sallai, Waldschmidt und Co. Gegen die beiden Bayern-Bezwinger in Berlin und gegen Gladbach geht es weiter. Seite 9
Zum vierten Mal gibt es die Chic‘oria Dinnershow beim Bohrerhof im Markgräflerland mit internationalem Varieté und feinem Essen. Seite13
Der harte Horst Es ist lächerlich, wenn nun nach den Ergebnissen der Landtagswahl in Bayern die CSU und gar die SPD so tun, als sei der Seehofer Horst dafür verantwortlich. Die gute Nachricht ist, dass der Kurs hart rechts nix brachte. Von Michael Zäh
S
eit der Seehofer Horst einst aus Bayern auszog, um Deutschland zu erobern, also seit er zum Bundesinnenminister wurde, ließ er keinen Tag vergehen, ohne etwas für seine CSU zu tun, die sich ja im Wahlkampf befand (was schon aus CSU-Sicht eher eine Frechheit war, um Wähler im Freistaat nun gar „kämpfen“ zu müssen) und der er mit allerlei Ungeheuerlichkeiten dienen wollte. Sein Migrationsplan (harter Horst), den er auch gegen die Kanzlerin durchsetzen wollte (mit der Frau, ließ er streuen, könne er nicht mehr arbeiten). Seine damit verbundene Volte der plötzlichen Rücktrittsdrohung (harter Horst hoch zehn), sein süffisanter Scherz, dass „ausgerechnet“ (im Wortsinn) an seinem 69. Geburtstag prompt 69 abgelehnte Asylbewerber außer Landes gebracht, also abgeschoben wurden, auch seine unermeßliche Rückendeckung für den obersten Geheimdienstchef Maaßen, den er am Ende gar befördern wollte – dies alles und noch viel mehr hat der Seehofer Horst in ein paar Monaten zustande gebracht, um seiner CSU bei der Landtagswahl in Bayern die absolute Mehrheit zu sichern. Dies jedenfalls sagten alle, wenn es darum ging, zu erklären weshalb der harte Horst so hart zur Sache kam. Nein, nicht wegen seinem Job als Bundesinnenminister tat er dies, sondern um seinen bayerischen Parteifeind Markus Söder damit zu unterstützen, indem er von Berlin aus zeigte, dass es einer AfD nicht bedarf, weil die CSU das selbst hart rechts regelt. Nun ist die Landtagswahl in Bayern vorbei und die CSU ist um rund 12 Prozentpunkte abgestürzt.
Sie hat ihre gewohnte absolute Mehrheit verloren, kann aber mit gut 37 Prozent noch immer locker die Regierung bilden, na ja, mit einem Koalitionspartner halt (und zwar höchstwahrscheinlich mit den Freien Wählern als ihre Partner). Der Söder Markus, der den Seehofer Horst nach Berlin schickte, um sich dort von ihm helfen zu lassen, sagt nun hinterher, dass der Seehofer Horst mit seinen Kapriolen an der Sache schuld sei, dass er, der Söder Markus jetzt nicht allein regieren darf (obwohl sein Konterfei doch mit der Bavaria One ins All aller Mächte geschossen wurde). Und da sagen wir jetzt mal: Das hat der Horst nicht verdient, der es aber wie gewohnt ganz hart nimmt. Wenn danach auch die SPD den Berliner Stress mit Seehofer dafür verantwortlich macht, dass sie in Bayern mit 9,7 Prozent (das sind ja immerhin 10,9 Prozent Verlust, und zwar in Bayern, wo man auch zuvor nicht gerade eine wahre Macht war) bei einem historischen Tief gelandet sind, wird es irgendwie schräg. Soll also der Seehofer Horst auch noch am beklagenswerten Niedergang der ehemaligen Volkspartei SPD schuld sein. Er würde sich wohl hart ins Fäustchen lachen, wenn dies stimmen sollte. Es ist aber völliger Quatsch. Nahles und Co.
haben es höchstpersönlich vermasselt, weil sie nicht die konkreten Leistungen innerhalb der Groko betonten, aber dafür lieber großmäulige und blöde Ansagen in der Causa Maaßen in die Welt posaunten. Wenn der Seehofer Horst nun reumütig beteuert, dass der „Stil der Auseinandersetzung“ in den letzten Monaten wohl sein „größter Fehler im letzten halben Jahr“ gewesen sei, dann hat er Andrea Nahles immerhin voraus, dass diese ihr selbiges Flimmern des Stils nicht einmal selbst erkannt oder benannt hat. Die Landtagswahl in Bayern hat unter dem Strich durchaus gute Nachrichten im Gepäck, wenn man von den Ängsten um Machterhalt bei CDU und SPD mal absieht. Denn die Ergebnisse haben klar gezeigt, dass die Wähler es nicht goutieren, wenn etwa der Seehofer Horst (na klar in Absprache mit dem Söder Markus) auf hart rechts macht, um dort die AfD in Schach halten zu wollen. Die Menschen in Bayern haben andere Themen beschäftigt, etwa Bildung, Umwelt etc, was den Grünen sehr gute 17,5 Prozent der Stimmen einbrachte (ein Plus von lässigen 8,9 Prozent), und was wiederum kein so schlechtes Zeichen für die Hessen-Wahl in einer Woche ist. Altbacken dankt ab!
HALLO ZUSAMMEN
Volkswagen ist echt volksnah VW bietet jetzt also Prämien an, wenn (zuvor von VW massiv betrogene) Kunden ihre älteren Diesel zurück geben und dafür einen neuen VW kaufen. Dies ist natürlich eine ziemlich unverfrorene Idee, aus einem gigantischen Industriebetrug nun auch noch Kapital zu schlagen. Denn die sehr vielen Dieselbesitzer, die früher einen angeblich sauberen VW gekauft haben und jetzt einen ziemlich neuen Haufen Schrott vor der Haustüre stehen haben, der die Luft verpestet, befinden sich ja in einer Notlage. Es drohen ja in mindestens 14 deutschen Städten Fahrverbote – das nennt man Handlungszwang, und zwar für die Autofahrer, die ja zumeist ein Auto gekauft haben, um damit eben dorthin fahren zu können, wohin sie fahren wollen. VW nutzt nun diese von VW verschuldete Notlage der eigenen Kunden aus, um ihnen erneut ein Auto zu verkaufen. Trotz aller Prämien wird dabei verdient (und zahlt natürlich der Kunde) und es klingt auch noch super: Wir bieten eine Prämie! Tönt doch besser als „Schadensersatz“. Ja, VW ist für sein Volk da! Michael Zäh