264. Ausgabe, ET 02.03.2019

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 264 am 2. März 2019

Happy Birthday Portrait

Tiefenschärfe

Viel Spannung

Tipps

Bundesliga

Roger Daltrey von The Who wird 75 und hat eine Autobiografie geschrieben, in der er anschaulich über das Auf und Ab seines Lebens erzählt. Seite 2

Vom Titelkampf, zwischen Dortmund und Bayern, über den Kampf um die europäischen Plätze bis zum Abstiegskampf ist die Liga spannend wie selten zuvor. Seite 7

Die in Freiburg lebende japanische Tänzerin und Choreografin Emi Miyoshi kehrt mit „Depth of Field“ zurück zur Minimalform. Ein Tableau aus fernöstlicher und westlicher Ästhetik. Seite 11

Sein Wort als Waffe Papst Franziskus wurde für seine Abschlussrede nach der „Kinderschutzkonferenz“ im Vatikan teilweise zu Unrecht kritisiert. Es greift zu kurz, die Rede eines Papstes nur aus rein weltlicher Sicht zu beurteilen. Es geht um Glauben. Von Michael Zäh

E

s greift zu kurz, die Ergebnisse der „Kinderschutzkonferenz“ im Vatikan allesamt nur nach weltlichen Kriterien zu beurteilen. Denn für alles, was dort gesagt und getan wurde, ist der Glaube unerlässlich. Wer die abschließende Rede von Papst Franziskus nur im Vergleich etwa mit dem deutschen Strafrecht liest, dem entgeht etwas in diesem Zusammenhang absolut Wesentliches. Weltlich betrachtet ist doch sowieso klar, was gefordert ist. Jeder Mensch, der Missbrauch an Kindern begeht, muss der Gerichtsbarkeit ausgeliefert werden (die dann ja jeden Fall zu beurteilen hat, wie das im Strafrecht üblich ist). Jeder der etwas davon weiß, ist verpflichtet, dies anzuzeigen. Wer dies nicht tut, macht sich strafbar. Jede Art von Verdunkelung, Verschleierung oder Deckung solcher (wie auch anderer) Straftaten geht gar nicht. In seiner Abschlussrede hat der Papst dies im Grunde bekräftigt. Er hat klar versprochen, dass die katholische Kirche gegen sexuellen Missbrauch in ihren Reihen hart vorgehen werde und ihn nie wieder vertuschen werde. Das ist schon mal nicht Nichts. Denn noch kein Papst vor Franziskus hat überhaupt ein Wort zum sexuellen Missbrauch in seiner Kirche gesagt. Dieses lange Schweigen von früher konnte man so auffassen, dass der Missbrauch nicht der Rede wert sei. Nun aber, nach der Rede des Oberhauptes der katholischen Kirche kann sich kein Bischof oder Priester mehr hinter

dem Gedanken verstecken, dass die geistliche Welt wichtiger sei als das Elend der irdischen Welt. Der Chef hat also eine Anweisung gegeben, die weltweit für die Kirchenmänner gilt. Das gibt es kein Vertun. In geistlicher Hinsicht ging Papst Franziskus dann noch weiter: Verbrechen gegen Minderjährige seien ein „monströses Geschwür“, das er mit heidnischen Ritualen von Menschenopfern (oft Kinder) verglich. Diese Botschaft richtet sich dann schon eher an die Gläubigen als an neutrale Beobachter. Denn damit stellte der Papst für seine „Follower“ klar, wie er quasi anstelle

Gottes über sie richtet, wenn sie sich wie Heiden verhalten sollten. Dazu hätte man früher wohl gesagt, dass er ihnen mit der Hölle droht (bevor die Hölle dann als zu banal und klein abgeschafft wurde). Man kann dies aus weltlicher Sicht als „zu wenig“ kritisieren, aber es hat durchaus Wirkung auf die Vielzahl der Gläubigen in aller Welt. Das Wort ist hier die Waffe, nicht das Strafgesetzbuch. Beides kann ja zusammen wirken, wo es überhaupt wirkt. Besonders wurde kritisiert, dass Papst Franziskus in seiner Rede zunächst einen Rahmen aufzog, der

weitaus größer war als der seiner Kirche. Indem er sagte, dass die meisten Missbrauchs-Verbrechen weltweit von „Eltern, Verwandten, Trainern und Erziehern“ begangen würden. Das ist allerdings schlicht die Wahrheit. Sie wäre Franziskus nur dann zu verübeln gewesen, wenn er daraufhin zu der Ausrede gekommen wäre, dass in seiner Kirche halt nur die allgemeine gesellschaftliche Realität abgebildet würde, und nichts weiter. Aber genau diese Ausrede hatte er gar nicht im Sinn. Denn er führte dann ja selbst aus: „Die Unmenschlichkeit (...) wird in der Kirche noch schwerwiegender und skandalöser, weil es im Gegensatz zu ihrer moralischen Autorität und ihrer ethischen Glaubwürdigkeit steht.“ Problem erkannt, möchte man da rufen! Und es war sicher auch weltlicher Druck internationaler Opferverbände ausschlaggebend, dass im Vatikan diese „Konferenz“ über den sexuellen Missbrauch überhaupt stattfand. Dennoch gilt: Es geht halt immer auch um den Glauben. Etwa wenn der Papst so Sachen sagt wie: „Die gottgeweihte Person, die von Gott auserwählt wurde, um die Seele zum Heil zu führen, lässt sich von ihrer menschlichen Schwäche oder ihrer Krankheit versklaven und wird so zu einem Werkzeug Satans.“ Daran glauben manche und andere nicht. Franziskus aber auf jeden Fall. Er ist Papst.

HALLO ZUSAMMEN

Narren in jeder Konfession Wenn diese ZaS heraus kommt (Fastnachtsamstag), ist das schon mittendrin im närrischen Treiben. Da war die Altweiberfastnacht bereits vollumfänglich in weiße Hemdglunkerumzüge ergossen und stehen die großen Rosenmontagsumzüge noch bevor. Wer bei den regionalen Umzügen dann gruselige Hexen, Teufel und sonstige Schauergestalten sieht, wird Fastnacht eher für ein heidnisches Fest halten. Andere sagen, dass es ein christliches Ereignis sei, begründet schon im Namen. Nämlich als ein Fest vor der Fastenzeit, die mit Aschermittwoch beginnt. Bei „Fastnacht“ ist das schon im Wort erhalten, als die Nacht vor dem Fasten (welche die Narren wohl auf einige Nächte mehr ausgebaut haben), bei „Fasching“ soll das letzte Gläschen vor dem Fasten mitschwingen (vom mittelhochdeutschen „vaschanc“, das Ausschenken) und beim „Karneval“ (vom lateinischen „carnelevare“), soll es sich um Fleischwegnahme handeln - in der Fastenzeit. Fasten bis Ostern ist ein katholisches Gebot. Narren gibt es aber in jeder Konfession, auch im Alltag. Michael Zäh


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