267. Ausgabe, ET 13.04.2019

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 267 am 13. April 2019

Ohne Knautschzone Verkehr

Verheißungsvoll SC Freiburg

Als Radfahrer sicher durch die Straßen zu kommen, ist kein Privileg, sondern Notwendigkeit. Die Infrastruktur muss geändert werden. Seite 2

24. Mozartfest Tipps

Nach dem Fußball-Fluch von Mainz geht es jetzt für den SC nach Bremen, bevor Dortmund kommt. Das könnten FußballLeckerbissen werden. Seite 7

Klassik-Brunch oder GalaKonzert an Ostern mit dem Johann-Strauß Ensemble beim Mozartfest im Kurhaus Bad - Krozingen. Seite10

Das „böse Wort“ hilft nicht Grünen-Chef Robert Habeck hat Enteignungen nach Artikel 15 des Grundgesetzes nicht ausgeschlossen, derweil Fraktionschef Anton Hofreiter Verbrennungsmotoren ab 2030 verbieten will. Das riecht nach Zwang und Bevormundung. Von Michael Zäh

G

rünen-Chef Robert Habeck hat der ARD im Interview gesagt, dass „Enteignung“ ein „böses Wort“ sei. Da fragen wir uns natürlich sogleich, was denn „böse Worte“ sind. Enteignung hat wie Entmenschlichung, Entleibung, aber auch Entsetzen und Entlarvung dieses „Ent“ im Wort, das gar nichts Gutes verheißt. Und wenn nun also der grüne Habeck das „böse Wort“ in den Mund nimmt, will man allzu gerne wissen, warum er das tut. Denn böse Worte im Mund können doch sicher Zahnfleischbluten oder Karies verursachen. Die Sache mit der Enteignung, von großen Wohngesellschaften in Berlin und anderswo, ist ohnehin eher eine Utopie als ein dienliches Mittel, bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen. Da gibt es zwar tatsächlich diesen Paragraphen, also Artikel 15 im Grundgesetz, der dort seit 70 Jahren schlummert, ohne je zur Anwendung gekommen zu sein. Dort heißt es: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ So weit, so gut. Doch bis also dieser Artikel 15 konkret zur Anwendung gebracht werden könnte, müsste erstmal vom Verfassungsgericht entschieden werden, wie sich das eine Grundrecht auf Eigentum zu dem anderen Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum verhält. Und natürlich, wie hoch dann auch die Entschädigung für die Enteigneten sein müsse. Das dürfte sehr, sehr lange dauern. Wer eine Wohnung etwa in Berlin sucht,

HALLO ZUSAMMEN

Ohne schwarz zu sehen

wird dann also nicht nur aus Ärger über den Mietwucher graue Haare bekommen haben. Schnelle Abhilfe der momentanen Wohnungsmisere würde es dadurch nicht geben. Eher sind dann die Kinder schon aus dem Haus, die heute noch Säuglinge sind. Daher ist der Kampf und Krampf um das böse Wort der Enteignung eher als politische Positionierung zu verstehen, denn als echtes Hilfsmittel gegen die Wohnungsnot in deutschen Großstädten. Man darf davon ausgehen, dass Grünen-Chef Habeck seiner stark im Aufwind der Wählergunst befindlichen Partei mit der Debatte über „Enteignung“ nicht schaden wollte. Im Gegenteil wird er ihr Profil im Auge gehabt haben, das er also noch weiter schärfen wollte. Dies ist wiederum eine Art Tradition bei den Grünen. 1998 forderte die Partei, der

Liter Benzin solle fünf Mark kosten. 2010 dann, als Grünen-Politikerin Renate Künast Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden wollte, forderten die Grünen Tempo 30 auf Berliner Straßen, und man denke auch an den Veggieday, der die eingefleischten Gewohnheiten der Leute verändern sollte. All diese Vorstöße wirkten dann auf größere Wählergruppen aber eher abstoßend. Und zwar, weil die Grünen damit Bevormundung, Besserwisserei und vor allem staatlichen Zwang quasi ausstrahlten. Und so ist es auch jetzt. Neben Habecks Vorstoß (oder vielleicht Ausstoß) des bösen Wortes von der Enteignung hat der Fraktionschef Anton Hofreiter nachgelegt, indem er von 2030 an keine neuen Verbrennungsmotoren mehr zulassen will. Das wäre staatlicher Zwang zum Elektroauto. Und die Betonung

liegt dabei auf „Zwang“, leider! Die Grünen gehen mit ihren Forderungen gegen tatsächlich sehr wichtige Verwerfungen vor, etwa beim Klimawandel (der immerhin uns alle zu aussterbenden Dinos machen kann), bei Luftreinhaltung, bei der Wohnungsnot und vielen weiteren Themen. Und man darf den Grünen auch abnehmen, dass sie da wirklich etwas verändern wollen, im Gegensatz zu den vielen Lippenbekenntnissen anderer Parteien. Das Problem ist, dass die Partei dabei das Signal sendet, dass nur staatlicher Zwang die bösen Buben in der Wirtschaft und Gesellschaft bremsen kann. Das ist nicht klug. Wenn nämlich Verfehlungen in der Klimapolitik oder Wohnungspolitik nicht im Konsens korrigiert werden, dann werden sie es gar nicht. Böse Worte helfen da nicht.

Wenn Menschen etwas machen, dann quillt zumeist der Stolz über das Menschsein aus dem Gemachten. Auch jetzt wieder, wenn Wissenschaftler (eine ganz spezielle Spezies Mensch) uns anderen Normalsterblichen vor Augen führen, was für ein Ding sie da benutzt haben: Das Teleskop sei ungefähr so stark, dass man von Deutschland aus eine Zeitung in New York lesen könne, hieß es. Mal ganz davon abgesehen, warum man dafür ein Teleskop nutzen sollte, ist die zweite Botschaft (und zwar ist diese durchaus zutreffend) halt die: Was wir da machen, entzieht sich in Wirklichkeit eurer Vorstellungskraft. Denn wir sind Einstein und ihr seid höchstens Kinobesucher bei Spielberg-Filmchen über die Außerirdischen. Also gut, uns wird tatsächlich mulmig bei den neuen Aufnahmen, die erstmals seit Menschengedenken vom „Schwarzen Loch“ gemacht wurden. Denn wir wissen ja nicht, ob die Dinger zurück schießen, also uns endgültig aller Materie und allen Lichts entledigen. Deshalb wünschen wir hier: Frohe Ostern! Ohne schwarz zu sehen, mit Osterfreude. Michael Zäh


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