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Ausgabe 280 am 2. November 2019
Krebs bekämpfen Interview
Volle Verklärung Bundesliga
Der Onkologe und Immuntherapeut Justus Duyster spricht über die ganz neue gentechnische Behandlung von Lymphdrüsenkrebs. Seite 2
Der SC hat nun unter Streich den besten Saisonstart seit der legendären Saison 94/95 hingelegt. Bayerns Lewandowski schreibt auch Geschichte. Seite 9
Nicht langweilen Interview Der Literaturkritiker Denis Scheck kommt für eine Lesung und nimmt kein Blatt vor den Mund. So erklärt er uns auch, was ein schlechtes Buch ist. Seite 13
Eine Offensive verpufft Der Alleingang der deutschen Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, mal eben eine international überwachte Schutzzone in Nordsyrien zu fordern, war gut gemeint: für ihr eigenes Profil. Von Michael Zäh
D
iese Offensive von Annegret Kramp-Karrenbauer wirkt krass verzweifelt. Aber nicht etwa, weil die Verhältnisse in Syrien nicht wahrhaft allen Anlass zur Verzweiflung bieten (was der Fall ist), sondern weil der Alleingang der CDU-Vorsitzenden und deutschen Verteidigungsministerin offenbar mit niemandem abgesprochen war, der sich in der Materie auskennt. Nicht mit hochrangigen Militärs der Bundeswehr, nicht mit dem Außenminister Maas (siehe Seite 4), schon gar nicht mit den Staatschefs der EU oder wenigstens jenen aus Frankreich und England. Auch nicht mit Kanzlerin Angela Merkel, darf man vermuten, obwohl die Kanzlerin die Hand über den Vorschlag von AKK hielt. Der sei quasi interessant! Diese Äußerung allein lässt schon tief blicken. Denn Annegret Kramp-Karrenbauer hatte ja auch und vor allem ihre Gefühlslage zum Ausgangspunkt ihres Vorschlages gemacht, eine international überwachte Schutzzone in Nordsyrien zu errichten. „Ich kann es nicht mehr hören, dass wir besorgt sind, dass wir mit großer Sorge schauen, dass wir hinschauen“, erklärte AKK. Das ist natürlich in Richtung der Kanzlerin Merkel gemeint, die genau dies immer verlautbaren ließ. Aber nun ja, selbst wenn hier die Richtung stimmen sollte, kann man sich natürlich auch dadurch alles vermasseln, dass solch ein verbaler Vorstoß in keinster Weise irgendwie abgesichert ist. Da muss sich AKK nicht wundern, wenn sozusagen im Milieu als Verteidigungsministerin die Urteile von „Blindflug“, über „Rohrkrepierer“ bis zum „Schuss, der nach hinten losgeht“ lauten.
HALLO ZUSAMMEN
Bodyguards für Schiedsrichter
Dabei ist ja (zumindest als politische Utopie) am Grundgedanken der deutschen Verteidigungsministerin vieles richtig. Schön wäre es doch, wenn die EU geschlossen mehr Verantwortung übernähme, womöglich von einem starken Deutschland angeführt. Und zu begrüßen wäre auch, wenn die Türkei sich nach ihrem völkerrechtswidrigen Angriff wieder aus Syrien zurückziehen würde. Wenn dann auch noch Russland vortrefflich mit eingebunden würde, die Kurden in dem betroffenen Gebiet einigermaßen geschützt und nebenbei der Kampf gegen den Terror des „IS“ weiter fortgeführt würde, wäre alles fast perfekt. Man könnte sagen: Europa würde vor seiner Haustür endlich tun, was seit fast zehn Jahren nötig war. Und Deutschland unter AKK hätte eine führende Rolle dabei. Ach so, stopp: Noch ist ja Deutschland nicht von
AKK als Kanzlerin regiert. Deshalb fragen sich auch viele EU-Freunde wie etwa Frankreich, was das denn alles soll. Und wer ist denn AKK? Denn die Umsetzung solcher idealen Gedankenspiele ist es ja oft, die dem Erfüllen der politischen Wünsche dürr entgegen steht. Die Herren Erdogan und Putin haben sich dieser Tage getroffen und unter sich geregelt, wie die Gebiete und Ansprüche in Nordsyrien künftig aufgeteilt werden sollen, also auch im Interesse von Syriens Diktator Assad, der ja von Russland in den letzten Jahren massiv unterstützt wurde. Angela Merkel wird von sich sagen können, dass sie sich mit Putin und Erdogan unzählige Male getroffen hat, im Laufe der Jahre, diese Ego-Männer gut kennt und ein bisschen einschätzen kann, was da geht und was nicht. Merkel
hat verlauten lassen, dass sie die Ansätze von Annegret Kramp-Karrenbauer für „mutig“ hält. Aber die leidige Praxis ist halt das Problem. Warum bitte sollte Erdogan hinter das zurück gehen, was er ja schon mit Putin aushandelte? Und russische Medien berichteten, die Regierung in Moskau sehe ebenfalls für eine international kontrollierte Schutzzone nach der Einigung mit der Türkei keine Notwendigkeit mehr. Ergo: Warum sollte Putin ein UN-Mandat für eine AKK-Idee befürworten? Das verpufft einfach, ohne Wirkung in der Welt. AKK hat ja vielleicht etwas „Großes“ im Sinn gehabt, aber möglicherweise sollte dies nur ihre miesen Umfragewerte in Deutschland verbessern. Doch ob das gelang, steht in den Sternen. Deutschland im Krieg finden ja nicht alle toll.
Das ist jetzt mal eine super Idee, die der Berliner Fußball-Landesligist Friedenauer TSC da hat. Der Verein will seine Schiedsrichter künftig von Bodyguards schützen lassen. Also klar, wie man weiß kommt es immer wieder zu Gewalt gegen Schiedsrichter, wie zuletzt in der Partie des FSV Münster gegen TV Semd in der hessischen C-Liga Dieburg, wo der 22jährige Schiedsrichter von einem Spieler bewusstlos geschlagen wurde und mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen werden musste. Schlimm genug. Aber wie das von den Bodyguards verhindert werden soll, bleibt ein Rätsel. Rennen künftig die Personenschützer links und rechts den Schieri beschützend mit ihm mit? Also drei Mann hoch, einer mit seinen gelben und roten Karten, die anderen beiden mit Pfefferspray und Handschellen am Gürtel? Der DFB könnte ja auch überlegen, neue Regeln einzuführen: Statt Abseits und so was könnte es künftig kleine Ringereinlagen und Boxkämpfe geben, für die dann auch Punkte vergeben werden. Oder Fußfesseln für alle? Michael Zäh