281. Ausgabe, ET 16.11.2019

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Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage

Ausgabe 281 am 16. November 2019

Spuk verstehen Interview

Die Büffel-Sache

Musikalisches Feuerwerk

SC Freiburg

Der Psychologe und Physiker Walter von Lucadou hat vor 30 Jahren die deutschlandweit einzige Parapsychologische Beratungsstelle in Freiburg gegründet. Seite 2

Tipps

Christian Streich wurde als erster Trainer in der Bundesliga-Geschichte von einem Spieler bewusst umgecheckt. Dass er dafür dann Verständnis zeigte, befremdet. Seite 8

Äl Jawala kommt ins Jazzhaus, mit einem Kinder- und Abendkonzert. Wenn die Freiburger mit mitreißenden Balkan Big Beats auftreten, gibts kein Halten mehr. Seite 10

Die GroKo macht den KoKo W

enn die GroKo den KoKo macht, heißt es gleich wieder, dass das ja doch alles Kokolores sei. Dabei ist aber nicht so ganz sicher, ob sich nicht die Kikeriki-Kritiker des Koalitions-Kompromisses in Sachen Grundrente mehr aufplustern als es die betroffenen Parteien der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD tun. Denn diese haben ihren Job gemacht, wie es sich in der Politik gehört. Sie haben etwas auf den Weg gebracht, das ab Januar 2021 (so der Plan) für etliche Menschen in Deutschland von Bedeutung sein wird. Die lange umkämpfte „Lösung“ in der Frage der Grundrente trägt nämlich alle Züge eines gelungenen Kompromisses. Die Botschaft: Wer 35 Jahre regelmäßig gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll am Ende seines Erwerbslebens nicht in die Altersarmut abrutschen. Geschätzt 1,5 Millionen Menschen sind davon unmittelbar betroffen, die als gering bezahlte Kräfte in Friseurläden, Kaufhäusern und Gastronomiebetrieben ihrer Arbeit nachgehen, überwiegend Frauen. Nach den geltenden Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung schaffen es viele von ihnen trotz jahrzehntelanger Beitragszeiten nur auf Grundsicherungsniveau, also auf Hartz IV für Ältere. Von 2021 an sollen nun also ihre Renten-Bezüge angehoben werden. Das macht aber niemanden reich, sondern soll am unteren Ende der Skala (ca. 930 Euro im Monat) dafür sorgen, dass Bürger in Deutschland ein gewisses Vertrauen in den Staat und das Rentensystem haben sollen. Und dabei ist die Debatte nun

Foto: depositphotos | YAYImages

Der lange umkämpfte Koalitions-Kompromiss zur Grundrente, die ab Januar 2021 kommen soll, macht der Großen Koalition schon ein bisschen Ehre. Eine andere Frage ist, wer was wie aus parteipolitischen Motiven nutzen will. Von Michael Zäh

nicht neu: Zuschussrente, dann Lebensleistungsrente, Solidarrente hieß das im letzten Jahrzehnt, was Politiker als Zeichen setzen wollten. Es ging dabei immer um eine sowohl symbolisch aufgeheizte, aber auch faktisch wirksame Rentenaufwertung für Geringverdiener, die aber nie kam. Bis es jetzt die Groko doch geschafft hat, Chapeau! Soweit, so klar. Aber wenn die GroKo den KoKo macht, stellt sich sogleich die Frage, wer davon was für sich und seine parteipolitischen Ziele nutzen könnte. Olaf Scholz (derzeit Vizekanzler) bezeichnete es als „ganz großen sozialpolitischen Meilenstein“, dass die Einigung in der Koalition gelungen sei. Soll hier heißen: Die SPD hat da größten Einfluss genommen, weshalb sie weiter in der GroKo bleiben sollte und der neue SPD-Chef (der ja bis Dezember gewählt werden wird)

HALLO ZUSAMMEN

Milliarden für Meisterstücke

darf gerne Olaf Scholz (im Tandem mit der Brandenburger Landtagsabgeordneten Klara Geywitz) heißen. Für die CDU sprang (fast möchte man sagen: ausnahmsweise) die Kanzlerin Merkel höchstselbst in die Bresche der Deutungshoheit. „Man kann seitens der CDU nicht sagen, dass wir keine Grundrente wollten“, sagte Merkel. Die CDU habe sich schon viel früher, unter der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen dafür eingesetzt, eine Lebensleistungsrente einzuführen. Also: Nix da, sozialdemokratischer Dingsbums. Merkel war ja schon immer geschickt darin, der SPD die guten Ideen abzuluchsen, um diese dann als ihre eigenen zum Erfolg zu führen. Also machte sie nun auch nicht Halt davor, das Stichwort „Gerechtigkeit“ (auf das SPD-Mann Martin Schulz quasi ein Monopol hat) ins parteipolitische

Feld zu führen: Wenn Menschen 35 Jahre lang gearbeitet hätten und genau so dastünden wie jene, die keine Stunde gearbeitet hätten, gebe es ein „Gerechtigkeitsproblem“, so Merkel: „Und darauf müssen wir eine Antwort geben.“ Die Kanzlerin auf Abschiedstour will damit auch die angeschlagene CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer schützen, da etliche Kreise in der CDU den KoKo zur Grundrente dazu nutzen wollen, AKK einen Strick zu drehen. Das ist halt Politik von ihrer schwarzen Seite. Bei aller berechtigten Kritik des Grundrente-Kompromisses (zu seiner Finanzierung etwa und zur Frage ob das nicht von bösen, heimlich reichen Menschen ausgenutzt werden könnte), steht eines fest: Kokolores ist das alles nicht, und die GroKo hat noch Zukunft.

Es sind Zeiten, die mal wieder frösteln machen. Da werden alte Feindbilder bemüht und nicht wenig erinnert an den Kalten Krieg. Da drehen die Nato-Mitgliedsstaaten USA und Türkei ihr eigenes Ding in Nordsyrien, da sagt Frankreichs Präsident Macron aus eben diesem Anlass, dass die Nato „hirntot“ sei und allenthalben wird die Forderung laut, dass die EU sich militärisch von den USA unabhängig machen müsse. Das alles klingt nach einem Aufrüsten in Europa und auch in Deutschland. Denn dort wird von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ja ein robusterer Einsatz und sogar eine Führungsrolle der Bundeswehr propagiert (siehe Seite 3), bei internationalen Einsätzen. Wie nun bekannt wurde, sind solch fröstelnde Zeiten jedoch für die deutsche Waffenindustrie eher ein Segen. Die Bundesregierung hat in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres Rüstungsexporte im Wert von 7,42 Milliarden Euro genehmigt (Rekordjahr war hier 2015 mit 7,86 Milliarden). Der Tod ist (auch) ein Meisterstück aus Deutschland. Michael Zäh


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