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Ausgabe 283 am 14. Dezember 2019
Film
Die Bayern kommen
Interview
SC Freiburg
Der neue Film von Ina Weisse „Das Vorspiel“ spielt im Musikermilieu und kommt im Januar ins Kino. Ein Interview mit der Regisseurin. Seite 2
Bitte Platz nehmen Leben
Nach dem 1:0-Sieg über Wolfsburg steht der SC auf Platz fünf, einen Punkt vor den Bayern. Die kommen zum nächsten Heimspiel am Mittwoch, 18.12., wutentbrannt. Seite 7
Ein Tanzduett mit Oleg Kaufmann und Bryce Kasson im E-Werk über notwendige Nähe, Enge und Abstand im menschlichen Zusammenleben. Seite 12
Kevins kühne Kehrtwende Es heißt, Juso-Chef Kevin Kühnert sei der Königsmacher für das neu gewählte Führungsduo der SPD, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Und plötzlich spürt keiner mehr eine „Oppositionssehnsucht“ wie zuvor. Von Michael Zäh
E
HALLO ZUSAMMEN
Der Mann, der gerne Gas gibt
Montage: Viktor Lukanow
s heißt, Kevin Kühnert sei der Königsmacher, was das neu gewählte Führungsduo der SPD angeht. Wenn der Juso-Chef Kühnert also Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neue SPD-Vorsitzende ins Amt geholfen hat, dann war das auch ein Schlag gegen so manchen Genossen, der sich wie Olaf Scholz durchaus als profiliert bezeichnen dürfte. Das wäre wohl eine klare Linie, und zwar eine gegen die GroKo, die Kühnert ja mit allen Mitteln bekämpft hat. Wäre, hätte, Fahrradkette. Denn Kevin macht für seine Karriere einen kühnen Schwenk. Bevor der Juso-Chef Kühnert auf dem Parteitag der SPD den nächsten Schritt seiner Karriere machte, nämlich zu einem der fünf Vize in den SPD-Vorstand gewählt wurde, hielt er eine Rede, in der er sagte: „Ich spüre keine Oppositionssehnsucht.“ Allein schon die Wortwahl sagt alles. Denn die nächst liegende Assoziation ist hier ja die „Todessehnsucht“ (während man eher nicht von einer „Regierungssehnsucht“ reden würde). Ergo: Der wilde Kühnert, der sich mit linken Enteignungstheorien ins Gespräch brachte und vor der Bildung der Groko vor zwei Jahren alle nur erdenklichen Register zog, um eine Beteiligung der SPD an der neuen Regierung zu verhindern, ist plötzlich zum Pragmatiker geworden, der sich nicht freiwillig in den Tod der Opposition stürzen will. Wenn das mal keine kühne Kehrtwende ist! Bisher tönte Kevin Kühnert ja immer, dass sich die SPD nur aus der Opposition heraus erneuern könne, um dann auch wieder die Wähler zu überzeugen. Er war
der härteste Bekämpfer jener Köpfe in der SPD, die ganz pragmatisch den Eintritt in die Große Koalition mit der Union befürworteten, um so Inhalte der SPD-Politik in die Tat umzusetzen. Diese Leute, wie etwa Andrea Nahles, die damals mit einer brüllenden Rede erreichte, dass die SPD der Groko zustimmte, oder eben auch Olaf Scholz, heute Finanzminister, sind inzwischen wie Nahles von der eigenen Partei zerrieben worden (oder werden es bald sein wie Scholz). Und dann kommt Kühnert, der zuvor stets den Kessel gegen etablierte Kräfte angeheizt hat und übernimmt lässig mal eben deren Position, dass man in der GroKo mehr SPD-Themen bewegen könne als in der Opposition. Sagen wir mal so: Kevin Kühnert hat sehr viel Karrieresehnsucht. Dabei hatten die pragmatisch denkenden Köpfe in der SPD ja
völlig recht. Ohne die SPD in der GroKo hätte es die Grundrente nicht gegeben, auch nicht den Vollzeitanspruch nach Teilzeit, es hätte nicht mehr Geld für Familien und Kitas gegeben und nicht, dass Arbeitgeber den gleichen Anteil in die Sozialversicherung einzahlen müssen wie die Arbeitnehmer. In diesen klassischen Themenfeldern der SPD ist faktisch für Land und Leute etwas erreicht worden, das sonst nur Rhetorik auf den hinteren Bänken der Opposition geblieben wäre. Blöd nur, dass die SPD diese faktischen Erfolge ihrer Politik vor lauter Streitereien nicht wirklich vermitteln konnte. Es kommt daher auch nicht völlig überraschend, dass Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neue Doppelspitze auf dem SPD-Parteitag nicht etwa das schnelle Ende der GroKo gefordert haben, sondern nun mit der Union
zur „Halbzeit“ verhandeln wollen (wie auch im Koalitionsvertrag von Anfang an vereinbart). Kurios ist dabei lediglich, dass dies jene Köpfe in der SPD fordern, die zuvor die GroKo stets abgelehnt haben. Aber bitte, da fehlt halt die „Oppositionssehnsucht“ derer, die eine solche immer als Credo vor sich her trugen, weil man sich als SPD angeblich nur in der Opposition erneuern könne. Man kann es natürlich auch anders herum sehen, dass einer wie Kevin Kühnert, der Königsmacher, auf dem Parteitag gemerkt hat, dass seine Theorie der Erneuerung in der Opposition nicht mal von den neuen Königen, die er gemacht hat, getragen wird. Und da hat er sich gedacht, dass er seine Sehnsucht umdefiniert, als eine nach Macht und Karriere. Um selbst König zu werden.
Es ist klar, dass die deutschen Minister voll auf fette Kisten stehen. Wohl in allen Ländern der Welt fahren die obersten Repräsentanten der Länder schick vor, im Autoland Deutschland sowieso. Sähe ja auch blöd aus, wenn etwa ein Seehofer aus einem Ford Ka steigen würde, aus einem Fiat 500 (immerhin kultig) oder aus einem VW Polo. Nein, es sind schon immer die großen Limousinen, deren Pracht sich die prächtigsten Politiker leisten. Doch in Zeiten des Klimawandels tauchen nun aber so blöde Fragen auf wie etwa jene nach dem CO2-Ausstoß der Minister-Kisten. Na klar hat sich da mal wieder die „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) unbeliebt gemacht, weil sie heraus fand, dass kein einziger Politiker-Dienstwagen den derzeit geltenden CO2-Grenzwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer einhält. Und Negativspitzenreiter ist (logo!) Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Sein Hybrid-Modell BMW 745Le xDrive hat einen realen CO2-Ausstoß von 258 g/ km. Also quasi doppelt so hoch wie erlaubt. Na ja, der Mann gibt gerne mal Gas, siehe PKW-Maut und so. Michael Zäh