Meinung, Tipps & mehr für volle 14 Tage Samstag, 21. März 2020
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Ausgabe 287 am 21. März 2020 Samstag, 21. März 2020
Grundsicherung jetzt!
Samstag, 21. März 2020
Bewegung Essay
Olaf Scholz spricht von der „Bazooka“ der Kreditmögliochkeiten. Doch diese Krise könnte der Beginn der Grund sicherung für alle sein. Seite 2
Hände waschen sich
Tipps
Corona-Gedanken
Touren mit der Fahrrad von Freiburg in den Kaiserstuhl – in Post-Corona zeiten können wir uns darauf ebenso wie auf Wandertouren im Zweitäler Land freuen. Seite 10
Die Behörden in Deutschland haben jetzt schon eine Vielzahl von Verboten erlassen. Man denkt sich etwas dabei. Es ist aber nicht so, wie man denkt, sondern so, wie es kommt, sagte Sigmund Freud. Seite 8
Der Hund muss raus Wenn nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wie auch Kanzlerin Merkel mahnt, dass wir alle unseren Alltag ändern müssen, geht das an der Realität von Millionen Bürgern vorbei. Deren Existenz steht auf dem Spiel. Von Michael Zäh
A
HALLO ZUSAMMEN
Wir bleiben dran, für Sie!
Montage: V. Lukanow
ch guck, jetzt hat also auch der höchste Häuptling zu den Seinen gesprochen: Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte einige Termine mit anderen Staatspräsidenten ab und ermahnte darauf hin: „Wir müssen alle unseren Alltag ändern, nicht allmählich, sondern jetzt.“ Verzichtet werden müsse auf alles, was nicht dringend erforderlich sei. Ins gleiche Horn hat dann ja auch die Kanzlerin Merkel geblasen: Wo immer möglich solle man demnach „auf Sozialkontakte verzichten“. Bund und Länder haben nun auch entsprechend eine lange Liste an Verboten erlassen (siehe Seite 8). Dem öffentlichen Leben in Deutschland ist der Stecker gezogen. Das gibt uns natürlich schwer zu denken. Erste Frage: Was ist denn nun dringend erforderlich? Also klar, der Hund muss raus. Erstens wegen der Hygiene (nein, der kann sich nicht die Pfoten waschen, wenn nicht draußen in der Pfütze oder im Fluss). Zweitens, weil Hund halt die Bewegung braucht, ganz wie Herrchen auch. Aber na schön, die Wege einsam im Wald werden ja wohl nicht die Welt gefährden. Weil da ist ja sonst keiner. So weit zum Unverzichtbaren. Doch was ist mit den anderen Kleinigkeiten, wie Broterwerb und so? Da mag es zwar noch möglich sein, dass größere Firmen ihre Mitarbeiter ins Home Office entlassen, statt sie in ihren Großraumbüros vor sich hin husten zu lassen. Was aber ist mit all jenen, die mit ihren Dienstleistungen vom Zuspruch der Öffentlichkeit leben? Etwa Kulturschaffende, die beispielsweise ein Kindertheater betreiben (und davon
leben), Veranstalter, die womöglich ein halbes Jahr an Vorbereitung für ein Event investiert haben, das jetzt ausfällt. Es gibt unzählige Freischaffende in Kultur und Gesellschaft, die etwa kreative Kurse anbieten (die nun ausfallen), die etwa als freie Journalisten ihre Texte nicht mehr absetzen können. Es gibt die vielen Fitness-Studios und natürlich all die Kneipenwirte, die auf ihr Publikum angewiesen sind. Alles verboten. Die Liste ließe sich fortsetzen. Sagen wir: Es sind Millionen Menschen in Deutschland betroffen, deren Existenz derzeit faktisch bedroht ist. „Wir alle müssen unseren Alltag ändern“, meint Steinmeier (na ja, was verdient der Bundespräsident, auch wenn er mal alle seine Staatstermine absagt?) Wir dürfen nicht mehr in die Kneipen, nicht mehr ins Theater, zu Kulturveranstaltungen oder zu Fußballspielen gehen.
Das wird aber millionenfach Lebensnöte und Pleiten nach sich ziehen. Und nun glaube keiner an den Quatsch, dass der Bund oder das Land all denjenigen finanziell helfen wird, die im Kleinklein des Alltags am meisten betroffen sind. Auch wenn die Regierung, Merkel und ihr Finanzminister Scholz laut zusagen, „das Notwendige zu tun.“ Am Ende dürfen die Großen der Wirtschaft auf Finanzhilfen rechnen. Eine Konjukturspritze für die Autoindustrie scheint uns wahrscheinlicher als eine Hilfe für die vielen Einzelnen in Kultur und Gesellschaft. Und die arme Lufthansa steht sowieso vorne auf der Liste. Das riecht nach Ausgrenzung vieler „Kleiner“ im Sinne des „großen Ganzen.“ Das wird nicht gutgehen. Natürlich können Steinmeier, Merkel, Seehofer und Spahn auch nix dafür, dass das Corona-Virus in
Deutschland und der Welt ist (siehe dazu Seite 8). Und es mag sogar sein, dass die jetzt vollzogenen Einschnitte immer noch besser sind als ein völliger Kollaps, der durch die ungebremste Verbreitung des Corona-Virus womöglich über uns alle kommen würde. Steinmeier prophezeit: „Wir werden das Virus besiegen. Die Welt wird danach eine andere sein. In welche Richtung es geht, das hängt von uns ab.“ Na ja, wer ist „uns“? Alle außer Trump? Alle solidarisch und bloß kein Ego? Alle pleite? Alle heiter, immer weiter? Merkel sagt, dass man ja auch mal im Wald spazieren gehen solle. Das finden Hund und Herrchen nicht so toll, die dann im Wald all denen begegnen würden, denen sie in der Stadt aus dem Weg gehen wollten.
Liebe Leserinnen und Leser, auch die ZaS muss den sich überschlagenden Ereignissen aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus Tribut zollen. Unsere gedruckten Ausgaben im April entfallen, da sich in Druck, Verteilung der Zeitung sowie auch der Inhalte wie etwa im Kulturbereich (wo ja alles still steht) Ungewissheiten auftun. Wer jedoch Lust und Zeit hat, findet dafür auf unserer Homepage unter www.zas-freiburg.de nun JEDEN SAMSTAG (also nicht nur alle 14 Tage wie bisher) ein paar aktuelle Essays wie etwa die Titelgeschichten (siehe links) oder ein politisches Panorama. Diese Texte wird es nicht in gedruckter Form geben, sondern nur aktuell auf unserer Homepage, aber ebenso frisch geschrieben und meinungsstark wie sonst auch immer. Diese Texte sind für Sie also immer am Samstag nur einen Klick weit entfernt, selbstverständlich ohne Bezahlschranke und so, also gratis. Nach der Pause, die uns durch das Coronavirus aufgezwungen wurde, wollen wir im Mai dann wieder mit zwei gedruckten Ausgaben erscheinen. Michael Zäh