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Ausgabe 287 amam 4. April 20202020 Online-Ausgabe 11. April Samstag, 11. April 2020
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Als Mensch wie Hund Erziehung der Bürger
Jeder erlebt es anders Interview Psychologie
Der Hund führt Befehle nur dann aus, wenn er den Sinn dahinter erkennt. Und auch wenn der Mensch nicht in jeder Hinsicht wie der Hund ist, so zieht er doch eher mit, wenn er einsieht, warum er etwas lassen soll. Seite 2
Dr. Andrea Zäh spricht im Interview über andere Aspekte der Corona-Krise. Diese betreffe jeden einzelnen Menschen seelisch anders, weil jeder Mensch eben als Individuum anders ist. Seite 4
Mal Zeit für ein Lob! Die Politik und vor allem die solidarische sowie disziplinierte Gesellschaft in Deutschland haben im internationalen Vergleich ziemlich gute Werte erreicht, vor allem was die Anzahl der Verstorbenen aufgrund des Corona-Virus angeht. Von Michael Zäh
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Montage: V. Lukanow
s ist mal Zeit für ein Lob. Jetzt natürlich die Frage: für wen und wofür? Sagen wir es umgekehrt: Nicht für Sebastian Kurz, den österreichischen Präsident, der sich permanent selber lobt, als sei er der Oberschlaui auf der Welt. Nein, kein Lob dafür, auch wenn Bayerns Markus Söder sich ständig auf Kurz bezieht (die Österreicher seien halt drei Wochen vor den Bayern), quasi Kniefall, weil über kurz oder lang in Bayern genau das gemacht würde, was zuvor im Versuchslabor nebenan erfolgreich probiert wurde. Doch die Bayern sind es nicht gewohnt, drei Wochen hinter dem Kurz und seinem Team Österreich hinterher zu hinken. Diesbezüglich bräuchte der Söder ja nur den Hoeneß fragen. Doch zurück zum Lob, für das auch mal Zeit sein muss. Der Kurz kriegt also keines und der Söder eher auch nicht. Der prescht ja schon wieder vor, von wegen der Mundschutzpflicht, die er kommen sieht (siehe Seite 6) und überhaupt, harter Hund und großer Macher, das gibt von uns Punktabzüge, keine Frage. Kanzlerin Merkel hat derweil eine ihrer Eigenschaften wieder neu entdeckt: das Pastorale in ihrer Ansprache. Ein Minuspünktchen in der Wertung, aber laut den üblichen Umfragen sind die Deutschen mit ihrer Dauer-Merkel schwer einverstanden. Einmal Raute, zweimal Raute in schwerer Zeit, und das ist besser als nix. Ja, gut ist es. Heute gibt es mal ein Lob. Allein schon für die faktischen Erfolge, die im internationalen Vergleich da sind. Zum Beispiel dass es in Deutschland und Frankreich jeweils ähnlich hohe Infektionszahlen gab, aber die Zahl der am Corona-Virus
Verstorbenen in Deutschland bei 2.276 Menschen lag, in Frankreich jedoch bei 12.228 Menschen (Stand 9.April). Das ist ein gewaltiger Unterschied, der natürlich eine Vielzahl von Ursachen haben kann. Offensichtlich ist, dass die Sterberate in Deutschland eklatant niederiger ist als in den meisten anderen Ländern mit einer ähnlichen Anzahl von Infektionen. Dafür jetzt mal ein Lob! Dies geht zuallererst an die deutsche Gesellschaft und jeden einzelnen Menschen darin, der sich trotz massiver Einschränkungen hinter die Maßnahmen zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung des Virus gestellt hat. Ja, da könnte man von Vernunft und Disziplin sprechen, die offensichtlich von weiten Teilen der deutschen Bevölkerung ausgeübt werden. Zweitens geht das Lob an das gute Gesundheitssystem
hierzulande, die Ärzte und Kliniken, die es geschafft haben, dass bisher kein Notstand an Intensivbetten und Behandlungen aufgetreten ist. Es ist nur ein Zwischenwert und die Aussagekraft der Zahlen kann sich außerdem noch verschieben. Aber gerade im Vergleich mit dem Nachbarn aus Frankreich wird auch das Verdienst der Politik von Bund und Ländern deutlich (wenn denn nur der Söder sich zurückhalten kann): Die sogenannten Kontaktverbote in Deutschland (nur zu Zweit sein, aber das auch jederzeit im Freien) sind ja deutlich maßvoller als die Ausgangssperren in Frankreich (siehe Seite 2). Also ein dickes Lob dafür, dass die Politik in Deutschland hier viel mehr Maß gehalten hat, um damit gleichzeit größere faktische Erfolge zu erzielen. Denn die Folgen jedes politischen Handelns kommen ja
erst noch. Je restriktiver ein Staat seine Bürger behandelt hat, desto eher sind später soziale Unruhen zu erwarten. Einen Kessel in der Krise unter Druck zu setzen, kann zur Explosion führen. Das haben Merkel, Kretschmann und Co. bisher vermieden so gut es ging. Dafür heute: ein Lob! Trotz dem Aussetzen so ziemlich aller bürgerlichen Freiheiten neigen die deutschen Bürger noch dazu, der Kanzlerin zu glauben, wenn sie sagt, dass auch sie die Rückkehr zu einer Normalität anstrebe, da sie ja selbst ein freiheitsliebender Mensch sei. „Wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen. Wir dürfen jetzt nicht leichtsinnig sein. Wir können sehr schnell wieder zerstören, was wir erreicht haben“, so Merkel vor Ostern. Es ist ein Appell, und das ist immerhin besser als großkotzige Befehle.
Liebe Leserinnen und Leser, auch die ZaS muss den sich überschlagenden Ereignissen aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus Tribut zollen. Unsere gedruckten Ausgaben im April entfallen, da sich in Druck, Verteilung der Zeitung sowie auch der Inhalte wie etwa im Kulturbereich (wo ja alles still steht) Ungewissheiten auftun. Wer jedoch Lust und Zeit hat, findet dafür auf unserer Homepage unter www.zas-freiburg.de nun JEDEN SAMSTAG ein paar aktuelle Essays und News wie heute die folgenden Seiten. Diese Texte gibt es nur aktuell auf unserer Homepage, aber ebenso frisch geschrieben und meinungsstark wie sonst auch immer. Diese Texte sind für Sie also immer am Samstag nur einen Klick weit entfernt, selbstverständlich ohne Bezahlschranke und so, also gratis. Sagen Sie das gerne weiter, denn je mehr Leser in unseren Online-Ausgaben schmökern, desto mehr Seiten wollen wir online anbieten. Im Mai hoffen wir, die ZaS dann auch wieder gedruckt an Sie zu verteilen. Wir wünschen frohe Ostern! Michael Zäh