ZP 126: Ich bin Auto

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ZE!TPUNKT

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Juli / Aug. 2013 Fr. 10.– / € 8,–

Für intelligente Optimistinnen und konstruktive Skeptiker

Alles andere über uns und das Auto, die Ökodörfer in Südeuropa, den Handel mit Strom, zuviele Linden an der Zürcher Bahnhofstrasse, das Lachen in der armen Gemeinde Neuenhof, die Nöte einer Gotthelfschule, die Liebe als Sinn des Lebens, ­digitale Entgiftung, das seismographische Gespür von Hochsensiblen, die Liste des Bündners auf einer Insel im Nordatlantik. Und viel mehr.


Die Zukunft aller Autos:

Die Zukunft des Selbst? Impressum Zeitpunkt 126 Juli > August 2013 Zeitpunkt erscheint zweimonatlich in einer Mindestauflage von 12 000 Expl. 2013 > 22. Jahrgang Redaktion und Verlag ZEITPUNKT Werkhofstrasse 19 CH-4500 Solothurn Telefon 0041 (0) 32 621 81 11 Fax 0041 (0) 32 621 81 10 E-Mail: mail@zeitpunkt.ch www.zeitpunkt.ch Geldfluss: PC 45-1006-5 IBAN: 0900 0000 4500 1006-5 ISSN 1424-6171

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Herausgeber Christoph Pfluger Redaktion Christoph Pfluger (CP; Leitung) Walter Keller (WK) Beat Hugi (bh; Produktion) Karin Bill (Layout / Produktion) Jan Suter (Korrektorat) Redaktionelle Mitarbeit Christine Ax, Thomas GrĂśbly, Paul Dominik Hasler

Ständige Autorinnen und Autoren Daniele Ganser, Geni Hackmann, Ute Scheub Verlag & Vertrieb Beat Hugi, Ruth Blum (Anzeigen), Hannah Willimann (Abobetreuung, mail@zeitpunkt.ch) Anzeigenberatung Ruth Blum Feldstrasse 10 CH-4901 Langenthal Telefon 0041 (0)62 923 15 57 Fax 0041 (0)62 922 04 88 inserate@zeitpunkt.ch

Vertrieb Deutschland Synergia Verlag und Mediengruppe Erbacher Strasse 107, D-64287 Darmstadt Telefon 0049 (0) 6151 42 89 10 info@synergia-verlag.de Abonnementspreise Der Preis des Abonnements wird von den AbonnentInnen selbst bestimmt. Geschenkabo Schweiz: 54 Franken Geschenkabo Europa: 68 Franken Einzelnummer: 10 Franken / 8 Euro Druck & Versand: AVD Goldach, auf Rebello Recycling


Editorial

Wir haben nur das Eine Liebe Leserinnen und Leser Herausgeber Christoph Pfluger schreibt mir, im Editorial solle ich schreiben, wo der Zeitpunkt noch nicht so gut sei, wie er sein dürfte und warum ich mich für ihn engagiere. Nichts einfacher, als darauf Antworten zu geben. Mit meinen bald sechzig Jahren komme ich aus der «Kritik-Generation». Seit den 70-er Jahren haben wir alles und jedes kritisiert: Imperialismus, Wachstum ohne Grenzen, Militarismus und Krieg, strukturelle Gewalt, autoritären Charakter, Globalisierung – die Liste ist nicht enden wollend. Wir haben das Geschäft der Kritik bis zur Sektiererei perfektioniert. Auch der Zeitpunkt kritisiert. Aber eben: nicht nur. Er entwirft auch. Und er hat Mut. Weil er nicht auf die Weltrevolution wartet, sondern dort ansetzt, wo wir alle etwas ändern können. Weil seine Autorinnen und Autoren in einem der reichsten Länder seit dem Pleistozän mit einem der höchsten allgemeinen Wohlstandsniveaus die Verantwortung annehmen, über mögliche erweiterte und praktikable Lebensformen nachzudenken, statt der bequemen Reichtums-Völlerei zu erliegen oder sie bloss zu kritisieren. Spannend ist der Zeitpunkt auch, weil er sich irrt und auf Abwege gerät, nämlich dann, wenn er zu sehr ins Individualpsychologische abgleitet und dabei schwärmerisch wird. Oder wenn er vernachlässigt, dass auch das Alternative, das Mystische bzw. Magische unter den allmächtigen Einfluss des Geldes geraten, ein Business geworden ist. Vor einigen Monaten durfte ich als Kurator die Ausstellung «Kapital» im Landesmuseum Zürich eröffnen. Natürlich war ich gespannt auf die Besprechungen in der Presse. Als ich die lange Liste der Artikel durchging, fiel mir auf, wie kurz die Liste in Tat und Wahrheit war. Denn die gleiche Besprechung erschien in einer Vielzahl von Zeitungen, wurde einfach immer wieder abgedruckt. Die viel beschworene Vielfalt der Presse erweist sich bei näherem Hinlesen als Illusion, speziell, was die Rubriken «Kultur» und «Gesellschaft» betrifft. Die Blumenwiese erweist sich als weit fortgeschrittene Monokultur. Da ist es umso entscheidender, dass sich eigentständige Stimmen in wirklich unabhängigen Medien melden, die vielleicht (noch) nicht mehrheitsfähig sind, in Publikationen, die darauf bestehen, Möglichkeitswelten zu formulieren. Der Zeitpunkt tut das – dass er dabei noch mehr lachen oder sich satirisch äussern dürfte, wünsche ich mir zwar, ist aber nicht matchentscheidend. Der Zeitpunkt denkt nach. In einer gesättigten Welt. Das ist gut fürs Hirn – schliesslich haben wir nur das eine. Der Rest ist Tand und endet als Asche. Ideen aber überleben. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen. Aber ihr Zeitpunkt wird kommen. Viel Spass beim Lesen der Ideen dieser Ausgabe! Walter Keller Autor und Redaktionsmitglied

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Inhalt

6 chapeau & Federlesen

32 Entscheiden & arbeiten

6 Chapeau! Hut ab! für Forschung, Stadtfest, Musiktage und den «Trashmob». 8 FEDERLESEN Über Kunstpopularisierung, die Sehnsucht nach alternativem Gedanken und Lebensraum und das ganz normale Waschen von Schwarzgeld.

10 Schwerpunkt: Ich bin auto 11 «Ich bin dort drüben» Die Sprache verrät es: wir sind Autos. Christoph Pfluger 12 Das Auto als Ordnungsprinzip Unsere Städte sind nicht mehr Zeugen des Menschen, sondern immer mehr der Technik und der Ordnung, die zu seiner Bändigung eingesetzt wird. Paul Dominik Hasler 13 Lokomotion und Motivation Warum lassen sich die Verkehrsprobleme nicht beheben? Diese Frage hat Leopold Kohr schon vor 40 Jahren beantwortet und dabei die einzig mögliche Lösung gefunden. Christoph Pfluger 14 Unschuldige Technik Misst man technische Utopien aus früheren Jahrzehnten an ihrem Erfolg, sind die Beispiele auf dieser Seite rasch vom Tisch. Walter Keller 16 Die Zukunft des Automobils Das Auto bietet genau das, was wir wollen, auf eine Weise, wie wir es genau nicht wollen. Paul Dominik Hasler 17 Lob des Staus Ute Scheub 20 Die Datenkiste Einst war das Auto Privatsphäre. Walter Keller 20 Lebe schnell und verboten Wenn einer seinen Führerausweis verliert. Regula Moser 26 Mist! Mit der «Milchkuh-Initiative» wollen die Autoimporteure angeblich mehr Kostenwahrheit erreichen. Christoph Pfluger

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32 Weniger Geld, mehr Glück Ökodörfer Südeuropas haben seit der Krise grossen Zulauf erhalten. Das einfache Leben in der Gemeinschaft will allerdings gelernt sein. Wenn dies gelingt, kann die Krise ein neuer Anfang werden. Leila Dregger 35 Die Geldreform braucht Geld – und Aktivisten Die Vollgeld-Initiative scheitert bisher noch an den fehlenden Ressourcen. Christoph Pfluger 36 Vom Service Public zum Profit Privé Schon heute wird zehn Mal mehr Strom gehandelt als verbraucht. Die Zeche zahlen wir Strombezüger als Mehrheitseigner der Kraftwerke. Wer kann so etwas wollen? Ernst Pauli 39 Energiewende ohne Pumpspeicher Ein Gespräch zur Gretchenfrage: Wie kann Sonnenstrom gespeichert werden? Christoph Pfluger 40 Hat die Linde als Stadtbaum ausgedient? Die Zürcher Stadtverwaltung will an der berühmten Bahnhofstrasse 72 von 177 Linden fällen. Angeblich sind sie krank. Andreas Diethelm 43 Markt oder Mensch Das Gesundheitswesen ist eigentlich ein Markt geworden. 45 In der Disco zum goldenen Kalb Hackmann lässt die Bärte brennen.


Inhalt

46 Vollwertig Leben

58 Horizonte erweitern

46 Anstiftung zur Nachbarschaft Neuenhof zieht sich immer wieder am eigenen Schopf aus dem Morast. Die finanzschwache Gemeinde setzt neben politischer Gewitztheit jetzt auf die Nachbarschaftsinitiative der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Beat Hugi 49 Frei und unabhängig zusammenleben Gesucht: Ideen für autarke Wohnboxen. 50 Hautschmeichler aus dem Bergell In Soglio und Umgebung sorgen sie für Erwerbsarbeit. Anderswo für gesunde Haut und andere Schönheiten. 52 Bergschule in der Bildungsfalle Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird die Bergschule Brunnersberg von der Lawine ins Tal gerissen. Einer Lawine aus Normen, Beamten und Paragraphen. Christoph Pfluger 54 «Es möge lange dauern» Happy Birthday! Die Idee von Longo maï besticht auch nach 40 Jahren. Gabi Rahm 55 Trotz Blues im Malcantone Das Tessin hat mehr zu bieten, als uns die aktuelle TöfflibubenWerbung vorgaukelt. Zum Beispiel dank Angeli und Christian Wehrli in der Casa Santo Stefano. Beat Hugi 56 Schussfahrt nach Appenzell Peter Konings radelt zur Probe mit dem Stromer. Das Auto will er verkaufen. Versprochen!

58 Liebe macht Sinn Wilhelm Schmid schreibt Bestseller als philosophische Seelsorge. In seinem neusten Buch gibt er dem Leben Sinn. Beat Hugi 64 Feuerfestival im Emmental Der Ort des Geschehens ist noch geheim, die Schlusspointe aber gewiss: Nach dem Fest gehen die zuvor gebauten Installationen und Kunstwerke in Flammen auf. Jonas Schneider 66 Digitale Entgiftung Die ständige Erreichbarkeit stellt Sinn und Zweck des Urlaubs in Frage. Der neue Trend: Handy und Laptop abgeben. Alex von Roll 68 Seismographisches Gespür Hochsensible nehmen wahr, was anderen verborgen bleibt – nicht immer ein leichtes Schicksal. Als erstes gilt es, die heikle Veranlagung zu bejahen, sagt Buchautorin Brigitte Schorr. Urs Heinz Aerni 70 Sieben Seiten gute Adressen Ob gesund leben, kreativ arbeiten, nachhaltig wohnen, achtsam verreisen, fair einkaufen oder findig suchen: Dieser Marktplatz hat viel zu bieten. 79 Leserinnen und Leser schreiben 81 Abonnent des Monats Matthias Maurer hat den Zeitpunkt schon vor 20 Jahre in der Männer-WG gelesen. Heute wohnt er mit seiner Familie in einem umgebauten Bauernhaus. Der Zeitpunkt liegt in der Küche. 82 Geschafft! Das letzte Wort haben Menschen, die es uns wert sind. Heute der Bündner Schriftsteller Joachim B. Schmidt auf einer Insel im Nordatlantik.

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Chapeau!

Katharina Zaugg

Initiantin des «Trashmob GoldGlove»

Franz Grimm

Ein leidenschaftlicher Musikvermittler

Putzen ist ein heimliches Tabu – so wirksam, dass Sie diesen Chapeau! vermutlich am liebsten überspringen möchten. Aber Sie verpassen eine wichtige Erkenntnis: Putzen ist mehr als eine lästige Tätigkeit, die man am liebsten delegiert, sondern «Reinigung für Körper und Geist». Dies sagt die Ethnologin und Putzexpertin Katharina Zaugg aus Basel, die seit 25 Jahren eine Putzschule der besonderen Art betreibt. In ihren Kursen zeigt sie unter anderem, mit welcher Einstellung man am besten putzt und wie man den Staubsauger richtig führt – mit dem linken Arm. Das koordiniert ganz nebenbei die linke und die rechte Gehirnhälfte. Ihre Erkenntnisse hat sie im Buch «Wellness beim Putzen» zusammengefasst und mit eigener Finanzierung 2003 bei einem renommierten Schweizer Verlag herausgebracht. Doch der Erfolg an der Frankfurter Buchmesse mit Putzdemonstrationen und TV-Auftritten wurde dem Bildungsverlag zu peinlich und er nahm das Werk wieder aus dem Programm. Seither erscheinen ihre Bücher im eigenen «Zaugg Verlag». Jetzt richtet sie ihre Erfahrung auf ein öffentliches Ärgernis: den herumliegenden Abfall. Anstatt sich über den Müll zu ärgern, soll man ihn auflesen und entsorgen. Etwas Konkretes zu tun, sei auch für das eigene Gefühl allemal besser, als sich aufzuregen. In Zusammenarbeit mit dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel organisiert sie einen «Trashmob». Der Begriff lehnt sich an «Flashmob» an, eine unter Eingeweihten vereinbarten spontanen Aktion. So blieben im Hauptbahnhof Zürich vor einigen Jahren ein paar hundert Leute auf ein vereinbartes Zeichen hin regungslos stehen. Am 17. August um 13.00 Uhr bleiben die Menschen in Kleinbasel aber nicht regungslos stehen, sondern streifen sich einen gelben Putzhandschuh über, sammeln Müll und entsorgen ihn. Wirklich viele Menschen, so hofft Katharina Zaugg, sollen sich an dem «Trashmob GoldGlove» beteiligen. Katharina Zaugg wünscht sich weitere Veranstalter an anderen Orten, bis die fröhliche Putzwelle schliesslich um die ganze Welt schwappt und ein Zeichen setzt: Wir ärgern uns nicht, wir tun etwas. CP

Er ist wohl der ausdauerndste Konzertveranstalter der Schweiz. 500 klassische Konzerte hat er in den letzten 30 Jahren organisiert – ohne eigenes Lokal, ohne Subventionen, ohne Medienpartner, ohne Sponsoren, einfach aus Freude. Warum macht er das? – für Franz Grimm «eine komplizierte Frage». «Der Mensch sollte ein Künstlertum erreichen» – das Leben der Vollkommenheit widmen. Und weil er nicht malen könne und auch kein Musikinstrument ausreichend beherrsche, habe er sich eben dem Musikerlebnis verschrieben. «Musik, die wirklich gehört wird», sagt Franz Grimm, «löst im Menschen einen Zustand aus, der durch nichts anderes zu erreichen ist.» 1983 hat er mit der Organisation von Konzerten begonnen, zunächst mit freien Beiträgen. Dabei hat er eine interessante Feststellung gemacht: In Kirchen klimpert es im Spendentopf, an anderen Orten raschelt es. Mit dem Umzug in den Konzertsaal Solothurn in den 90er Jahren führte er dann fixe Eintrittspreise zwischen 20 und 30 Franken ein – Musik sollte immer noch für jedermann erschwinglich sein. Die Musiker, auch Stars wie Vladimir und Dimitri Ashkenazy oder Nelson Goerner, spielen gerne für Franz Grimm, obwohl es nicht viel zu verdienen gibt. Sie schätzen das gute Publikum, die hervorragende Akustik des Konzertsaals Solothurn, der früher regelmässig vom Radio für Aufnahmen genutzt wurde – und bestimmt das einzigartige Engagement von Franz Grimm. Seit 2005 ist er auch Organisator des Musiksommers in Erlach, wo er bis zu seiner Pensionierung als Lehrer tätig war. Obwohl es bei Franz Grimm um Musik geht, muss auch über Geld gesprochen werden. Mehrere Jahreslöhne hat er in sein Engagement investiert, dazu insgesamt ein Jahr lang Plakate aufgehängt. Irgendwie verrückt. Am 15. November werden in Solothurn 30 Jahre «Fragart» gefeiert, mit einem Jubiläumskonzert mit dem Schweizer Jugendsinfonieorchester. Es wäre schön, wenn dann auch die subventionierte Kultur den Hut ziehen würde vor diesem ausserordentlichen Engagement. CP

Trashmob in Kleinbasel: 17. August, 13.00 Uhr, Matthäusplatz, Basel. Infos: www.facebook.com/stadtteilsekretariat.kleinbasel. www.putzschule.ch

Erlacher Musiksommer: 21./28. Juli und 4. August. Jubiläumskonzert im Konzertsaal Solothurn, 15. November. Details: www.fragart.ch

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Bild: Alessandro Meocci / 20 Minuten

! u a e p a h C

Das FiBL wird vierzig Forschung als Schlüssel zur Praxis

Buskers Bern wird zehn Das coole Kind der Wyss-Sisters

Das Bild da oben ist nicht nur ein Dokument zur 40-jährigen Erfolgsgeschichte der Forschungsanstalt für biologischen Landbau FiBL. Es symbolisiert auch den Erfolgsschlüssel des Schweizer Biolandbaus per se: Der kürzlich verstorbene alt Bundesrat Otto Stich übergibt Biobauer Martin Ott den Schlüssel zum modernen Erweiterungsbau. Stich war nach seinen Jahren im Bundeshaus als Aushängeschild Stiftungsratspräsident des FiBL, Ott präsidiert das Gremium heute. Seit seiner Gründung 1973 erarbeitet das FiBL die wissenschaftlichen Grundlagen für den biologischen Landbau und die artgerechte Tierhaltung in der Praxis.

Der Sommer 2003 war in der Bundeshauptstadt heiss und langweilig. Trotz herrlich schöner Nächte lief in Berns Altstadtgassen einmal mehr kulturell nichts. Das missfiel Kulturmanagerin Christine Wyss (auf dem Bild links) und ihrer Schwester Lisette sehr. Lisette hatte mit dem Saxophon-Quartett «Lily Horn is born» schon am einen oder anderen Strassenfestival gespielt. Das Konzept eines Gassenfestivals mit Musik, Variété, Tanz und Theater lag bald schon auf dem Tisch des Berner Kultursekretariats. Dort war man begeistert. Für die Wyss-Sisters kein Wunder: «Wir servierten Bern das Stadtfest auf dem Silbertablett.»

Obst, Beeren, Wein, Gemüse und Kartoffeln stehen im Zentrum der pflanzenbaulichen Forschung. Erprobt werden die Abwehr von Schädlingen und Krankheiten durch Förderung von Nützlingen, durch direkte Kontrollmassnahmen und durch die Verbesserung der Anbautechnik. Ein weiterer Schwerpunkt sind der Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Tierärztinnen und Tierärzte optimieren Tierhaltung, Fütterung und Weideregime und erproben homöopathische und pflanzliche Präparate. Die Gruppe Sozioökonomie analysiert wirtschaftliche Engpässe der Biobetriebe, kostendeckende Biopreise, agrarpolitische Fördermassnahmen und die Vermarktung. Auf mehr als 200 Praxisbetrieben in der ganzen Schweiz finden wissenschaftliche Projekte und Erhebungen statt.

Im Sommer 2004 feierte das Strassenmusik-Festival «Buskers Bern» in der Berner Altstadt Premiere. Für die Wyss-Sisters war klar: Klein und fein geht nicht. Ein Festival, das als solches wahrgenommen werden soll, braucht eine gewisse Grösse und Dichte. Drei Tage, 30 Acts und 30 Standorte sind gesetzt. Das Publikum ist begeistert, rund 25 000 kommen. 2012 werden es 75 000. Zum Jubiläum rechnet Christine Wyss mit mindestens so vielen. Wenn das Wetter mitspielt. Wenn nicht, nützen auch Berns Lauben wenig. Daran hat sich auch in den letzten zehn Jahren nichts geändert. Genauso wenig wie an der Ferienplanung von Festivalchefin Christine Wyss: «Sommerferien sind bei mir kein Thema. Auch nicht im Winter. Dann müsste ich in ein Flugzeug steigen. Das aber will ich möglichst vermeiden.»

Ein weiteres prägendes Pionier-Highlight in diesem Schulterschluss zwischen Forschung und Praxis: In Therwil bei Basel läuft seit 1978 der sog. DOK-Langzeitversuch, der den biologisch-dynamischen und den biologisch-organischen Landbau mit dem konventionellen vergleicht. Mit diesem Versuch wurden zahlreiche weltweit anerkannte Belege für die ökologischen Vorteile des Biolandbaus im Vergleich zum konventionellen Anbau erbracht. Wenn das keine Schlüsselergebnisse sind! Deshalb: Hut ab – und beste Wünsche für die Zukunft! bh

Trotz fulminantem Höhenflug bleibt auch «Buskers Bern» auf dem Boden autonom. VIP-Bereiche für Grosssponsoren sind unerwünscht. Den Künstlern wird keine Gage garantiert, aber Reise, Kost und Logis bezahlt. «Buskers Bern» wird von seinen Fans und Freiwilligen getragen: Die BesucherInnen zahlen mit dem freiwilligen Kauf der Festivalbändeli 10 Franken an die Gesamtkosten und sorgen mit dem Hutgeld für faire Gagen. 250 freiwillige HelferInnen machen die drei schönsten Tage von Bern erst möglich. Wir schwenken den Hut und schicken Sonnenschein. bh

Am 25. August 2013 findet am FiBL in Frick ein Jubiläums-Tag der offenen Tür statt. www.fibl.org

Vom 8.-10. August 2013 lockt das 10. Buskers Bern mit einem Jubiläumsprogramm und 150 KünstlerInnen aus 20 Nationen in die Altstadtgassen: buskersbern.ch

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«Ich bin dort drüben»

Hand aufs Herz: Was sagen Sie, wenn Sie zeigen wollen, wo Sie Ihren Wagen geparkt haben? Die meisten Menschen sagen: «Ich bin dort drüben». Sie sind zwar da, aber ihr Auto ist dort. Sie sind – ihre Sprache beweist es – zu ihrem Fahrzeug geworden. Der Begriff griechischer Herkunft mit der Bedeutung «selbst» hat sich verwirklicht: Wir sind Auto. Das sind einfach so Redensarten, die nichts weiter bedeuten, mag man da einwenden. Aber das ist ein Irrtum. Die Sprache ist oft erstaunlich genau, wenn sie komplexe Vorgänge in einfache Bilder fasst. Wenn das Herz bricht, ist nicht nur der Kummer so gross, dass es fast nicht auszuhalten ist. Dann ist auch das Herz geschädigt und ein Infarkt statistisch wahrscheinlicher. Wir müssen kein Arzt sein, um eine Diagnose zu stellen. Wir brauchen nur genau hinzuhören.

Foto:: Photodune

Die verräterische Seite der Sprache ist so präzise, dass damit sogar komplexe Kriminalfälle aufgeklärt werden. Einer der bekanntesten Sprachprofiler ist Raimund Drommel, der in seinem 2011 erschienenen Buch «Der Code des Bösen» zeigt, wie sich Kriminelle durch ihre Sprache offenbaren. Selbst wenn wir lügen, lügen wir nicht – wenn wir denn die Sprache wirklich verstehen.

Die innige Verbindung zwischen uns und unserem Fahrzeug ist natürlich auch der Automobilindustrie bekannt. Gemäss einer repräsentativen Umfrage des Nürnberger Marktforschungsinstituts Puls bejahen rund 50 Prozent der unter 30-Jährigen folgende Aussage: «Meine Automarke muss auch Ausdruck meiner Persönlichkeit sein und zu mir passen.» Entsprechend gross sind die Investitionen der Industrie in das Design und den Charakter der Autos. Im autoverrückten Deutschland wird die Abholung eines Neuwagens als Event inszeniert. «Ein Neuwagenkauf ist bei vielen Leuten nach wie vor eine Art Familienzuwachs – häufig geht die ganze Familie zur Abholung mit und nimmt das neue Familienmitglied auf,» sagt etwa Carsten Ascheberg, geschäftsführender Gesellschafter der auf Autos spezialisierten deutschen Marktforschungsgesellschaft «Sigma». Die Identifikation von Maschine und Mensch lässt sich auch aus Erzählungen über Unfälle heraushören. Einfache Parkschäden wirken wie körperliche oder seelische Verletzungen, der Verlust des Autos ist auch ein Persönlichkeitsverlust.

von Christoph Pfluger

Wie weit wir als Gesellschaft bereits Autos geworden sind, zeigt auch der Raum, den diese Persönlichkeitserweiterung eingenommen hat und vor allem unsere kollektive Unfähigkeit, diesen Raum zu beschränken. Die Veränderung der zivilisierten Gebiete durch das Auto ist unvorstellbar. Wir opfern ihm unglaublich viel Zeit, Geld, Raum, Umwelt, Gesundheit, Leben. Strassen sind Zonen direkter Lebensbedrohung geworden – wie Junkies geben wir uns den goldenen Schuss. Was lässt sich da machen? Ich glaube, es ist wenig hilfreich, das Auto wieder als blosse Maschine zu behandeln. Diesen kalten Entzug werden wir nicht schaffen, als Individuen vielleicht, aber als Kollektiv mit Sicherheit nicht. Es braucht einen leichten Zwischenschritt, den wir ohne Verlustangst gehen können. Geben wir unseren Autos Namen – Chäreli, Fröschli, Rakete, Schnufi, Brumsli – was auch immer. Indem wir dem Gerät einen Namen geben, schenken wir ihm einerseits Identität, machen andrerseits aber auch klar, dass es nicht unserer eigene Identität ist. Ich bin hier, das Auto ist dort – ein kleiner Schritt für den Menschen, ein grosser für die Menschheit.

Es ist wenig hilfreich, das Auto wieder als blosse Maschine zu behandeln. Diesen kalten Entzug werden wir nicht schaffen, als Individuen vielleicht, aber als Kollektiv mit Sicherheit nicht.

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Die Datenkiste – schöne neue Algorithmen Einst war das Auto Privatsphäre. An geheim gehaltenen Orten trafen wir uns zum Knutschen. Nach einem Streit stieg man ins Auto und fuhr los, ohne Ziel. Endlich hatte man Ruhe, niemand von Walter Keller wusste, wo man war. Tempi passati.

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r ist mit Auto und Handy unterwegs. Zuhause hat er angekündigt, er fahre von seinem Termin im Süden über einen Pass zurück. Lange meldet er sich nicht. Seine Frau wird unruhig. Es schneit. Immer später wird der Abend. Schliesslich ruft sie die Polizei an und fragt, ob es auf dem besagten Pass vielleicht Unfälle gegeben habe. Ihr Mann antworte nicht. «Wie ist die Handynummer Ihres Mannes?», fragt der Polizist und ruft keine zehn Minuten später zurück. Sie müsse sich keine Sorgen machen. Ihr Mann sei allerdings nicht dort, wo sie ihn vermute, sondern in der Ortschaft XY. Peng! Dort wohnt ihre beste Freundin. Bruno Baeriswyl, Präsident von Privatim, der Vereinigung der schweizerischen Datenschutzbeauftragten, sowie der Stiftung für Datenschutz und Informationssicherheit, antwortet mit diesem anonymisierten Beispiel auf meine Frage nach Privatsphäre und Auto. Rückblende. Anfang der 80er Jahre brachte Honda, zusammen mit dem Navi-Hersteller Alpine, das erste Navigationsgerät ins Auto. «Das Gerät konnte den Fahrzeug-Standort allerdings noch nicht ermitteln. 1982 entwickelte dann Blaupunkt das erste autarke Navi fürs Auto, dessen Ortung auf Rad-Sensoren basierte», schreibt mir Raoul Schwinnen von der auf Auto spezialisierten Bärtschi Media Agentur. Bruno Baeriswyl klärt mich auf, wie weit wir heute sind. Früher war das Auto Privatsphäre: «My car is my castle». Es hatte einen Radio-Empfänger eingebaut. Heute aber sei das Auto transparent, es ist zum Sender des privaten Fahrverhaltens und der Bewegungen geworden. Alles wird aufgezeichnet, tausende von Elementen in unseren Autos sind elektronisch verkabelt und damit vernetzt. Bringe ich mein Auto in die Garage, steckt der Garagist als erstes sein Kontrollgerät ein. So könne mein Fahrverhalten nachvollzogen werden. Baeriswyl erzählt von Abklärungen, die er als Datenschützer im Zusammenhang mit dem «Road Pricing» (eine Art Zoll bei Einfahrt in

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ein Stadtgebiet) unternommen habe. Dabei habe sich herausgestellt, wie leicht automatisierte Bewegungsprofile zu erstellen sind – auch ohne Anruf bei der Polizei. Zukunftsmusik? Keineswegs. Im April 2013 berichtete Spiegel online: «Der Mobilfunkbetreiber Telefonica will in Deutschland bis Ende des Jahres eine Technik einführen, die das Fahrverhalten von Autofahrern erfasst und so flexiblere Versicherungstarife ermöglichen soll.» Die Autoindustrie arbeitet derzeit an der «Car-to-car-Kommunikation». Autos kommunizieren untereinander und erkennen sich zum Beispiel vor unübersichtlichen Kreuzungen oder Kuppen und können entsprechende Manöver einleiten. Gleiches gilt bei plötzlich auftretenden Staus. Mein Auto kommuniziert künftig nicht nur mit mir, sondern mit seinesgleichen und zusätzlich auch mit der Infrastruktur am Strassenrand (Tempo-/Warnschilder, Ampeln, Sensoren). Neue Möglichkeiten erlaubt natürlich auch die «Verlinkung» mit den Smartphones und entsprechenden Apps – die Möglichkeiten reichen von der Parkplatzsuche über Hotelreservationen bis zum Stromlademanagement für E-Mobile. Die Reichweite der Batterie wird laufend berechnet und der Fahrer wenn nötig zur nächsten Ladestation gelotst. Noch einmal Raoul Schwinnen: «Das fix im Fahrzeug eingebaute Navi wird ganz schnell verschwinden und den sogenannten LinkSystemen Platz machen, also der Einbindung von Smartphones.» Ein weit gravierenderes Problem als jenes unter Eheleuten wird sichtbar, wenn man bedenkt, welche Auswirkungen ein Plan wie der-

Alle Neuerungen werden uns unter dem Stichwort «mehr Komfort» angekündigt. Über den Hintergrund samt Überwachungsmöglichkeiten werden wir nicht aufgeklärt.

jenige von Telefonica haben wird. Nochmals Spiegel online: «Im Zentrum des Systems mit der Bezeichnung Telefonica Insurance Telematic steht ein Modul, das ins Auto eingebaut wird und Informationen zu Geschwindigkeitsüberschreitungen, Bremsverhalten oder Nachtfahrten erfasst. Diese Daten werden über Mobilfunk an die Versicherungsgesellschaft übertragen. Sie lassen sich dann in Form von Punkten auswerten und würden auf unterschiedliche Weise für die Berechnung der Versicherungsprämie herangezogen. So können Risikogruppen besser eintarifiert werden.» Bist Du braves Kind, kriegst du Punkte. Deine Versicherungsprämie sinkt. Bist du böses Kind ... genau. Bist du zu böse, fliegst du vielleicht aus der Versicherung. Das läuft gemäss Datenschützer Baeriswyl subtil ab. Alle Neuerungen werden uns unter dem Stichwort «mehr Komfort» angekündigt. Über den Hintergrund samt Überwachungsmöglichkeiten werden wir nicht aufgeklärt. Baeriswyl öffnet den Blickwinkel und formuliert allgemein: Das Problem ist das Vorhandensein all der Daten. Wir als Betroffene haben keine Herrschaft über die Informationen, die unsere Datenkiste auf vier Rädern übermittelt, sondern der Hersteller. Und natürlich der Staat – wenn er will. Der aber ist vergleichsweise harmlos, immerhin binden wir ihn als Souverän in einen gesetzlichen Rahmen ein. Die wirkliche Herausforderung ist der Umgang mit kommerziellen Institutionen, mit den grossen Firmen. Sie haben die Daten, schweigen sich aber gemäss Baeriswyl darüber aus, was sie damit anstellen wollen. Damit wisse man heute nicht mehr, was relevant sei und was nicht. Das werde erst deutlich, wenn sich Daten durch ein entsprechendes Ereignis oder einen künftigen Zusammenhang plötzlich ganz neu aktualisieren. Lassen Sie Ihr Handy zu Hause, wenn Sie am Abend einen Abstecher zum besten Freund Ihres Mannes oder zur besten Freundin Ihrer Frau planen. Das erspart Ärger.


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Wo ist das Auto? Logisch sieht man auf dem Bild «Rasendes Automobil» des italienischen Futuristen Giacomo Balla (1871-1958) von 1912 kein Auto. Es ist schon vorbeigehuscht und im Bild nur noch als Idee sichtbar. «Wir erklären, dass sich die Herrlichkeit der Welt um eine neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit (...) ein aufheulendes Auto, das wie auf Geschossen dahinzurasen scheint, ist schöner als die antike Statue der Nike von Samothrake.» So steht es in Punkt vier des futuristischen Manifests des italienisch-französischen Jungpoeten Filippo Tommaso Marinetti. Das Manifest erschien am Samstag, 20. Februar 1909, in der Pariser Zeitung Le Figaro. Es lohnt, das Original des Manifests im Internet zu lesen. Je länger man liest, desto mulmiger wird es einem. Das Gemisch

aus Verherrlichung der Moderne, des Urbanen, der Geschwindigkeit und schliesslich auch des Krieges ähnelt auf grausliche Art der Gewaltrhetorik heutiger Fanatiker. Das Auto war den Futuristen Ausdruck von Allmacht. Der Traum ist nicht ausgeträumt, die Werbung nutzt noch heute Spurenelemente von Punkt fünf des Manifests: «Wir wollen den Mann besingen, der das Steuer hält, dessen Ideallinie die Erde durchdringt, die wiederum selbst auf ihrer Bahn dahinjagt.» Laut einer Umfrage des deutschen Handelsblatts von 2011 sind diese zwei Werbeslogans am populärsten: «Nichts ist unmöglich» von Toyota, und «Vorsprung durch Technik» von Audi. Klingt doch futuristisch, oder? Walter Keller Giacomo Balla: Speeding Automobile, 1912, Öl auf Leinwand, 55.6 x 68.9 cm, Sammlung Museum of Modern Art, MOMA New York. Foto: MOMA/Scala, Florenz.

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«Zu viel Platz, zu wenig Führung!» Als der Verkehr begann, gab es kaum Regeln und keine Signale, aber schon bald schwere Unfälle. 1938 gründete die Versicherungswirtschaft das «Büro für Unfallverhütung» bfu und griff als Lobbyorganisation massgebend in die Schaffung eines umfassenden Regelwerkes ein, das heute die Verkehrsteilnehmer zu ihrem eigenen Schutz diszipliniert. Die Mitarbeiter der bfu zogen durch die Lande, spürten Situationen mit Gefahrenpotenzial auf und fotografierten. Aus der Fülle von 65 000 Aufnahmen destillierten das Museum für Gestaltung Zürich und der Scalo-Verlag 1997 eine Auswahl und gaben sie unter dem Titel «Die Strasse lebt» als Buch heraus (vergriffen) – eine einzigartige Geschichte der Verkehrsentwicklung zwischen 1938 und 1970. Den Titel dieser Doppelseite haben wir der Legende zum Foto der gegenüberliegenden Seite unten rechts entnommen. Zum Bild des Klosterplatzes von Einsiedeln von 1957 schreibt die bfu. «Zu viel Platz, zu wenig Führung». Das Bild rechts zeigt Beamte des bfu, des Bundesamtes für Verkehr und des Bundesamtes für Polizeiwesen bei der Inspektion eines unbewachten Bahnüberganges. Damals war guter Rat offenbar teuer. Die übrigen Bilder sollten sich selber erklären. Wir danken dem Museum für Gestaltung und der bfu für die Reproduktionsrechte.

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er Frust der Autofahrer scheint zunächst berechtigt: Nur gerade 30 Prozent der Strassen- und Autosteuern werden auch für die Strasse verwendet. Die restlichen 70 Prozent fliessen in die Bundeskasse und in den öffentlichen Verkehr – auf den ersten Blick ein klarer Verstoss gegen das Verursacherprinzip. Die Milchkuh-Initiative des Verbandes der Automobil-Importeure will dies ändern. Gemäss seiner Volksinitiative sollen die Benzinsteuern ausschliesslich der Strasse zugute kommen – heute sind es 50 Prozent – und neue Abgaben nur mit einem Bundesgesetz eingeführt werden können. Gegen ein solches könnte dann das Referendum ergriffen werden. Der grösste Teil des automobilistischen Ärgers müsste bei der Betrachtung der Strassenrechnung allerdings verfliegen, die das Bundesamt für Statistik alljährlich erstellt, um die zweckgebundene Verwendung der Mineralölsteuer sicherzustellen. Gemäss dieser theoretischen Rechnung stehen den Einnahmen aus Mineralölsteuer, Motorfahrzeugsteuer, Autobahnvignette etc. von 8,37 Mrd. Ausgaben von 7,25 Mrd. für die Strasse gegenüber, also ein Gewinn zu Gunsten der Autofahrer von 1,12 Mrd. oder 20 Prozent (Stand 2010, Quelle: Bundesamt für Statistik). Die Realität ist also weit entfernt von der Behauptung von «Strasse Schweiz», nach der 70 Prozent aller automobilistischen Steuern in der allgemeinen Bundeskasse versickern. Weil die Strassenrechnung aber ein Modell ist und keine effektiven Geldflüsse misst, ist sie umstritten. Sie soll demnächst revidiert werden – allerdings zu Ungunsten der Autofahrer. Die Strassenrechnung enthält nur Kosten für Bau, Unterhalt und Finanzierung der Strassen und nicht die externen Kosten für Unfälle, Lärm, Luftverschmutzung etc. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE sind dies rund 9 Mrd. pro Jahr, also mehr als die eigentlichen Strassenkosten. Diese werden bis jetzt von der Gesamtheit der Steuerzahler bezahlt, also nicht nur von den Automobilisten. Gemolken werden nicht die Autofahrer, sondern die Steuerzahler. sie subventionieren nicht nur die Milchkühe; sie müssen auch noch mit ihrem Mist fertig werden.

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Mist! Mit der «Milchkuh-Initiative» wollen die Autoimporteure angeblich mehr Kostenwahrheit im Verkehr erreichen. Aber der Verdacht ist begründet: Die Kühe wollen noch mehr Subvenvon Christoph Pfluger tionen.

Die offizielle Rechnung der externen Kosten hat allerdings gravierende Lücken. Die Autofahrer nehmen nämlich gratis eine Reihe von öffentlichen Gütern in Anspruch, die auch ihren Preis haben, wie der ETH-Professor Anton Gunzinger in einer Überschlagsrechnung zusammengestellt hat: Raum, Luft, Ruhe (bzw. deren Störung) und Sicherheit (bzw. deren Gefährdung). Werden diese Güter angemessen bepreist, kommen erkleckliche Beträge zusammen, die die Allgemeinheit den Autofahrern als versteckte Subvention zur Verfügung stellt. Beispiel Raum: In der Schweiz beträgt die für Automobilität benutzte Fläche 581 km2, zum Teil an allerbester Lage. Zum Vergleich: Die für Wohnen, Arbeiten und Freizeit insgesamt genutzte Gebäudegrundfläche beträgt nur 400 km2. Wir brauchen also rund 50 Prozent mehr Fläche zum Herumfahren als zum Leben. Der Grossteil dieser Flächen wird den Autofahrern umsonst zur Verfügung gestellt. Bei einem Quadratmeterpreis von durchschnittlich 500 Fr./m2 ergibt dies einen Wert des Mobilitäts-

Wir brauchen rund 50 Prozent mehr Fläche zum Herumfahren als zum Leben. Der Grossteil dieser Flächen wird den Autofahrern umsonst zur Verfügung gestellt.

raumes von 290 Mrd. Franken, bzw. (bei einem Umwandlungssatz von 8 Prozent ) ungedeckte 23,2 Mrd. Franken pro Jahr. Beispiel Ruhe: Lärm macht nicht nur Stress, sondern entwertet auch die Liegenschaften, an stark befahrenen Strassen um bis zu 50 Prozent. Bei einer geschätzten Entwertung von durchschnittlich zehn Prozent auf allen Liegenschaften im Wert von total 2500 Mrd. ergibt dies 250 Mrd, bzw. 20 Mrd. jährlich (bei einem Umwandlungssatz von 8 Prozent). Beispiel Luft: Allein um die Klimaschäden des CO2 zu kompensieren, müsste der Strassenverkehr pro Jahr 10,4 Mrd. Franken aufbringen. Wird die bis jetzt kostenlose Nutzung dieser Gemeingüter in den Benzinpreis eingerechnet, kommt Anton Gunzinger auf einen Literpreis von Fr. 11.62, sechs mal mehr als heute. Die Autofahrer sind also nicht die «Milchkühe der Nation», wie «Auto Schweiz»-Präsident Max Nötzli sagt, sondern sie melken die Gemeingüter gnadenlos aus. Von einer Abgeltung externer Kosten hält er «weniger als gar nichts» und gibt zu bedenken, dass der Verkehr auch einen externen Nutzen erbringe. Nur: Dieser Nutzen ist privat. Aber auch er erkennt: «Alles aufs Pendeln auszurichten, war ein Fehler.» Aber der sei nicht rückgängig zu machen. Wirklich nicht? Wenn sich die ständige Herumfahrerei in wenigen Jahrzehnten entwickeln konnte, dann sollte sie in einem ähnlichen Zeitraum auch zurückzubilden sein – mit wahren Preisen. Denn auch die öV-Mobilität wird enorm subventioniert und müsste zweieinhalb mal teurer werden. Kostenwahrheit würde zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung führen. Wir würden Effizienz-Strategien konsequent fördern, von der fossilen auf elektrische Mobilität mit einem wesentlich höheren Wirkungsgrad umsteigen, das Lokale pflegen und vieles mehr. Anstatt das Geld in die Wüste, d.h. den Erdöllieferanten zu schicken, würden wir es bei uns im Land in Effizienz investieren. Unter dem Strich wäre es vielleicht nicht billiger, aber wesentlich lebenswerter und die Schweiz würde in zwanzig Jahren zu einem Wunderland der Nachhaltigkeit mit einem Schatz an Technologien, die die ganze Welt früher oder später dringend braucht.


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Die Autofreiheit ist nicht korrumpierbar Der Club der Autofreien CAS wird Teil des VCS. Seine rund 1300 Mitglieder sollen im Verkehrs Club der Schweiz mit Gleichgesinnten zur politisch relevanten Pressuregroup wachsen. So hofft Beat von Scarpatetti. Er gab den Autofreien vor zehn Jahren mit dem Club eine von Beat Hugi gemeinsame Heimat.

Der Gründer sieht nur gute Gründe. Beat von Scarpatetti steht voll und ganz hinter dem geplanten Zusammengehen mit dem VCS: Ab 1. Januar 2014 soll der Club der Autofreien CAS in den Verkehrsclub der Schweiz integriert werden. So beschloss es die Generalversammlung kürzlich in Olten. Einstimmig. Wenn auch nach ein paar Protestbriefen vorab, in denen sich eingeschworene CAS-Kämpen gegen den grossen Deal und das Schleifen der eigenen Autonomie aussprachen. Gut möglich, dass sich auch Zeitpunkt-Leserinnen und -Leser Luft gemacht haben. Beat von Scarpatetti warb im Zeitpunkt früh und erfolgreich für den neuen Status der Autofreiheit, eine radikale Sicht der Mobilität und den Club der Auofreien. Es brauche nach zehn Jahren einen Quantensprung. Der sei nur mit dem VCS zu machen. Aus eigener Kraft sei er nicht zu schaffen gewesen. Mit mehr als den rund 1300 Mitgliedern wäre in den kommenden Jahren nicht mehr zu rechnen gewesen. «Uns hat die Akzeptanz in den grossen Medien gefehlt. Aber es ist uns dennoch gelungen, die Autofreiheit zu einem Status zu machen. Darauf bin ich stolz.» Sagt der Gründer. Nein nein, der Club werde vom VCS ganz bestimmt nicht über den Tisch gezogen und in eine Schublade gelegt: «Die Autofreiheit ist nicht korrumpierbar. Die Option autofrei ist und bleibt autofrei, sie kann nicht plötzlich in einen Mobility-Schwindel umgewandelt werden.» Zudem habe auch der VCS neue Impulse nötig. Und aus seinem eigenen gediegenen, autonomen Club von Idealisten müsse endlich eine entscheidende Pressuregroup wachsen. Eine Kraft, die sich politisch und praktisch beweisen kann. «Ich habe unseren Club im-

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mer etwas provokativ und augenzwinkernd als Club einer Elite bezeichnet. Wir haben das Rezept für die Zukunft. Das Auto ist nicht kompatibel mit einer angepassten, ökologischen Existenzform.» Die Leistungen, die das Leben ohne Auto der Schweiz bietet, müssten endlich anerkannt werden. Ein fairer Öko-Bonus für all jene, die keine Strassen brauchen, kein CO2 in die Luft absetzen, keine Verkehrsunfälle bauen und sich autonom und körperkompetent fortbewegen, sei natürlich längst überfällig, aber bis dato politisch nicht machbar: «Denn wer sich derzeit ökologisch verhält, ‹schadet› der Wirtschaft. Alle Verdienste, die wir nachweislich erbringen, verpuffen, als würden wir einen Ofen draussen heizen. Was wir tun, ist immer noch idealistisch, aber noch nicht direkt relevant.» Beat von Scarpatetti hofft jetzt auf mehrere Tausend Autofreie in der Mitgliederkartei des VCS. Sie will er zusammen mit der VCSFührung im Herbst orten und outen: «Der VCS wird eine Umfrage machen und jenen, die sich als Autofreie auszeichnen, die Möglichkeit bieten, innerhalb des VCS in die neue Gruppe der Autofreien eingetragen zu werden.» Für den CAS-Gründer und Club-Präsident wird das «die Stunde der Wahrheit»: Wieviele im VCS lassen sich als Autofreie klassieren? Sie sollen dann nicht mehr mit den autospezifischen Informationen des VCS bedient, sondern mit Neuigkeiten und Angeboten zur Autofreiheit verwöhnt werden. Die Gruppe trägt aktuell den Arbeitstitel «VCS autofrei». Geht es aber nach dem Gusto des CAS-Gründers, dann muss der neue «Brand» bald schon viel knackiger und eigenständiger daherkommen: «Wir werden ge-

meinsam mit dem VCS einen Wettbewerb zur Namenssuche ausschreiben. Der neue CAS im VCS soll einen griffigen, frechen und würdigen Namen bekommen.» Damit aber nicht genug: «Ich wünsche mir, dass die Autofreien als Anerkennung für ihr Tun endlich einmal etwas geschenkt bekommen. Für einen Steuerbonus des Staates ist es sicher noch etwas zu früh, ein Willkommensgeschenk des VCS aber würde passen.» Von Scarpatetti klopfte vor der Gründung des CAS bei verschiedenen Institutionen wegen einer Partnerschaft an. Im Gepäck hatte er ein vierseitiges Papier aus dem Jahr 2000, in dem er seine Ideen der Autofreiheit und ihrer Vorzüge skizzierte. Er stand damals auch beim VCS hartnäckig auf der Matte. Glücklos.«Die Zeit war noch nicht reif», gibt er sich heute nachsichtig. «Gegen Ende meiner Zeit als VCS-Zentralpräsident 1992 bis 2003 gab es die Diskussion um die Gründung eines Clubs der Autofreien», erinnert sich Matthias Zimmermann gegenüber dem Zeitpunkt: «Wir hatten im VCS aber Anderes und auch Wichtigeres zu tun. Viele sogenannte ‹Autofreie› waren eh schon im VCS, wie ich selber auch (ich bin allerdings noch Mobility-User). Ich persönlich dachte damals, es sei wichtiger, den VCS im sogenannten Mittelfeld der Autofahrer zu verbreitern als bei den Autofreien.» Nun seien zehn klärende Jahre ins Land gezogen: «In den Schweizer Kernstädten haben heute weniger als die Hälfte der Haushalte ein eigenes Auto; die Fahrprüfungen der jungen Leute sind erheblich zurückgegangen. Die Integration des Clubs der Autofreien in den VCS ist jetzt für beide Seiten ein logischer Schritt.»


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Weniger Geld, mehr Glück Ökodörfer Südeuropas haben seit der Krise grossen Zulauf erhalten. Das einfache Leben in der Gemeinschaft muss allerdings wieder gelernt werden. Wenn dies gelingt, kann die Krise   von Leila Dregger ein neuer Anfang sein, dies das Fazit

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as, wenn die Krise in Portugal, Spanien, Griechenland in Wirklichkeit der Anfang vom Ende eines Systems ist? Des Systems, das Mensch und Natur überall auf der Welt entfremdet und ausgebeutet hat? Um es zu überwinden und die Krise zu beenden, brauchen wir nicht nur ein anderes Geldsystem, sondern ein anderes Leben. In vielen Landschaften Südeuropas geht die ökonomische Krise einher mit einer ökologischen: Abholzung, Monokulturen, Waldbrände, Erosion durch Winterregen und Sommertrockenheit. Bauern geben auf, Dörfer stehen leer, Lebensmittel werden importiert – und das in Ländern mit Überfluss an Regen, Sonne und guten Böden. Während Politiker die Krise mit «mehr desselben» bekämpfen – mehr Investitionen in Grossindustrie, mehr Zentralisierung und Privatisierung – entstehen

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Alternativen von unten. An Stelle von Abhängigkeit von Geld und Staat suchen sie Kooperation mit der Natur, Gemeinschaft und gegenseitige Hilfe. Ökodörfer zeigen, wie Krisen in der Gemeinschaft überwunden werden können, dass Wüstenbildung rückgängig gemacht, Monokulturen durch essbare Landschaften ersetzt werden und dezentrale Solarsysteme die Abhängigkeit von Energiekonzernen auflösen können. Sie zeigen, wie man mit weniger Geld mehr Glück erfährt. Griechenland «Vor zwei Jahren hat sich niemand vorstellen können, wie schnell dieses System zusammenbricht», sagt Anna Fillipou, die mit ihrem Mann Nikiferos in der Nähe von Thessaloniki ein Gemeinschaftsexperiment gestartet hat. «Alle Sicherheiten – Geld, Ausbildung, Gesundheit, Arbeit – sind weggebrochen. Die meisten haben


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ihr Vertrauen in das System verloren. Das ist die Zeit für Alternativen. Ohne Sicherheiten haben wir auch nichts zu verlieren. Es ist faszinierend, wie viele Menschen sich jetzt für Ökodörfer interessieren.» In Griechenland gibt es noch kein Ökodorf. «In gewisser Weise», sagt Anna, «hatten wir immer Gemeinschaftsleben mit gemeinsamem Singen und Tanzen. Aber der Konsum hat die Traditionen zerstört. Wenn wir die Krise überwinden wollen, müssen wir lernen, zusammen

Irini und Lefteris sind seit Jahren aktive Netzwerker in der Umweltbewegung Griechenlands. Jetzt machen sie die Erfahrung, dass sich vermehrt rechte Gruppen vom Stichwort Autonomie angezogen fühlen – offenbar ein weiteres Symptom der Krise. Irini: «Wir sind keine Partei und keine Monokultur, also versuchen wir, niemanden auszuschliessen. Aber natürlich werden wir niemals Faschismus oder Rassismus erlauben.» Kontakt: irinikourdaki@yahoo.gr maniakinaturalfarming.blogspot.gr Spanien In Spanien ist jeder zweite junge Mensch arbeitslos. Wie dringend Perspektiven gebraucht werden, verdeutlicht Alfonso Carreras von RIE, dem Netzwerk spanischer Ökodörfer: «Es gibt Hunderte von Menschen, die jetzt in Spanien einen Platz in einem Ökodorf suchen. RIE wird aus zwei Richtungen überflutet: Dem Exodus der Jugend aus den Dörfern in die Städte und denjenigen, die die Städte verlassen und aufs Land wollen.»

Sie nutzen die Krise, um ein neues Leben zu entdecken – Schlammbad im spanischen Ökodorf «Valle de Sensaciones», dem Tal der Gefühle. (links) Das vor 23 Jahren gegründete Matanavero im Nordwesten Spaniens ist das älteste Ökodorf des Landes. (oben) «Mein Leben ist Revolution» – Fensterschild in Portugal. (rechts)

zu arbeiten, zu teilen und darüber zu reden, was uns wirklich beschäftigt.» Anna und ihr Mann Nikiforos haben erste Lehmhäuser und Solaranlagen gebaut. Mit rund zehn Erwachsenen und drei Kindern üben sie nun Methoden für Gemeinschaftsaufbau und gewaltfreie Kommunikation ebens wie praktische Fähigkeiten, um autonom zu werden. Kontakt: filippuanna@yahoo.gr Ioannis Mastoris und seine Freunde wollen das Ökodorf «Eftopia» auf der Insel Evoia aufbauen. Das Gelände umfasst 330 Hektar Wald und 87 Hektar Agrarland. Nach einem neuen griechischen Krisengesetz zur Förderung von Tourismusanlagen darf man zehn Prozent des Waldes für Gebäude und Anbau benutzen. Ioannis: «Es ist der perfekte Ort mit grosser Vielfalt, wo man Seen, natürliche Refugien für Wildtiere und Permakultur aufbauen kann.» Die Gruppe will das Grundstück durch Crowdfunding erwerben. Kontakt: ioannis@ixn.gr

Matavenero wurde vor 23 Jahren in Bierzo in NordwestSpanien gegründet. Mit ihrer anarchistischen Weltsicht lehnen die meisten Bewohner Einkommen, Sozialhilfe oder Renten ab. Jörn Ickes, der bis vor kurzem hier lebte: «Matavenero geht es gut in der Krise. Es ist zwar schwerer, die kleinen Jobs zu finden, mit denen wir uns finanzieren, aber das Geld reicht, denn der Konsum im Dorf ist gering. Wir tauschen und helfen einander mit allem, was wir brauchen. Wir zahlen nichts für Mieten, Wasser, Müll, die meisten haben keine Versicherungen und sehr wenige ein Auto. Solarsystem und Holzöfen machen uns fast energieautark. Die Lehrer unserer Schule werden auf Spendenbasis bezahlt. Ganz allgemein ziehen wir es vor, ohne Geld zu handeln – mit Tausch- oder Schenkökonomie.» In Valle de Sensaciones, einem anderen spanischen Ökodorf, beobachtet Mitglied Achim Burkhardt, dass die bezahlten Seminare weniger besucht werden, was

Ein drittes Projekt in Griechenland ist das entstehende Ökodorf «Agnandi», initiiert von Irini und Lefteris Kurdaki in Nordgriechenland. Irini: «Wir wollen Elemente aus dem traditionellen Dorf mit Ökodorf-Wissen verbinden.» Sie pflanzten Bäume und planen ökologische Häuser, Wassersammelanlagen, Permakulturgärten und eine Gemeinschaft mit gewaltfreier Kommunikation.

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Solche Bubenträume lassen sich in normalen Bauzonen kaum verwirklichen. (oben) Um der Versteppung entgegenzuwirken, hat das von Deutschen in Portugal gegründete Ökodorf Tamera sogar kleine Seen angelegt. (rechts)

das Einkommen vermindert. «Doch wollen viel mehr Menschen hier leben. Es gibt viele Arbeitslose, die unser Wissen gut brauchen könnten, um die Zeiten der Krise zu überstehen.» Als international zusammengesetztes Ökodorf hat Valle de Sensaciones Einkommen aus anderen Ländern, so dass es nicht zu stark von der Krise betroffen ist. Ausserdem sind die Lebensmittelpreise niedrig, und das Valle ist durch Solaranlagen energieautark. La Base, eine Gemeinschaft in Nordspanien, begann vor einem Jahr. Mitgründer Alfonso Carreras: «Seit der Krise wollen viel mehr Menschen Ökodörfer besuchen oder einziehen. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Erfahrungen zu teilen.» La Base ist zu 100 Prozent autark in Wasser, zu 50 Prozent in Strom und zu 30 Prozent in Grundlebensmitteln. Mehr: labase2001.blogspot.com

Ökodörfer kennenlernen Vom 7. - 12. Juli 2013 findet auf der Schweibenalp oberhalb Brienz unter dem Motto «Connecting Communities for a Sustainable World» das jährliche europäische Treffen des «Global Ecovillage Network» statt. Der Montag, 8. Juli ist als Tag der offenen Tür für Tagesbesucher angelegt, die die Konferenz, das Schweizer Netzwerk und die Schweibenalp als Beispiel einer solchen Gemeinschaft kennen lernen möchten. Programm: ab 11 Uhr bis 17 Uhr. Gespräche und Führungen auf der Konferenz und im Zentrum. Pauschale mit Mittagessen 50.-. Zentrum der Einheit Schweibenalp CH-3855 Brienz www.schweibenalp.ch

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Portugal Vor zwei Jahren brachte die «Bewegung 12. März» Hunderttausende Jugendlicher auf die Strasse. Sie nannten sich «verlorene Generation». Inzwischen weiss die Bewegung, dass Protest nicht genug ist. Viele junge Arbeitslose verlassen das Land. Andere versuchen, in den Dörfern ihrer Eltern oder Grosseltern ein neues Leben aufzubauen. Das ist nicht leicht, denn die neuen Siedler müssen gleichzeitig Landschaftsheiler, Bauern und Kommunikationsspezialisten sein. Um diese Wissenslücke zu schliessen, gründete 12.-März-Initiator Joao Labrincha die «Academia Cidadã». Die Bürgerakademie stützt sich auf Transition Town-Initiativen, Gemeinschaften und Ökodörfer im ganzen Land. «Es braucht Wissen, um unabhängig vom Staat zu leben – über Gemeinschaftsaufbau, regionale Währungen, dezentrale Energieerzeugung, Nahrung- und Wassersysteme.» Mehr: facebook.com/AcademiaCidada

«Aldeia das Amoreiras Sustentável» – nachhaltiges Dorf Amoreiras – ist eine Initiative im Alentejo mit alten Einheimischen und gut ausgebildeten jungen Leuten aus der Stadt. Nach vielen Jahren gibt es im Dorf wieder spielende Kinder. Initiator André Vizinho: «Es geht nicht so sehr darum, Dorfbewohnern zu vermitteln, was wir als Stadtmenschen unter Nachhaltigkeit verstehen. Wir leben zusammen und versuchen, unsere gemeinsamen Träume von einem nachhaltigen Dorf zu verwirklichen.» Englischkurse, Nachbarschaftshilfe, Permakulturgärten, Saatgutmärkte, Regenwasser-Ernte und vor allem Dorffeste sind einige der gemeinsamen Aktivitäten. Initiativen dieser Art entstehen nun an vielen Orten Portugals. Mehr: centrodeconvergencia.wordpress.com Das grösste Ökodorf des Landes ist Tamera. Das «Heilungsbiotop 1» leistet sowohl direkte Nachbarschaftshilfe als auch Transfer von sozialem und ökologischen Wissen. Mit seiner Wasserretentionslandschaft hat Tamera einen Weg gefunden, Wüstenbildung zu stoppen und in einer kargen Landschaft Lebensmittel in Fülle zu produzieren. Dieses Wissen kann an vielen Orten helfen, regionale Autonomie zu erzeugen. Dazu kooperiert Tamera mit Transition Town-Initiativen, der Academia Cidada und anderen Netzwerken in Portugal, um Gruppen im ganzen Land zu unterrichten. Bernd Müller, Leiter des Ökologie-Teams von Tamera: «So könnte angesichts der Krise in Portugal ein Modell für viele Regionen der Welt entstehen – auch für Gegenden, wo der Zusammenbruch heute noch nicht so spürbar ist.» Mehr: tamera.org Die Entwicklungen in Südeuropa verdeutlichen: «Was für die Raupe das Ende der Welt, ist für den Schmetterling ein neuer Anfang.»


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Die Geldreform braucht Geld – und Aktivisten

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er Geldreform fehlt das Geld. Der «Verein Monetäre Modernisierung» hat an seiner Generalversammlung Ende Mai die Lancierung einer Volksinitiative beschlossen, die das Recht der Geldschöpfung auf die Nationalbank beschränken will. Aber dem relativ kleinen Verein mit rund 200 Mitgliedern fehlen die Ressourcen, das ambitiöse Projekt in absehbarer Zeit an den Start zu bringen. Dabei wäre die Gelegenheit günstig: Immer mehr Menschen erkennen, dass im Zuge der Finanz- und Bankenkrise auch ihre Spargelder gefährdet sind. Bei diesen Guthaben handelt es sich nicht um gesetzliche Zahlungsmittel, sondern um von den Banken selber geschöpftes Geld, das diese auf Wunsch jederzeit in Nationalbankgeld umwandeln müssen. Es ist, rechtlich gesehen,

nicht Geld, sondern ein Anspruch auf Geld, der durch eine Mindestreserve an Nationalbankgeld von 2,5 Prozent gesichert ist. Gerät eine Bank in Schieflage, kann sie den Anspruch theoretisch nur zu 2,5 Prozent erfüllen. Genau dies will die Vollgeld-Initiative ändern. Sie verlangt, dass die Banken kein eigenes Geld mehr schöpfen dürfen. Bisher tun sie dies jedes Mal, wenn sie einen Kredit verleihen. Sie geben nicht das Geld der Sparer weiter, sondern schreiben den Kreditnehmern den entsprechenden Betrag ins Konto. Dabei handelt sich, wie gesagt, nicht um Geld, sondern nur um einen Anspruch darauf. In der Praxis waren solche Ansprüche bis jetzt so gut wie echtes Geld. Der ganze unbare Zahlungsverkehrs wickelt sich über dieses nicht gesetzliche Zahlungsmittel ab, und nicht einmal der Staat stösst sich daran.

Mit der Vollgeld-Initiative soll nun alles Geld von der Nationalbank kommen, auch das unbare. Als Folge davon fliessen die Depositen der Sparer nicht mehr in die Bankbilanz ein und sind dadurch vor Pleiten geschützt, es sei denn, sie werden den Banken ausdrücklich als Darlehen zur Verfügung gestellt. Diese Umstellung ist natürlich eine grosse Kiste. Wer auf die Achillesferse der Banken zielt, muss gut gerüstet sein, personell und finanziell. Der Vorstand des Vereins Monetäre Modernisierung hält es selber für unwahrscheinlich, mit dem Start der Unterschriftensammlung wie vorgesehen im nächsten Frühjahr zu beginnen, sucht aber intensiv nach Aktivisten und Unterstützern. Ein Fall für Zeitpunkt-LeserInnen? CP Weitere Informationen: www.vollgeld.ch

Aus der Krise lernen: sichere Konten verlangen Der gesamte unbare Zahlungsverkehr über die Banken läuft über Konten, die nicht gegen Pleiten gesichert sind. Die Banken sollen deshalb sichere Konten anbieten, auf denen die Kundengelder treuhänderisch verwaltet werden. Die «Aktion sicheres Geld» fordert in einem offenen Brief den Bundesrat auf, die rechtlichen Möglichkeiten abzuklären und entsprechende Vorschriften zu erlassen. Die Zypern-Krise hat gezeigt, dass bei Schwierigkeiten der Banken auch die Depositen der Kunden zur Sanierung beigezogen werden. Am 21. Mai hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments die in Zypern getestete Praxis bestätigt und dem Europaparlament eine entsprechende Richtli-

nie vorgeschlagen. Nach ihr sollen für die Sanierung von Banken auch Spareinlagen über 100 000 Euro herangezogen werden. Ähnliches gilt bereits seit dem 1. November 2012 auch in der Schweiz. Gemäss der «Bankeninsolvenzverordnung» der Finanzmarktaufsicht (Finma) können Depositen über 100 000 Franken für einen sogenannten Bail-in verwendet werden. Den Begriff muss man sich merken: Während bei einem Bail-out die Hilfe für bedrohte Banken von aussen kommt – zum Beispiel vom Staat –, werden beim Bail-in die Sparguthaben

zur Sanierung eingesetzt. Statt der Steuerzahler bluten die Sparer. Die Einlagensicherung gilt in der Schweiz bis zu einem Betrag von 100 000 Franken. Allerdings muss der dafür vorgesehene Fonds von 6 Milliarden Guthaben im Wert von über 300 Milliarden garantieren. Im Konkursfall einer grösseren Kantonalbank wäre er bereits aufgebraucht. Um sich gegen solche Eventualitäten zu sichern, fordert die «Aktion sicheres Geld» die Kunden auf, von ihren Banken Konten mit 100-prozentiger Deckung zu verlangen und auf den Zins zu verzichten. Die dafür erhobenen Gebühren seien von einer unabhängigen Stelle festzulegen. Weitere Informationen und Musterbriefe sind zu finden unter www.aktion-sicheres-geld.ch CP

Nationalbank: Was wir wissen dürfen Die wachsende Diskussion um die Geldschöpfung kommt der Nationalbank offenbar ungelegen. Gemäss der Facebook-Gruppe «Das liebe Geld» führt die Nationalbank neben einem alten Glossar mit korrekter Erklärung der Geldschöpfung auch ein neues, in dem die Geldschöpfung nicht einmal erwähnt ist. Tatsächlich findet sich auf der obersten Ebene der Website der

Nationalbank ein Glossar, in dem der Begriff «Geldschöpfung» nicht aufgeführt wird. Sucht man nach einem Glossar, erhält man nur einen Verweis auf die lückenhafte Variante. Drei Ebenen tiefer und ohne Zugang über die Suchfunktion führt die SNB noch das alte Glossar, in dem der Begriff (wie im gedruckten «Kleinen Lexikon der Schweiz. Nationalbank») korrekt erklärt

wird: «Die Banken schaffen neues Geld, indem sie Kredite gewähren.» Über die Suchfunktion ist diese Erklärung allerdings nicht zu finden. Honny soit qui mal y pense. Als Erklärung für den ungewöhnlichen Umgang mit ihren Glossaren und Begriffen schreibt Peter Kuster, Leiter Redaktion und Lektorat der SNB: «Es handelt sich um zwei Angebote auf unse-

rer Website, die auf etwas unterschiedliche Zielgruppen ausgerichtet sind.» In der Praxis heisst das: Die richtige Antwort findet nur, wer sie kennt. CP Links: Glossar mit Definition der Geldschöpfung: www.snb.ch/d/welt/glossary/g.html Glossar ohne Definition der Geldschöpfung: www.snb.ch/de/system/glossary#_G www.facebook.com/DasLiebeGeld

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Hat die Linde als Strassenbaum ausgedient? Was die Kettensäge nicht alles schafft: «Aufenthaltsqualität, Funktionalität, Sinnlichkeit und Ästhetik». Dies will die Zürcher Stadtverwaltung an der berühmten Bahnhofstrasse erreichen, indem sie 72 der 177 Linden fällt. Angeblich sind sie krank.   von Andreas Diethelm (Text und Bilder)

D Auf sie wird lange kein kühlender Baumschatten mehr fallen: entstellte Bahnhofstrasse.

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ie Zürcher Stadtverwaltung kennt die Bedürfnisse der Bevölkerung. Diese sehnt sich nach «integraler Stadtraumqualität». In vieljährigem Bemühen wurden Gestaltungsstandards, Umsetzungsgrundsätze sowie ein stattlicher «Elementenkatalog» samt Leitfaden geschaffen. Selbst die Marktstandmarkierungen gingen darin nicht vergessen. Damit wollen die Schöpfer «zur hohen Lebensqualität und dem guten Ruf der Stadt» beitragen. Gegenwärtig wird in der Bahnhofstrasse «Aufenthaltsqualität, Funktionalität, Sinnlichkeit und Ästhetik» befördert. Mit der Kettensäge. 38 Linden liegen bereits im Sägewerk. Ein Drittel davon war über vierzig Jahre alt, noch Lindenkinder zwar, aber eben jene mit den besten Überlebenschancen, da ihre Wurzeln schon weit ausgreifen. Insgesamt 72 von 177 Linden sollen dem behördlichen Gestaltungsdrang zum Opfer fallen. Die Einkaufs- und Flaniermeile von Weltrang ist entstellt, streckenweise eine Asphaltwüste. Ach ja: Ein Alleenkonzept hat die Stadt auch. Es hilft den bereits entsorgten und den

todgeweihten Bäumen, dem Leben im Geäst und den Menschen darunter allerdings wenig, wenn sie als «primäres raumdefinierendes und raumgliederndes Element, raumprägend und mit hoher atmosphärischer Qualität, wichtige Schattenspender, Naturobjekt im Stadtraum, mit wichtiger ökologischer Funktion» gewürdigt werden. Wenn Strassenbäume amtlichem Gestaltungseifer weichen müssen – von notwendigen Erneuerungsarbeiten sprechen wir hier nicht –, werden sie in der Regel vorher krankgeschrieben. Oft zu Unrecht, denn Hunger und Durst sind keine Krankheiten, weder bei Menschen noch bei Bäumen. Wenig vertrauenswürdig wirken stets Mehrfachbegründungen, amtliche ganz besonders. Wenn also galoppierende Designlust – die Luftschlitze der befahrbaren Gusseisenringe um die Baumstämme betonen neu die Strassenrichtung – mit nicht näher bezeichneten Baumkrankheiten, Sicherheits- und Haftungsbefürchtungen angereichert wird, müssten sich alle Augenbrauen heben. Und wenn obendrauf argumentiert wird, wegen behindertengerechter Anpassungen bei zwei Tramhaltestellen müssten zweiundsiebzig Bäume gefällt werden, dann muss man sich über Medien schon wundern, die solchen amtlichen Unfug unwidersprochen abdrucken. Die Beteuerung schliesslich, die neu gepflanzten Linden würden bessere Lebensbedingungen antreffen, als «jeder Baum an der Bahnhofstrasse» zuvor, erinnert an Adenauers berühmtes Diktum: «Was kümmert mich ming Jeschwätz von jestern?


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ökonomisch relevanter Standortfaktor. Die Bäume leisten Unbezahlbares, indem sie die Atemluft verbessern, schattigen Erholungsraum bieten und der Klimaerwärmung entgegenwirken.» CO2-Speicher, Luftbefeuchter, Staubfänger, Klimaanlage. Gestaltungs- und Ästhetikelement hatten wir schon. Fügen wir an: Verkehrshindernis. Was fehlt noch? Ach ja: ein Lebewesen ist er auch, der Baum. Vielleicht haben die Regelwerkverfasser mit dem «Naturobjekt» an etwas in dieser Richtung gedacht. Mit allen andern Lebewesen teilt der Baum aber den Anspruch auf angemessene Lebensbedingungen. Bester Ingenieurlogik folgend, suchen sich die Grünämter nun nach salzabweisenden Substraten (für Laien: das Gekrümel, in dem der Baum steht, eine Art Erde also), sodass das Salz mit dem Frühlingsregen möglichst ins Grundwasser sickern kann. Und sie sehen sich nach salztolerantem Grünzeug um. Das Bild der vertrauten Alleen ist im Verschwinden begriffen.

Hier duftet es noch unter den Linden – 250 Meter von der Bahnhofstrasse: Lindenhof in Zürich.

Doch zurück zum Hunger: Diese Bäume siechen dahin, weil das Streusalz die Nahrungsaufnahme abwürgt und die Blätter vergiftet. Statt abenteuerlicher Diagnosen braucht es eine Abkehr vom unsinnigen Winterdienstregime, der sogenannten Schwarzräumung. Sand reicht gegen Glatteis in der Innenstadt und auf Quartierstrassen der Ebene vollauf. Selbst mit Salz bei den zwei bis drei Glatteisereignissen pro Winter würden die Bäume notfalls fertig, wenn es denn bei diesen Einsätzen bliebe. Stattdessen wurden gerade wieder 230 000 Tonnen Salz über Stadt und Land verteilt, soviel wie noch nie zuvor, grösstenteils zum Schnee schmelzen, beziehungsweise um vereisenden Schneematsch zu produzieren. Dies mit nachweislich negativer Wirkung auf die Sicherheit. Erwähnen wir die (aus der Winterdienstrechnung ausgelagerten) Milliardenkosten für die Reparatur der Salzschäden an den Strassen hier nur am Rande. In wenigen Wochen werden die Salzschäden an den Strassenbäumen, Linden, Kastanien, Ahorn sichtbar: Die Blätter vergilben und verdorren von den Rändern her und fallen vorzeitig ab. Das versickernde Salz verbleibt teilweise im Boden und schädigt das vielfältige unterirdische Leben, mit dem der Baum auf Gedeih und Verderb verbunden ist. Jungbäume treiben teilweise gar nicht erst aus, ihre Wurzeln stecken im Salz. Was ist ein Baum? Auch die Stadt Basel stellt sich die Frage: «Ein Investment!» verkündet die Website (inklusive Ausrufezeichen) und bleibt gleich im utilitaristischen Jargon: «Ein reicher Baumbestand ist für jede Stadt ein

Der Inbegriff des traditionellen Stadtbaums in unserer Gegend ist die Linde, im alemannischen und germanischen Kulturkreis von grosser Symbolkraft: als Dorflinde, Tanzlinde oder als tausendjährige Gerichtslinde. Nun droht sie aus dem Strassenbild der Städte zu verschwinden. Der freiheitsliebende Baum lässt sich nicht in ein vergiftetes Korsett zwängen. Etwas bessere Überlebenschancen hat die hybride Krimlinde. Gegen Salz aber zieht auch sie den Kürzeren. Auch die Rosskastanie und diverse Ahornarten werden allmählich aus dem Verkehr gezogen und durch hitze-, trocken- und salztolerantere Bäume ersetzt. So ist Celtis, der Zürgelbaum im Kommen, hier ein ökologisch wertloses Gewächs. Die Robinie oder Scheinakazie, braucht nicht mehr vorgestellt zu werden, der anspruchslose und durchaus attraktive Schmetterlingsblütler, auch er, wie die Linde eine Bienenweide, dominiert das Stadtbild bereits weitgehend, und längst nicht nur dieses. Die Wächter über der Reinheit der einheimischen Vegetation beklagen seine Abwan-

Vor dem Fällen werden Stadtbäume in der Regel krankgeschrieben. Oft zu Unrecht, denn Hunger und Durst sind keine Krankheiten, weder bei Menschen noch bei Bäumen. derung in die Trockenrasen. Man schätzt seine Dienste als Dreckfänger an der Strasse, aber bitte nicht hinaus ins Grüne! Wenn wir den eingeschlagenen Problemlösungsansatz weiter verfolgen, wäre etwa an die Tamariske zu denken, die zwar kaum Schatten spendet, aber dafür einen Hauch Biarritz oder San Remo in unsere Städte zaubern würde. Oder wir holen uns gleich die noch genüg-

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samere Schwester aus dem Sinai, die Manna-Tamariske in unsere innenstädtischen Salzwüsten. Ihr Name verrät es: vom Himmel, beziehungsweise aus ihren Zweigen fällt uns Manna zu. Der Haken dabei: Wahrscheinlich würde der himmlische Slowfood in der Geschäftswelt nicht angemessen geschätzt. Der von einer Schildlaus ausgeschiedene Honigtau tropft nicht nur in den Wüstensand, sondern auch auf frisch polierte Kühlerhauben. Bereits das «Manna» unserer Linden sorgt für Verdruss bei Parkierern.

Im August, noch in der Ferienzeit, verlieren die Linden an der Bahnhofstrasse ihr Laub.

Die Standortfaktoren, machen dem «Standortfaktor» Stadtbaum das Leben schwer. In den Kernbereichen unserer grösseren Städte herrscht im Sommer Steppenklima. Zusammen mit der schlechten Luftqualität bei Hochdrucklagen ist das für unsere traditionellen Strassenbäume auch ohne Streusalz eine Belastung. Wie können wir sie am Leben erhaltten? Eine angemessen grosse vermittelnde Grenzfläche zwischen ober- und unterirdischem Lebensraum, zwischen Atmosphäre und Erdreich, zwischen Krone und Wurzelraum, ist erforderlich für ausreichende/n Wasserversorgung- und Gasaustausch. Ein noch so teures Deckelsystem um den Stamm herum taugt dazu nicht, baumgerecht ist eine bewachsene Rabatte, ein Lebensraum wiederum., Ausserdem benötigt der Baum viel Wurzelraum, weit mehr, als ihm die städtischen Normen zubilligen. Idealerweise entspricht er etwa dem Umfang seiner Krone.

Der Baum ist wie jeder grössere Organismus auch ein Biotop, ein Lebensraum für Dutzende bis Hunderte von Tierarten, grösstenteils Insekten. Eine Linde beispielsweise lebt unter artgerechten Bedingungen allein schon im oberirdischen Bereich in Gemeinschaft mit rund 30 Insektenarten, neben andern Kleintieren, Vögeln und Fledermäusen. Sie ist Weide für Bienen, Hummeln und Schwebfliegen. Eine von Auge kaum sichtbare Milbe gehört zu dieser vielfältigen Lebensgemeinschaft, aber auch eine Vielzahl ihrer Verfolger: Marienkäfer- und Florfliegenlarven, Schlupfwespen, Wanzen, Spinnen oder Ohrwürmer... In manchen Köpfen aber herrscht die Vorstellung, ausser den sichtbaren Spuren der «Schädlinge» und herabsch… Tauben tue sich nichts im Geäst. Das Gewusel verorten sie in der Masoala-Halle und nicht im Business District. Für seine ökologischen Funktionen ist es entscheidend, ob der Lebensraum Baum eine einsame Insel oder Teil eines Archipels Stadtnatur ist. Je öder und je spärlicher die Inseln, desto eher verhungert oder ertrinkt die Kreatur in der Verkehrsflut. Der Autor ist Ökologe und Publizist in Zürich. Kontakt: era_consulting, Umweltberatung, Badenerstr. 18, 8004 Zürich, Tel. 079 224 55 23 Zum Thema dieses Artikels hat er eine Wande rausstellung gestaltet: «Stirbt die Linde» Der Schnee ist weg – das Salz bleibt – der Baum verhungert. Wir ermitteln: Spurensicherung – Ortstermin – Verhandlung. 1. Station: SBB-REMISE, Lagerstrasse 98, (neben Unterführung Langstrasse) 21.6. bis 27.6. 2013, Vernissage: Fr., 21.6. 18-20 Uhr Öffnungszeiten: Sa 11-15 Uhr, So 13-15 Uhr, Mo-Mi 17-19 Uhr

Der Konflikt der Marktöffnung: Brot oder Blumen?

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as wollen wir essen – Brot oder Blumen? Auf diesen Gegensatz lässt sich die Diskussion rund um die zukünftige Agrarpolitik (AP 14-17) reduzieren, mit der Bundesrat und Parlament die Landwirtschaft für die internationalen Märkte öffnen wollen. Um den Einkommensrückgang der Bauern abzufedern, gibt es mehr Geld für ökologische Nebenleistungen wie Buntbrachen. Die «Agrar-Allianz» u.a. mit WWF, Pro Natura und den Label-Organisationen Bio Suisse und IP Suisse ist zufrieden. Aber an der Basis der Bauernschaft gibt es Kritik: Mit der neuen AP würde die Produktion von einheimischen Lebensmitteln abgebaut, was zu mehr Importen führt, wo wir keinen Einfluss auf Qualität hätten. Der Selbstversorgungsgrad, bereits der tiefste in Europa, würde noch weiter gesenkt. Und so der Verfassungsauftrag, der eine sichere Versorgung des Landes mit Lebensmit-

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teln vorschreibt, verletzt. Die Trennung in Ökologie und Produktion sei unsinnig. Was nützt ein blumenreicher Buntbrachenstreifen neben einem intensiv bebauten Weizenfeld? Wäre es nicht sinnvoller, das Getreide ökologisch anzubauen? Aus diesen Gründen haben verschiedene bäuerliche Organisationen und Personen das Referendum ergriffen und wollen eine breite Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft. Einen Beitrag zu dieser Diskussion bietet die neue Broschüre «Für eine Ernährung mit Zukunft» der BäuerInnengewerkschaft Uniterre. Im Zentrum steht das Konzept der Ernährungssouveränität als Alternative zur industriellen Landwirtschaft. Wie wird es auf dem Bauernhof und in der Wertschöpfungskette umgesetzt? Welche Rolle spielt der Zugang zu Land hinsichtlich souveräner Ernährung? Und

welche Rolle spielen dabei die KonsumentInnen und die Städte? Zu diesen Fragen haben PraktikerInnen und DenkerInnen aus den Bereichen Landwirtschaft, Konsum, Verarbeitung und Politik kurze Texte verfasst. Thomas Gröbly, www.ethik-labor.ch Die Broschüre «Für eine Ernährung mit Zukunft», auch auf französisch, kann für Fr. 5.- unter info@uniterre.ch oder 021/601 74 67 bestellt werden. Das Referendum gegen die AP 14-17 läuft noch bis 13. Juli. Unterschriftenbogen: www.landwirtschaft2020.ch. Weitere Infos: www.svil.ch und www.agrarinfo.ch


entscheiden & arbeiten

Markt oder Mensch, das ist die Frage Das Gesundheitswesen ist eigentlich ein Markt geworden, ein Markt, auf dem jeder möglichst viel verdienen will. Nach der reinen Lehre müssten alle davon profitieren: Die Menschen müssten gesünder werden und die Kosten müssten sinken. Das Gegenteil ist der Fall. Es werden sogar neue Krankheiten erfunden. Gesund sind bestenfalls die Gewinne. Ob dieser Widerspruch an der Störung des Marktes durch Subventionen und Monopole liegt, müssen die Ökonomen beurteilen. Sicher ist: Anstatt den Markt könnte man wieder den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Dass eine komplexe Einrichtung wie ein Spital unter diesem Gesichtspunkt gut funktionieren kann, haben Christian Hess und seine Frau Annina Hess-Cabalzar am Spital Affoltern a.A. während über zwanzig Jahren bewiesen, er als Chefarzt, sie als Mitglied der Spitalleitung, zuständig für die Abteilungen Psychotherapie sowie Mutter

und Kind. Ihre «Menschenmedizin» hat über die Landesgrenzen hinaus Aufsehen erregt. Seit knapp einem Jahr wieder unabhängig, haben sie die «akademie menschenmedizin» gegründet und laden auf den 20. September zu einem Sym-

posium «Markt – Mensch – Medizin» ein. Neben Christian und Annina Hess-Cabalzar sprechen u.a. der Ökonom Prof. Mathias Binswanger über «sinnlose Aspekte im Gesundheitswesen», der Preisüberwacher Stefan Meierhans über «Pauschalisierung im Gesundheitswesen», und der Philosoph Ludwig Hasler beantwortet die Frage, «warum eine menschengerechte Medizin auch ökonomischer wäre». Der Zeitpunkt unterstützt das Symposium, moderiert die abschliessende Diskussion und empfiehlt allen Leserinnen und Lesern mit Interesse an unserem Gesundheitswesen die Teilnahme. Es wird ein spannender und bereichernder Tag werden. CP Markt – Mensch – Medizin. Symposium der «Akademie Menschenmedizin». 20. September 2013, 09.00 bis 17.00 Uhr, Kunsthaus Zürich. Fr. 175.–. Infos und Anmeldung: www.menschenmedizin.ch

Das neue geld ist schon da Falls die Euroländer demnächst neues Geld brauchen und noch keines gedruckt haben, können die Zürcher Grafiker Markus Läubli und Andrea Münch entlarvende Vorschläge liefern. Für ihr Buch «Neues Geld» haben sie Banknoten entworfen, die die 17 Euroländer ironisch bis brutal charakterisieren. Banknoten für die neue deutsche Mark zeigen auf der einen Seite beliebte Hunderassen und auf der anderen Kühlergrills. Die Spanier bezahlen mit aufgespiessten Stierkämpfern und den Satellitenbildern ungenutzter Golfplätze. Und das Geld von Zypern, dem geteilten Land,

ziert ein Maschendrahtzaun. Die Banknoten sind perforiert, sodass man sie herausnehmen und mit ihnen bezahlen kann. «Neues Geld in Umlauf zu bringen, ist legal», schreiben die Autoren, «solange sich jemand bereit erklärt, dieses als Tauschware anzunehmen.» Das sorgfältig gemachte Buch wird begleitet von Texten zum Thema Geld von Michèle Roten, Constantin Seibt, Ulrich Thielemann, Ruedi Widmer und Christoph Virchow. Markus Läubli u. Andrea Münch: Neues Geld. Weicher Umbruch, 2013. 76 S. Geb. Fr. 46.–/€ 37.–. Erhältlich bei: Weicher Umbruch, Bachstr. 15, 8038 Zürich. www. weicherumbruch.ch

Binz, das Ende einer SubkultuR Eine letzte salzige Träne: Binz, das war der Ort, wo der Wunsch nach Freiheit grösser war als jener nach Sicherheit. Dieser Wunsch bleibt zukünftig jedoch unerfüllt – zumindest auf dem Binzareal. Nach sieben Jahren mussten Ende Mai rund 50 BesetzerInnen das Fabrikareal in Zürich räumen. In den ehemaligen Fabrikhallen der Color Metal AG wurde nicht nur getrunken und getanzt, sondern geschweisst, musiziert, gemalt und getüftelt. Die BesetzerInnen selbst sehen das Areal als einen Ort der Ideen und der Aus-

einandersetzung. Es sei eine Gemeinschaft, die nicht in Abstimmungen, sondern in Diskussionen herausfindet, wie man zusammenleben will. «Das kann über zwei Stunden dauern, bis es zu einer Entscheidung kommt, die wirklich jeder akzeptiert», sagt ein Mitglied der «Familie Schoch» – wie sich die BesetzerInnen in der Öffentlichkeit nennen. Im Mai 2006 wurde die Binz besetzt. 2007 schloss die Stadt einen Gebrauchsleihevertrag, der ein «gutes Miteinander» erlaubte. Als die Stadt im April 2009 die Zuständigkeit für das

Areal dem Kanton übergab, kündigte dieser den Abriss auf 1. Juli 2009 an. Altlasten sollten entsorgt werden. Die BesetzerInnen konnten den Abriss mit grossem Engagement bis 2013 verhindern. Bis zu dem Zeitpunkt, als die Stiftung Abendrot zusammen mit dem Unternehmer und SVP-Mitglied Werner Hofmann Pläne der Wohnungen für Pflegepersonal und Studierende vorlegten. Die Binz ist tot. Eine Subkultur, die sich nicht abgrenzt, kann nicht überleben. Mehr als Nostalgie bleibt wohl nicht. RM

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Anstiftung

zur Nachbarschaft

Neuenhof will seine Ressourcen besser nutzen. Die finanzschwache Gemeinde setzt neben politischer Gewitztheit auf regionalem und kantonalem Parkett jetzt auf die kostenlose Nachbarschaftsinitiative der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Der Mensch steht   von Beat Hugi dabei mit all seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten im Zentrum.

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ut möglich, dass Sie den Namen schon mal weiss auf blauem Grund gelesen haben. Auf der Autobahn A1 zwischen Bern und Zürich, kurz vor oder nach dem Bareggtunnel. Hier zweigt eine Ausfahrt nach Neuenhof ab. In Neuenhof leben aktuell 8346 Menschen, Tendenz steigend. Knapp 47 Prozent stammen aus dem Ausland. Schule mit 43 Nationen «In Neuenhof gehen zurzeit Kinder und Jugendliche aus 43 Nationen zur Schule. Der Umgang mit dieser Vielfalt ist unsere Stärke. Wir haben gelernt, mit der sozialen, kulturellen und ethnischen Buntheit umzugehen», sagt Renate Baschek. Das gelte übrigens auch für die ganze Gemeinde. Renate Baschek arbeitet seit 31 Jahren in Neuenhof. Heute leitet sie die Gesamtschule: «Ich kam mit 22 hierher, um mich für meine erste Stelle als Lehrerin zu bewer-

Eine tragende Gemeinschaft Was macht eine gute, tragende Gemeinschaft aus? Diese Frage stellt sich ebenso für Neuenhof wie für das Projektteam selbst, das sich genauso wie die Gemeinde aus unterschiedlichen Persönlichkeiten unterschiedlicher Herkunft, Erfahrungen und Erwartungen zusammensetzt und die Gemeinde begleitet. So vielfältig, wie sich die Mitglieder des Projektteams erkennen und zu einer tragenden Gemeinschaft finden, so aktiv und en-

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gagiert kann das Team auch Neuenhof ein guter Coach und Partner sein und seine Menschen in den anspruchsvollen Prozessen leiten. Es ist unter anderem in sogenannter Aufstellungsarbeit, mit welcher der Bedeutung von Kommunikation, Respekt, Vertrauen … über Pflege, Handwerk, Kunst, Kreativität … bis zu Geburt und Willkomm respektive Tod und Abschied auf den Grund gegangen wird. Martin Klöti

ben. Beim ersten Blick auf das Dorf dachte ich mir: Ist das potthässlich hier. Wie kann man nur hier leben.» GROOVE DER VERRÜCKTHEIT Doch schon das Vorstellungsgespräch im Gemeindehaus habe sie fasziniert: «Die offene Art, die Dinge nicht zu beschönigen, eine erfrischende Herzhaftigkeit und Normalität. Sie sagten mir, wie es ist. Ohne Wenn und Aber.» Damals schon besuchten Fremdsprachige die Schule. Baschek bekam ein Schulzimmer zugewiesen, in das es hineinregnete: «Ausser einem Kruzifix an der Wand und ein paar Zeichenblättern auf dem Tisch war nichts vorhanden. Nichts! Eine Katastrophe, die mich von Anfang an fasziniert hat. Weil Neuenhof damals schon arm war, war man hier immer schon darauf angewiesen, sich zu helfen, zusammenzustehen.» Das ergebe dann diesen «Groove der leichten Verrücktheit», der sie bis heute bei der Stange und auf Platz gehalten habe. Renate Baschek lacht laut, herzlich und ausgiebig. Das passiert ihr öfters an diesem Nachmittag. AUF DER KIPPE Auch CVP-Gemeindepräsidentin Susanne Schläpfer bläst nicht Trübsal. Die studierte Betriebsökonomin und Mutter tischt die Fakten auf: «Neuenhof lebt von den tiefsten Steuereinnahmen pro Kopf und besitzt prozentual am meisten Sozialbezüger im Kanton Aargau. Neuenhof wird von Journalisten gerne als ärmste Gemeinde der Schweiz porträtiert, wenn mal wieder Vergleiche mit Wollerau am Zürichsee griffig zur Schau gestellt werden müssen. Das tiefe Steuersubstrat ist mit den Kosten und Pflichten der Gemeinde im Erhalt und Ausbau der lebensnotwendigen Infrastrukturen kaum


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anständig in Balance zu bringen.» Neuenhof schrammt seit Jahrzehnten ständig am Bankrott vorbei.

Renate Baschek, Leiterin der Gesamtschule, mit Gemeindepräsidentin Susanne Schläpfer (rechts) beim Gespräch mit dem Zeitpunkt. Fotos: Janosch Hugi

In Rot: Eines der verschiedenen Schulzentren von Neuenhof.

Die Vielfalt sei eine Stärke von Schule und Gemeinde, sagen die beiden verantwortlichen Powerfrauen.

SCHNÖDES NEIN Ein rettender Zusammenschluss mit Baden scheiterte 2010 an der Urne. 47 Stimmen haben in Baden gefehlt. 95 Prozent der Stimmenden in Neuenhof waren dafür. «An diesem Sonntagabend habe ich geheult», erinnert sich Schulleiterin Renate Baschek. «Nicht, weil nichts aus der Fusion wurde, sondern wegen der Motive dahinter: Jetzt ist das reiche Baden mit einem Steuereinkommen von 4867.20 Franken pro Kopf nicht gewillt, den Nachbarn bei sich aufzunehmen. Und das wegen der Schule! Wegen den Ausländern dort, wegen der Angst, die eigenen Kinder könnten in diesem Umfeld dümmer werden!» Das sei kleinkariert. «Unsere Schule ist ein Modellfall. Wir leben seit Jahrzehnten schon mit einem hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Kulturen und mit besonderen Bedürfnissen. Das kommt auf viele andere Gemeinden erst noch zu. Oder sie stecken am Anfang dieser Entwicklung und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.» PEDICURE AM STEUERFUSS Seit dem Scheitern der Fusion setzt der Gemeinderat von Neuenhof auf eine Vorwärtsstrategie. Um potente Steuerzahler anzulocken, hat man vor zwei Jahren gar den Steuerfuss von 115 auf 98 Prozent gesenkt. Und damit zuviel riskiert. Im letzten Januar beschloss die Gemeindeversammlung dann auf Antrag des Gemeinderats, wieder auf 115 Prozent zu gehen. «Sonst hätten wir laufenden Ausgaben nicht mehr bezahlen können», sagt Susanne Schläpfer. Sie amtet erst seit Januar 2012 als Gemeindepräsidentin, nachdem ihr Vorgänger in der laufenden Amtszeit demissioniert hatte. VERANTWORTUNG ÜBERNOMMEN «Was für eine charakterstarke Gemeindeversammlung!», lobt die Gemeindepräsidentin: «Die Menschen hier haben einmal mehr Verantwortung übernommen. Anderorts gehen die Leute doch schon wegen 1 bis 2 Prozent Erhöhung auf die Barrikaden. In Neuenhof hat man sich für eine Erhöhung um 17 Prozent entschieden. Und das zwei Jahre, nachdem die Gemeindeversammlung den Steuerfuss auf 98 Prozent gesenkt hatte.» Die Gemeindepräsidentin ist stolz auf ihre Leute. Genauso stolz ist sie aber auch auf die politische Finesse, mit der sie und ihre Kollegen im Gemeinderat aktuell den kantonalen Umgang mit den ärmsten Gemeinden des Kantons aufmischen: Die von Neuenhof mitinitiierte Interessengemeinschaft (IG) der acht finanzschwächsten Gemeinden im Kanton Aargau repräsentiert 60 000 EinwohnerInnen – 10 Prozent der Bevölkerung im Kanton. Die IG hat das Bewusstsein für die Herausforderungen in diesen Ortschaften am Sitz der Regierung schon Mo-

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nate nach der Gründung nachhaltig geschärft. Dies bei der Spitalfinanzierung mit einem eingebauten Finanzausgleich für die ärmsten Gemeinden. Ziel ist es jedoch, einen fairen Finanz- und Lastenausgleich zu gestalten, der ab dem Jahr 2017 im Kanton Aargau wirkt: «Ich sehe sogar rosige Zeiten für Neuenhof», sagt die Gemeindepräsidentin. Sie sagt es pragmatisch. Sie weiss, was sie will. Keine Spur von Galgenhumor. ANSTECKENDE LEBENSFREUDE Für die Politikerin wie für die Schulleiterin ist es in diesem Umfeld keine Frage: Die aktuelle Zusammenarbeit mit dem Team des Instituts für Geistesund Naturwissenschaften der FHNW ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Renate Baschek hat das Angebot aus Windisch vor ein paar Monaten ins Gemeindehaus getragen: «Renate hat bei mir etwas angestos-sen, das tief in meinem Herzen geschlummert hat», sagt dazu Susanne Schläpfer: «Lebenssinn und Motivation haben einen wichtigen Stellenwert in unserer Arbeit und in unserem Alltag. Wenn der Mensch sich für etwas einsetzen kann, das ihm Freude macht und für das er Wertschätzung erfährt, dann ist diese Lebensfreude auch für andere ansteckend. Das tut der ganzen Gesellschaft gut. Da fliesst soviel Energie». Die finanziellen Ressourcen einer Gemeinde sind für Renate Baschek das eine: «Die menschlichen Ressourcen

Der Zeitpunkt bei den Leuten Das FHNW-Institut für Geistes- und Naturwissenschaften der Hochschule für Technik in Windisch initiiert und betreut zusammen mit dem Verein Neustart Schweiz und dem Erwerbslosenprojekt FAU aktuell fünf Referenzprojekte für Nachbarschafts-, Gemeinde-, Quartier- und Zukunftsentwicklung. der Zeitpunkt wird die Arbeiten in Neuenhof, Melchnau, Zürich-Leutschenbach, Schaffhausen und Windisch vor Ort eng

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begleiten und in den nächsten Ausgaben wie auf www.zeitpunkt.ch kontinuierlich darüber berichten. Martin Klöti und Thomas Gröbly freuen sich auch auf neue Herausforderungen in Städten, Gemeinden, Quartieren oder Regionen. Ihre Kontaktkoordinaten: Martin Klöti, Telefon 056 462 43 63, E-Mail martin. kloeti@fhnw.ch; Thomas Gröbly, Telefon 056 462 42 96, E-Mail thomas.groebly@ fhnw.ch. bh

das andere. Und davon spüre ich hier in Neuenhof viel. Die Bereitschaft ist da, sich einzubringen, mitzudenken und mitzugestalten.» So habe man es erst kürzlich geschafft, den Mittagstisch im neuen Jahr von einem Tag auf vier bis fünf Tage pro Woche auszubauen: «Wir haben in der Schule einen richtigen Bazar und Tag der offenen Türe veranstaltet. Sie kamen alle. Allein an diesem Tag kamen 15 000 Franken zusammen.» Neuenhof ist es gewohnt, sich am eigenen Schopf aus dem Morast zu ziehen. SICH KÜMMERN Das sind beste Voraussetzungen für das FachhochschulTeam um Martin Klöti. Er leitet das Institut für Geistesund Naturwissenschaften der FHNW: «In den nächsten zwei Jahren sollen alle Einwohnerinnen und Einwohner von Neuenhof an der Entwicklung und Ausgestaltung grosser Themen mitwirken. Wir wollen die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen umfassend erkennen und so weiterentwickeln, dass die heute schon bestehende Solidarität und Achtsamkeit untereinander langfristig gefestigt wird. Dazu tragen die einzelnen Persönlichkeiten ebenso bei wie die Vereine, Gremien, Behörden, Quartiernachbarschaften und die Schule.» Sie alle sollen zu Wort kommen, ihre Beurteilungen der Gegenwart und ihre Vorstellungen zur Zukunft einbringen können. In Foren und an Stammtischen würden konkrete und eigendynamische Neuenhofer Lösungen, Prozesse und Projekte hervorgehen. Entscheidend ist für Martin Klöti genauso wie für Susanne Schläpfer und Renate Baschek: Diese Prozesse schärfen den Sinn für die Potenziale und Ressourcen, die in Neuenhof unvermindert zur Verfügung stehen. NEUES POTENzIAL Susanne Schläpfer ist in Neuenhof aufgewachsen. Sie kehrte mit ihrer Familie nach Lehr- und Wanderjahren in Basel, Brasilien und around the world, als Kantonsrätin in St. Gallen und als Gemeinderätin von Wattwil nach Neuenhof zurück. Sie will als Gemeindepräsidentin und Einwohnerin jene Fähigkeiten der Menschen kennenlernen und würdigen, die für sie und die Gemeinde heute noch im Stillen oder sogar im Dunkeln schlummern: «Sie finden überall Verlierer. Da und dort tickt auch eine soziale Zeitbombe. Wichtig ist, dass wir die Menschen abholen und aktivieren können.» Renate Baschek bringt es auf den Doppelpunkt: «Man soll sich in Neuenhof als der Mensch zeigen dürfen, der man ist. Mit all seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Das gilt natürlich auch für die Schule. Ich kenne die Kinder und ihre Eltern aus bildungsfernen Schichten sehr gut. Die sind genauso viel wert wie die Kinder aus Baden, welche die Ballettschule oder Tennisstunden besuchen dürfen und aufs Gymnasium gehen.» Mehr zu Neuenhof erfahren Sie im Internet auf www.neuenhof.ch.


vollwertig leben

Frei und unabhängig zusammenleben Der Rachel-Architektur-Wettbewerb sucht Ideen für Wohnboxen. Autark und mobil müssen sie sein; nicht mehr als 25 000 Euro kosten. Der Zeitpunkt hat mit 1000 Euro einen Sonderpreis für Wohnbox-Nachbarschaften ausgeschrieben. Die Welt ist voller Brachen, die ungenutzt vor sich hinschlummern: Menschen mit viel Zeit und wenig Geld, stillgelegte Industriegelände oder Sonnenenergie. Diese Brachen will der «Rachel-Architektur-Wettbewerb» zu neuem Leben erwecken, benannt nach der amerikanischen Umwelt-Pionierin Rachel Carson («The silent spring»). Gesucht ist das beste Design für autarke Wohnboxen mit 24 m2 Wohnfläche, die sich zu temporären Nachbarschaften verbinden lassen. Der Wettbewerb wird in zwei Phasen durchgeführt: Bis zum 15. August dieses Jahres sollen Entwürfe, Skizzen und Visionen für die Wohnbox einerseits und Nachbarschaften mit bis zu 100 Boxen andrerseits erarbeitet werden. Dafür werden je 1000 Euro ausgeschrieben. Um die technische Umsetzung der prämierten Entwürfe und die Entwicklung von Konstruktionsplänen geht es in der zweiten Phase ab Herbst. Die Pläne sollen als Open-Source-Projekt der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, wobei die Autorinnen und Autoren zwischen verschiedenen, unter «creative commons» definierten Lizenzen wählen können. Träger des Wettbewerbs ist der Kölner Verein «Jack in the Box». Initiant Lars Lange hat sich seit Jahren mit der Nutzung von Containern

befasst und ist dabei an die Grenzen dieses Formats gestossen. Deshalb hat er – mit Unterstützung des Zeitpunkt und des deutschen Energieversorgers «Naturstrom» – den RachelArchitektur-Wettbewerb ausgeschrieben. JuryMitglieder sind u.a. Der Nachhaltigkeitsforscher Prof. Niko Paech, der Autor Niels Boeing und Karin Fuhs, Direktorin der Akademie für Gestaltung in Köln. Der Zeitpunkt-Sonderpreis für die Wohnbox-Nachbarschaften wird juriert von Christine Ax («Könnensgesellschaft»), dem Architekten Marcel Kalberer («Sanfte Strukturen»), Prof. Declan Kennedy, Ehrenpräsident des Global Ecovillage Network, Prof. Martin Klöti (Neustart Schweiz), Leiter des Instituts für Geistes- und Naturwissenschaften an der Fachhochschule für Technik in Windisch, der Architektin Stefanie Overbeck («fairventure») und dem Zeitpunkt-Herausgeber Christoph Pfluger. Die Wohnboxen müssen in Bezug auf Energie und Wasserhaushalt autark sein, d.h. mit rund 25 Litern pro Kopf und Tag auskommen. Das ist rund ein Fünftel des heutigen Verbrauchs und bedingt u.a. Komposttoiletten. Bei der Stromversorgung wird man sich auf 24 Volt beschränken müssen. Die Boxen sollen leicht zu demontieren und transportieren sein,

sich an allen sechs Seiten verbinden lassen und maximal fünf Stockwerke ermöglichen. Die Initianten erhoffen sich vom Wettbewerb die erleichterte Realisierung nachhaltiger Wohnformen und sinnvolle Arbeit für Menschen mit wenig Geld und viel Zeit. Red. Träger des Rachel-Architekturwettbewerbs: JACK IN THE BOX e.V., Vogelsanger Straße 231, D-50825 Köln, www.koelnerbox.de Die detaillierte Ausschreibung finden Sie hier: http://www.koelnerbox.de/architektur/rachel-architekturprojekt/

Damit das Wasser lauter wird Im Sommer ist es am Wasser am schönsten. Das haben auch viele Gastronomen entdeckt und an den Ufern von Flüssen und Seen Freiluftkneipen eingerichtet. Das Vergnügen für die Gäste am, hat für die Lebewesen im Wasser allerdings eine Kehrseite: Gläser, Kippen und anderer Abfall machen ihnen das Leben schwer. Diese Beobachtung hat die Heilpädagogin und Gärtnerin Wanda Miescher inspiriert, am 24. August in Solothurn einen Wassertag mit vielfältigem Programm zu organisieren: der Tauchclub, die jungen Grünen

und Freiwillige entrümpeln die Aare. Es gibt Spiele, Experimente, Kunst und Infos rund ums Wasser. Am Abend erschliesst der Wasserforscher Alexander Lauterwasser die Geheimnisse des lebensspendenden Nass’ und nachts erstrahlt die Lichtinstallation «Maare». Das Naturmuseum, die Hafenbar mit Hunderten von Gästen und viele lokale Organisationen helfen mit. – Was aus einer stillen Stunde am Ufer nicht alles entstehen kann … CP Wassertag, 24. August 2013, 11.00 - 24.00 Uhr beim Gewerbeschulhaus Solothurn. www.wassertag-solothurn.ch

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vollwertig leben

Schussfahrt nach Appenzell Tauschgeschäft erfolgreich gestartet. Ich geb’ dir mein Auto, du leihst mir ein E-Bike. Mit dieser munteren Aktion will der Verein «my blue planet» zusammen mit Stromer und Velohändlern schweizweit punkten. Die Sommeraktion ist flott gestartet. Peter Konings ist fast täglich 40 Kilometer zwischen Appenzell und St. Gallen unterwegs. Er freut sich auf kurzentschlossene Trittbrett-RadlerInnen. Peter Konings (40) ist ein Wiederholungstäter. Letztes Jahr war er zur Premiere der Aktion in St. Gallen während eines Monats mit einem Flyer unterwegs – sein Smart ruhte derweil auf dem Parkplatz des Velohändlers. Heuer hat er einen Stromer gebucht und verspricht: «Nach diesem zweiten Test kaufe ich mir definitiv ein E-Bike. Entweder den Stromer hier oder einen ‹Flyer vollblut›». Sein Auto würde er dann gerne verkaufen, könnte er dafür einen fairen Preis lösen. Das sei aber wegen der Europrämien für Neuwagen leider nicht ganz so einfach. Gut möglich also, dass er seinen alten Kleinwagen daheim neben dem neuen E-Bike parkieren wird.

Appenzell fahren muss», sagt er Und dann erst das erhabene Gefühl, an jeder Ampel und im Stau all jene Autos überholen zu können, die sich kurz vorher auf der freien Strecke abgesetzt hatten. Er könne das Gefühl und das Gefährt allen nur wärmstens weiterempfehlen. Ebenso die Tauschaktion von «my blue planet», die vom Zeitpunkt in diesem Sommer als Medienpartner journalistisch begleitet wird. Bis Ende August stehen die Test-E-Bikes der Trendmarke Stromer für eine individuelle Testphase bei diversen Velohändlern schweizweit bereit. Klare Spielregel des Tauschgeschäfts: InteressentInnen geben ihre Autoschlüssel samt Permis und Nummernschilder zwei Wochen oder einen Monat gegen die CO2-armen Zweiradflitzer ab. bh

Konings arbeitet als Cheftherapeut in der Geriatrischen Klinik St. Gallen und wohnt in Appenzell. Die zweimal 20 Kilometer Arbeitsweg legt er meistens radelnd zurück, aktuell bei jedem Wetter und immer. «Das E-Bike ist eine Wucht. Ich bleibe fit, ohne zu Schwitzen. Ich schwitze auch nicht, wenn ich bergauf nach

Peter Konings auf seinem Leih-Stromer. Die Autoschlüssel hat er für einen Test-Monat abgegeben.

GEMEINSAM auf dem Acker

AUF DEN GESCHMACK der Äpfel KOMMEN

Seit einem Jahr bebauen rund 200 Personen aus Bern und Umgebung einen Gemüseacker von 55 Aren. Jede Woche erhalten die Mitglieder des Vereins «Radiesli» dafür eine Tasche voll mit Gemüse – frisch, lokal und biologisch. Der Erfolg der «Radiesli»-Idee zeigt, dass sich viele Menschen gerne am Anbau ihrer Nahrungsmittel beteiligen und für ihre natürlichen Lebensgrundlagen Verantwortung übernehmen. Sie wollen wissen, woher ihr Gemüse kommt, bevor es auf dem Teller landet. Auf dem Acker bei Worb gedeihen rund 60 verschiedene Gemüse nach biologischen Grundsätzen. Dazu kommt mehr als ein Dutzend verschiedener Kräuter. 35 alte und fast vergessene ProSpecieRara-Sorten bereichern die Gemüsetaschen. zp

In ihrem schmalen Buchbijou «Geschmacksbegegnungen: Äpfel» analysiert die Sensorikerin Christine Brugger 30 handelsübliche Apfelsorten nach ihren aromatischen Eigenschaften. Sie beschreibt auch, welche Lebensmittel am besten zum Apfel passen. So paaren sich Äpfel aus der tropischen Aromafamilie (Galiwa, Opal) sehr gut mit Weissschimmelkäse und die grün-krautigen Äpfel etwa der Sorte Braeburn verbinden sich sehr gut mit jungen Erbsen oder Grünspargel. Denn kein Apfel gleicht dem andern. Brugger schreibt: «Für den qualitativ guten und aromareichen Apfel ist der richtige Pflückzeitpunkt entscheidend. Das Gleichge-

Ein Engagement mit Modellcharakter: www.radiesli.org

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Wo und wie Sie Ihr Auto gegen ein E-Bike tauschen können, erfahren Sie auf www.myblueplanet.ch oder über Telefon 052 203 02 32.

wicht und die Harmonie zwischen optimalem Aroma, Zucker- und Säuregehalt ist auch noch in der heutigen Zeit eine Herausforderung.» Christine Brugger hat den Geruch von Äpfeln seit der Geburt in der Nase. Aufgewachsen auf einem biologisch wirtschaftenden Pionierbetrieb am Bodensee (D) ist ihr der Apfel – noch sonnenwarm vom Baum – das höchste der Gefühle. Genauso mag sie den Geruch der aus dem Winterschlaf erwachenden Äpfel im Lager. Mehr als zwei Dutzend Sorten sind ihr seit vielen Jahren bestens vertraut – so liegt ihr die Diversität der Sorten in der Nase und im Gaumen am Herzen. zp Bruggers Buch«Geschmacksbegegnungen Apfel» ist in der aparten Edition Cucina e Libri (www.cucinalibri.ch) von Carlo Bernasconi erschienen: 48 Seiten, fadengeheftet, ISBN 9783-9523840-1-5, Fr. 15.–.Christine Brugger betreibt mit ihrer Firma «Aromareich» eine Sinnes- und Genussschule. Mehr dazu auf www.aromareich.ch


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LIEBE macht Sinn

Wilhelm Schmid schreibt Bücher als philosophische Seelsorge. Sein neustes Werk heisst «Dem Leben Sinn geben». Darin ortet er das Leben als Experiment mit vielen Möglichkeiten. Er setzt die Liebe dem Sinn gleich und erkennt Beziehungen als Labsal für die   Beat Hugi sprach mit Wilhelm Schmid in Konstanz Seele.

Zeitpunkt: Ist der heutige Freitag ein sinnvoller Tag, Wilhelm Schmid? Wilhelm Schmid: Ich erlebe ganz wenige sinnlose Tage. Ich habe eben eine Blumenkohlsuppe gegessen, fein gewürzt. Mit einem wunderschönen Blick über den Bodensee. Ich weiss, was Sinn ist und ich schreibe nicht nur darüber. Ich bemühe mich auch selbst sehr stark darum. Und Sinn beginnt immer mit Sinnlichkeit. Zur Sinnlichkeit gehört sehen, hören, riechen, schmecken und tasten. Von einer feinen Blumenkohlsuppe oder anderen persönlichen Erlebnissen liest man wenig in Ihrem neuen Buch. Ich gebe dazu gerne Auskunft, wenn ich direkt gefragt werde. Das aber im Buch zu exponieren, erscheint mir zu exhibitionistisch. Das machen heute so viele, es ist fast schon zur Regel geworden, dass jeder über sich spricht. In diesem Mainstream muss ein Philosoph nicht mitschwimmen. Also frage ich Sie! Ich bin Vater. Ich habe vier Kinder. Ich bin zum zweiten Mal verheiratet, ich bin seit 30 Jahren mit meiner Frau zusammen. Ich habe Freunde, also all das, worüber ich spreche und schreibe, kenne ich. Beziehungen als sinnstiftende Konstellationen? Die habe ich aber lange Zeit so nicht wahrgenommen. Die Freunde waren einfach da, was an ihnen aber besonders sein soll, war mir nicht so klar. Ich habe Beziehungen vollkommen unterschätzt, was übrigens nicht wenigen Männern auch passiert. Erst, seit mir theoretisch klar geworden ist, was es heisst, in Beziehungen zu leben, schätze ich sie ganz anders und kümmere mich auch bewusst darum.

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Man muss bei sich selbst beginnen. Es liegt nahe, bei sich zu beginnen. Denn wenn sie bei anderen beginnen wollen, dann können sie auf den andern zugehen und können ihm sagen: Du hast heute Abend einen Termin mit mir. Denn du musst mir bei meiner Selbstbeziehung helfen. Aber Sie ahnen sofort, was die Folge sein könnte: Ich habe schon einen Termin, sagt der andere. (Lacht) Zum einen kann er sich beliebig entziehen, zum anderen könnte er auch ahnen, dass er hier missbraucht wird. Und selber ja auch mit sich selber was auszumachen hat. Wir können nicht über andere verfügen, schon gar nicht, wenn es darauf ankommt. Wir können nur über uns selbst verfügen. Insofern ist es schön, vom Ich und Du zu sprechen, aber nur das Ich ist verfügbar, das Du nicht. Die Hürde zu sich ist oft hoch. Es ist schwierig, zu sich zu kommen, weil das einem ja auch nirgendwo beigebracht wird. Die wichtigsten Dinge im Leben werden nicht gelehrt: die Liebe, die Kindererziehung und der Umgang mit sich selbst. Ich weiss nicht, wie lange wir uns das noch werden leisten können, diese drei Bereiche in der Ausbildung restlos zu vernachlässigen. Denn in der modernen Zeit verstehen sich all diese Dinge nicht mehr von selbst. Es gibt keine übergeordneten Instanzen mehr, die den Menschen etwas zu sagen haben. Das war ja mal anders. Die Religion hat den Menschen gesagt: so hast du zu lieben, so hast du die Kinder zu erziehen, so hast du mit dir selber umzugehen. Alles ausgerichtet auf Gott. Das ist in der Moderne für viele Menschen vorbei. Nun müssen wir von vorne anfangen. Im Buch schreiben sie oft von der «Andersmoderne». Das ist meine Vorstellung. Dass wir die Mo-

derne an einigen Punkten werden verändern müssen, hin zu einer anderen, veränderten Moderne. Es geht nicht darum, die Moderne hinter uns zu lassen. Wir verdanken der Moderne so viel: die Würde des Menschen, die Menschenrechte. Davon sollten wir nicht lassen. Aber wir müssen das Leben neu lernen. Nachdem die Moderne uns befreit hat von den Zwängen der Religion, der Tradition, der Konvention, müssen wir uns nun selber aufrappeln und das lernen, was Menschen bisher nie im Leben aktiv haben lernen müssen.

Ich habe den Verdacht, die Menschen fragen auch nach dem Sinn des Lebens, weil sie nicht mehr sinnlich leben können. Lernen, mit diesen Freiheiten umzugehen? Die Freiheit liegt allen modernen Menschen sehr am Herzen. Das ist auch in Ordnung. Die modernen Menschen können sich befreien von allem, was sie bedrückt und unterdrückt, das ist eine grosse Arbeit. Dann aber kommt der Zustand: Ich bin z.B. frei von einem Menschen, der mir nicht mehr gefällt, und jetzt? Das ist ja das Interessante: Jetzt beginnt die Arbeit erst. Wenn ich nichts anderes mache, ist das ein leerer Zustand. Freiheit an sich ist ein leerer Zustand. Der lebt sich nicht gut. Also interessiere ich mich wieder für einen anderen Menschen. Und gehe auf ihn zu. Jetzt kommt die Freiheit, auf jemanden zuzugehen. Das ist schwerer, als von jemandem wegzugehen. Denn ich muss den ja jetzt überzeugen. Ich bin selbst auch noch nicht sicher, ober es vielleicht der richtige ist. Wir kommen, wenn es sehr gut geht, zusammen. Und jetzt? Jetzt muss ich meine Freiheit wieder einschränken.


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Wie sehr schränkt uns das System ein? Sie schreiben auch von den Beziehungen zu Dingen. Beispielsweise zum Geld. Zuerst einmal ist es wichtig zu sagen, was das System ist. Das System ist, dass ich Bedürfnisse habe, die ich nicht allein mit mir befriedigen kann. Ich habe beispielsweise das Bedürfnis, dass ein Loch in meinem Zahn gestopft wird. Das kann ich nicht alleine, wenn ich nicht zufälligerweise Zahnarzt bin. Also muss ich zu einem Zahnarzt gehen. In dieser Überlegung existiert kein Geld. Wie kriege ich den Zahnarzt dazu, mir das Loch zu stopfen? In dem ich ihm etwas mitbringe, was er brauchen kann. Nehmen wir an, ich bin ganz gut im Kartoffelanbau – das mache ich übrigens auch in meinem Garten – ich bringe ihm also einen Sack Kartoffeln mit und der stopft mir dafür das Loch in meinem Zahn. Jetzt brauche ich was zum Mittagessen. Ich bin unterwegs, mein eigener Garten ist weit weg, also muss ich jemanden dazu kriegen, mir ein Mittagessen zu geben. Vielleicht habe ich ein Gedicht geschrieben und treffe jemanden, der das mag und mir dafür ein Mittagessen kocht. So ziehe ich durch die Welt. Auf Anhieb wird klar, dass dies sehr mühselig werden kann, zumal wir ständig Kartoffelsäcke mit uns schleppen müssen. Es gibt eine Vereinfachung des Ganzen: ich schleppe nicht einen Sack Kartoffeln mit, sondern 10 Euro. Die 10 Euro repräsentieren einen Sack Kartoffeln. Damit kann ich zum Zahnarzt oder ins Restaurant gehen, brauche nur einen Schein rüberschieben. Dieses System werden wir nur loskriegen, wenn wir wieder Kartoffelsäcke schultern. Das scheint mir eine wichtige Einsicht zu sein. Dass alle die Versuche, das bestehende Geld zu ersetzen, wieder in Geld gemündet haben. Wir sind also nicht bedrückt von bösen Menschen wie Finanzhaien und «Bänkstern», sondern wir sind erst einmal bedrückt davon, dass wir nicht anders handeln können, als uns das Leben ein klein bisschen einfacher zu machen. Und dann sind wir immer schon im Finanzsystem drin. Da müssen wir halt aufpassen, dass wir nicht übers Ohr gehauen werden. Aber das ist auf dem Marktplatz genauso, wenn ich mit einem Sack Kartoffeln daherkomme. Auch da versuche ich ein paar Kartoffeln zurückzubehalten, um die dann noch gegen ein Eis einzutauschen. Ich komme nicht aus dem System raus.

Wilhelm Schmid (60) lebt als freier Philosoph in Berlin und lehrt Philosophie als ausserplanmässiger Professor an der Universität Erfurt. Viele Jahre lang war er als Gastdozent in Riga/Lettland und Tiflis/Georgien, sowie als «philosophischer Seelsorger» im Spital von Affoltern a. A. bei Zürich. Fotos: Susanne Schleyer / autorenarchiv.de

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FEUERFESTIVAL – ab in eine andere Welt

Irgendwo auf einer sonnenbeschienenen Weide im Emmental wird vom 15. bis 22. Juli 2013 eine kleine Festival-Revolution gezündet. Wie schon im Vorjahr soll eine andere Welt entstehen: voller Feste, Künste und Kostüme – dafür ohne Geld, Müll und Atomstrom. Ein Dorf, aufgebaut von seinen BewohnerInnen – und am Ende von ihnen niedergebrannt. Der Ort des magischen Geschehens bleibt bis auf weiteres geheim. «Die Hauptattraktion des Festivals sind seine TeilnehmerInnen», schreiben die Veranstalter, die zehn Jahre lang das «Out in the Kraut»Festival in Schangnau organisiert hatten. Schon damals setzten sie auf unkommerzielle und ökologische Werte. Mit dem Feuerfestival wollen sie diese auf eine neue Ebene bringen. Es soll ein Festival von allen für alle sein – die Nagelprobe eines anderen Systems. Auf dem Festivalgelände gibt es offiziell kein Geld. Alle sollen mitbringen, was sie für sich brauchen, und noch etwas darüber hinaus. Etwas zum Teilen, zum Schenken: sei es selbstgemachte Konfitüre, ein Konzert, der Bau einer Bühne oder eines Kunstwerkes – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Dass es nicht an künstlerischen Beiträgen mangelt, zeigt ein Blick auf das Programm. Jeden Tag treten Schweizer Künstler auf, Singer und Songwriter, Bal Folker, Rockmusiker. Am Eingang gibt es einzig eine Kollekte für ein paar Notwendigkeiten: Einen Solarstromgenerator, fliessendes Wasser, Toiletten, Zirkuszelte. Der Überschuss fliesst in Form von Kunstkrediten in Projekte des Feuerfestivals im kommenden Jahr.

ob die hohen Ziele verwirklicht werden, die sich das Feuerfestival gesteckt hat. Die Veranstalter zumindest wollen sich ein Scheitern erlauben. Denn in der letzten Nacht wird ja alles niedergebrannt. Installationen, Kunstwerke, Bühnen. Und so kann im nächsten Jahr ein neuer Versuch gewagt werden.

Das blüht am Abend des 22. Juli 2013 allen Installationen, Kunstwerken und Bühnen des Feuerfestivals: Sie werden verbrannt. Davor wird zwei bunte Tage lang irgendwo im Emmental die andere Welt geprobt. Wo? Das erfahren Sie mit Glück am Buschtelefon.

Warum verraten wir hier weder Ort noch Website? Die Veranstalter baten darum, weil ihr Festival klein bleiben soll. Wenn Sie neugierig geworden sind, dann hören Sie sich um. Vielleicht wispert Ihnen jemand den Namen ins Ohr. Dann können Sie sich selbst überzeugen,

Viele Fluchtwege ins Mittelalter. Weitere Möglichkeiten, in andere Welten abzutauchen, bieten zahlreiche sogenannte Mittelalterfeste. Gerade weil sie die romantische Seite des Mittelalters betonen, erlauben sie uns zwischen Marktstand und Lagerfeuer, Söldner und Magd der Hektik des 21. Jahrhunderts zu entfliehen: · Vom 6.-7. Juli feiert Sempach zum dritten Mal den Jahrestag der Schlacht mit einem Mittelaltermarkt. Seitdem gehören die Aufmärsche der rechtsextremen Szene der Vergangenheit an. · Im Jura öffnet St. Ursanne vom 12.-14. Juli seine Tore und verwandelt sich zum bestbesuchten Mittelalterfest der Schweiz. Themen dieses Jahres sind die Kreuzzüge und die Gralssuche · Am Bruchtalfest im Sanktgallischen Taminatal erleben die Besucher vom 23. bis 25. August ein Zeltlager inmitten der kargen Bergwelt, inspiriert von der Welt Tolkiens. Jonas Schneider Einen Überblick über mittelalterliche Anlässe aller Art bietet www.mittelalter-kalender.ch

DIE WÜSTE als heilsamer Raum für die Seele «Die Stille der Wüste ist pure Medizin in der heutigen Welt», sagt Christine Dettli. Ihre einzigartigen Reisen führen seit 20 Jahren tief in die Wüstenlandschaften Südmarokkos und bieten Raum für tiefgreifende und transformierende Erfahrungen. Natur, Stille und tagelanges Gehen ist eine sensationelle Mischung. «Man kommt in einen anderen Bewusstseinszustand. Die Seele dehnt sich aus von einem Horizont zum anderen.» Das Gehen in Stille biete den heilsamen Raum, um wirklich bei sich anzukommen und sich mit dem Unendlichen verbunden zu fühlen: «Abgesehen

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fordernder. Umso bedeutsamer werde es, Räume der Stille zu finden, und dabei zu erfahren, was das wirklich Wesentliche ist. Christine Dettli führt seit 1996 eine Praxis für ganzheitliche Psychologie und Coaching. Sie hat viel Erfahrung mit inneren Prozessen. «Es ist die Wüste selbst, die heilsam wirkt oder Antworten auf Lebensfragen gibt. Meine Aufgabe ist es, den optimalen Rahmen zu schaffen.» ak von der eigenen Ausrüstung sind wir in der unberührten Natur ausserhalb jeder Zivilisation unterwegs. Das ist extrem kostbar.» Unsere Welt drehe sich das Rad der Zeit immer schneller und

Mehr zu allem erfahren Sie an Christine Dettlis Nomadenfest zum 20-Jahr-Jubiläum – mit Teezeremonien, Diashows, arabischen Geschichten und vielem mehr: Sonntag, 1. September 2013, im Basler Gellertgut; www.pilgerwege.org


ÂťGibt’s Länder, Vater, wo nicht Berge sind?ÂŤ Walterli zu Vater Tell

Naturärztin/Naturarzt Studium gemäss EMR-Richtlinien mit den Fachrichtungen: r ,MBTTJTDIF )PNšPQBUIJF r $IJOFTJTDIF .FEJ[JO r &VSPQÂŞJTDIF /BUVSIFJMLVOEF 7PMM[FJU PEFS 5FJM[FJUBVTCJMEVOH &JO[FMGBDICFMFHVOH NšHMJDI Studienbeginn: August 2013 Die Vierwaldstättersee- und Gotthardgegend ist ein Knotenpunkt Eulerstrasse 55, 4051 Basel Tel. 061 560 30 60, www.anhk.ch www.therapiezentrum-anhk.ch

auf der Landkarte der Literatur. Nicht nur berßhmte Schweizer Autoren, wie z. B. Meinrad Inglin, Gertrud Leutenegger und Tim Krohn, sondern auch ausländische Schriftsteller von Weltrang, wie August Strindberg und Friedrich Schiller, haben sich Geschichten ausgedacht, die sich auf der gigantischen Bßhne aus Fels und Wasser, Wald und

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Digitale Entgiftung 31 Prozent der Feriengäste am Meer sind versucht, ihr Handy in die Fluten zu werfen. Kein Zufall: Die ständige Erreichbarkeit stellt Sinn und Zweck des Urlaubs in Frage. Immer mehr Reiseanbieter haben deshalb Ferien im Programm, bei denen die Gäste Laptop und Handy abgeben   von Alex von Roll müssen. Die digitale Entgiftung gibt es natürlich auch günstiger.

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Ständig mit allen und jedem verbunden zu sein, gehört derart zum modernen Leben, dass wir uns kaum noch vorstellen können, wie das Dasein vorher war, obwohl diese Zeit kaum 20 Jahre zurückliegt. Dabei verursacht die Online-Präsenz Stress und senkt die Produktivität, wie Wissenschaftler von der University of California in Irvine feststellten. Sie massen, wie lange sich Mitarbeiter mit einer Aufgabe beschäftigten, bevor sie den Eingang neuer Mails prüften: Drei Minuten, im Durchschnitt. Als man den Probanden den Mail-Zugang blockierte, erhöhte sich dieser Wert auf 10,5 Minuten. Das ist immer noch nicht viel, senkte aber den Stress-Level erheblich.

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Bild: Photodune

ie Nomophobie greift um sich, die Angst, ohne Handy das Haus zu verlassen oder mobil nicht erreichbar zu sein. In Grossbritannien, wo der Begriff «no mobile phobia» entstand, sollen nach einer Studie des UK Post Office bereits zwei Drittel der Briten von dieser Angst befallen sein. Die Abhängigkeit von den Mobiltelefonen hat sich markant verstärkt, seit sich diese in Smartphones verwandelt haben, mit denen man nebst vielem anderen auch die E-Mails abrufen kann. 36 Prozent der Touristen, das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Marriott-Hotelkette, hat sogar schon am Strand E-Mails beantwortet – ein Ferienvergnügen der besonderen Art. Dabei wären Ferien essenziell für unsere Gesundheit, wie verschiedene Untersuchungen bestätigen. Wer nur sehr selten Urlaub macht, hat beispielsweise ein höheres Infarktrisiko oder längere Reaktionszeiten. Nur: Wirkliches Abschalten wird in den Zeiten von Laptops und Smartphones immer schwieriger. Immer mehr Menschen gewöhnen sich derart an diesen Rhythmus, dass sie gar nicht mehr ohne leben können. Von Abschalten kann keine Rede sein, wenn 50 Prozent der Urlauber mehrmals täglich E-Mails checken, wie die erwähnte Umfrage von Mariott ergab. Sogar das Phänomen des Phantom-Vibrierens verfolgt immer mehr Menschen: Sie meinen, Ihr Handy «klingele», auch wenn es stumm bleibt oder wenn sie gar keines auf sich tragen. Warum wir dauernd E-Mails abfragen – manche bis zu hundert Mal am Tag – darüber rätseln auch die Wissenschaftler. «Es ist ein bisschen wie in Las Vegas», sagt Gloria Marks,

die an der Universität von Kalifornien die Interaktion von Mensch und Computer untersucht. Wir hoffen ständig auf die ultimative gute Nachricht. Auf der einen Seite wird unser neugieriges Gehirn von den E-Mails ein bisschen belohnt – etwas Neues! – und neuronale Verbindungen entstehen, ähnlich wie beim Lernen einer Sprache. Auf der anderen Seite führt das Stakkato-Denken auf Dauer zu mentaler Konfusion, sagt der amerikanische Neurowissenschaftler Gary Small, der das Phänomen untersucht hat. Die physiologischen Ursachen seien noch unklar, könnten aber in einem Schrumpfen der Stirnhirnlappen lliegen, wo unser soziales Verhalten kontrolliert wird. Dieses ist bei Internetsüchtigen, die mehr als zehn Stunden täglich online sind, nachhaltig gestört. Ein normaler Arbeitstag ist nicht mehr weit von dieser Grenze entfernt. Inzwischen gibt es Hotels und Ferienabieter, die ihren Gästen verschiedene Stufen der digitalen Entgiftung anbieten. Die einen schliessen ihren Gästen Handy und Laptop weg, verschenken Büchergutscheine und bieten Massage und Meditation. Andere bringen ihre Kunden in den Busch oder in abgelegene Nationalparks. Am weitesten geht Digital Detox, eine 2011 gegründete Organisation aus Kalifornien. Ihr Slogan: «Disconnect to reconnect». Ihr Angebot: «no boss, no internet, no cell phone, no clock, no work» – vier Tage für 500 bis 950 Dollar. Das ist natürlich auch günstiger zu haben. Man kann die Geräte auch selber ausschalten, in die Natur gehen, die Phase des kalten Entzugs überstehen und erfrischt und verjüngt wieder zurückkommen. Wenn das nicht hilft, kann man immer noch sein Handy ins Meer schmeissen.


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önnen wir wirklich unsere Lebensenergien allein mit Vitaminen auffrischen? Oder wirkt die wahre Kraft immer von innen, aus uns selbst? In jedem Menschen kommt eine universale Schöpferkraft zum Ausdruck, die ihre Energie durch Positives (+) und Negatives (-) im Gleichgewicht hält. Diese Lebensenergie durchdringt alle und alles, ist der „Motor“ unseres Seins – vor der Geburt, über das ganze Leben und darüber hinaus. Doch wie können wir auf diese Energie zugreifen, eine spirituelle Ressource für unser Leben öffnen? AMORC – Die Rosenkreuzer geben Antworten und zeigen, wie wir aus diesem Urquell Kraft und Energie schöpfen können.

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Leserbriefe

Leserbriefe@zeitpunkt.ch WIR STEHEN AM ANFANG «Vertrauen in die Finanzkrise», ZP 124 Endlich jemand, der wie ich die Chancen dieser Krise sieht. Die Chance, als menschliches Kollektiv nach der Demokratie/Menschen-/ Tierrechte-Ebene eine weitere Bewusstseinsebene in das öffentliche Zusammenleben zu integrieren. Dies wird Schritt für Schritt erfolgen, wie immer, seit der Mensch vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern, Wissenschaftler und dann Demokraten wurde. Wie sie heissen wird und was sie bringt, wird sich zeigen. Wir stehen am Anfang. Viele Volksinitiativen, die zur Zeit laufen oder gestartet werden, regen die Diskussion für die neue Richtung an. Das macht mir Mut. Wir nutzen die Demokratie, um gemeinsam zu gestalten. Zitat aus ihrem Artikel: «Der Wunsch, Geld zu erhalten, ohne dafür arbeiten zu müssen, ist weit verbreitet.» Dies führt mich zum Glaubenssatz, jeder muss Arbeitsleistung erbringen, damit er am gesellschaftlichen Leben teilhaben darf. Sogar Behinderte werden mit ABM integriert und erzeugen oftmals Artikel/Dienstleistungen, die gar nicht benötigt werden. Ich habe von «the work» gehört, es aber bisher nicht angewendet. Deshalb stelle ich die Frage: Ist der Gedanke, dass man nur leben darf, wenn man Arbeitsleistung erbringt, wahr? Der Wunsch, ohne Arbeit Geld zu erhalten, ist –wie sie schreiben – weit verbreitet und führt zu erheblichem Neid, ausgehend von den Arbeitenden zu denen, die genug Geld haben, um von den Zinsen zu leben. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man als Mensch eine Lebensberechtigung hat, auch wenn man phasenweise oder immer (mit einer Behinderung) kaum oder keine Möglichkeit hat, für das (Über-)Leben eine Arbeitsleistung zu erbringen. Egal, ob der Lebensbedarf über ein bedingungsloses Grundeinkommen (was die Zinsrendite einzelner für die Allgemeinheit zugänglich machen würde) oder direkt durch eine Versorgung aller mit den nötigen Produkten in einer Wirtschaft ohne Geld führt. Ersteres wäre etwas neues, Zweiteres war der Vorläufer der Geldwirtschaft mit dem Glau-

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benssatz, man müsste immer Arbeiten, damit man leben darf (wenn man nicht das Glück hat, zu denen zu gehören, die von Steuereinnahmen oder Zinsen leben). Zurück zur reinen Tauschwirtschaft wäre gegebenenfalls ein gesellschaftlicher Rückschritt. Denn die Deckung unseres Bedarfs an Nahrungsmitteln und Luxusgütern erfordert selbstmotiviertes Arbeiten, weil unser gewohnter Lebensstandard sonst sehr schnell Vergangenheit ist. Und wer möchte schon auf volle Supermarktregale, Mobilität (Bahn, Bus, Auto), Internet, Computer und Smartphone, etc. dauerhaft verzichten? Ein direkter Wechsel zum Leben ohne Geld erzeugt heute nicht flächendeckend die Motivation, freiwillig Leistung einzubringen. Parallel müssen auch die Erziehung und die Weltbilder aller an das neue Modell angepasst werden. Diesen totalen Crash oder Kollaps und das daraus in manchen Büchern prophezeite Chaos möchte kaum einer erleben. Wiebke Herrmann, Gipf-Oberfrick DIE MACHT DER FARBEN «Erst Farben schaffen Raum zum leben», ZP 123 Immer wieder freue ich mich, wenn der Zeitpunkt im Briefkasten liegt .Gute Themen und k e i n e Weltanschauungstheorien…! Doch wie unsere Welt aussehen würde, wenn… diese Frage möchte ich direkt schon jetzt beantworten: Es gäbe keine Kriege, keinen Hass, keine verhungernden Menschen, sondern das «Herzdenken» sässe an den Hebeln der Macht (verwandt mit «mögen»). Welchen Einfluss Farben auf unser Leben haben – auch das ist schnell beantwortet: Farben sind reine Energie! Alleine die Struktur, Dichte und Zusammensetzung bestimmt, welche Farbe, damit Wellenlänge, bei Rückkehr in einen momentanen Grundzustand abgegeben wird. Beispiel: Moleküle die im wesentlichen aus Stickstoff und Wasserstoff bestehen, strahlen bei ihrer Rückkehr violettes Licht ab – die intensivste vom Stickstoff abgegebene Wellenlänge (mehr Sauerstoff z.B. grünes Licht usw.). Das bedeutet natürlich, dass auch Farben Menschen (-massen ) beein-

flussen, sie damit manipuliert werden. Nicht umsonst wählen herrschende Minderheiten zur Rede an die «Gläubigen oder das Volk» die passende farbliche Kleidung. So soll z.B. grüne Kleidung die Menschen «beruhigen», um eine schreckliche Nachricht «gelassener» aufzunehmen; rot bedeutet «Vertraut mir, ich mag euch doch, bin immer für euch da»; weiss signalisiert Unschuld, aber bei genauem Hinsehen auch Kälte! Das ist die Macht der Farben, ihrer Wellenlängen – davon bleibt kein Mensch unberührt! Renate Humbel, Fahrwangen GESETZE DES UNIVERSUM «Die nächste Welt», ZP 122 Lieber Johannes Heimrath. Ich danke Ihnen für Ihren äusserst interessanten Artikel über die «nächste Welt». Sie fragen, warum Ihnen noch niemand erklären konnte, warum Ihre beschriebene harmonische neue Welt nicht möglich sei. Ich erlaube mir, Ihnen kurz eine mögliche Antwort zu mailen. Als Musiker wissen Sie, dass für ein Musikstück neben Konsonanz auch Dissonanz notwendig ist. Diese Polarität gilt auch für Ihre neue Welt. Dies bedeutet, dass auch die Angst, die Gier, die Negativität und andere unangenehme Bereiche erlebt werden müssen. Das gefällt mir zwar nicht und ich hätte – wie Sie auch – lieber eine Welt ohne solche Begriffe. Aber es ist nicht an uns, die grossen Gesetze des Universums zu ändern. Diese Erkenntnis bedeutet nun aber nicht, das wir in eine fatalistische oder depressive Lebensweise verfallen sollten. Im Gegenteil; es ist wichtig, dass in unserer eher negativ geprägten Welt die Mitte gesucht wird, und es ist wunderbar, wie viele Menschen sich heutzutage für das Gute und für die Harmonie einsetzen. Noch eine kleine Ergänzung: Vielleicht wäre der Gedanke, dass solche positiv gestimmte Menschen die «Felder» der Angst und der Negativität in der heutigen Welt vermehrt besetzen würden, eine Diskussion wert. Denn es könnte ja sein, dass dann diese negativen Bereiche ein wenig humaner werden würden. Martin Mürner, Oberhofen


Verlagsmitteilung

Beizentour und Küchendüfte gewonnen se Gewinnerinnen und Gewinner: Cornelia Mayinger, Unterägeri; Taomir Ebersold, Adliswil; Maria Sigrist, Bern; Herta Gassmann, Winterthur; Roger Meier, Les Prés-d’Orvin; Christoph Ramser, Thun; Erika Kellerhals, Winterthur; Hartwig und Irene Roth, Solothurn, Janine Breetz, Bern. Die Bücher werden Ihnen zugeschickt. Wir gratulieren! zp

Abonnent des Monats

Matthias Maurer

Zu wahr für die Öffentlichkeit Manchmal ist eine Geschichte zu stark für die grosse Verbreitung. «Eine wie wir», das bereits angekündigte Buch von Margrit Dieterle über ihre Arbeit mit Flüchtlingen, kann nicht erscheinen. Der Protagonist, ein Mann aus einer zentralafrikanischen Diktatur, wollte die wesentlichen Teile seiner erschütternden Geschichte aus dem Buch gestrichen haben. Er fürchtet nach wie vor um sein Leben und vor allem um das kleine Hilfswerk «Source de vie», das er mit Hilfe der Autorin Margrit Dieterle

in Bénin aufgebaut hat. Das sind respektable Gründe, aber auch ein entscheidender Verlust für das Buch. Für Interessierte an der Flüchtlingsarbeit ist der gekürzte Text dennoch interessant. Es ist zu hoffen, dass Margrit Dieterle ihr Zeugnis trotzdem veröffentlicht, allenfalls in elektronischer Form. Sobald dies der Fall ist, informieren wir Sie an dieser Stelle. Christoph Pfluger, Herausgeber

Unsere beste Werbung Für einen neuen Abonnenten geben grosse Verlage bis zu 250 Franken an Werbekosten aus. So gross ist der Werbedruck. Da können wir mit unseren 18 Franken nie mithalten. Deshalb sind wir auf Leserinnen und Leser angewiesen, die den Zeitpunkt weiterempfehlen oder ihn an Veranstaltungen auflegen. Wir stellen Ihnen gerne kostenlos eine beliebige Anzahl neuerer Hefte zur Verfügung (solange Vorrat). Hannah Willimann nimmt Ihre Bestellung gerne entgegen: verlag@zeitpunkt.ch

Foto: Rudolf Steiner

Im «Zeitpunkt» 125 haben wir sechs Exemplare des ultimativen Beizenführers «Cervelat und Tafelspitz» und drei Exemplare des wunderschönen Koch- und Bilderbuchs «Ticino ti cucino» zur Verlosung ausgeschrieben. Beide Titel sind im Schweizer AT-Verlag erschienen und zur Verfügung gestellt worden. Aus den zahlreich eingegangenen «Bewerbungen» zog Glücksfee Hannah Willimann die-

punkt: t i e Z e t hs Der näc dizin

enmekt wird, desto h c s n e M edizin zum Mar chine. Die Kon-

er die M r Mas e, wenig Je mehr er Mensch zu r G er ät d h e e d G m ir , w mie ch im mehr e h r C h e we n d u n g . A u o s M : e z g n n e u la s e qu iger Z mehr n t e h w ic c n d li ög h e t es Zeit un sen geh er geht. Eine m e ir w s it e », die w weit sun dh n e s so medizin nderen n n e e w h c , r s weite «M en eb en a t ist die n Zeitpunkt n heitsA n t wo r e t G e sun d k s h c im ä n n e s g im icklun am Kio Ih n e n n Ent w ugu s t , e A h c e d li n u en . E er fre en . vorstell rem Briefkast we s e n h I in o der

In der internen Aboverwaltung wird Matthias Maurer aus Trimstein im Bernbiet offiziell seit April 2008 als Leser und Förderer des Zeitpunkt geführt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Höchstens! «Wir hatten die ersten Nummern schon vor über 20 Jahren auf dem Tisch», sagt er gleich selbst: in der WG an der Berner Allmendstrasse in Bern. «Aber fragt mich nicht, was ich damals gelesen habe.» Er lacht: «Drei Männer und ein Zeitpunkt!» Matthias Maurer hat zu dieser Zeit Geografie studiert. Heute arbeitet er im «Gump- & Drahtesel» im Liebefeld. Er ist Programmleiter Schweiz für «Velos für Afrika». Er sorgt mit dafür, dass ausgediente Velos in der Schweiz gesammelt, verarbeitet und nach Afrika verschifft werden. Rund 13 000 sollen es einmal mehr auch in diesem Jahr werden. Sie werden vor dem Export schweizweit in geschützten Partner-Werkstätten und im «Drahtesel» fahrbar gemacht. Matthias Maurer wohnt heute mit Frau und Kindern und gemeinsam mit zwei anderen Familien in einem alten Bauernhaus. Drei Wohnungen im Stockwerkeigentum – ein Zeitpunkt. Der liegt meist in der Küche. «Einmal pro Woche wird er umgelagert, endet meist zuoberst auf dem Medienstapel». Dort schnappe er ihn sich immer mal wieder, sagt Matthias: «Es ist neben der Tageszeitung ‹Der Bund›‚ und den Gratismagazinen von Migros und Coop die einzige abonnierte Zeitschrift im Haus.» Warum ausgerechnet die? «Der Zeitpunkt bringt uns nicht nur Unfälle und Verbrechen, Pech und Pannen ins Haus, sondern neue Denkansätze, fundierte Analysen und spannende Lösungen.» Das mag er auch nach 20 Jahren nicht missen: «Will ich bewusst etwas erfahren, lese ich ein Buch – oder den Zeitpunkt.» bh Mehr zu allem: www.velosfuerafrika.ch

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! t f f a h c s e G

Die Liste

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igenes Land besitzen, ein Haus bauen, einen Baum pflanzen, ein Kind zeugen und erziehen, ein Buch schreiben … Diese Punkte sind bei vielen auf der Liste der Dinge, die man tun sollte, bevor man das Zeitliche segnet. Zugegeben, es gibt bestimmt wichtigere Dinge im Leben, als einen Baum zu pflanzen oder ein Haus zu bauen, wo doch der Schweizer Wald und die Zersiedelung schier unaufhaltsam wertvolles Kulturland fressen. Auch ein Buch müssen Sie nicht unbedingt schreiben, machen Sie sich nur keinen Stress! Im Jahr 2004 verkaufte mir ein Bauer in Island, auf dessen Farm ich für ein Jahr gearbeitet hatte, ein kleines Stück Land. Land ist auf der Insel im Nordatlantik billig, und sowieso schuldete mir der Bauer noch ein paar Monatslöhne. Auf meinem Land pflanzte ich Bäume (in Island macht das deutlich mehr Sinn, wo nur 1 Prozent der Landfläche bewaldet ist) und baute eine 1,5 mal 2 Meter grosse Holzkiste mit einer Türe, einem Fenster und einem majestätischen Ausblick über den Fjord; mein Haus, klein aber oho! Schon hatte ich einige Punkte auf der Liste abgehakt. 2011 gebar meine Partnerin ein Kind, dessen Zeugung uns erstaunlich leicht gefallen war. Eine konstruktive Erziehung meines Nachwuchses – ich muss es zugeben – fällt mir indes bedeutend schwerer. Damals, auf der Farm in Island, begann ich zu schreiben. Ich schrieb mich durch endlose, stürmische Winterabende und war überrascht, wie leicht mir meine erste Geschichte von der Feder kam. Freunde und Familienangehörige, welchen ich die Geschichte zu lesen gab, fanden die Sache gut. Es machte mir Spass, Protagonisten zu erschaffen, die beim Lesen zum Leben erwachen! In naiver Hoffnung und Selbstüberschätzung schickte ich das Manuskript an einige Verlage und machte so meine ersten Erfahrungen mit Absagebriefen. Doch ich liess mich nicht entmutigen und schrieb ein weiteres Manuskript. Manche waren begeistert – während sich zu Hause die Verlagsabsagen stapelten. Doch ich machte weiter, schrieb noch ein Manuskript – erneut ohne Erfolg.

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von Joachim B. Schmidt

Eine Kurzgeschichte, «Stoffel wartet», brachte einen ersten, sehnsüchtig erwarteten Erfolg. Es handelte sich um einen Schreibwettbewerb. Ich stach 3500 Teilnehmer aus. Damals machte ich noch Jogurt in einer Molkerei. Ein Jurymitglied sagte mir, ich solle aufhören, Jogurt zu machen und nur noch schreiben. Schön wärs, dachte ich, und machte weiter Jogurt. Doch nun wurden auch die Verlage aufmerksam. Es folgte eine erste, positive Antwort. Ein renommierter Schweizer Verleger fand Gefallen an «In Küstennähe», meinem neusten Projekt. Doch eine konkrete Zusage schob er während fast einem Jahr vor sich her, bis er mir schliesslich frustriert mitteilte, dass sich seine Kollegen gegen das Manuskript ausgesprochen hatten. Das war hart. Doch immerhin wusste ich nun, dass in meinen Geschichten ein gewisses Potential steckte. Ich überarbeitete «In Küstennähe» und bewarb mich weiter. Trotz der guten Referenz des Verlegers hatte ich zunächst kein Glück. Als ich «In Küstennähe» an den Emmentaler Landverlag (klein, aber oho!) schickte, beschloss ich, dass ich mich nach diesem letzten Nein einer neuen Geschichte widmen würde. Doch das Nein kam nie. Die Verlegerin Verena Zürcher war von meinem Manuskript begeistert! Ihre Begeisterung und ihr Engagement waren ansteckend und schwappten auf einige Buchhändlerinnen über, die mein Buch als Geheimtipp ihren Kunden empfohlen. Der Verlag schreibt für «In Küstennähe» schwarze Zahlen. Also hakte ich den letzten Punkt auf meiner Liste der Dinge, die man tun sollte, bevor man stirbt, ab. Seltsam, wie man sich, kaum dass man sein Ziel erreicht hat, nach einem neuen umschaut. Mein nächstes Buch muss nämlich noch fertiggeschrieben werden, und ich werde erst richtig zufrieden sein, wenn auch dieses im Buchhandel erhältlich ist. Und das Übernächste muss ein Hit werden! So wird die Liste, auch wenn man ständig Punkte abhakt, nie kürzer. Und mein Haus muss ich auch noch etwas vergrössern. Joachim B. Schmidt, geboren 1981, wuchs in Cazis in Graubünden als Bauernsohn auf. Seit einigen Jahren arbeitet er als Journalist, Schriftsteller und Gelegenheitsarbeiter in Island. «In Küstennähe» (368 S., Landverlag, Fr. 32.–) ist sein erster Roman. Bis heute hat der Verlag rund 1000 Exemplare verkauft – ein feiner Schweizer Bestseller.


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