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Fühlt euch

wie zu Hause!

unterkünfte Echte Gastlichkeit spürt, wer bei einer Familie zu Besuch ist. Gleichzeitig freut man sich, wenn die Familie sich verändert, wenn sie wächst und man irgendwann den Nachwuchs kennenlernt. In Tirol findet man noch viele Hotels, in denen genau diese Form familiärer Tradition gelebt wird. Wir porträtieren Hotels und ihre Wirtsfamilien, die diese seit Generationen betreiben – und dabei, oft beim Generationswechsel, zeitgemäß erneuern.

text Sissi Pärsch

„I schaug auf di, du schaugsch auf mi.”

René Föger führt seit 2004 den Stern am Mieminger Plateau. Die Familie blickt auf eine über 500-jährige Gastgebertradition zurück. Zunächst am Fernpass, seit 1907 in Obsteig. 2010 wurde es das erste klimaneutrale Hotel Österreichs. Im hauseigenen Wirtshaus werden die regionalen, saisonalen Produkte (teilweise aus der eigenen Landwirtschaft) „mit Butz und Stingl“ verarbeitet.

Die Zeit, in der ich damals den Stern übernommen habe, war keine rosige. Es war wirtschaftlich eine sehr angespannte Situation. Dabei ist das, was speziell meine Urgroßmutter in den schwierigen Kriegszeiten – und dann in Folge die nächsten Generationen – aus dem kleinen Wirtshaus mit drei Zimmern geschaffen hat, schon gewaltig. Aber in den 1990er-Jahren, als der alpine Wintertourismus seine Blüte entwickelte, konnten wir nicht mehr mithalten. Das Mieminger Plateau war stets ein klassisches Sommerfrischeziel. Wir sind ein Sonnen- und kein Schneeplateau. Dadurch wurde das Geschäft immer schwieriger. 2004 rief unser Vater den Familienrat ein, weil er nicht mehr weiterwusste. Ich war 27. Als Bub war für mich klar, dass ich den Stern weiterführen möchte. Doch später kamen Zweifel. Es war schon auch immer eine Last, immer viel Arbeit, kaum Luft. Ich habe mir Bedenkzeit erbeten, aber ich habe ihn nicht lang

René Föger hat den Familienbetrieb am Mieminger Plateau zu Österreichs erstem klimaneutralen Hotel weiterentwickelt.

zappeln lassen. Denn mir war klar, dass das Haus der Schlüssel für uns alle in der Familie ist und es meine Aufgabe ist, dieses Verbindungsstück zu erhalten. Heute ist der Stern unser Treffpunkt, unser Stammhaus. In unserem „Ensemble“ sind es 15 Familienmitglieder, die mitarbeiten – Tanten, Onkel, Großcousins, selbst meine Eltern helfen noch mit. Der Stern ist unser gemeinsames Platzerl. Das ist schon etwas Besonderes. 2007 zu unserer 100-Jahr-Feier war das ganz deutlich zu spüren. Wie wir so miteinander reflektierten, fuhr es wie ein Blitz durch uns: „Das ist unser Stern.“ Er wird von uns gelebt. Es ist speziell. Es ist mehr als nur Gastgeber zu sein, die Betten machen. Es ist Tradition, es sind Werte, es ist das, was uns definiert.

Es war also ein emotionaler Startpunkt damals. Und eine emotionale Motivation, das Ruder herumzureißen. Daraus entstand auch unser Leitspruch: „I schaug auf di, du schaugsch auf mi.“ Und das ist ein Leitspruch, der die „erweiterte Familie“ mit einschließt: Mitarbeiter, Nachbarn, Lieferanten, Gäste – und die Natur. 2004 hatte ich den Begriff Nachhaltigkeit noch nicht parat, aber gelebt haben wir das schon immer. Ich bin ein Evolutionär und kein Revolutionär. All das, was wir mit dem Stern bis heute erreicht haben, all das, wofür wir stehen, ist in unserer Vergangenheit angelegt. Das Miteinander. Die Beziehung zu unseren regionalen Produzenten. Der bewusste und schonende Umgang mit Ressourcen. Wir sind umgeben von einer ursprünglichen Natur, das Landschaftsschutzgebiet liegt direkt vor unserer Haustür. Wir leben mit dem Reichtum, den die Natur uns schenkt, und wissen um unsere Verantwortung.

Bei unserer ersten CO2-Bilanz hatten wir schon als Ausgangslage einen Topwert. Aber damals war das Thema noch nicht so in der Gesellschaft angekommen. Was ist denn klimaneutral? Die Leute waren eher verunsichert. Nachhaltigkeit, das muss doch Genussverlust und Verzicht bedeuten. Nachhaltigkeit ist nicht mit einem Wort erklärbar. Wir haben das Thema übersetzt, in einfache Worte gepackt, Geschichten erzählt und recht schnell recht viele mitgenommen. Einen erhobenen Zeigefinger gab’s bei uns nie. Wir haben das verspielt angepackt und verpackt: So kann man bei uns Sterne sammeln, wenn man ohne Auto anreist oder vegetarisch isst oder auf der Wanderung Müll sammelt.

Die Anfänge waren fordernd und der Druck groß. Er kam niemals von meinem Vater, er kam von unserer Geschichte. Aber ich hatte nichts zu verlieren und viel zu gestalten. Ich würde es wieder machen und ich würde es wieder gleich machen. Für mich ist der Stern eine Art der Selbstverwirklichung.

Der Stern Unterstrass 253 6416 Obsteig https://hotelstern.at

Federführende

Frauen

In der vierten Frauengeneration leitet Katharina Hradecky das Hotel Hinteregger inmitten der Dreitausender des Nationalparks Hohe Tauern. Die Übernahme fand optisch Ausdruck in der kreativen, architektonischen Gestaltung: Moderne Klarheit vereint sich mit historischen Gewölben, das einst von der Uroma bewirtete Dorfkino findet sich heute unter einer Holz- und Glashülle.

2003 habe ich den Betrieb von meiner Mutter übernommen. Genau 100 Jahre zuvor begann meine Urgroßmutter, „Tourismus zu machen“ – mit einem Gasthaus, einem Lager mit zwölf Strohsäcken und einem schönen Zimmer mit richtigen Betten und Kästle. Meine Urgroßmutter stammte ursprünglich aus Lienz, mein Uropa war Bergführer und für die Landwirtschaft zuständig. Was sie hergegeben hat, hat die Uroma für die Gäste gekocht. Bis heute ist die Landwirtschaft ein wichtiger Bestandteil unseres Hauses. Mein Uropa verstarb schon früh, und so stand meine Uroma 1917 mit drei Töchtern da. Es war ein wichtiges wirtschaftliches Standbein, dass sie das erste Matreier Kino bewirten durfte.

Unter meiner Oma wuchs der Betrieb weiter, und meine Mutter war erst 20 Jahre alt, als sie übernahm. Sie war die einzige Tochter. Ich hingegen bin mit fünf Geschwistern aufgewachsen. Wir hatten keinerlei Druck von unseren Eltern, den Betrieb weiterzuführen, aber mich hat es schon immer fasziniert. Ich habe in Wien Tourismus studiert und drei Jahre in London für die Österreich Werbung gearbeitet. Im Grunde war ich auf dem Sprung nach New York, als ich beim Heimaturlaub meinen Mann kennengelernt habe, der inzwischen in Matrei Tierarzt war. Es war wohl ein Wink des Schicksals.

Der Wechsel hat schließlich recht gut geklappt. Ich war 33 Jahre alt, hatte eine Zeit die Rezeptionsleitung innegehabt und Schritt für Schritt mehr Verantwortung übernommen. Ich habe meinen Eltern von vornherein gesagt: „Wenn ich übernehme, ist die Bedingung, dass ihr auszieht. So ist das Haus neutral, bereit für mich und meine Familie.“ Ich wollte klar die Rolle der Gastgeberin übernehmen und das Gesicht des Hotels sein.

Natürlich haben meine Eltern zunächst geschluckt, aber Mama meinte dann: „Hast eh recht.“ Sie ist ein starker Mensch und ein Dickschädel, aber sie ist auch sehr empathisch und denkt mit einer großen Weitsicht. Mein Vater wiederum hat die Landwirtschaft bis 2008 geführt. Heute ist er 81 und hilft noch jeden Tag mit.

Die Generationen vor uns haben jeden Tag des Jahres für den Betrieb gelebt. Wir arbeiten nicht wenig, aber es ist wichtig, sich Freiräume zu schaffen. Und für uns war klar, dass wir mit der Übernahme etwas Eigenes und etwas Innovatives, etwas Besonderes schaffen möchten. Etwas, das für uns steht, das uns Freude macht und zugleich zum Nationalpark Hohe Tauern passt. Es ist doch ein spezieller Genuss, dass man als Familienbetrieb selbst formen und gestalten kann. Dass man sich individuell ausdrücken kann. Wir wussten nicht, ob unsere Gäste den Weg mit uns mitgehen. Aber für uns war es entscheidend, ihn einzuschlagen. Natürlich war es eine Erleichterung, als wir spürten und hörten, wie positiv unsere Geradlinigkeit, die Klarheit der Architektur, die Verbindung aus Alt und Neu aufgenommen wird. Es gibt unseren Gästen die Möglichkeit, Raum bewusst wahrzunehmen. Es ist ein wunderbarer Bonus, dass uns Menschen finden, die wie wir ticken.

Was die kommende Generation betrifft: Wir haben für unsere Kinder niemals Druck aufgebaut. Unsere Tochter Victoria hat soeben fertig studiert und sieht sich momentan den Betrieb an. Es ist ein schönes Gefühl, dass sie von selbst gekommen ist. Für mich ist wichtig, dass mir meine Arbeit wahnsinnig viel Freude bereitet und ich mich verwirklichen kann. So sollte es auch in Zukunft sein. Alles wird sich fügen.

Katharina Hradecky führt die von ihrer Urgroßmutter begonnene Hoteliers-Tradition in vierter Generation fort.

Hotel Gasthof Hinteregger Familie Hradecky Hintermarkt 4 9971 Matrei i. Osttirol www.hotelhinteregger.at

Die Vorreiter

vom Achensee

Das Posthotel Achenkirch besteht seit 1918. Was als Gaststube begann, wandelte sich zum florierenden Hotel und in den 1980er-Jahren zu einem der ersten Wellnessresorts im Alpenraum. Die Familie Reiter macht über die vier Generationen ihrem Namen alle Ehre – als Vorreiter wie auch mit der größten privaten Lipizzanerzucht Europas. Seit 2004 leitet Karl C. Reiter das Fünf-SterneHotel mit 7.000 Quadratmeter SpaLandschaft samt TCM-Zentrum, Golfplatz und eigener Landwirtschaft. Seit 2011 ist es ein reines Erwachsenenrefugium.

Karl C. Reiter hat 2004 das Posthotel Achenkirch von seinem Vater übernommen.

Als ich als Bub in einem Freundschaftsbüchlein angab, was meine Lieblingsfarbe und mein Lieblingstier ist, habe ich bei Berufswunsch „Chef“ hineingeschrieben. Ganz aus kindlicher Unbedarftheit heraus. „Mei, der Papa ist Chef, ich find den Chef super, das will ich auch werden.“ So sicher war ich mir in späteren Jahren nicht mehr. Mich hat IT und Technik genauso interessiert wie kreatives Schreiben. Aber im Grunde trug ich die Leidenschaft für das Gastgebertum in mir. Und auch das stolze Bewusstsein für die Familientradition und die Berufung waren stark.

Ich habe das Posthotel mit Anfang 20 übernommen. Meinen Vater reizte es zu expandieren, und er hatte ein neues Projekt im Burgenland gefunden, das er sich erfüllen wollte. So begann ich 2002 mit ersten operativen Verantwortungen, und 2004 folgte die Übernahme. Natürlich ging es nicht ohne Diskussionen, aber im Grunde lief es sehr gut. Das Posthotel steht schon immer für Mut und Innovation. Mein Vater hat aus einem Wirtshaus ein Wellnessresort gemacht. Angst vor Neuem ist bei uns nicht angelegt, und so habe ich auch viel Vertrauen mitbekommen. So war der Druck, den ich verspürte – oder den ich mir wohl vor allem selbst auferlegte –, eher: Mein Vater hat das Wellnesshotel erfunden, was erfinde ich? Die Latte lag hoch, und ich habe die Verpflichtung durchaus gespürt. Und zunächst haben schon alle geschaut, was der junge Reiter jetzt macht – die Bank, die Mitarbeiter, die Gäste, das Tal.

Aber irgendwann muss man sich davon befreien, und ich bin über die Jahre sehr organisch in meine Rolle gewachsen. Die Identität des Posthotels ist von vier starken Reiter-Generationen geprägt. Und ich habe stets miterlebt, dass man seinen Weg gehen sollte. Mein Vater hat viele Gegenstimmen und Kopfschütteln geerntet bei seinen Entscheidungen – und hatte schließlich doch den Erfolg. So

habe ich mitbekommen, dass man ruhig seiner inneren Stimme vertrauen und folgen kann und nicht zu sehr auf die anderen schauen sollte. Wir entwickeln noch heute Dinge von innen heraus und kopieren nicht das Außen. Natürlich bedeutet das auch bewusste Reflexion und kritisches Hinterfragen. Aber grundsätzlich ist unser Anspruch oder unsere Tradition, beständig energetisch zu sein und uns ehrgeizig weiterzuentwickeln.

Für mich war der mutigste und größte Schritt sicherlich die Entscheidung Ende 2010, das Posthotel zu einem Adults-only-Hotel zu machen. Auch das hat Kopfschütteln hervorgerufen, aber ich sah schon damals die Zukunft des Posthotels im Bereich nachhaltige Gesundheit. In gewisser Weise spiegelt sich unser Blick nach innen auch in dieser Ausrichtung wider. Eine bedeutende Rolle spielt dabei heute unser Shaolin- und Zenmeister Liang Shi Jie, der unsere Gäste in die Kunst des Tai-Chi, Shaolin Kung-Fu oder Qigong einführt und bei Meditationen begleitet.

Im Grunde ist mein Ziel, das Erbe meines Vaters und meiner Ahnen fortzusetzen, indem wir uns stets mit Weitblick nach vorne bewegen. Mein Ziel ist es weiterhin, unsere Kernwerte, das Visionärtum und die Beständigkeit, zu vereinen.

Mit Weitblick nach vorne, aber auch Reflexion nach innen hat Reiter das Hotel seiner Familie zeitgemäß weiterentwickelt.

Posthotel Achenkirch Obere Dorfstr. 382 6215 Achenkirch am Achensee www.posthotel.at

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