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UND WIEDER: ZIRKUSSCHULE GEFÄHRDET
ZIRKUSSCHULE BERN «Dabei wären so viele Projekte möglich im Quartier»
Tania Steiner als Direktorin der Zirkusschule Bern ist das Kämpfen um ihr Projekt gewohnt. Sie tut dies, seit es die Zirkusschule gibt, sie tut es einmal mehr. Ihr Unternehmen ist gefährdet, auch weil sie die Feuerwehr Viktoria im Sommer 2023 verlassen muss. Eine passende Lokalität und eine breitere Unterstützung sind zentral für den Fortbestand. Martin Jost
Es war nicht der Wunsch von Tania Steiner, die Alte Feuerwehr zu verlassen; obschon sie gewusst hat, dass es eine Zwischennutzung ist, weil die Genossenschaft dem Umbauprojekt entsprechend Wohnraum schaffen muss. Trotzdem, Tania Steiner wäre gerne geblieben, schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass sie auf der Suche nach einer neuen Lokalität ist. «Ich muss immer wieder grundsätzliche Probleme zur Finanzierung und damit zum Überleben der Zirkusschule lösen», sagt sie, «wenn das nicht wäre, könnten wir unser soziales Engagement viel besser darstellen und damit zur Bereicherung des Quartiers beitragen.» Die Theaterund Bewegungspädagogin beschwert sich nicht. Denn sie ist sich seit der Gründung ihrer Herzensangelegenheit bewusst, dass es schwierig ist, ein so breites Angebot aufrechtzuerhalten. Ein Angebot, das in seiner Vielfalt nicht kostendeckend sein kann, wie sie sagt, und deshalb umso mehr auf Unterstützung angewiesen ist. Solche erhält die Zirkusdirektorin auch von den Freunden und Freundinnen der Zirkusschule, die am 15. September zum jährlichen Freunde-Apéro eingeladen waren. Inklusive Darbietungen von Kindern, inklusive eines grossen Dankeschöns der Gastgeberin an die Besuchenden für ihre Treue und Unterstützung.
Anerkennung und Hoffnung Die Anzahl der Gäste am Anlass ist beachtlich, deren Lob zur Zirkusschule und die Unterstützung sind es auch. Aber dieses Engagement reicht nicht aus zum Fortbestand. Die Frage, ob das Angebot zu teuer oder die Kosten zum Betreiben der Zirkusschule zu hoch sind, beantwortet die Zirkusdirektorin sehr pragmatisch: «Wir sind keine lukrative Firma; aber eine Firma, die auch Rechnungen bezahlen muss.» Dieses Jahr erhielt die Zirkusschule von der Stadt und dem Kanton erstmals finanzielle Unterstützung. Dafür ist Tania Steiner dankbar. Sie sieht darin ein Zeichen der Anerkennung. Und es gibt ihr Hoffnung, dass es nicht bei diesem einmaligen Beitrag bleibt. «Würden wir Subventionen erhalten, könnten wir die Kurse günstiger anbieten und der Fortbestand der Zirkusschule wäre gesichert.» Der Zirkusdirektorin fehlt es nicht an Argumenten für den Erhalt ihres Projektes. Sie definiert die Zirkusschule als inspirierende Möglichkeit, die Bereiche Kunst, Sport und Soziales zu vereinen. Und das unter einem Zirkusdach, am liebsten im Nordquartier. Dort, wo der grösste Teil ihrer Kundschaft lebt, dort, wo gute Beziehungen bestehen.
«Kinder lieben Auftritte» Tania Steiner hat keine fordernde Erwartungshaltung, einen klaren Wunsch hingegen hat sie schon: «Unser Ziel ist es, dass wir von der Stadt regelmässig finanziell unterstützt werden oder dass man uns einen Raum zur Verfügung stellt.» Das sollte eigentlich möglich sein, findet sie, und wäre bereit, Anpassungen im Angebot vorzunehmen, ohne das Hauptangebot des Zirkus mit den Kursen für Kinder zu tangieren. Anpassungsfähigkeit beweist Tania Steiner seit Bestehen der Zirkusschule, etwas anderes bleibt ihr gar nicht übrig. Sinnbildlich dafür steht ein kürzlich abgehaltenes Fest auf der Kasernenwiese. Der plötzlich einsetzende Regen liess die eingeübten Kunststücke der Kinder ins Wasser fallen. Die Improvisationskünste der Zirkusdirektorin waren gefragt, sie machte sich quer durch das Quartier auf die Suche nach einem Auftrittsort. Im Vorbeigehen erkundigte sie sich in einem Alterszentrum, wo man zwar interessiert war, aus organisatorischen Gründen jedoch nicht so schnell reagieren konnte. Schliesslich landete sie mit Kindern und Publikum im Restaurant Löscher. Das Publikum war erfreut und die Kinder waren es erst recht. «Kinder lieben Auftritte», sagt Tania Steiner und weiss seither, «dass auch Auftritte in Altersheimen in Zukunft durchaus eine Option sein könnten. Allerdings fehlen uns die Kapazitäten, um solches regelmässig anzubieten.»
ihrem Angebot vorhanden ist. «Wir erhalten jede Woche mehrere Anfragen aus Schulen oder Kitas, um gemeinsam etwas zu machen.» Es löst in ihr ein Gefühl der Ohnmacht aus, dass sie diese Wünsche nicht erfüllen kann. Weil weder Schulen noch Kitas über das nötige Budget verfügen. Und weil die Zirkusschule nicht gratis arbeiten kann. «Es wäre toll, wenn wir Kitas anbieten könnten, die Kinder für ein paar Stunden bei uns zu betreuen. Oder dass wir zu ihnen gehen. Es ist sehr schade, dass wir nicht mehr machen können.» Das Angebot der Zirkusschule, so Tania Steiner, soll keinesfalls ein elitäres sein, sie würde es gerne günstiger anbieten. Auch weil sie überzeugt ist, dass sehr viele Projekte möglich «Die Zirkusschule ist eine sind «Vie im llei Qu cht ar f tie eh r. lt inspirierende Möglichkeit, mir die Fähigkeit, die Bereiche Kunst, Sport Beziehungen zu und Soziales zu vereinen.» me zu inem nutze Vo n, rte ei il n Networking auf politischer Ebene zu betreiben», räumt sie eine Schwäche ihrerseits ein, «obschon ich an meiner Aufgabe gewachsen bin.» Aufgeben will sie nicht. Noch nicht. Dafür sucht sie weiter nach einem Ausweg aus dieser Endlosschlaufe, bei der es um die Existenz der Zirkusschule geht.
Zirkusschule als Ergänzung zur Kita Diese Grundprobleme, wie sie es nennt, schmerzen Tania Steiner umso mehr, weil die Nachfrage nach www.zirkusschulebern.ch
Bevor die Kinder ihre Kunststücke darbieten, werden sie professionell betreut.
Zirkusdirektorin Tania Steiner begrüsst die Gäste am Freunde-Apéro und bedankt sich für die Unterstützung.