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BEGLEITUNG AUF LETZTEM WEG

«LETZTE HILFE»-KURS: Diaconis unterstützt Angehörige im Umsorgen schwer erkrankter und sterbender Menschen

Seit mehr als 175 Jahren begleitet die Stiftung Diaconis Menschen in den verschiedensten Lebenssituationen. Am 25. Juni 2021 bietet Diaconis einen «Letzte-Hilfe»-Kurs an, der Angehörige beim Umsorgen von Menschen in der letzten Lebensphase unterstützt. Seelsorgerin Anja Michel und Pflegefachfrau Sandra Kneubühl leiten den Kurs und gaben uns vorab einen ersten Einblick in dieses interessante und schwierige Thema. Bianka Balmer

Erste Hilfe nach Unfällen zu leisten, wird in unserer Gesellschaft als eine selbstverständliche Aufgabe angesehen. Doch wie helfen wir Menschen, deren Lebensende nahe gekommen ist? Das Lebensende und das Sterben machen uns als Mitmenschen oft hilflos. Der Kurs «Letzte Hilfe» ist ein Angebot für alle, die sich mit dem Sterben auseinandersetzen und mehr darüber wissen möchten, was sie für einen Mitmenschen am Ende des Lebens tun können.

Wann und wie ist die Idee für diesen Kurs entstanden? Sandra Kneubühl (SK): Im Rahmen meiner Ausbildung «CAS Palliative Care» im Jahr 2019 wurde das Projekt «Letzte Hilfe» vorgestellt, welches seinerzeit im Kanton Waadt gerade frisch aufgegleist wurde. Ein Angebot, welches die Thematik rund ums Sterben so aufbereitet, dass es für eine breite Bevölkerung zugänglich ist. Das fand ich spannend und es entsprach meinem Bedürfnis, den Palliative-Care-Ansatz der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, den Themenbereich Sterben und Tod nach aussen zu tragen und andere Menschen zur Sterbebegleitung zu befähigen. So erzählte ich meiner Vorgesetzten davon, welche die Idee, den Kurs bei Diaconis anzubieten, sofort unterstützte.

Welche Erfahrungen haben Sie zu dem Thema? Warum haben Sie sich als Kursleitende gemeldet? SK: Seit rund sechs Jahren arbeite ich als diplomierte Pflegefachfrau auf der Palliativstation im Diaconis. Zuvor war ich viele Jahre auf der Onkologie tätig sowie in der Spitex schiedenen Menschen anzuschauen mit dem Schwerpunkt palliative und sich frühzeitig damit auseinanPflege und Onkologie. Diese Arbeit derzusetzen. mit schwerkranken Menschen und die Begleitung ihrer Familien ma- Aus welchem Umfeld kommen die che ich leidenschaftlich gerne. Ich Kursteilnehmenden? staune immer wieder, welche Kräf- SK: Menschen jeglicher Altersgrupte und welcher Ideenreichtum von pen interessieren sich für diesen Angehörigen mobilisiert werden, Kurs: z.B. Mitte 40-Jährige mit bemit wie viel Achtsamkeit und Lie- tagteren oder kranken Eltern, die be sie ihre Kranken begleiten. Sehr sich mit der Thematik auseinanoft lerne ich von dersetzen, älteihnen. Meistens re Ehepaare, die brauchen sie einfach eine Art «Offenbar ist bei vielen das wissen, dass sie einmal in der Brücke von mei- Bedürfnis vorhanden, dem Rolle des Sorgenner Seite. Das liegt mir und ich Sterben Raum zu geben.» den sein werden, oder erwachsene denke, dass ich Kinder, die mit etwas dazu bei- einem betagten tragen kann, einerseits die Thema- Elternteil kommen. Auch junge Ertik zugänglicher zu machen und an- wachsene interessieren sich dafür dererseits einfache Handhabungen oder Menschen, die gerade erst jeweiterzugeben. manden verloren haben und den Kurs als Aufarbeitung brauchen, ob Anja Michel (AM): Als reformier- sie alles «richtig» gemacht haben. te Pfarrerin bin ich beruflich stets mit Themen wie dem Sterben, Ab- Gab es solche Kurse schon früher in schied nehmen, dem Trauern und anderen Regionen? Weiterleben konfrontiert und beglei- SK: Die Kurse wurden in Österreich te Menschen auf diesen Wegen. Seit und Deutschland entwickelt und ervier Jahren arbeite ich nun auf der folgreich erprobt. In der Schweiz gibt Palliativstation im Diaconis und be- es sie seit 2017. Die evangelisch-regleite Sterbende, Schwerkranke und formierte Landeskirche Zürich ist ihre An- und Zugehörigen. Von den offizielle Kooperationspartnerin Letzte-Hilfe-Kursen habe ich aus des internationalen Projektes und den Medien erfahren. Offenbar ist Lizenznehmerin der «Letzte Hilfe» bei vielen das Bedürfnis vorhanden, Schweiz. Seit dem letzten Jahr gibt dem Sterben Raum zu geben, Erwar- es die Kurse auch auf Französisch. tungen und Vorstellungen dazu auszutauschen sowie Informationen Welche Inhalte werden behandelt? und Tipps in der Begleitung Sterben- SK: Interessierte sollen befähigt und der zu erhalten. Ich finde es äusserst ermutigt werden, sterbende Menbereichernd, diese Thematik mit ver- schen zu begleiten oder auf Menschen zuzugehen, die jemanden verloren haben. Das Sterben soll als Teil des Lebens erklärbar gemacht werden: Wir zeigen, welche Möglichkeiten der Vorsorge und Planung es gibt, was wir alle praktisch tun können, welche Formen der Trauer es gibt, wohin man sich wenden kann, wenn man Hilfe braucht, und welche Unterstützungsmöglichkeiten vorhanden sind.

AM: Zudem bietet der Kurs auch die Möglichkeit, sich für sich selbst mit dem Thema Sterben auseinanderzusetzen: Was wäre mir dabei wichtig? Wie gehe ich mit Schwierigem um? Die Antwort darauf wird auch meine Begleitung Sterbender beeinflussen. Konkret heisst das: Um Sterbende gut zu begleiten, muss ich mir auch selbst im Klaren sein über eigene Haltungen, Neigungen, Charakterzüge, Entscheidungen usw. Dazu kommen Dinge wie die Patientenverfügung und die Vertretungsperson: Was kann da genau geregelt werden, mit wem sollte ich das besprechen, und wäre sowas für mich stimmig oder lasse ich das lieber bleiben? Welche Bestattungsrituale und -formen gibt es und was ist mir dabei wichtig?

Wo kann man sich anmelden und wer trägt die Kosten? SK: Die Kosten werden von der Stiftung Diaconis getragen, der Kurs ist für die Teilnehmenden kostenlos. Anmelden kann man sich über unsere Website.

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Schattenspiele bei der Kornhausbrücke. Dienstag, 25. Mai 2021, 17.20 Uhr. Bild: Corinna E. Marti

Marius Ley Flugticketabgabe, Technologiefonds, Kompensationspflicht, Klimafonds –fällt es Ihnen bei all diesen Begriffen auchschwer, bei der Abstimmung zum CO2-Gesetz den Durchblickzu behalten? Dann sind Sie in besterGesellschaft. Denn der Vorschlag istein komplexesRegelwerk aus teils erprobten, teils neuen Massnahmen. Diese zielen darauf ab, die Schweizer Emissionen vonCO2 und anderen Treibhausgasen bis 2030 deutlichzureduzieren. Angesichts der Komplexität istdie Versuchung gross, am 13. Juni ein Nein zum CO2-Gesetz einzulegen (oder nicht abstimmen zu gehen). Dochdies wäre ein fataler Fehler.Hier die wichtigstenGründe dazu: Die Vorlagemag kompliziertund alles andere als perfekt sein. Aber sie stellt ohne Zweifel einen Schritt in die richtigeRichtung dar –denn das bestehende CO2-Gesetz weistLücken auf, etwainBezug auf den Flug- und Privatverkehr.Bei den Emissionen im Gebäudebereich hingegen wardie bestehende Politik wirksam, weshalb die Vorlagehier eine Weiterführung der Massnahmen vorsieht. Das neue Gesetz verzichtet aufübermässige bürokratische Eingriffe ins Privat- und Wirtschaftsleben und istgerecht ausgestaltet. Die vorgesehenen Abgaben verteuernFlugreisen und das Heizen mit fossilen Brennstoffen zwar. Der Grossteil der Einnahmen aus diesen Abgaben fliesstjedochdank der Rückerstattung proKopf (über die Krankenkassenprämien) und den Gebäudefonds zurückins Portemonnaie der Haushalte. Unter dem Strich fährtdie grosse Mehrheit der Mieter und Eigenheimbesitzerinnen günstiger –insbesonderejene mit bescheidenem Budget. Voneinem Nein würde nur eine kleine Minderheit profitieren. Zu ihnen gehören die Erdöllobby und jene vermögenden Haushalte, die in schlecht isoliertenVillen leben, spritfressende Autosfahren und mehrereLangstreckenflüge jährlichbuchen. Sie sind es denn auch, die hinter der Nein-Kampagne stecken. Lassen wir uns vonihrer millionenschweren Propaganda nicht täuschen und sagen wir Ja zu diesem längstüberfälligen Gesetz!

Marius Ley, Vorstandund Kassier SP Bern-Nord

Altenberg ·Beundenfeld ·Breitenrain ·Löchligut ·Lorraine·Spitalacker ·Wankdorf·Wyler undWylergut

CO2-Gesetz: Nein wäre fataler Fehler!

BÜCHI BAUUNTERNEHMUNG AG Seit 101 Jahren ein Bekenntnis zu Bern und zum Quartier

Das Familienunternehmen mit Sitz am Meisenweg wurde im Jahr 1920 an der Lorrainestrasse gegründet und nennt sich «Die Berner Bauunternehmung». Kontinuität entspricht der Philosophie der Firma. Das Unternehmen mit rund 140 Mitarbeitenden definiert die regionale Ausrichtung als Chance. Martin Jost

Leonardo da Vinci hat gebaut, Michelangelo ebenfalls, und Max Frisch hat es auch getan. «Bauen ist die höchste Kunstform», sagt Michel Furer. Er ist ebenfalls Baumeister, Geschäftsleiter der Büchi Bauunternehmung AG und einer der wenigen aus Geschäftsleitung oder Verwaltungsrat, dessen Nachname nicht Büchi lautet. Zufall, oder ein bewusster Schritt der Familienangehörigen? «Grundsätzlich ist das eine Frage der Kompetenzen», antwortet Michel Furer, «und ich bin nunmehr seit 27 Jahren in der Firma. Diese Durchmischung spricht auch für die Unternehmung, weil so ein dynamisches Umfeld geschaffen wird.» Bettina Büchi hingegen ist Teil der Familie, dazu Mitglied des Verwaltungsrates und verantwortlich für die Finanzen. Aufgrund ihres Alters ist die Betriebsökonomin längst nicht so lange in der Firma wie der Geschäftsleiter, die Philosophie des Unternehmens hat sie jedoch längst verinnerlicht. Sie bezeichnet es gar als einen Meilenstein, dass erstmals jemand von ausserhalb der Familie mit der operativen Leitung betraut wurde. «Das war eine grosse Chance und brachte frischen Wind. Dazu kam, dass aufgrund der Anforderungen und der Altersstruktur kein Familienmitglied die geeigneten Voraussetzungen für diese Position hatte.»

Konstanz steht über allem Gefragt nach Meilensteinen in der Entwicklung des Unternehmens, bleibt Michel Furer in der Einzahl: «Die Kontinuität in allen Bereichen ist die grosse Maxime. In all den Jahren, seit ich in der Firma bin, waren nie deutlich mehr oder weniger Mitarbeitende beschäftigt. Andere Unternehmen kauften Firmen hinzu, der Personalbestand stieg markant und wurde später genauso markant reduziert. Wir haben uns nie verleiten lassen, diesem Trend nachzugeben.» Trotzdem habe immer etwas stattgefunden im Bestreben nach Synergien, den Grundsätzen sei man jedoch auch bei diesen Schritten treu geblieben. Die Gruppe der Büchi AG umfasst nebst der Mutterfirma 4 Tochter-unternehmen, alle regional verankert und unter ihren Namen tätig. «Unser Aktivitätsradius», sagt Bettina Büchi, «beschränkt sich auf einen Umkreis von rund 30 Kilometern rund um Bern. Das ist eine Einschränkung, die wir uns selbst auferlegen.» Egal in welchem Umkreis gebaut wird, es gibt Branchen, die in der öffentlichen Wahrnehmung populärer sind als die Baubranche. Grünflächen der Natur zu entnehmen und zu bebauen, entspricht weder dem Zeitgeist, noch fördert es das Image der Branche, die solches tun. Die Ausstrahlung des Gewerbes ist Bettina Büchi

«Die Kontinuität ist die grosse Maxime»: Michel Furer, Geschäftsleiter. Bilder: mj

INFO

BÜCHI Bauunternehmung AG Meisenweg 15 3000 Bern 22 info@buechibau.ch

 www.buechibau.ch bekannt: «Das macht es herausfordernd für uns, junge Menschen für eine Ausbildung in diese Richtung zu motivieren.»

Erhalt von Bestehendem Wie immer sich die Baubranche verändert hat und verändern wird, eine Erkenntnis steht auf festem Fundament: Jedes Wohnhaus, jedes Industriegebäude und jedes Schulhaus musste erst gebaut werden. «Gebaut wurde immer, gebaut wird auch weiterhin», sagt Michel Furer, «ich vermute, es wird eine Konsolidierung stattfinden. Auch deshalb, weil gewisse Gemeinden kein Bauland mehr zur Verfügung stellen.» Heute gehe es vermehrt um Umbau und Erhalt, auch um eine verdichtete Bauweise. «Der Platz ist beschränkt», bestätigt Bettina Büchi, Möglichkeiten für Neubauten sieht sie am ehesten in der Industrie. «Vielleicht entwickelt sich ein Trend, dass man die Industrie vermehrt wieder in der Schweiz haben möchte, auch um Abhängigkeiten zu vermeiden.» Auf die veränderte Situation sind die Verantwortlichen der Berner Bauunternehmung vorbereitet. Und gewillt, die Tatsache anzunehmen, dass der Erhalt oder der Wiederaufbau bestehender Gebäude künftig stärker im Fokus stehen werden als das Bauen auf die grüne Wiese. «Das ist ein grosser Markt», ist Michel Furer zuversichtlich, «wichtig ist allerdings, dass die Bauvorschriften den neuen Ansprüchen angepasst werden. Man kann nicht für Verdichtung und gleichzeitig gegen höhere Gebäude sein. Die Vernunft muss im Vordergrund stehen, denn die Bevölkerungszahl steigt und das Bedürfnis nach Wohnraum ist ungebrochen.»

Motivation für Jugendliche Einen beträchtlichen Teil der Marktentwicklung für die Baubranche sieht der Geschäftsleiter auch im Infrastrukturbau, also im Erhalt durch Sanierung, beispielsweise von Hallenbädern, Brücken oder Verwaltungsgebäuden. Darin sieht er nicht nur grosse Chancen für die Branche, sondern auch ein Potenzial für das eigene Unternehmen. Bettina Büchi präzisiert diese Erkenntnis: «Eine ortsansässige Firma mit Kontinuität hat in dieser Beziehung Vorteile. Nicht nur, weil wir jetzt vor Ort sind, sondern auch noch in fünf oder zehn Jahren hier sein werden.» Die beiden wünschen sich von der Gesellschaft etwas mehr Wertschätzung für die Arbeit der Baubranche. Dadurch würde der Wert des Handwerks allgemein profitieren und damit auch die Motivation von Jugendlichen, ihren Weg in der Baubranche zu machen. Was einem starken Anliegen von Bettina Büchi entspricht. «Die Branche bietet eine hohe Vielfalt und gute Karrierechancen. Zudem sind es Berufe, die schon in jungen Jahren eine hohe Entscheidungsfreiheit bieten.» Die Büchi Bauunternehmung AG unternimmt einiges, um junge Menschen anzusprechen. Schon vor einer Schnupperlehre kann jederzeit eine Besichtigung gemacht werden. Dazu fordert Michel Furer insbesondere Mädchen auf. Er wünscht sich, dass der Anteil weiblicher Mitarbeitenden im männlich dominierten Bauwesen steigt. Und zwar auf allen Stufen. «Ich hätte sehr gerne eine Bauführerin in der Firma.»  www.buechibau.ch

«Wir sind nicht nur jetzt vor Ort, sondern auch in 10 Jahren»: Bettina Büchi, Verantwortliche Finanzen und Mitglied Verwaltungsrat.

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