Aargauer Wirtschaft September 2021

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8  WERTSCHÖPFUNGSKETTE

AGV NR. 9 | 15. SEPTEMBER 2021

BAUMGARTNER WEINBAU, TEGERFELDEN

VON DER REBE ZUM EDLEN TROPFEN Heute sind wir eine weinver­ rückte Winzerfamilie, deren Alltag sich rund um das Thema Wein dreht. Das war zu Beginn überhaupt nicht der Fall, als Senior Alois den Grundstein unseres Familien­ betriebes legte. LUKAS BAUMGARTNER BAUMGARTNER WEINBAU, TEGERFELDEN

I

m Gegenteil, sein Beruf als Mechaniker machte ihm Freude und ernährte die achtköpfige Familie. In den 60er Jahren verteilten seine 14 Geschwister und er das bescheidene Erbe der Eltern unter sich. Eine kleine Parzelle Reben blieb übrig, niemand hatte Interesse daran. Alois «opferte» sich sozusagen und übernahm den kleinen Rebberg. Daraus entstand eine zarte, immer grösser werdende Liebe zum Winzerberuf. Heute bewirtschaftet unser Familienbetrieb Baumgartner Weinbau aus Tegerfelden 13 Hektar Weinberge in fünf verschiedenen Gemeinden und keltert daraus über 25 verschiedene Weine. Wir vermarkten diese an Privatkunden, Gastrobetriebe und ­ ­Wiederverkäufer. Als klassische selbsteinkellernde Weinbauern decken wir alle drei Wirtschaftssektoren (Rohstoffgewinnung, Rohstoffver­

Die Familie Baumgartner

Unsere Remise im Rebberg für alle Maschinen und Gerätschaften. arbeitung, Dienstleistung) ab. Ziel unseres Unternehmens ist es, in allen Sektoren eine Wertschöpfung zu generieren. Verschiedene Standorte Die verschiedenen Produktionsstandorte in Klingnau, Tegerfelden, Endingen, Lengnau und Ennetbaden ergaben sich durch die Vergrösserung des Weinguts. Anfänglich empfanden wir diesen Umstand als Nachteil, da die Bewirtschaftung mit mehr Aufwand verbunden ist, heute sind die ver-

schiedenen Standorte aus verschiedenen Gründen ein grosser Vorteil. Die Wetter­kapriolen mit Starkregen, Hagelschlägen, Trockenperioden, Frost z. B. wirken sich nie auf alle Standorte gleich aus. Das Risiko von Ernte- und Aufwandschwankungen infolge Naturkatastrophen reduziert sich so ­wesentlich, dies erlebten wir in den letzten Jahren mehrmals. Der Faktor Natur und Klima ist im Weinbau matchentscheidend. Durch den Anbau von verschiedenen Traubensorten auf unterschiedlichen Böden und Lagen, die Installation von Bewässerungs- und Antifrostanlagen, Hagelseitenschutznetzen und anderen Vorkehrungen kann das Risiko durch den Faktor Klima also etwas reduziert werden. Neue PIWI-Sorten (pilzwiderstandsfähige Traubensorten) reduzieren den Aufwand an Pflanzenschutz. Das perfekte Terroir Jede Traubensorte hat ein unterschiedliches Anforderungsprofil an das Terroir (= Zusammenspiel von Klima und Boden). Die perfekte Paarung von Sorte und Lage ist die Voraussetzung für die Produktion hochstehender Qualitätsweine. Durch die

langjährige Arbeit in unseren Rebparzellen wissen wir ganz genau, wie die Gegebenheiten vorliegen, und passen bei Neupflanzungen die Sorten und Klone falls nötig entsprechend an. Die teilweise sehr verschiedenen Terroirs ermöglichen uns, eine vielfältige und spannende Auswahl von Traubensorten anzubauen und daraus einzigartige Weine mit Sortentypizität und unvergleichlichem Lagecharakter zu keltern. Die Klima­ erwärmung bietet uns Winzern die Chance, auch spätreifere Sorten anzupflanzen – immer im Bewusstsein, dass es sich um Experimente handelt, die gelingen oder auch nicht. Der positive Drang, uns permanent zu bewegen, lässt uns ab und an auch risikofreudig agieren – gemäss unserem Leitsatz «Eine Rebe weiter». Damit die Wertschöpfungskette in der Produktion positiv ausfällt, haben sehr viele Komponenten einen Einfluss. Zu nennen sind beispielsweise die Parzellengrösse, Steilheit, Boden, Reihenlänge, Traubensorte, Erziehungssystem, Mechanisierung, Ertrag, Wetter etc. Ernteschwankungen von 30 % und höher sind immer möglich, diese müssen wir verkraften


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