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TrafoKonzerte im September

| KONZERT |

IM VERGANGENEN OKTOBER ist die japanische Elfe und Multiinstrumentalistin Ichiko Aoba schon einmal durch den Trafo geflogen. Sollten Sie diesen magischen Moment verpasst haben, nutzen Sie unbedingt die Chance im September.

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ICHIKO AOBA

Im Schwebezustand

»Sonescent«, das neue Album von Matchess, kam Whitney Johnson in den Sinn, als sie in der Wüste Kaliforniens meditierte. Whitney hörte die Dinge, auf die sie sich nicht immer konzentrierte: zuerst den Tinnitus, dann den Atem, den Herzschlag und ein anderes Pulsieren. Nach einiger Zeit schaltete sich ihr Geist ein, und sie begann, Lieder zu hören. Nachdem sie aus der Wüste zurückgekehrt war, schrieb sie das Gehörte auf und setzte es musikalisch um. Dafür verwendete sie Geige, binäre Sinuswellen, Synthesizer, Loops und Mischtechniken. Bei »Soncescent« ist die Platte der Klang der Meditation selbst, wobei die Musik in einer Atmosphäre existiert, die ihre zerbrechliche Natur angemessen repräsentiert, der zarte Klang von etwas, das sich fast vollständig aufgelöst hat.

Ichiko Aoba, geboren 1990 in Japan, hat nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums im Alter von 19 Jahren bereits sieben Studioalben vorgelegt. Aoba spielt eine Art Fantasy Folk: sphärisch, spartanisch und intim. Inspiration zu ihren komplexen, bilddichten Lyrics findet sie nicht selten in den Out-of-Body-Erfahrungen ihrer Träume. Aoba beschränkt sich jedoch nicht aufs Songwriting — sie macht auch Installationskunst, arbeitet für die Werbung und produziert Theatermusik. 2020 gründete Aoba ihr eigenes Label hermine, bei dem sie im selben Jahr ihre neueste Platte »Windswept Adan« veröffentlichte: »ein Soundtrack für einen fiktiven Film«, wie sie sagt, angesiedelt auf fiktiven Inseln in den entlegenen Weiten des Ozeans südlich von Japan. Rolf Blumig, Alter 25, lebt in Leipzig und liebt die Musik so sehr, wie er den Kapitalismus verachtet. Er macht trotzdem mit im Game, wegen der praktischen Distributionswege. Musikalisch bewegt sich Rolfie, wie ihn seine Fans und Freunde nennen dürfen, zwischen den Polen Rock und Pop, schätzt Fleetwood Mac genauso wie Zeckenrap und hält fest am zeitlosen Sound der millionenfach totgesagten elektrischen Gitarre. Zusammen mit seiner extrem belastungsstarken Rhythmusgruppe betreibt er ein fahrendes Livegeschäft, das wahlweise als »Rolf Blumig Band« oder »Zirkus Blumig« ins Rampenlicht rückt. Hella, 69, will sterben. In der Schweiz, in einem Krankenhaus. Also macht sie sich auf den Weg. Diese letzte Fahrt wird ihr alter Passat schon noch schaffen. Doch kaum auf der Autobahn, fällt etwas Schweres neben ihren Wagen. Juli, 15, wollte sich von der Autobahnbrücke in den Tod stürzen. Jetzt ist sie

nur leicht verletzt — und steigt zu Hella ins Auto. Zwei Frauen mit dem Wunsch zu sterben — doch wollen sie zusammen noch, was ihnen einzeln als letzte Möglichkeit erschien? Tieftraurig, elegant und lakonisch erzählt Ronja von Rönne in »Ende in Sicht« von zwei Frauen, denen der Tod als letzter Ausweg erMATCHESS scheint: ein unvorhersehbares, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen. Alexander Winkelmann, der höflichste Punk von Germany, singt vom fast normalen Leben. Wir haben es offensichtlich mit Aufbruch und Verzweiflung zu tun, mit alten Sehnsüchten und neuer Zufriedenheit, mit dem Guten und dem Schrecklichen. Was tut man, wenn man alles tun kann? Und was ROLF BLUMIG passiert, wenn alles stillsteht? Treibend und schrammelig, gaga und melancholisch. Die Neunziger, die Nuller, die Zweitausendzwanziger. Punk, Pop, Indie-Rock. Winkelmanns Debütalbum, »Danke der Nachfrage«, ist Wohnzimmer-selfmade und dennoch brillant produziert. Das Album, das von mehreren Videos begleitet wird, ist durchsetzt von RONJA VON RÖNNE Hits, aber auch meta und formbewusst — ein eigentlich unmöglicher musikalischer Stunt. (sha) ALEXANDER WINKELMANN Trafo-Konzerte im September 06.09.2022: Matchess 08.09.2022: Ichiko Aoba & Frankie 14.09.2022: Rolf Blumig 16.09.2022: Ronja von Rönne 20.09.2022: Alexander Winkelmann Beginn jeweils 20 Uhr Vorverkauf via TixforGigs und in der Jenaer Bücherstube am Johannistor

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