Urban Intervention Award Berlin
2013
Urban Living Award
2013
Urban Intervention Award Berlin 2013 Urban Living Award 2013 awarded by the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin and Deutsche Wohnen AG
Vorwort Was bedeutet Lebensqualität in wachsenden Metropolen? Diese Frage bleibt aktuell und ihre Beantwortung wird immer dringlicher, denn bis Mitte dieses Jahrhunderts werden etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Städte übernehmen so die Hauptverantwortung für die Gestaltung unseres zukünftigen Zusammenlebens. Auch Berlin ist eine wachsende Stadt und steht im Fokus unterschiedlicher Interessen an der Stadt und ihrer Gestaltung. Eine Stadt, die auch davon lebt, dass unterschiedliche Akteure immer wieder neue exemplarische und qualitätvolle Projekte hervorbringen. Berlin möchte sich in den Diskurs um die Zukunft der Stadt einbringen, will aber auch von anderen Städten lernen. Der von uns initiierte „Urban Intervention Award Berlin“ ist für diesen europäischen Austausch ein wichtiger Baustein. Heute können städtische Entwicklungen nicht mehr „verfügt werden“. Partizipative Stadtentwicklung und „bottom up“Prozesse verbreitern die Basis von Eingriffen und Veränderungen in der Stadtstruktur, Zwischennutzungen setzen Impulse. Die Stadtbevölkerung, Bauherren und Unternehmen, Fachleute und Verwaltungen begegnen sich als Partner auf Augenhöhe. Dafür sind Beteiligungsprozesse zu initiieren und zukunftsorientierte innerstädtische Entwicklungen zu befördern. Der von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in diesem Jahr zum zweiten Mal europaweit ausgeschriebene „Urban Intervention Award Berlin“ soll dazu beitragen, diesen lebendigen Prozess der kreativen und innovativen Auseinandersetzung mit der Stadt zu würdigen und zur Nachahmung anzuregen. Besonders freue ich mich, dass wir die Deutsche Wohnen AG gewinnen konnten, mit dem „Urban Living Award“ in diesem Verfahren einen besonderen Akzent zum für alle Städte wichtigen Thema „Wohnen“ zu setzen. Ich bin auf die Auseinandersetzung mit den vielen europäischen Ideen zur Zukunft unserer Städte gespannt. Michael Müller Senator für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin
Foreword What defines quality of life in growing metropolises? This is still a topical question, and it is becoming ever more urgent to find answers to it, since by the middle of this century, around two thirds of the world’s population will be living in cities. Thus cities have the main responsibility for shaping our future life together. Berlin, too, is a growing city and finds itself in the focal point of diverging interests in the city and its design. A city which also owes its life to the fact that the most diverse protagonists create new, exemplary and high-quality projects again and again. Berlin would like to contribute to the debate about the future of the city, but it would also like to learn from other cities. The “Urban Intervention Award Berlin” we have initiated is an important module for this European exchange. Today, urban development can no longer be “decreed”. Participatory urban development and “bottom-up” processes expand the basis of interventions and changes in the city’s structure; temporary uses provide stimuli. The urban population, individual builders and companies, experts and the administration encounter each other as partners at eye level. For this purpose, participation processes must be begun and forward-looking inner-city developments must be promoted. The “Urban Intervention Award Berlin”, announced for the second time this year on a European level by the Berlin Senate Department for Urban Development and the Environment, is intended as a contribution toward honouring this lively process of creative and innovative confrontation with the city and as an incentive for emulation. I am especially pleased that we were able to gain the partnership of Deutsche Wohnen AG, who, with the “Urban Living Award” as part of these Award proceedings, is placing a special focus on the topic of housing, which is so important to all cities. I am looking forward to the debate about the many European ideas concerning the future of our cities. Michael Müller Senator for Urban Development and the Environment, Berlin
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Einführung Wie können einzelne Projekte in der Komplexität städtischer Strukturen Akzente setzen und nachhaltige Veränderungen bewirken? Der Urban Intervention Award Berlin, der nunmehr zum zweiten Male ausgelobt wurde, beantwortet diese Frage, indem er interdisziplinäres Zusammenwirken von Kooperationspartnern unterschiedlicher Bereiche und Disziplinen wie Kultur, Architektur, Wirtschaft, Initiativgruppen und soziale Kräfte aufruft, um die Entwicklung neuer, kreativer urbaner Orte von hoher architektonischer Qualität und Vorbildcharakter herauszustellen. Der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt europaweit ausgelobte Award soll die bewährte „Preistradition“ Berlins und Deutschlands ganz bewusst ergänzen. Die Auswahlkriterien sind die städtebauliche und räumliche Herangehensweise, der soziokulturelle und gesellschaftliche Kontext, die Gestaltungsaspekte, das Nutzungskonzept und die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern. Der Urban Intervention Award Berlin 2013 zeichnet herausragende Projekte aus, die Beispiele exzellenter Baukunst in Verbindung mit neuen innovativen Nutzungs- bzw. Umnutzungskonzepten und im Zusammenwirken von Partnern unterschiedlicher Bereiche und Disziplinen realisiert haben. Er würdigt Arbeiten, die im europäischen Raum innerhalb der letzten fünf Jahre entstanden sind und die nachweislich das Umfeld und den Lebensraum für Menschen verändert haben.
auch lustvollen Diskussionen versucht, den Arbeiten gerecht zu werden und die besten aus den guten herauszudestillieren. Mein wärmster Dank geht an Winy Maas von MVRDV Architekten, Rotterdam, an den Landschaftsarchitekten Martin Rein-Cano von TOPOTEK 1, Berlin, an die Kuratorin Hortensia Völckers, Vorstand und Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, sowie an Manuela Damianakis für die Deutsche Wohnen AG, Berlin. Das Zusammenspiel von verschiedenen Akteuren und klugen Nutzungsszenarien als Impulsgeber von Stadtentwicklung ist das eine, aber ohne Gestaltqualität geht es nicht. Das machen alle präsentierten Projekte, ganz besonders aber die ausgezeichneten Arbeiten auf eindrucksvolle Weise deutlich. Diese Qualität wollen wir auch in den nächsten Jahren fördern. Darin sehen wir einen erheblichen Beitrag zur Förderung einer zukunftsweisenden Baukultur. Regula Lüscher Senatsbaudirektorin Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin
Die Kategorie „Built“ umfasst gebaute und fest installierte Projekte. Die eingereichten Arbeiten zeigen die gesamte Palette städtischen Bauens: Umnutzungen, Ergänzungen und Neubaumaßnahmen, räumliche und freiräumliche Projekte. Die Kategorie „Temporary“ umfasst zeitlich begrenzte Projekte im städtischen Raum, deren Qualitäten jenen der Kategorie „Built“ in keiner Weise nachstehen. Temporäre Bauten erfordern oft sogar mehr Erfindungsreichtum, gerade weil die Mittel noch begrenzter sind. Erstmals ist es in diesem Jahr möglich geworden, durch die Beteiligung der Deutsche Wohnen AG mit dem Urban Living Award den Schwerpunkt Wohnen in das Verfahren einzubeziehen. Diese Erweiterung trägt dem Wachstum der Städte in Europa und der Bedeutung Rechnung, neuen Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu schaffen. Gesucht wurden Beispiele, wie das Wohnen und Zusammenleben neu gestaltet und Impulse im urbanen Umfeld gesetzt werden. Dabei sollten hinsichtlich der Finanzierungsmodelle neue Wege beschritten, kluge Nutzerkonstellationen erdacht und Maßstäbe in Bezug auf Standards, Gestaltung und Nachhaltigkeit gesetzt werden. Glücklicherweise konnte für die detaillierte Erarbeitung der Konzeption wiederum die erfahrene Kuratorin Kristin Feireiss gewonnen werden – als profunde Kennerin des internationalen Stadtentwicklungs- und Architekturdiskurses. Ihr gilt mein größter Dank für die kreative, engagierte und hartnäckige Arbeit zusammen mit ihrem Team. Ein zweiter großer Dank geht natürlich an die prominente und interdisziplinär zusammengesetzte Jury. Wir haben gemeinsam in intensiven aber
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Introduction How can individual projects make an impact and bring about sustainable changes in the complexity of urban structures? The Urban Intervention Award Berlin, which is now being presented for the second time, answers this question by calling on interdisciplinary cooperation between partners from diverse areas and disciplines, such as the arts, architecture, business, initiatives and social forces, in order to spotlight the development of new creative urban spaces of high architectural quality and exemplary character. This award, tendered by the Berlin Senate Department for Urban Development and the Environment and open for realised projects from all over Europe, is consciously intended to complement the established “prize tradition” of Berlin and Germany. The criteria for selection are the urbanistic and spatial approach, the socio-cultural and social context, design aspects, the use concept and the collaboration with partners in the project. The Urban Intervention Award Berlin 2013 honours outstanding realised projects which are examples of excellent architecture in conjunction with new innovative concepts of use and/or conversion, and which were developed through cooperation between partners coming from varying fields and disciplines. It recognises works which were realised in Europe within the past five years and demonstrably changed the surroundings and the living environment for people.
tent work together with her team. A second large thankyou goes, of course, to the prominent and interdisciplinarily composed jury. Together, in intense but also sensual discussions, we tried to do justice to the contributions and to distil the best from the good. My heartfelt thanks go to Winy Maas of MVRDV Architects, Rotterdam, to the landscape architect Martin Rein-Cano of TOPOTEK 1, Berlin, to curator Hortensia Völckers, Member of the Board and Artistic Director of German Federal Cultural Foundation, and to Manuela Damianakis of Deutsche Wohnen AG, Berlin. The interplay of diverse protagonists and wise use scenarios as a stimulator of urban development is one thing, but without quality of design it will not work. This fact is confirmed in an impressive manner by all the presented projects, and most particularly by the prize-winners. This is the quality we would like to promote over the next years. In this practice, we see a significant contribution to the advancement of a forward-looking building culture. Regula Lüscher Director of Urban Development Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin
The Built category includes built and permanently installed projects. The projects contributed show the whole range of urban construction: conversions, extensions and new building measures, spatial and free-space projects. The Temporary category comprises projects which exist in urban space for a limited time only. These in no way rank behind those of the Built category. Temporary buildings often require even more inventiveness, because the resources available for them are even more limited. This year, for the first time, the participation of Deutsche Wohnen AG made it possible to include the key aspect of housing in the Award procedure with the Urban Living Award. This expansion of the Award does justice to the growth of cities in Europe and the importance of creating new living space for large sections of the population. We looked for examples of new designs for residing and living together and of projects which make an impact on their urban environment. Ideally, these examples would demonstrate new financing models, wise user constellations, and standards, designs and sustainability concepts which would raise the bar for future projects. Fortunately, we were again able to enlist the experienced curator Kristin Feireiss, a profound expert in the international urbanistic and architectural discourse, for the detailed formulation of the Award concept. To her I would like to express my deepest gratitude for her creative, committed and persis-
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Die Kategorie „Built“ umfasst gebaute und fest installierte Projekte. Die eingereichten Arbeiten zeigen die gesamte Palette städtischen Bauens: Umnutzungen, Ergänzungen und Neubaumaßnahmen, räumliche und freiräumliche Projekte. Die Innovationen sind vielschichtig und stellen neue Angebote für kulturelle, sportliche aber auch kommerzielle Einrichtungen dar. Neben der architektonischen Qualität wurden sowohl der Prozess der Entstehung als auch die nachhaltige Wirkung auf den Stadtraum bewertet. Die ausgewählten Arbeiten sind alle im Alltag erprobt, jede einzelne belegt eine Gesamtkonzeption, die aufgegangen ist, und spiegelt die Lebendigkeit eines spezifischen Ortes wider. Und noch etwas ist deutlich geworden: Es gibt sie, die Bauherren und Investoren, die ein gutes innovatives Projekt mittragen, unterstützen und zu einem erheblichen Maße entwickeln und befördern. Das Gleiche gilt für Genehmigungsbehörden und Verwaltungen, die innovativ mit Vorgaben umgehen. Es ist viel mehr möglich, als oft angenommen wird. Der Urban Intervention Award Berlin soll dazu ermutigen, Unmögliches möglich zu machen.
The Built category includes built and permanently installed projects. The submitted projects show the whole range of urban construction: conversions, extensions and new building measures, spatial and free-space projects. The innovations here are multilayered and have many new ideas to offer to cultural and sporting institutions, but also to commercial enterprises. Beside the architectural quality of a project, the jury also considered its process of development and its sustainable effect on the urban space. Each of the works presented here, all of which have been tested in real life, proves the validity of an overall concept which has worked out. The selected projects reflect the vitality of each specific place. And something else has become clear: there are builders and investors who are willing to advance, support, develop and contribute substantially to the realisation of a good, innovative project. The same applies to authorising agencies and administrations which apply requirements in an innovative manner. Much more is possible than is often assumed. The Urban Intervention Award Berlin wants to encourage everybody to make the impossible possible.
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Lecture Halls for the Université de Liège Location: Liège – Belgium Function: University lecture halls Architects: Daniel Dethier_Dethier Architecture, Liège – Belgium Partner: Artist Jean Gilbert, Brussels – Belgium Client: Université de Liège Year of completion: 2013 8
Hauptziel des großflächigen Umbaus eines obsoleten ehemaligen Kinokomplexes in ein Hörsaalgebäude der Universität war es, neues Leben in das Stadtquartier zu bringen, um so auch die lokale Wirtschaft anzukurbeln. Es war erforderlich, die ursprüngliche Typologie des Gebäudes neu zu konzipieren. Statt eines von Cineasten nur kurzzeitig frequentierten Ortes sollte das Gebäude zu einer permanent genutzten Begegnungsstätte werden. Der Schwerpunkt der Interventionen wurde auf die Schaffung von Freiräumen gelegt, die für unterschiedliche Zwecke genutzt werden können, wie zum Beispiel Treffen, Entspannung und Lernen. Der gesellschaftliche „Mehrwert“ dieses Projekts musste auch im urbanen Kontext sichtbar gemacht werden. Es ist für Lüttich eine große Leistung, neue Universitätslehrgebäude im Herzen der Stadt einzurichten. Hierzu musste auch die Gebäudeform reflektiert werden, die die Architekten durch den Gebrauch einer zeitgenössischen Architektursprache aktualisierten. An der Fassade wurden zwei Balkone hinzugefügt und die spiegelnden Fenster durch Klarglas ersetzt. Die Zusammenarbeit mit dem belgischen Künstler Jean Gilbert beruht auf einem gemeinsamen Gestaltungskonzept. Er entwickelte ein Farbtonkonzept, das vorsah, jeden der grau gefärbten Hörsäle und alle Gemeinschaftsräume mit virtuellen roten Parallelepipeden zu verweben. Mithilfe vergleichsweise sparsamer Interventionen konnte ein zuvor blinder Fleck im Stadtgewebe reaktiviert werden.
The main objective of the large-scale conversion of an obsolete former movie theatre complex into an appealing university teaching facility was to breathe new life into an urban neighbourhood and a local economy that had been stagnant for years. It was necessary to re-conceptualise the original typology of the building. Instead of a location used by cineasts, who “consumed” a film and then left immediately afterwards, the site needed to become a place that students and teachers could fully inhabit. The most substantial renovations had to do with areas beyond the lecture halls. Emphasis was placed on creating open spaces that could be adapted to multiple uses, including gatherings, relaxation and study. The community value of a project like this also needed to be felt at an urban level. It is a major accomplishment for Liège to install new university teaching facilities in the heart of the city. This involved reflecting on the building’s shape, which the architects updated using a contemporary architectural idiom. They altered the visual dialogue with the exterior by adding two balconies and replacing the reflective windows with clear glass. Now, activity within is visible from the street. The collaboration with Belgian artist Jean Gilbert followed these same lines. Whilst factoring in practical details such as the entrance signage, Gilbert developed a tonal programme that called for each of the grey-hued amphitheatres and common spaces to be intercut with virtual red parallelepipeds. By means of relatively sparing interventions, a previously blind spot in the urban fabric has been reactivated. Photographs: Serge Brison
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b Keret House
Location: Warsaw – Poland Function: Artist in residence studio Architect: Jakub Szczesny, Warsaw – Poland Partners: Bureau of Culture of the City of Warsaw and LHI, Warsaw – Poland Client: Fundacja Polskiej Sztuki Nowoczensnej Year of completion: 2012 10
In der Lücke zwischen den Gebäuden in der Chłodna Straße 22 und Żelazna Straße 74 hat Jakub Szczesny eine Kunstinstallation namens Keret House entworfen. Es ist das schmalste Haus in Warschau, mit einer lichten Breite zwischen 72 und 122 cm. Der Spalt zwischen den Häusern hat eine Breite von lediglich 92 bis 157 cm. Diese Eremitage ist ein Arbeitsraum, erbaut für den herausragenden israelischen Schriftsteller Etgar Keret. Darüber hinaus erfüllt sie die Funktion einer Residenz für Künstler, junge Kreative und Intellektuelle aus aller Welt. Strukturell ist das Haus ein Stahlkäfig, der auf zwei tunnelartigen Fundamenten über städtischen Heizungsrohren steht. Der Käfig ist seitlich mit 50 mm starken, zum Brand- und Wärmeschutz mit Nanoschaum ausgefüllten Kingspan-Sandwichplatten verkleidet. Die Fassaden bestehen aus lichtdurchlässigem, 20 mm starkem Polykarbonat mit zwei gegenüberliegenden Fenstern zur Querlüftung. Der Zugang zum „Wohnzimmer“ erfolgt über eine steile Stahltreppe und eine im Boden eingelassene Falltür. Ein Badezimmer in der Größe eines Flugzeug-WCs, eine Kochnische und ein Essplatz für zwei befinden sich auch auf dieser Ebene. Die Schlafkammer mit 90 cm breiter Matratze und einem Arbeitstisch befinden sich auf einer Plattform, die über eine Leiter mit dem Wohnbereich verbunden ist. Das Dach aus Polykarbonat dient als Quelle von indirektem Licht. Die Installation wurde von den Anwohnern sehr gut angenommen. Seit seiner Eröffnung im Oktober 2012 hat das Keret House mehr als viertausend Besucher aus aller Welt empfangen. Die Hausgemeinschaft der Chłodna Straße 22 hat sich am ganzen Prozess beteiligt und ihn unterstützt. Das Projekt belegt, dass Kreativität und Meditation nur einen minimalen physischen Raum benötigen, um sich entfalten zu können.
In the crack between the buildings on 22 Chłodna St. and 74 Żelazna St., Jakub Szczesny designed an art installation entitled Keret House, which became the narrowest house in Warsaw, since its interior will come to 122 cm in the widest and 72 cm in the narrowest spot. The crack itself is only 92 to 157 cm wide. This hermitage is a workplace created for the outstanding Israeli writer, Etgar Keret. Besides, it also fulfils the function of a residence for artists, young creators and intellectuals from all over the world. Structurally the house is a steel cage standing on two tunnel-like foundations enabling city heating pipes to pass beneath the house. The cage is clad laterally with 50 mm thick Kingspan sandwich panels filled with nano-foam for better fire and thermal protection, while the façades are made out of translucent 20 mm thick polycarbonate with two opposed windows for cross-ventilation. Access to the “living room“ area is granted through steep steel stairs and a trapdoor in the floor. A bathroom the size of an aircraft lavatory, a kitchenette and a dining space for two are also situated on this level. The sleeping compartment with a 90 cm wide mattress and a work desk is situated on a platform connected with the living area by a ladder. The polycarbonate roof serves as a source of indirect light. The installation was received extremely well by local inhabitants. Since its opening in October 2012, Keret House has been visited by more than four thousand people from all over the world. The community of 22 Chłodna St. was involved and supportive during the entire process. This project proves that creativity and meditation require only minimal physical space in order to unfold. Photographs: Bartek Warzecha
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Offene Metallwerkstatt Dynamo Zürich Location: Zurich – Switzerland Function: Public metal workshop for the youth center Dynamo Architects: phalt Architekten AG, Zurich – Switzerland Client: City of Zurich represented by the Building Department Year of completion: 2008 12
Am nördlichen Ufer des Zusammenflusses von Limmat und Sihl drängt sich ein auf den ersten Blick unübersichtliches Gebäudekonglomerat aus mehreren Epochen, zu dem auch eine alte Metallwerkstatt gehörte. Im Zuge umfangreicher Tiefbauarbeiten konnte sie durch einen Neubau ersetzt werden, der eine Reihe von Rahmenbedingungen einhalten musste. Die Architekten reduzierten deshalb die überbaute Fläche auf ein Minimum und überspannten mit einem umlaufenden, weit auskragenden Vordach einen weitaus größeren, stützenfreien Arbeits- und Aktionsbereich im Freien. Als kleinstes Gebäude im Konglomerat bildet die neue Werkstatt für Jugendliche und junge Erwachsene zusammen mit den alten Häusern einen hofartigen Raum, der dem Betrieb des bereits vorhandenen Jugendkulturhauses zugeordnet ist. Ihre nach allen Seiten offene Funktion verdeutlicht die Werkstatt mit den leicht nach außen und oben geneigten Dächern. Industriell hergestellte Profilbleche sind mit großen Schrauben auf der Konstruktion aus Stahl befestigt. Skelettstruktur und Verkleidung nehmen das Thema des Werkstoffes Metall und dessen Verarbeitung direkt auf. Die feuerverzinkten Platten vereinen durch ihre gestanzte Lochung Stabilität und Leichtigkeit, sowohl konstruktiv als auch architektonisch. Das zuvor trotz zentraler Lage fast peripher wirkende Areal, dessen Bild noch in den 1990er Jahren die Drogenszene beherrschte, ist durch die schrittweise Öffnung und Wiederbelebung des ganzen Limmatuferbereichs in den letzten zehn Jahren nach und nach wieder zu einem lebendigen und beliebten Ort geworden. Mit seiner materialtypischen Anmutung verfügt das kleine Gebäude über eine starke Präsenz im öffentlichen Raum.
On the northern shore of the confluence of the Limmat and Sihl rivers, there is a densely packed, at first sight confusing conglomerate of buildings dating from various epochs. In the course of extensive civil engineering works, the old metal workshop was replaced by a new building, which had to comply with a number of general requirements. For this reason, the architects reduced the enclosed space to a minimum and covered a much larger, columnfree work and activity area in the open with a circumferential, widely projecting roof. As the smallest building in the conglomerate, together with the old buildings this new workshop for teenagers and young adults creates a courtyard-like space, which is operated by the already existing youth culture house. The workshop’s function of being open on all sides is clearly expressed in the form of its roofs, which slope gently outward and upward. Industrially produced profiled sheet metal is attached to the steel construction with large screws. The skeleton structure and cover panels take up the theme of metal as a construction material and its processing in a direct manner. Through their stamped-out holes, the hot-dip galvanised sheets combine stability and lightness, from both a constructive and an architectural point of view. Over the last ten years, this area, which used to appear almost peripheral in spite of its central location, and whose image was defined by the drug scene as recently as the 1990s, has gradually become a lively and popular place again thanks to the step-by-step opening and reanimation of the entire Limmat river bank space. Displaying a characteristic appearance of the materials, the small building commands a strong presence in the public space. Photographs: Dominique Marc Wehrli
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Metropol Parasol
Location: Seville – Spain Function: Covered public spaces with excavation site, market hall, café and viewing routes Architects: J. MAYER H. Architekten, Berlin – Germany Clients: Ayuntamiento de Sevilla; SACYR Year of completion: 2011 14
„Metropol Parasol“ ist das neue Wahrzeichen der Stadt Sevilla. Über einer archäologischen Ausgrabungsstätte erheben sich großräumige pilzartige Strukturen, die die historische Stadtmitte und die angrenzenden Altstadtviertel neu beleben. So bildet Metropol Parasol im Spannungsfeld zwischen archäologischen Ausgrabungen und der Frage nach der Zukunft Sevillas einen neuen öffentlichen Raum mit fließenden Übergängen zwischen archäologischem Museum, Markthalle, Gastronomie und einem offenen städtischen Veranstaltungsraum. Mit seinen schattenspendenden schirmartigen Gebilden aus einer mit Polyurethan beschichteten Holzstruktur entwickelt sich Metropol Parasol über vier durchlässig angelegte und kontinuierlich miteinander verflochtene Ebenen. In der untersten Ebene befinden sich die archäologischen Funde mit Besichtigungsplattformen. Die Marktebene ist auf Straßenniveau, eine Plaza in fünf Metern Höhe über dem Markt dient als „städtischer Salon“ für Veranstaltungen. In rund 30 Metern Höhe findet die städtische Landschaft ihre Fortsetzung in auf- und absteigenden Rundwegen mit Aussichtsplattformen. Auf der gleichen Ebene wird die Parasol-Struktur ausgehöhlt und öffnet sich an exponierten Stellen in Form von Panoramafenstern für ein Café-Restaurant. Die Realisierung der Parasol-Holzstruktur erforderte einen komplexen iterativen Prozess, der von experimentellen Materialuntersuchungen bis zur Entwicklung von neuartigen Klebeverbindungen führte. So entstand eine der weltweit größten geklebten Holzstrukturen, die zu einer umfassenden Erneuerung der städtischen Infrastruktur beiträgt und den Ort zu einem zeitgenössischen urbanen Zentrum entwickelt hat.
“Metropol Parasol” is the new landmark of Seville. The large-scale, mushroom-like structures rise up above an archaeological excavation site and give new life to the historic city centre and the neighbouring old town quarters. Between archaeological excavations and the questions regarding Seville’s future, Metropol Parasol creates a new urban space with smooth transitions between the archaeological museum, a market hall, restaurants and an open city event space. With its shady, umbrella-like structures made of polyurethane-coated wood, Metropol Parasol develops across four continually interwoven, permeable levels. On the lowest level are the archaeological finds with viewing platforms. The market level is at the height of the street, and a plaza five metres above the market is used as a “city salon” for events. At a height of about 30 metres, the urban landscape is continued in the form of rising and falling loop paths with observation decks. On this level, the parasol structure is hollowed out and it opens in exposed places in the shape of panoramic windows for a restaurant and café. The construction of the wooden parasol structure required a complex iterative process, which included experimental material tests and the development of novel adhesive bonds. In this way, one of the largest glued wooden structures in the world has been created, turning the city into a contemporary urban centre and contributing to a comprehensive renewal of Seville’s urban infrastructure. Photographs: Fernando Alda, David Franck
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Charterhouse Road Club (VACANT LOT no.9) Location: London – United Kingdom Function: Community Centre with outside multi purpose games area, gym and allotment Architects: What if: projects Ltd, London – United Kingdom Client: Southern Housing Group Year of completion: 2013 16
Charterhouse Road Club wurde als eines von 21 Projekten des Programms VACANT LOT realisiert, welches durch What if: projects, die sich dem Umweltschutz widmende Wohltätigkeitsorganisation Groundwork London, die Gesellschaft Southern Housing, Einwohner, Freiwillige, das Hackney College, den Big Lottery Fund und das Programm Local Food initiiert wurde. Die Zielsetzung war, verwahrloste und ungenutzte Freiräume in innerstädtischen Wohnsiedlungen zu transformieren, um Quartiere mit Außenraum zu versorgen, in dem gespielt werden kann und in dem Beziehungen gepflegt und Nahrungsmittel angebaut werden können. Diese Projekte untersuchen Formen nachbarschaftlichen Engagements und initiieren Prozesse nachhaltigen Wandels. 2010 gab es kein Grün und keinen Spielbereich für die 750 Bewohner der Siedlung Lewis Trust Estate in der Charterhouse Road in Hackney. Nachdem in der ersten Phase des Projekts ein Schrebergarten angelegt worden war, wurden ein Eingangssichtschutz, ein Mehrzweckspielbereich und ein Freiluftfitnessstudio neu errichtet. Diese Verbesserungen und die durch sie ermöglichten Aktivitäten haben die Siedlung verändert und die Bewohner – mit vielfältigem und häufig multikulturellem Hintergrund – mit Stolz erfüllt. Nach ersten Beratungen mit Anwohnern hat What if: projects Vorschläge zur Errichtung eines Schrebergartens mit 44 Parzellen im überwucherten Hof neben dem Gemeinschaftszentrum entwickelt. Ein Holzdeck mit Sitzmöglichkeiten wurde entworfen, um eine ebene Fläche für die Schüttgutsäcke zu schaffen, die als Anzuchtbehälter verwendet wurden. Das VACANT LOT-Projekt wurde mit einer beschränkten Startfinanzierung (£4.500) angeschoben. Es hat dem Gelände des Gemeinschaftszentrums eine neue, positive Identität und neuen Auftrieb gegeben.
Charterhouse Road Club is one of 21 projects that have been realised as part of the VACANT LOT programme initiated by What if: projects, the environmental charity Groundwork London, the Southern Housing association, local residents, volunteers, the Hackney College, the Big Lottery Fund and the Local Food programme. The aim was to transform neglected and unused spaces on inner city housing estates into environments that provide neighbourhoods with outside space for growing food, socialising and play. These projects investigate forms of neighbourhood engagement and start processes of sustainable change. In 2010 there was no green or playing area for the 750 residents living on the Samuel Lewis Trust Estate on Charterhouse Road in Hackney. The VACANT LOT allotment created during the first phase of the project had a ripple effect and resulted in the construction of a new entrance screen, multi purpose games area and outside gym. Together these improvements and the activities they enable have transformed the estate and created a sense of pride amongst residents – primarily a diverse and multi-cultural population. After initial consultations with local residents What if: projects developed proposals for the setting up of an allotment with 44 plots in the overgrown courtyard adjacent to the community centre. A timber deck with seating was designed to create a level surface for the VACANT LOT bulk bags that were used as growing containers. The VACANT LOT was constructed with a limited amount of seed funding (£4500). It has given a new, positive identity and a new lease of life to the community centre site. Photographs: What if: projects
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b Lanternen
Location: Sandnes – Norway Function: Multifunctional public space / Canopy Architects: Atelier Oslo, Oslo – Norway; AWP, Paris – France Client: Sandnes Municipality Year of completion: 2008 18
Das Gebäude befindet sich in Sandnes im Westen Norwegens. Die Stadt ist durch Bahnschienen zweigeteilt, die eine Barriere darstellen zwischen der Altstadt auf der einen Seite und dem Hafen mit einem großen neuen Gewerbegebiet auf der anderen. Die Herausforderung bestand darin, die Fußgängerstraße im alten, kleinteiligen Teil von Sandnes durch den Bau eines flexiblen Pavillons wiederzubeleben, welcher die ikonografische Form eines alten Holzhauses neu definieren sollte. Der Pavillon sollte verschiedenen Zwecken dienen: als Treffpunkt, als Marktplatz, als Bühne für informelle Musikkonzerte und andere Aufführungen. Durch die Schaffung einer durchsichtigen Überdachung, die in der Lage ist, mehrere urbane Parameter wie Sichtbarkeit, Schutz, Anpassungsfähigkeit und Transparenz im Rahmen des Kontextes zu gewährleisten, sollte der Pavillon auch zu einem neuen Wahrzeichen von Sandnes werden: eine kühne Figur, die sich nach oben streckt, um von weitem sichtbar zu sein. Das konstruktive Material ist Eichenholz mit stahlbewehrten Verbindungen. Durch die einheitliche Dachstruktur wird eine abstrakte, leichtgewichtige und transparente Anmutung erreicht. Das Licht wird durch die Tiefe der Struktur gefiltert. Nachts leuchtet der ganze Pavillon wie eine Laterne. Im Gegensatz zur einfachen Dachform sind die Säulen individuell und skulpturartig. An manchen Stellen werden die Säulen zu Sitzbänken: dort, wo sie auf den Boden treffen. Die Bürger von Sandnes haben Lanternen als Marktplatz, Freiluftkonzerthalle und informellen Treffpunkt in ihr Leben integriert.
The project is situated in Sandnes, in western Norway. The city is cut into two parts by the railroads, a barrier between the old part on one side, and the waterfront with a new big commercial area on the other. The challenge was to revitalise the pedestrian street in the old, small-scale part of Sandnes by a flexible pavilion which is redefining the iconographic shape of an old wooden house where different types of activities could take place; a meeting point, a market place, a stage for informal music concerts and other performances. By creating a transparent canopy which is capable of grouping multiple urban values within the conditioning of the context such as visibility, protection, flexibility, transparency, the pavilion also should be a new landmark for Sandnes: a bold figure stretching up to be visible from afar. An abstract and lightweight sensation is achieved through the uniform roof structure. The material is oak timber with steel reinforcement in the joints. The roof stretches out to capture the sun, light is filtered through the depth and translucency of the structure. At night, the whole pavilion glows like a lantern. In contrast to the simple shape of the roof, the columns are individual and sculptural. In some places, the columns turn into benches when meeting the ground. The people of Sandnes have integrated Lanternen in their lives as a market place, an open air concert hall and an informal meeting point. Photographs: Atelier Oslo
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Park am Gleisdreieck Berlin
Location: Berlin – Germany Function: Public park Architects: Atelier LOIDL Landschaftsarchitekten, Berlin – Germany Partners: Senate Department of Urban Development and the Environment Berlin, Borough Council of Friedrichshain-Kreuzberg Department Green Areas, Parkgenossenschaft Gleisdreieck, initiatives of local residents, Berlin – Germany Client: City of Berlin represented by Grün Berlin GmbH Year of completion: 2013 20
Damit sich die Anwohner bei der Gestaltung des Parks auf dem ehemaligen Bahngelände aktiv einbringen konnten, wurde der gesamte Planungsprozess von einer projektbegleitenden Arbeitsgruppe unterstützt, wodurch eine hohe Akzeptanz der Parkanlage erreicht werden konnte. Während die Atmosphäre im Ostpark durch eine „Brachen-Natur“ geprägt wird, sind es am Gleisdreieck die mächtigen Viadukte zweier U-Bahnen, die über das Gelände führen. Dieses starke, räumliche Gerüst wird durch Holzbauten innerhalb des landschaftlichen Maßstabs, wie zum Beispiel eine Riesenbank und eine Tribüne ergänzt. Gehölze fassen die weitläufigen Wiesenflächen und verleihen dem Gleisdreieck ein eigenständiges, vegetatives Bild. Es werden vielfältige Möglichkeiten des Aufenthalts und der Nutzung angeboten: Räume mit oder ohne Vegetation, geschützte oder eher offene, lebhafte Räume, ruhige Bereiche und Orte der Erholung. Nach dem Vorbild der „Community Gardens“ wurden im Ostpark Flächen für interkulturelle Gärten in der Nähe der Yorckbrücken eingerichtet. Träger ist der Verein „südost Europa Kultur e.V.“. Eine Besonderheit des Westparkes ist das Pilotprojekt „Garten im Garten“: Die bestehende private Kleingartenanlage öffnet sich mit ihren nördlichen Parzellen zum Park; hier entstanden ein öffentlicher Marktplatz, ein Naturerfahrungsgelände sowie Gemeinschaftsgärten. Die dem Projekt zugrundeliegende, städtebauliche Vereinbarung sieht neben der Realisierung des Parks auch die Entwicklung eines 16 Hektar großen Stadtquartiers vor.
In order to make it easy for local residents to actively participate in designing this park on what had formerly been a railway property, the whole planning process was accompanied by a supporting workgroup. This helped achieve a high level of acceptance for the end result. While the atmosphere of the eastern park is characterised by “wasteland nature”, the main influence on Gleisdreieck are the hefty viaducts of two urban railway lines which cross the site. This strong spatial framework is complemented by wooden structures on the scale of the landscape, such as a giant bench and a grandstand. Copses surround the park meadows, conveying for the Gleisdreieck area a different picture, one of greenery. The extensive meadows are enclosed in a frame, which offers a variety of possibilities for activities and uses. Plans include spaces with and without vegetation, protected and predominantly open and lively spaces, quiet areas and areas for recreation. Following the example set by “community gardens”, plots for intercultural gardens have been provided in the eastern park near the Yorck railway bridges. The association “südost Europa Kultur e.V.” is the agency responsible for these. A special feature of the western park is the “Garden in a Garden” pilot project. The northern parcels of an existing private allotment open towards the park, a public marketplace, community gardens and an area in which young people can experience nature have been established here. The urban development agreement on which this project is based also stipulates the development of a 16-hectare urban quarter. Photographs: Hanns Joosten, Julien Lanoo, Erik-Jan Ouwerkerk
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Van Beuningenplein Location: Amsterdam – The Netherlands Function: Community square with sport facilities, community facilities and a parking garage Architects: Carve; Dijk & Co, Amsterdam – The Netherlands Partners: Concrete Architectural Associates, Amsterdam – The Netherlands Client: City of Amsterdam Year of completion: 2011 22
In der Umgebung des vormals durch Autos, Zäune und schlecht gepflegtes Grün vor den Blicken Außenstehender verborgenen Van Beuningenplein lebt eine gesellschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppe mit migrantischem Hintergrund. Die Van Hallstraat, die an einer Seite des Van Beuningenplein entlangführt, war eine Grenzlinie für dieses Quartier, in welchem es an öffentlicher Infrastruktur mangelte. Die Entscheidung der Stadt Amsterdam, am Van Beuningenplein eine Tiefgarage mit neuem Spiel- und Sportplatz auf dem Dach zu errichten, war das Startsignal für den neuen Van Beuningenplein, welcher dem Quartier eine positive, sichere und einladende Lebendigkeit beschert hat. Als wichtigste Anforderung galt es dabei, alle großen, den Platz umgebenden Bäume zu erhalten, so dass die neue Tiefgarage behutsam eingepasst werden konnte, mit der Konsequenz eines Raumgewinns für die öffentliche Nutzung auf Straßenebene. Entlang der Platzränder wurden Fassadengärten, Sitzbänke und Hecken strategisch platziert, um intime grüne Räume zu schaffen. Auch für Einwohnerinitiativen wurde Raum gelassen. Die zentrale Oberfläche ist für alle Altersgruppen und Sportarten wie Fußball und Basketball vorgesehen. Ein Spielplatz ist im Boden vertieft und seine Betonborde sind für die Nutzung durch Skater gestaltet. Diese Fläche kann auch mit Wasser geflutet und im Winter zum Schlittschuh laufen genutzt werden. Im Sommer dient sie als Wasserspielplatz. Die Gebäude, die dem Platz hinzugefügt wurden, sind alle multifunktional, einschließlich eines öffentlichen Teehauses mit Dachterrasse. Die Auswirkungen des Umbaus von Van Beuningenplein sind tiefgreifend. Die Neugestaltung hat die frühere Barriere zwischen zwei Quartieren mit ihren unterschiedlichen Demografien überbrückt.
In the vicinity of the Van Beuningenplein, which was hidden from view by cars, fencing and poorly maintained green, the population has low incomes and consists of people with immigrant backgrounds. The Van Hallstraat, which passes one side of the Van Beuningenplein, was a demarcation line for this poorer neighbourhood, which lacks public facilities. The decision of the city of Amsterdam to construct a parking garage at Van Beuningenplein with a new playing and sports area on top, removing parked cars from the surface and creating more open space, was the start for the new Van Beuningenplein, which introduced a new positive, safe and inviting liveliness into the district. The most important demand was to keep all existing large trees around the square which meant the new parking garage had to be carefully fitted in, leaving more space on street level for public use. Along the edges of the square, façade gardens, benches and hedges are placed in strategic locations, creating intimate green rooms to relax. Space for resident initiatives was left as well. The central surface is designated for play for all ages and sports like soccer and basketball. One of them is sunken into the ground, its concrete edges designed for skaters. This field can be flooded to freeze naturally and become an ice rink in wintertime. In summer, its water features turn the same field into a water playground. The buildings added to the square are multifunctional, including a public tea-house with a roof terrace. Van Beuningenplein has an impact far beyond just a public square playground. It has bridged the former barrier between the neighbourhoods with their different demographics. Photographs: Carve
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Passeio dos Clérigos
Location: Porto – Portugal Function: Market hall and public space Architects: Balonas e Menano, S.A. (Pedro Balonas, Arch. and Simão Silva, Arch.), Porto and Lisbon – Portugal Client: Urbaclérigos – Investimentos Imobiliários, S.A. Year of completion: 2012 24
Dieser Platz, 1839 eingeweiht, wurde früher als Mercado do Anjo (Engelmarkt) bezeichnet. Über Jahrzehnte hinweg wurde der Markt Veränderungen unterzogen, um sich den Bedürfnissen der städtischen Bevölkerung anzupassen. Schließlich befand sich der Platz in einem verwahrlosten Zustand, der im Widerspruch zum UNESCOWeltkulturerbestatus von Porto stand. Das Projekt zur Wiederbelebung des Platzes basierte auf dem Prinzip, dass sich der Freiraum zur Stadt hin öffnen sollte. So wurde für den Praça de Lisboa (den früheren Mercado do Anjo) mit seiner 5.475 m² großen Fläche eine neue Topografie vorgeschlagen, die dynamisch Bezug nimmt auf ihre Umgebung. Die einzigartige Form der Konstruktion ergab sich aus der Notwendigkeit, die Höhen der Innen- und Außenräume einander anzupassen. Das Ergebnis ist sowohl ein urbaner Garten als auch ein Gebäude mit einer halbüberdeckten Geschäftsstraße, das auf einer geneigten Fläche ruht und in drei programmatische Ebenen gegliedert ist: oben ein Garten, die mittlere Ebene als Verbindung zwischen der Buchhandlung Lello und dem Clérigos-Turm und auf der unteren Ebene ein bereits vorher existierender Parkplatz. Einer der zentralen Punkte dieser geringgeschossigen Intervention war es, einen funktionalen, natürlichen Gehweg ohne Barrieren anzubieten. Der Höhenschnitt ist das Ergebnis der Dachgestaltung und bedingt durch die Parkplatzebene und das Gefälle der umgebenden Straßen. Die Fassade besteht aus texturierten Betonfertigteilen und weißen metallischen Bauelementen. Es ist eine architektonische Lösung die, bei großem Respekt vor der Bedeutung des umgebenden Gebäudebestands, den Dialog mit ihm sucht und gleichzeitig Spuren in der Geschichte der Stadt hinterlassen möchte. Dieses Projekt hat neues Leben in eine zuvor verlassene Gegend gebracht.
This square, inaugurated in 1839, was in the past referred to as the Mercado do Anjo (Angel Market). Over time the market suffered changes in order to adapt to the needs of the city population. Finally the space was found disabled and abandoned, and not compatible with the nobility of this UNESCO World Heritage area. The project is based on the principle that the public space should adopt an open shape toward the city. A new topography was proposed for the Praça de Lisboa, the former Mercado do Anjo, with its 5475 sqm, which relates dynamically with its surroundings; the unique shape of the construction resulted from the need to create interior spaces with more dignified free heights, planned for pedestrians. It is both an urban garden and a building with a semi-covered commercial street, inserted on a slope where the three programmatic levels are incorporated: a garden on the top, the mid-level that connects Lello Bookstore and Clérigos Tower and an already existent parking lot in the lower level. One of the key points of this lowrise intervention was to offer a functional natural pathway, without barriers or obstacles. The elevations silhouette is the result of the roof design and conditioned by the car park level and the slope of the surrounding streets. The façade is composed of textured prefabricated concrete and white metallic structural elements. It is an architectural solution that, with full respect for the importance of the surrounding heritage, seeks a dialogue with it and at the same time creates a mark in the history of the city. This project brought new life to an abandoned area. Photographs: Pedro Alves, Carlos Azevedo, Costa Coffee, Arquivo Municipal do Porto, Balonas e Menano
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Banyoles old town‘s public space refurbishment Location: Banyoles – Spain Function: Public space Architects: Josep Miàs_MIAS Arquitectes, Barcelona – Spain Client: Banyoles Council Year of completion: 2012 (new phases ongoing) 26
Bevor das Projekt begonnen wurde, hatte die Altstadt von Banyoles bereits alle das ursprüngliche Stadtbild prägenden Merkmale verloren: Wasserkanäle, Obstgärten, Fußgängerpassagen usw. Die Altstadt hatte ihre lakustrische Identität eingebüßt und war von Autos erobert worden. Für Fußgänger blieb kaum Platz übrig. Ziel des Sanierungsprojekts war es, die Spuren der Vergangenheit neu zu interpretieren und, unter Verwendung von geeigneten Verfahren, die alte Substanz zu erhalten und verschwundene Identitäten und Bilder wiederzugewinnen und gleichzeitig der gegenwärtigen Entwicklung anzupassen. Der öffentliche Raum ist als die Matrix für menschliches und soziales Leben und als Basis der Demokratie zu betrachten. Die Architekten haben die Einrichtung eines Fußgängerbereichs für die Altstadt konzipiert und flexible Plätze und Straßen mit Mehrzwecknutzung geschaffen. Der Entwurf möchte die versunkene Vergangenheit wieder beleben, indem die unsichtbaren Schichten offen gelegt und mit der neuen fußgängerfreundlichen, verkehrsberuhigten Straßennutzung kombiniert werden. Die wichtigsten Gestaltungselemente entstammen der Geschichte: Spuren von Überresten, Flurstücksgrenzen, Ruinen und Wasserkanäle. Neben den positiven Auswirkungen auf Klima, Landschaft und Komfort ist durch die Freilegung der Kanäle das Wasser an die Oberfläche und in das Bewusstsein der Einwohner von Banyoles zurückgekehrt. Kinder spielen damit und können dabei erfahren, wie der ganze Ort durch Wasserströme organisiert wird. Mit dem Straßenpflaster aus Travertin wird so umgegangen, als ob der Stein selber flüssig wäre. Die öffentlichen Räume bieten jetzt Orte an, an denen Menschen unter Bäumen und neben ständig fließendem Wasser zusammenkommen können. Obwohl das Projekt ein neues Gefühl für den öffentlichen Raum erzeugt hat, sieht es so aus, als wäre es schon immer so gewesen.
Before the project began, the old town of Banyoles had completely lost the main features that defined it: water canals, orchards, materials, walkable streets, etc. It had forgotten its lacustrine identity and it had been invaded by cars, leaving little space for pedestrians. The refurbishment project wanted to expose all the history layers to re-define the surface of a new public and social space. The project focuses its attention on two main ideas. First, to re-interpret the remains of the past and to create a new present in terms of modernisation and comfort, using techniques to preserve material heritage and to recover disappeared identities and images. Second, to regard the public space as the matrix for human and social life, as the basis for democracy. The architects proposed a pedestrian area for the old town, and designed flexible squares and streets for multiple uses. The proposal tries to refloat the sunken past by revealing the invisible layers and combining them with the new pedestrian and low-traffic use of the streets. The main design tools were based in history: traces of remains, plot division, ruins and water canals. By uncovering the canals, apart from climate, landscape and comfort effects, water has returned to the surface and to the minds of Banyoles inhabitants. Kids play with it and can learn how the whole town is organised by water flows. The travertine pavement is treated as if the stone itself were liquid. The public spaces now offer areas where people can get together under the trees and next to a continuous flow of water. Although the project has built a new sense of public space, it looks as if it had always been like that. Photographs: Adrià Goula
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Die Kategorie „Temporary“ umfasst zeitlich begrenzte Projekte im städtischen Raum, die jenen der Kategorie „Built“ in keiner Weise nachstehen. Das betrifft sowohl die Gestaltung als auch Innovation und Umsetzung der temporären Projekte, die oft sogar mehr Erfindungsreichtum erfordern, gerade weil die Mittel meistens sehr knapp sind. Obwohl sich zu allen Zeiten Architekten mit zeitlich begrenzten Bauten auseinandergesetzt haben, ist temporäre Architektur noch keine Königsdisziplin der Baumeistergilde. Meist überwiegt der Wunsch, ein dauerhaftes Zeichen zu setzen, jedoch verlangen die Herausforderungen unserer Gesellschaft neue Maßnahmen und eine erweiterte Auffassung von Baukultur, Architektur und Interventionen im öffentlichen Raum. Zwischennutzer als zukunftsgewandte Pioniere sind längst nicht mehr nur in Berlin stark vertreten, sondern auch in vielen anderen Städten Europas, die den physischen wie intellektuellen Raum für temporäre Innovationen bieten. In der Stadtentwicklung der Zukunft sind wir zunehmend auf temporäre Projekte angewiesen, die Orte vorübergehend und oft auf überraschende Weise beleben, neu definieren und verändern. Die hier vorgestellten Arbeiten machen auf anschauliche Weise deutlich, wie innovative temporäre Eingriffe den Stadtraum nutzbar machen können und dass qualitätvoll gestaltete „Stadtbausteine“ in der Lage sind, Orte zu verwandeln und Menschen dazu anzuregen, für sich und andere neue Räume auf Zeit zu entdecken.
The projects of the Temporary category, which exist in urban space for a limited time only, in no way rank behind those of the Built category – neither in design, nor in innovative potential or implementation. Temporary projects often require even more inventiveness, because the resources available for them are usually very limited. Although in all epochs architects have grappled with temporary buildings, temporary architecture is not yet among the most prestigious disciplines of the architectural profession. Mostly the desire to make a lasting mark predominates. However, the challenges our society faces require new measures and an expanded conception of building culture, architecture and interventions in public space. It is no longer only in Berlin that temporary users have a strong presence as forward-looking pioneers, but also in many European cities which offer the physical and intellectual space for temporary innovations. For the urban development of the future, we are dependent increasingly on temporary projects which enliven, redefine and change urban spaces in an often surprising way for a limited time. The works presented here demonstrate in an illustrative manner how innovative temporary interventions can make use of the urban space in the most diverse ways and that “city building blocks” designed to high-quality standards are capable of changing sites and inspiring people to discover new spaces for a limited time.
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Test Site Rotterdam Location: Rotterdam – The Netherlands Function: Urban mixed use as a catalyst for redevelopment Architects: ZUS [Zones Urbaines Sensibles], Rotterdam – The Netherlands Partners: IABR [International Architecture Biennial Rotterdam], Municipality of Rotterdam, Rotterdam – The Netherlands Client: Self-initiated by ZUS Year of completion: 2012 (phase 1), phase 2 to be completed in 2014 30
Die gegenwärtige Finanzkrise hat die Entwicklung des Rotterdam Central District (RCD) zum Stillstand gebracht. Was einst das lebendige Herz der Stadt war, ist zu einem heruntergekommenen Büroboulevard mit sehr hohem Leerstand und einer unwirtlichen, von großmaßstäblicher Infrastruktur dominierten Fußgängerebene geworden. Es existieren ehrgeizige Pläne für den RCD, aber eine Realisierung erscheint sehr unwahrscheinlich. Um die Neugestaltung (die bis 2016 erwartet wird) anzukurbeln hat ZUS [Zones Urbaines Sensibles] im Rahmen der 5. Internationalen Architekturbiennale Rotterdam ‚Making City’ (2012) einundzwanzig Projekte initiiert, die über eine fortlaufende Strecke verbunden sind: Die temporäre Holzbrücke „Luchtsingel“ erschließt das Gebiet für Fußgänger, fördert wirtschaftlich-kulturelle Initiativen und verbindet die Stadtmitte wieder mit den umliegenden Vierteln. Mehr als nur ein Stück Infrastruktur, stellt sich Luchtsingel als Katalysator und als Rückgrat für die Stadtentwicklung heraus. Um im gegenwärtigen wirtschaftlichen Kontext arbeiten zu können, sind neue Entwicklungsstrategien erforderlich. Test Site Rotterdam verwendet einen gemeinschaftlichen und schrittweisen Ansatz mit ungewöhnlichen Bündnissen, neuen Geschäftsmodellen mit Kleinstinvestitionen und adaptiven Entwurfsinstrumenten. Der Bau der Luchtsingel-Brücke wurde beispielsweise durch Crowdfunding angekurbelt: Jeder konnte ein Stück Brücke mit dem eigenen Namen darauf kaufen. Dies scheint ein idealer Weg zu sein, um auch in Krisenzeiten Ressourcen zu beschaffen und gleichzeitig ein Verantwortungsbewusstsein zu erzeugen und ein Projekt nachhaltig in der Gesellschaft zu verankern.
The current financial crisis has brought the development of the Rotterdam Central District (RCD) to a standstill. What used to be the lively heart of the city has become a run-down office boulevard with a tremendous vacancy rate and an inhospitable ground level dominated by large scale infrastructure. There are ambitious blueprints for the RCD, but realisation seems highly unlikely. To kickstart the redevelopment (which is expected by 2016), on the platform of the 5th International Architecture Biennale Rotterdam ‘Making City’ (2012), ZUS [Zones Urbaines Sensibles] initiated twenty-one projects connected with one continuous route: The Luchtsingel, a temporary wooden bridge, will give the area back to pedestrians, furthermore it will bind scarce economical-cultural developments in the area and reconnect the city centre with the surrounding districts. More than a piece of infrastructure, the Luchtsingel turns out to be a catalyst for initiatives and a backbone for city development. To work within the current economical context, new strategies for development are needed. The Test Site Rotterdam uses a collaborative and incremental approach, with unusual alliances, new micro-investment business models and adaptive design instruments. The construction of the Luchtsingel for instance is kick-started through crowdfunding. Everyone can buy a piece of bridge with their name on it. It seems an ideal way to pull resources in times of crisis and at the same time create a sense of ownership, strongly rooting the project within society. Photographs: Ossip van Duivenbode
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BMW Guggenheim Lab
Location: Berlin – Germany Function: Mobile laboratory for exploring about urban life by the public programme Architects: Atelier Bow-Wow, Tokyo – Japan and MAGMA Architecture, Berlin – Germany Client: The Solomon R. Guggenheim Foundation Year of completion: 2012 32
Das BMW Guggenheim Lab ist ein mobiles Labor mit dem Ziel, vielfältige Aspekte des urbanen und gesellschaftlichen Lebens zu diskutieren. Atelier Bow-Wow hat das erste Laborgebäude unter Verwendung von Carbonfaser verstärktem Kunststoff (CFK) entworfen. Diese Struktur wurde zunächst in New York aufgebaut, dann demontiert, verpackt und nach Berlin transportiert. Als die Architekten das Labor für den Standort in New York entwarfen, hatte die verfügbare Fläche nur ein Drittel der Größe, die ursprünglich für Ausstellungen, Workshops, Vorträge, Arbeitsraum, Lagerung und ein Café erforderlich war. Um alle vorgesehenen Programme auf eingeschränktem Raum unterzubringen, schlug das Team vor, sich das Labor als eine zehnwöchige Performance vorzustellen. Wie in einem Theater, in dem sich der Schnürboden über der Bühne befindet, hängen im BMW Guggenheim Lab die Monitore, Scheinwerfer, Tribünen und Möbelkörbe von der tragenden Struktur oberhalb der „Bühne“ herab. Szenenwechsel finden je nach Programm statt, und benötigte Elemente werden vom „Schnürboden“ geholt, um die Szenografie am Boden zu verändern, so dass Zeit und Raum unmittelbar verknüpft werden. Die Architekten stellten sich eine superleichte Struktur vor, die über dem Boden schwebt. Der aus CFK hergestellte Strukturrahmen hat die gleiche Tragfähigkeit wie Stahl aber nur ein Sechstel des Gewichts. Stahl wurde im Verbund für die Stützen verwendet, um Sicherheits- und Brandschutzvorschriften einzuhalten. Der Raum unterhalb der Struktur wird gleichmäßig belichtet, dabei wird das Licht durch eine Polyester-Dachmembrane gefiltert. Die Seiten der oberen Hälfte der Struktur sind mit einer Doppelschicht Polyestergewebe verkleidet, so dass ein Moiré-Effekt entsteht. Auf Bodenniveau treten lediglich sechs Stützen und ein Vorhang in Erscheinung, mit dem Ergebnis einer Architektur ohne Wand und Fußboden. Mit seiner raffinierten Lösung für ein komplexes Nutzungskonzept auf engstem Raum und mit seinem hohen ästhetischen Anspruch ist dieses Labor einzigartig.
The BMW Guggenheim Lab is a mobile laboratory devoted to discussing various issues related to city life. Atelier Bow-Wow designed the first lab building using CFRP (carbon-fiber-reinforcedplastic). This structure was assembled once in New York and then dismantled, packed and transported to Berlin. When the architects were designing for the site in New York, the available area was only one third of the area that was originally required for exhibitions, workshops, lectures, workspace, storage and a café. In order to accommodate all programs in such space, the team proposed to think of the lab as a long performance that runs for ten weeks. As in a theater where the fly space normally is above theater stage, Atelier Bow-Wow did the same with the BMW Guggenheim Lab pavilion: monitors, lights, grandstands, and furniture baskets hang from above the structure. Scene changes occurred depending on the programme, necessary elements were exchanged from fly space to change the layout on the ground, linking time and space directly. The architects envisioned a super-light structure that hovers above ground. The structural frame created with CFRP has the same strength as steel with only 1/6 the weight. Steel was used in combination for columns to overcome safety and fire regulations. The space under the structure is lit uniformly with light filtering through a polyester roof membrane. Sides of the top half of the structure are clad with double layer polyester mesh creating a moiré impact. At ground level, only six columns and a curtain exist, resulting in architecture without floor or wall. With its ingenious solutions to complex use requirements in a very limited space and with its high aesthetic quality, this laboratory is unique. Photographs: The Solomon R. Guggenheim Foundation
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Sommerwerkstatt Wiesenburg
Location: Berlin – Germany Function: Festival pavilions for local school pupils and residents Architects: Students of the summer semester 2012, Chair for Architectural Design and Construction TU Berlin, Prof. Donatella Fioretti, Marc Benjamin Drewes, Simon Mahringer, Christoph Rokitta, Berlin – Germany Partner: Dengler & Hartmann Planungsgesellschaft bR, Berlin – Germany Client: Quartierfond “Soziale Stadt” Year of completion: 2012 34
Die Sommerwerkstatt Wiesenburg war ein Festival für Schüler und Bewohner des Berliner Stadtteils Wedding und fand im Juni 2012 zwischen den Überresten des ehemaligen Obdachlosenasyls „Wiesenburg“ statt. Das weitgehend unbekannte Areal inmitten der Stadt war infolge des jahrzehntelangen Leerstandes fast vollständig von der Natur überwuchert worden und sollte durch das Festival wieder in die öffentliche Wahrnehmung gerückt werden. Es ist das Anliegen des Bezirkes diesen Raum in Zukunft vermehrt für Kultur- und Bildungsprojekte zu öffnen. Für die Sommerwerkstatt wurden verschiedene Vereine eingeladen, Workshops für Schüler und Anwohner zu organisieren. Die für die Workshops benötigten temporären Bauten sind von Architekturstudenten im ersten Studienjahr des Fachgebiets von Prof. Donatella Fioretti geplant und gebaut worden. Im Laufe des Semesters wurden Ausführungs-, Kosten- und Zeitpläne erstellt, Sponsoren gesucht, Materialien ausgewählt, mit Baumethoden experimentiert, die Baustelle und der Materialtransport organisiert und mehrere Pavillons in Eigenleistung errichtet. Der Einsatz ungewöhnlicher Materialien als Baustoffe erlaubte keinen direkten Bezug auf traditionelle Baumethoden, sondern forderte die kreative Auseinandersetzung mit dem Kern gesamtheitlichen architektonischen Denkens heraus. Das konsequente Durchleben des Planungsprozesses vom Konzept bis zur Realisierung bot den Studenten die Gelegenheit, abseits von bekannten Konstruktionsarten das Entwerfen als Forschung nach ungewöhnlichen Materialien und poetischen Konstruktionsmethoden zu begreifen.
The Wiesenburg Summer Workshop was a festival for pupils and residents of the Berlin district of Wedding which took place in June 2012 among the ruins of the former “Wiesenburg” shelter for the homeless. Due to its decade-long vacancy, this largely unknown area in the middle of the city had become almost completely overgrown by vegetation, and the idea of the festival was to bring it back into the public eye. The borough administration wishes to open up this space for cultural and educational projects more often in the future. For the summer workshop, diverse associations were invited to organise workshops for pupils and residents. The temporary buildings required for the workshops were planned and built by first-year architecture students from the department of Prof. Donatella Fioretti. In the course of the semester, they made execution plans, cost projections and time schedules, found sponsors, selected materials, experimented with construction methods, organised the construction site and the transport of materials and built several pavilions by themselves. The use of unusual materials for building did not permit any direct references to traditional construction methods, but called for creative confrontation with the core of architectural thought. Consistently experiencing the planning process from concept to realisation without using well-known construction techniques gave the students the opportunity to understand the process of design as research into unusual materials and poetic construction methods. Photographs: Nicholas Schüller, Marc Benjamin Drewes, Christoph Rokitta
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Steel City SOUND SYSTEM Movement
Location: Linz – Austria Function: Performative action and intervention with a mobile sound system in public space Architects: Students of the space & design strategies programme at the University of Art and Design Linz under the direction of visiting professor Lukas Feireiss, Linz – Austria Client: Students’ project Year of completion: 2013 36
Das Steel City Sound System Movement ist eine multifunktionale Sound-Sänfte, die als Teil einer choreographierten Prozession durch die Stadt getragen wird und an ausgesuchten Orten im Stadtraum spontane Live-Shows mit DJs und MCs inszeniert: Das von Studenten der Kunstuniversität Linz konzipierte und realisierte Projekt ist im Rahmen einer Lehrveranstaltung der Studienrichtung raum&designstrategien unter der Leitung von Gastprofessor Lukas Feireiss entstanden. Es begreift sich als eine aktionistische Performance und Intervention, bei der sowohl städtische Räume und Nicht-Orte belebt, als auch kulturelle Barrieren aktiv durch künstlerische Interventionen in Frage gestellt werden. Dem Motto „Deeply Rooted In The Urban“ folgend, sollen bestehende negative Konnotationen von traditionellen und volkstümlichen Erscheinungsbildern und Verhaltensweisen spielerisch aufgebrochen werden. Das Projekt steht dabei für Offenheit und die Bereitschaft zum Austausch als Ausdruck für ein vielseitiges und konstruktives Zusammenleben im urbanen Umfeld. Auch akustisch ist das Projekt ein kultureller Schmelztiegel – jamaikanische Ursprünge der Sound System Kultur verbinden sich mit der zeitgenössischen Musikszene Oberösterreichs. Das Steel City Sound System Movement versteht sich, auch außerhalb der „Stahlstadt“ Linz, im Sinne der Wertschätzung der eigenen Herkunft sowie der Toleranz und dem Respekt gegenüber anderen Kulturen, als Initiator und Katalysator kreativer Denkprozesse im urbanen Umfeld. Musikkultur dient dabei als kulturübergreifendes Verbindungselement.
The Steel City Sound System Movement is a multifunctional sound litter which is carried through the city as part of a choreographed procession and stages spontaneous live shows with DJs and MCs in selected locations in the urban space. This project, conceived and realised by students of the University of Art and Design Linz, was created in the context of a course in the field of study “Space & Design Strategies” under the guidance of visiting professor Lukas Feireiss. Its creators see it as an artistic performance and intervention by means of which urban spaces and non-places are enlivened and cultural barriers actively questioned. Inspired by the motto “Deeply Rooted In The Urban”, the project seeks to playfully break up the negative connotations of traditional and folkloric appearances and behaviours. In this sense, it stands for openness and the willingness to communicate, as an expression of the many aspects of living together constructively in the urban environment. The project is a cultural melting pot in an acoustic sense as well – the Jamaican origins of the sound system culture are mixed with the contemporary music scene of Upper Austria. In and beyond the “steel city” Linz, the Steel City Sound System Movement sees itself as an initiator and catalyst of creative thought processes in an urban environment in the sense of appreciation of one’s own origins and tolerance and respect for other cultures. Musical culture serves this purpose by spanning the cultural divide to connect people. Photographs: Ulrike Asamer, dorfTV, Lukas Jakob Löcker, Rafael Hamberger
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The Missing Link Jacket
Location: Project is designed to take place in cities with a subway and bus system Function: Missing Link Jacket – A Prototype Architect: Eli Elysée, New York – United States Client: Self-initiated by Eli Elysée Year of completion: 2013 38
Griffe und Stangen in U-Bahnwagen helfen Menschen, beim Anfahren und Abbremsen ihr Gleichgewicht zu halten. Doch nicht alle Reisende finden während der Fahrt etwas zum Festhalten. Die ‚Missing Link’-Jacke – bislang existiert nur ein Prototyp – fungiert als modulare Einheit, die es jedem Fahrgast in Bus oder Bahn während der Fahrt ermöglicht, sich an anderen Reisenden festzuhalten. Jede Jacke, die von einem Fahrgast getragen wird, ist Teil einer sich ständig verändernden modularen Struktur – und die Träger sind gleichzeitig soziale Protagonisten, die zu einem gemeinsamen Zweck verbunden sind. In diese Interaktion, bei der die U-Bahn schlicht als Bühne dient, ist eine existenzielle Botschaft verwoben: Wenn wir einerseits Grenzen und Mauern anerkennen, um unsere Umgebung, unsere Privatsphäre und uns selbst zu schützen, neigen wir andererseits dazu, aus Angst vor dem Unbekannten und aufgrund von Vorurteilen Barrieren zu errichten. Vielleicht wird dieser Entwurfsansatz neue Beziehungsformen einführen, die weit über das Funktionale hinaus reichen werden. Die Jacke funktioniert nicht nur als ein Element in dieser menschlichen Struktur, sondern auch als Kleidungsstück. Der Ideenentwicklungsprozess hat Variationen einer Jacke für leichtere Anwendungen hervorgebracht, mit verschiedenen potenziell abnehmbaren Griffen, die die modulare Strukturfunktion ebenso gut erfüllen wie die Funktion einer alltäglichen Jacke. Dies transzendiert das Produkt, das nicht mehr nur ein materielles Element für einen architektonischen Innenraum ist, in einen zugänglichen Modeartikel.
Straps, bars and poles in subway wagons are designed to help people maintain their equilibrium due to the stop and go motion. As observed, even with the built-in poles and straps, often the travelers are asymmetrically situated and have nothing to hang on to during a journey. The Missing Link Jacket – until now only a prototype – acts as a modular unit allowing train or bus commuters to hold on to one another during the journey. The jacket worn by the commuter simultaneously functions as an ever-changing modular structure and as a social protagonist when everyone is linked for this common purpose. An existential message-metaphor is interwoven in this interaction or invitation with the subway as simply a stage. While acknowledging boundaries and walls that we place around ourselves in some instances for the sake of individual space and self-preservation, we tend to also build these barriers based on fear of the unknown and prejudices. Perhaps this design approach will introduce new relationship interventions that will go well beyond the functional. The jacket not only functions as an element of this human structure but also as an article of clothing. The ideation process has yielded variations of a lighter duty jacket with different potentially removable handles that will still serve the modular structure function as well as being an everyday jacket. This transcends this product from a material element for an interior architectural space to an accessible fashion item as well. Photographs: Jonathan Riley
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Zelené Trhy / Green Market Stalls Location: Prague, Trêbíč, Hradec Kràlové, Pardubice – Czech Republic and Aberdeen – United Kingdom Function: Mobile market stalls for farmers’ markets Architects: edit! Architects, Prague – Czech Republic Client: Zelené Trhy Year of completion: 2011–2013 40
Vor Ort erzeugte Bionahrungsmittel werden in der Tschechischen Republik immer beliebter. Als die Architekten gebeten wurden, einen Marktstand für ein neues Konzept Grüner Märkte (zelenetrhy.cz) zu entwerfen, war einer ihrer ersten Gedanken, eine persönliche Interaktion zwischen Bauern und Marktbesuchern zu ermöglichen. So können die Bauern durch ihre Produkte eine Beziehung zu den Besuchern aufbauen, was wesentlich zum Charakter des Marktes beiträgt. Die Neuinterpretation der typischen Einzelhandelsverkaufsweise verwandelt den Verkäufer – gewöhnlich die Person hinter dem Tresen – in einen Berater, der dabei hilft, die besten Waren auszusuchen. Um den Sicherheitsanforderungen zu genügen und Vandalismus zu verhindern, kann der Stand abgeschlossen werden. Wenn der „urbane Kleiderschrank“ (urban almara) geöffnet ist, steht der Bauer/Verkäufer zwischen einer Kreidetafel und mit seinen Produkten gefüllten Regalen. Der Entwurf beinhaltet auch eigens gestaltete Kisten und einen faltbaren Tisch, der im Stand gelagert werden kann. Die Stände können in unterschiedlicher Anzahl und verschiedenen Konfigurationen eingesetzt werden. Anders als bei einem typischen, in Reihen angeordneten Markt können diese Stände in Gruppen konfiguriert werden, die einen versteckten Lagerraum in ihrer Mitte beherbergen.
Locally grown and organic food is becoming more and more popular in the Czech Republic. When the architects were asked to design a market stall for a new concept of Green Markets (zelenetrhy.cz), one of their first thoughts was the importance of enabling personal interaction between the farmers and market visitors. From this, the farmers can relate to the visitors through their products, and the relationships formed contribute to the character of the market as a whole. Reconfiguration of the typical retailing method transforms the vendor – a person behind a counter – into a real assistant, an advisor who helps to choose the best goods. A further requirement of the stall is a consideration of security. It can be locked up while not in use and is resistant to vandalism. The resulting concept, called “urban almara” (urban wardrobe), can be opened or closed quickly and easily at any time. When open, the farmer stands between a blackboard and shelves filled with his/her products. The design includes custom made boxes and a foldable table, which can be stored within the stall. The stalls come together at a Green Market location in different numbers and various configurations. Unlike a typical market, which is arranged in rows, stalls can be configured to create clusters with a hidden storage space in the middle. Photographs: Michal Seba
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Mobile Hospitality Location: Feldkirch, Dornbirn, Vaduz, Sonntag, Bregenz, Vienna, Berlin, Gdynia, Gdańsk, Milan, Paris – Austria, Liechtenstein, Germany, Poland, Italy, France Function: Mobile furniture for cooking, communicating and dining Architects: Maciej Chmara, Ania Rosinke, Vienna – Austria Client: chmara.rosinke Year of completion: from 2011 onwards 42
Das Projekt wurde erstmals in Vorarlberg, Österreich vorgestellt und mittlerweile in elf europäischen Städten präsentiert: Feldkirch, Dornbirn, Vaduz, Sonntag, Bregenz, Wien, Berlin, Gdynia, Gdańsk, Mailand und Paris. Der Ursprung der Aktion war, Spaß und Eigeninitiative im urbanen Raum zu kommunizieren und auf Fremdheit und verschlafene Kleinstadtstrukturen oder Distanziertheit in Großstädten aufmerksam zu machen. Es ging darum Selbstinitiative im öffentlichen Raum zu zeigen und diese Idee weiterzugeben. Sehr bald war das Konzept eines großen Tisches entwickelt, da man mit einer guten Mahlzeit Menschen zusammenbringen kann. Dabei war das Prozedere, mit Schubkarren durch die Stadt zu ziehen, ein wichtiger Aspekt, um das Interesse der Passanten zu wecken. Die Objekte wurden so gestaltet, dass sie auf eine sehr schlichte Art und Weise die Sinnlichkeit des Essens kommunizieren. Wesentlich waren auch eine hochwertige handwerkliche Verarbeitung, Massivholz und natürliche Öle zur Gewinnung einer haptisch anspruchsvollen Oberfläche. Eingeladen wurden einzelne Personen oder Paare, da sich die Passanten am Tisch kennenlernen und austauschen sollten. Gekocht wurde immer für zehn Personen. Das Essen war kostenlos. Die einzige Bedingung an die Gäste war miteinander zu reden. Die Aktion „Mobile Gastfreundschaft“ ist noch immer erfolgreich unterwegs. Inzwischen ist auch ein Kochbuch dazu entstanden.
This project was introduced to the public for the first time in Vorarlberg, Austria. Since then, it has been presented in eleven European cities: Feldkirch, Dornbirn, Vaduz, Sonntag, Bregenz, Vienna, Berlin, Gdynia, Gdańsk, Milan, and Paris. The original purpose of the event was to communicate fun and personal engagement in the urban space and to draw attention to unfamiliarity and drowsy smalltown structures or aloofness in big cities. It was about doing things on one’s own initiative in the public space and spreading this idea to others. Very soon, the concept of a big table had been developed, based on the fact that one can bring people together with a good meal. The procedure of pushing a wheelbarrow through town to draw the interest of passers-by was an important aspect of the concept. The objects were designed in such a way as to communicate the sensuality of eating in a very simple manner. High-quality workmanship, solid wood and natural oils were important elements in building the objects in order to achieve haptically pleasing surfaces. Favoured guests were individuals and couples, since the purpose was to get passers-by to meet and get to know each other. The number of guests per cooking session was limited to ten. The food was free of charge. The only condition for participating was that guests should make conversation with each other. The “Mobile Hospitality” events are still very successful. A cookbook related to the project has been published. Photographs: chmara.rosinke
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Barceló Temporary Market
Location: Madrid – Spain Function: Temporary market hall Architects: Nieto Sobejano Arquitectos, Madrid – Spain and Berlin – Germany Client: Municipality of Madrid Year of completion: 2009 44
Während der Bauarbeiten an einem Projekt von Nieto Sobejano Arquitectos im Barceló-Quartier, das öffentliche Räume, einen Markt, ein Sportzentrum und eine öffentliche Bibliothek umfasst, war es erforderlich, einen temporären Markt einzurichten, der bis zum Abschluss der Neubauarbeiten geöffnet bleiben sollte. Die Idee des Projekts auf der Plaza del Arquitecto Ribera lehnt sich an traditionelle Märkte auf öffentlichen Plätzen an, die aus eigenständigen, auf einer Ebene angeordneten Strukturen bestehen, die auf verschiedene Weisen genutzt werden können. Die Pavillons wurden als wieder verwendbare Konstruktionen konzipiert, welche trotz ihrer provisorischen Natur imstande sind, eine neue Wahrnehmung ihres urbanen Umfelds zu provozieren. Das architektonische Konzept basiert auf einem fünfeckigen Grundriss, der sich in zwei verschiedenen Größen entfaltet. Das Ergebnis ist ein scheinbar willkürliches Ensemble als Produkt aus den Variationen und Kombinationen eines einzelnen Elements. Das Fehlen scharfer Kanten und die leichte und durchscheinende Umhüllung unterstreichen den temporären Charakter dieser Pavillons. Ein wesentlicher Faktor des Projekts sind die opalisierenden weißen äußeren Polykarbonatblenden der polygonalen Zylinder, die am Tage natürliches Licht durchlassen und bei Nacht die Stände zu großen Laternen werden lassen, die den Platz erleuchten. Bei Fertigstellung des dauerhaften Gebäudes 2014 werden die Pavillons des temporären Marktes demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut.
During the construction of a new project of Nieto Sobejano Arquitectos in the Barceló area including public spaces, a market, a sports centre, and a public library, it was necessary to install a temporary market that could be open until the new facilities were completed. The idea of the project, located at Plaza del Arquitecto Ribera, evokes traditional markets in public squares consisting of self-contained structures on a single level which can be used in different ways. The pavilions have been conceived as a recyclable construction which, despite its provisional nature, is able to prompt a new perception of its urban surroundings. The architectural concept is based on a single pentagonal floor plan unfolding in two different sizes, which generates an apparently random ensemble starting from the variations and combinations of one same element. The absence of sharp edges in the volumes, and their light and translucent cladding enhance temporary perception of the intervention in the city. An essential factor of the project are the opalescent white polycarbonate exterior screens of the polygonal cylinders which allow natural light to pass during the daytime and which convert the stalls into large lanterns illuminating the square at night. Once the construction of the final building is ready, in 2014, the pavilions of the temporary market will be taken apart and will be assembled in a different place. Photographs: Roland Halbe
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Berliner Straßenfußballmeisterschaft 2008
Location: Berlin – Germany Function: Temporary construction for a social sports event Architects: Florian Brenner and Michael Kloos, Berlin – Germany Client: PLAY!YA Year of completion: 2008 46
In drei temporären Fußballstadien auf dem großflächigen, betonierten Washingtonplatz am Hauptbahnhof fand während der Fußball-Europameisterschaft 2008 die erste Berliner Straßenfußballmeisterschaft mit vierundzwanzig Teams und insgesamt 120 Schülerinnen und Schülern statt. Als Materialien für die Stadien wurden Baugerüste, Sperrholz, rotes Fangnetz, grüner Kunstrasen und gebrauchte Lkw-Plane verwendet. Die seitlichen Spielfeldbegrenzungen bestanden aus rot-weißem Absperrband, Tor- und Mittellinien wurden mit Kreide direkt auf den Boden gemalt. Die äußeren Gerüstkonstruktionen enthielten Tribünen und Umkleideräume. Auf den Banden aus Sperrholz war Graffiti der Berliner Skyline zu sehen. Zum Aufbau und Abbau der gesamten Konstruktion wurde je ein Tag benötigt. Ziel der Aktion war nicht nur die Freude und der Stolz der jungen Spielerinnen und Spieler aus Berliner Randgebieten und Problemvierteln, an diesem Wettkampf teilzunehmen, sondern auch eine große Öffentlichkeit zu erreichen. Tatsächlich haben viele hundert Zuschauer die Wettkämpfe verfolgt, zudem kamen tausende Passanten auf ihrem Weg vom Hauptbahnhof zur Fanmeile im Tiergarten an den Spielfeldern vorbei und konnten sich in Fotoausstellungen an den Gerüstkonstruktionen über die Aktivitäten der Berliner Straßenfußballprojekte informieren. Ein Hauptgedanke der Aktion war aber auch, Impulse für die Entwicklung des urbanen Umfelds gerade an sogenannten „Unorten“ zu geben und sie wenigstens vorübergehend durch einfache Interventionen mit positiver Energie aufzuladen.
During the 2008 European Football Championship (UEFA EURO 2008), twenty-four teams with a total of 120 pupils battled for the title of first Berlin Street Football Champion in three temporary stadiums on the extensive concrete pavement of Washingtonplatz near Berlin Central Station. Some of the materials used to build the stadiums were scaffolding, plywood, red nets, green synthetic turf and second-hand truck tarpaulins. The boundary lines were marked with red and white barrier tape, while goal and halfway lines were drawn on the ground with chalk. The outer scaffolding constructions contained grandstands and changing rooms. The plywood side fences displayed graffiti depicting the Berlin skyline. Setup and disassembly of the entire construction took one day each. The goal of the event was not only the joy and pride aroused in the young sportsmen and women from marginal and problem areas in taking part in this competition, but also to reach a large audience. And in point of fact, many hundreds of spectators followed the games, and thousands of passers-by were able to view photo exhibitions displayed in the scaffolding structures about the activities of the Berlin street football projects, as they passed by the playing fields on their way from Central Station to the UEFA EURO 2008 fan mile in Tiergarten Park. Another main idea of the event was to provide stimuli for the development of the urban environment particularly in so-called “non-places” and to use simple interventions to load them, at least temporarily, with positive energy. Photographs: Florian Brenner
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Location: Guimarães – Portugal Function: Interactive and temporary installation in public space Architects: Moradavaga (Manfred Eccli / Pedro Cavaco Leitão), Berlin – Germany and Porto – Portugal Client: Guimarães 2012 European Capital of Culture / Pop up spaces Year of completion: 2012 48
SWING ist eine interaktive temporäre Installation des Kollektivs Moradavaga, die im Kontext der Initiative „Pop Up Culture“ der Europäischen Kulturhauptstadt – Guimarães 2012 entstanden ist. Mit dem Prinzip, durch Schaukeln Energie zu erzeugen, ist SWING auch eine Hommage an das reiche industrielle Erbe der Stadt Guimarães und ihre einstigen Produktionsstätten. SWING ist als eine Installation konzipiert, die Menschen unterschiedlichen Alters ansprechen soll. Um den Aspekt der Nachhaltigkeit in die Arbeit einfließen zu lassen, war es den Autoren wichtig, wieder verwendbare Materialien einzusetzen. Die Grundstruktur bilden Holzpaletten, die das Grundmodul und das Podium für die vier Schaukeln bilden und gleichzeitig das elektrische System verbergen. Traditionelles Hanfseil, Holzbohlen, Fahrradketten und -räder, Dynamos und Lichter runden die Materialpalette ab und fügen sich so zu einer „Old-Style“-Ästhetik dieser „Low-Tech“-Installation. Unterstützt wurde das Projekt von dem Palettenhersteller Palsystems – Paletes e Embalagens, der seine Werkstatt, Palettenelemente und Holzwerkstoffe zur Verfügung gestellt hat. SWING war auch Teil des internationalen Events „Cidade Campus“, bei dem unter anderem mit Hilfe von realisierten Projektbeispielen über Potentiale der Stadt Guimarães und seiner Umgebung diskutiert wurde.
SWING is an interactive, temporary installation by the Moradavaga collective which was developed in the context of the “Pop Up Culture” initiative of Guimarães 2012: European Capital of Culture. With its principle of generating energy by swinging, SWING is also a homage to the rich industrial heritage of the city of Guimarães and its former manufacturing plants. SWING is an installation conceived to attract people of diverse ages. In order to include the aspect of sustainability in their work, the authors considered it important to use reusable materials. The basic structure is built of wooden pallets, which form the basic module and the podium for the four swings, while hiding the electric system at the same time. Traditional hemp rope, timber planks, bicycle chains, bicycle wheels, dynamos and lights complete the material list, providing for the “old-style” aesthetics of this “low-tech” installation. The project was supported by the pallet manufacturer Palsystems – Paletes e Embalagens, which contributed its workshop, pallet elements and timber products. SWING was also part of the international event “Cidade Campus”, in which the potential of Guimarães and its surroundings was discussed with the help of exemplary realised projects. Photographs: Moradavaga
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Lucas Community Garden Location: Amsterdam – The Netherlands Function: Temporary community garden Architects: Stichting URBANIAHOEVE / Social Design Lab for Urban Agriculture; Carve, Amsterdam – The Netherlands Partners: The Beach, Lucas Community, Amsterdams Steunpunt Wonen, Amsterdam – The Netherlands Client: Stichting URBANIAHOEVE / Social Design Lab for Urban Agriculture Year of completion: 2013 50
In Zusammenarbeit mit Anwohnern, lokalen Unternehmern, Ökologen und anderen legt Urbaniahoeve die essbare Landschaft Foodscape Wildeman im Wildeman-Quartier in Amsterdam Nieuw West an. Der vorhandene Stadtraum ist gekennzeichnet durch sich wiederholende modernistische Gebäuderiegel mit einer Fülle von nicht gestalteten Grünräumen, die zu vielen sozialen Problemen führen. Urbaniahoeve sieht diese Räume als Basis für ein essbares ökologisches Rahmenwerk, das den sozialen Zusammenhalt fördert und Geselligkeit erzeugt. Im März 2013 hat Urbaniahoeve den Lucas Gemeinschaftsgarten als lebendiges Zentrum von Foodscape Wildeman entwickelt; in den von Carve angeleiteten Entwurfsprozess wurde die Gemeinschaft einbezogen. Um die Mitarbeit effektiv zu gestalten, steuerte Carve einen spielerischen Werkzeugsatz bei, mit dessen Hilfe die Projektteilnehmer mit vielfältigen räumlichen Möglichkeiten experimentieren konnten. Die Pflanzenbehälter wurden so entworfen, dass sie leicht von den in der LucasGemeinschaft vorhandenen kleinen Bastlerwerkstätten hergestellt werden konnten und auch das Rankgitter ließ sich leicht durch Nichtfachleute aufbauen. Anders als in gewöhnlichen Küchengärten verwendet Urbaniahoeve in allen Projekten eine mehrschichtige Polykultur, die zwischen Kletterblumen den freien Zugang zu Beeren, Weintrauben, Hülsenfrüchten, Kräutern und Blattgemüse erlaubt. Im Lucas Gemeinschaftsgarten kann über mindestens sechs Monate hinweg laufend geerntet werden.
In cooperation with residents, local entrepreneurs, perma-culturists and others, Urbaniahoeve is building Foodscape Wildeman, an edible landscape in the Wildeman neighbourhood in Amsterdam Nieuw West. The urban layout is characterised by repetitive modernist building blocks within an abundance of un-programmed green spaces that give rise to many social problems. Urbaniahoeve perceives these spaces as a foundation of an edible ecological framework that enhances social cohesion and generates conviviality. In March 2013 Urbaniahoeve developed the Lucas Community Garden as a vibrant centre of the Foodscape Wildeman, designing it in cooperation with the community under the guidance of Carve. To ensure effective co-design Carve provided a playful toolkit to enable project participants to experiment with a variety of spatial possibilities. Carve’s design takes into account the hands-on nature of the project: the planters were designed to be easily produced by the small handy-man enterprises that are part of the Lucas Community, and the trellis was easily assembled by non-professionals. Unlike a common kitchen garden, Urbaniahoeve applies multi-layer polyculture in all projects, enabling free access to berries, grapes, legumes, herbs, and leafy greens planted amongst climbing flowers. Also, in Lucas Community Garden continual harvest can be gathered for at least six months per year. Photographs: Carve
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Urban Living Award 2013 awarded by the Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin and Deutsche Wohnen AG
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Einführung Die Deutsche Wohnen AG ist einer der großen privaten, börsennotierten Wohnungsanbieter Deutschlands mit Beständen insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, im Rheinland sowie in Hannover, Braunschweig und Berlin. Klarer Schwerpunkt unseres Portfolios ist Berlin, historisch gewachsen ist das Unternehmen im Wesentlichen ebenfalls in Berlin. Wir fühlen uns der Stadt in ganz besonderem Maße verbunden. Deshalb unterstützen wir als wichtigstes privates Wohnungsunternehmen der Hauptstadt den neuen, jungen Preis und erweitern ihn um die Kategorie „Living“. Denn neben unserer Rolle als Anbieter von Bestandswohnungen im gesamten Stadtgebiet, beobachten wir sehr genau, wie sich das Umfeld für den Wohnungsneubau entwickelt. Nicht nur Berlin wächst, sondern überall strömen mehr Menschen in die Städte und die Nachfrage nach Wohnraum steigt. Neue Wohnungen brauchen die deutsche Hauptstadt und viele andere europäische Metropolen. Architektonische Sorgfalt, Innovation und Qualität müssen diesen neuen Wohnungsbauboom in den Städten auszeichnen. Deshalb ist es wichtig, dass die Berliner Senatsbaudirektorin mit der Auslobung des Urban Living Award herausragende Wohnungsbauprojekte identifiziert und somit den qualitätvollen Wohnungsneubau explizit und implizit auch in Berlin befördert. Mit der Unterstützung des Urban Living Award unterstreicht die Deutsche Wohnen AG einmal mehr ihr Engagement für die Baukultur. Ein wesentlicher Nukleus der Unternehmensgruppe Deutsche Wohnen ist die 1924 gegründete GEHAG. Bruno Taut, der Hausarchitekt der GEHAG, hatte zwischen 1924 und 1932 Tausende von hochwertigen, inzwischen denkmalgeschützten Wohnungen errichtet, die auch heute noch von unserem Unternehmen bewirtschaftet werden. In Berlin gehören uns vier von sechs Siedlungen der Klassischen Moderne, die auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO stehen. An diese große Tradition werden wir auch in Zukunft anknüpfen, wenn es darum geht, Wohnungsneubau und Stadtentwicklung kritisch zu bewerten oder auch selber ökonomisch erfolgreich zu betreiben. Deshalb freut es uns, aktiv beim Urban Intervention Award Berlin 2013 mit dabei zu sein. Michael Zahn CEO Deutsche Wohnen AG
Introduction Deutsche Wohnen AG is one of the largest private, publicly listed housing providers in Germany with building stock concentrated in the Rhine-Main area, the Rhineland, Hanover, Brunswick and Berlin. The clear focal point of our portfolio is Berlin, and historically, our company developed mainly in Berlin as well. We are particularly committed to this city. This is why we, as the most important private housing association in the capital, are supporting this new, young award and expanding it with the “Living” category. For beside our role as a provider of existing housing all over Berlin, we are carefully observing the developments taking place in the area of new housing construction. Not only Berlin is growing; all over, more and more people are streaming into the cities, causing the demand for living space to increase. New dwellings are required in Berlin and in many other European metropolises. This new housing construction boom must be characterised by architectural care, innovation and quality. That is why it is so important for the Berlin Director of Urban Development to identify exceptional housing construction projects by tendering the Urban Living Award, thus promoting high-quality new housing construction explicitly and implicitly in Berlin as well. With our support for the Urban Living Award, we at Deutsche Wohnen AG once again would like to emphasise our commitment to the cause of building culture. A significant nucleus of the Deutsche Wohnen corporate group is the GEHAG housing association founded in 1924. Between 1924 and 1932, GEHAG’s preferred architect Bruno Taut built thousands of high-quality dwellings, which, now enjoying the status of architectural monuments, are still managed today by our corporation. In Berlin, we own four of the six Modernist housing estates listed as UNESCO World Heritage. We will carry on this great tradition in the future too, whenever there is cause to evaluate new housing construction and urban development critically or to carry it out ourselves in an economically successful manner. That is why we are pleased to be participating actively in the Urban Intervention Award Berlin 2013. Michael Zahn CEO, Deutsche Wohnen AG
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Weltweit ist das Wachstum der Städte ungebremst, auch in Europa wachsen sie durch Binnenwanderung oder ökonomisch motivierte Zuwanderung. Für die dynamischen Städte Europas stellt sich – manchmal nach Jahren der Stagnation – wieder verstärkt die Frage, wie ausreichend Wohnraum zur Verfügung gestellt werden und wie das Zusammenleben in sozial durchmischten Quartieren organisiert werden kann. Diese neue Wohnungsfrage wird weder in den reichen Industrienationen noch in Regionen, die einem starken Transformationsprozess ausgesetzt sind, ausschließlich durch die öffentliche Hand gelöst werden können. Baugemeinschaften, Genossenschaften und natürlich auch Wohnungsbaugesellschaften sind als Bauherren ebenso gefragt. Es müssen innovative Wohn-, aber auch Finanzierungskonzepte gefunden werden, um in den Städten Europas den Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Dabei muss das gewachsene Umfeld eines Neubaus behutsam in die Veränderungsprozesse mit eingebunden werden. Wohnungsneubau in den verdichteten europäischen Städten ist deshalb immer auch eine Kommunikationsaufgabe – zwischen Jung und Alt, Singles und Familien, Einheimischen und Zugezogenen und nicht zuletzt zwischen sozial Benachteiligten sowie der Mittel- und Oberschicht. Guter Wohnungsbau zeigt sich zum Beispiel in der Akzeptanz der bisherigen Anwohner. Viele der zum Urban Living Award 2013 eingereichten Wohnbauten zeigen in überzeugender Weise, wie herausragende Architektur mit dem Umfeld kommuniziert und dabei die Wirtschaftlichkeit des Projekts im Auge behält.
All over the world, cities are growing unabated. In Europe, too, they are growing, due to internal migration and economically motivated immigration. Following years of stagnation for some, the question has arisen again for the dynamic cities of Europe: how can we provide sufficient living space and how can we organise coexistence in socially mixed neighbourhoods? In the rich industrialised countries, but also in regions undergoing a process of far-reaching transformation, this new housing problem cannot be solved by the public sector alone. Joint building ventures, cooperatives and, of course, housing associations are equally necessary. Innovative housing and financing concepts must be found in order to stimulate housing construction again in European cities. In this process of change, the established environment of a new building must be gently integrated. For this reason, the construction of new housing in the densely populated European cities is always a communication task as well as a building project – communication between young and old, singles and families, local residents and newcomers and, last but not least, between the socially underprivileged and members of the middle and upper classes. Among other factors, good residential construction can be recognised by the acceptance it finds with residents already living in the area. Many of the residential buildings submitted for the Urban Living Award 2013 convincingly demonstrate how exceptional architecture communicates with its surroundings while keeping an eye on the economic efficiency of the project.
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VinziRast – mittendrin
Location: Vienna – Austria Architects: gaupenraub +/-, Vienna – Austria Client: Vinzensgemeinschaft St. Stephan Year of completion: 2013 56
Studenten und Obdachlose initiierten ein offenes Haus mitten in Wien zum gemeinsamen Lernen, Arbeiten und Wohnen. Realisiert wurde es mit dem Verein Vinzensgemeinschaft St. Stephan und dem Büro gaupenraub +/-. Dank offensiver Kommunikation mit der Nachbarschaft, der örtlichen Politik und potentiellen Unterstützern konnte das Projekt ohne Widerstände in nur drei Jahren umgesetzt werden. Das von einer Privatperson gestiftete, umgebaute Biedermeierhaus ist zur Hälfte öffentlichen oder halböffentlichen Funktionen gewidmet: ein Lokal mit Gastgarten (ohne Konsumzwang), offene Werkstätten, ein Veranstaltungsraum, Studierund Beratungsräume sowie ein Dachatelier mit Dachgarten. Die andere Hälfte der insgesamt 1.500 Quadratmeter Nutzfläche wird an zehn gemischte Wohngemeinschaften (Obdachlose und Studenten) mit jeweils drei Einzelzimmern und einer Teeküche vermietet. Pro Stockwerk stehen ein Gemeinschaftswohnzimmer mit großer Küche und vorgelagertem Außenraum (verbreiterter Laubengang) zur Verfügung. Die Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungsarbeiten wurden zum Großteil über Kredite finanziert, zum Teil aber auch über Spenden (vor allem Materialspenden und kostenlose Arbeitseinsätze der Bauwirtschaft). Hinzu kamen Eigenleistungen von Ehrenamtlichen und Obdachlosen. Alle brauchbaren Bauteile und Materialien des Altbaus wurden wiederverwendet. Diese ungewöhnliche Initiative besticht durch ihre integrative Kraft, die Transformation von alter Bausubstanz mit sehr begrenzten Mitteln und das stimmige, den Benutzern angemessene Gesamtbild. Standard floor
Students and homeless persons have initiated an open house in the middle of Vienna for learning, working and living together. The project was carried out together with the association Vinzensgemeinschaft St. Stephan and the architecture firm gaupenraub +/-. Thanks to active communication with the neighbourhood, local politicians and potential supporters, the project was able to be realised without resistance in just three years. Half of the modified building from the Biedermeier period, which was donated by an individual benefactor, is dedicated to public or semi-public uses: a café with an open-air dining area (without the obligation to purchase anything), open workshops, a function room, study and consultation rooms and a rooftop atelier and roof garden. The other half of the total of 1,500 square metres of floor space is rented to ten mixed flat-sharing communities (homeless persons and students), each occupying three single rooms and a kitchenette. On each storey there is a shared living room with a large kitchen and adjacent outdoor area (a widened access gallery). The refurbishment, modification and extension work was financed in large part through loans, but in part also through donations (mainly of building material and free labour by construction firms). In addition, personal labour contributions were made by volunteers, among them homeless people. All reusable construction parts and materials of the original building were reused. The appeal of this extraordinary initiative lies in its integrative power, its transformation of old building substance with very limited funds and its overall image, coherent and befitting its users. Photographs: Kurt Kubal, Sebastian Schubert
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Siedlung Buchheimer Weg
Location: Cologne – Germany Architects: ASTOC Architects and Planners, Cologne – Germany Client: GAG Immobilien AG Year of completion: 2012 58
Eine in den 1950er Jahren in Zeilenbauweise errichtete Siedlung am Buchheimer Weg im Kölner Stadtteil Ostheim sollte ursprünglich saniert und zeitgemäß überarbeitet werden. Es stellte sich aber heraus, dass ein Abriss der Siedlung und ein Neubau auch im Sinne einer städtebaulichen und architektonischen Neudefinition ökonomisch günstiger und gestalterisch überzeugender ist als eine aufwendige, grundlegende Renovierung der Häuser. Beim Neubau der Siedlung blieben die Vorteile des Zeilenbaus – wie gute Belichtung, Belüftung und Orientierung – erhalten, zusätzlich konnten bessere räumliche Qualitäten und abgestufte Freiräume geschaffen werden. Dank des Knicks in der Mitte jedes Zeilenbaus wurden die Zeilenzwischenräume lose gefasst, wodurch alternierend grüne Innenhöfe und halböffentliche Höfe entstanden sind, die sich Bewohner und Besucher aneignen können. Ein differenziertes Farbkonzept (mit jeweils zwei Farbwerten an einem Haus, von denen das Nachbargebäude jeweils einen aufgreift) akzentuiert die Plastizität der Baukörper und schafft eine große Vielfalt in der Siedlung. Ein Teil des Wohnquartiers wird von einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen und einer Wohngruppe für Demenzkranke genutzt. Infrastruktureinrichtungen wie ein Mietercafé, quartiersnahe Büronutzungen und eine dreizügige Kindertagesstätte bereichern die Siedlung. Dass es gelang, sowohl die Wohndichte deutlich zu erhöhen (434 Wohnungen in 18 Häusern) als auch durch die Anordnung der Baukörper räumlich interessantere Freibereiche zu schaffen, ist besonders bemerkenswert.
Photographs: Christa Lachenmaier, Frank Warda, www.bilderbuch-koeln.de / GAG Immobilien AG
Standard floor 70 m2
Originally, a residential estate built with a linear block structure in the 1950s on Buchheimer Weg in the Ostheim district of Cologne was to be refurbished and modernised. It turned out, however, to be more economically advantageous and more convincing from the point of view of architectural design to demolish the estate and build something new, with the possibility of newly defining the area from an architectural and urban development point of view, rather than to thoroughly and extensively overhaul the old buildings. The newly conceived estate was built in such a way as to preserve the advantages of the linear block structure, such as good illumination, ventilation and orientation, while improving its spatial qualities and adding staggered open spaces. Due to the bend in the middle of each linear block, the open spaces between blocks are loosely contained, creating a sequence of alternating green internal and semi-public courtyards for residents and visitors to take possession of. A distinctive colour concept (with two colour values for each building, one of which is taken over by its neighbouring building) accentuates the plasticity of the buildings and creates great diversity in the estate. Part of the residential quarter is used by a residence for disabled people and a living community for dementia patients. Infrastructure facilities such as a residents’ café, office space located in the vicinity and a daycare centre with three parallel groups add to the qualities of the estate. It is especially noteworthy that the architects managed both to increase the density of the estate significantly (434 flats in 18 buildings) and to create open spaces of greater spatial interest through their building layout.
80 m2
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80 m2
80 m2
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l Lormont
Location: Lormont – France Architects: Habiter Autrement, Paris – France Partner: Ateliers Jean Nouvel, Paris – France Client: Foncière Logement Year of completion: 2011 60
Lormont ist eine Kleinstadt mit einem hohen Anteil sozialen Wohnungsbaus. Die außergewöhnliche Lage am Fluss Gironde und der Aquitaine-Brücke sind die wesentlichen Standortparameter des Wohngebäudes. Um den Ausblick zu optimieren und gleichzeitig den Einblick in die jeweiligen Nachbarwohnungen zu minimieren, wurde jeder der 26 Wohnungen eine einzigartige Form gegeben – das Ergebnis dieser Vorgehensweise ist die sägezahnförmige Grundrissfigur. Die Ausrichtung des Standorts bedingt die sehr unterschiedlichen Merkmale der beiden Längsseiten des Gebäudes. Auf der Ostseite wird es durch eine metallbeschlagene Fassade mit verhältnismäßig kleinen Öffnungen von einer lauten Straße abgeschirmt. Entlang der facettenreichen Westfassade wechseln sich dunkle Platten mit deckenhohen Fenstern ab, welche Panoramablicke auf den Fluss bieten und sich öffnen lassen, wodurch sich der Wohnraum in eine Terrasse verwandeln lässt. Die Wohnungen sind so angeordnet, dass die 60 m hohe Brücke spektakulär in Szene gesetzt wird. Die zwei- bzw. dreistöckigen Maisonettewohnungen sind jeweils paarweise übereinander gestapelt. Alle Wohnungen sind zweiseitig orientiert, wodurch eine Querlüftung und der Einfall von reichlich natürlichem Licht gewährleistet sind. Die hohe Leistungsfähigkeit der Gebäudehülle sowie die thermische Trägheit der Betonplatten und Zwischenwände reduzieren den Energieverlust und minimieren den Heizbedarf. Warmwasser wird von auf dem Dach montierten Sonnenkollektoren geliefert. Grauwasser wird in der sanft abfallenden Böschung zum Fluss hin versickert. Das auf den ersten Blick wie ein Industriebau wirkende Wohngebäude besticht vor allem durch seine differenzierten Grundrisse und die Vielfalt sowohl im Innen- als auch im Außenraum.
Lormont is a neighbourhood with a high density of social housing. Extraordinary views of the Gironde River and the Aquitaine Bridge are the key features of the site. In order to optimise these views, while minimising visibility between neighbours, each of the 26 apartments was given a unique shape; the result of this arrangement is the building’s overall saw-shaped figure. The site orientation gives the two long sides of the building very different characteristics. On the east side, the building is shielded from a noisy street by a metal-clad façade with relatively small openings. Along the faceted west façade, opaque panels alternate with full-height windows that offer panoramic views of the river, and which open to transform the living space into a terrace. The sectional design works to enhance the spectacular presence of the 60 m high bridge. Two levels of apartments are stacked, with duplexes and triplexes above the ground floor. All apartments are double-oriented with abundant natural light supply and ideal for natural ventilation. The high performance of the envelope together with the thermal inertia of concrete slabs and partitions reduce the energy loss and minimise heating needs. Hot water is supplied by solar panels on the roof. Grey water is infiltrated in the gentle slope towards the river. The appeal of this residential building, which at first glance resembles an industrial construction, lies in its varied floor plans and its diversity, indoors and outside. CO NT RE
Photographs: Philippe Ruault
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haus H, Berlin
Location: Berlin – Germany Architects: NÄGELIARCHITEKTEN (Gudrun Sack / Walter Nägeli), Berlin – Germany Client: Baugemeinschaft Revaler Straße 25a Year of completion: 2012 62
Haus H versucht eine Balance zwischen Gemeinschaft und Individualität herzustellen. Seine komplexen Grundrisstypen mit variablen Ausbaumöglichkeiten bilden den Rahmen für die sich wandelnden Bedürfnisse seiner Bewohner, die sich im Wesentlichen in einer Baugruppe zusammengeschlossen haben. Zur Finanzierung von Gemeinschaftsräumen und Räumen mit flexibler Nutzung sowohl im Außen- wie im Innenbereich wurde zusätzlich eine Art Genossenschaftsmodell entwickelt. Das Gebäude wird durch seine Lage am Kiezrand von Friedrichshain im Norden und eine weitläufige Gleisanlage im Süden geprägt. Dieser Situation ist der H-förmige Schnitt geschuldet – mit nach Norden und Süden orientierten Wohnräumen, mit teilweise überhöhten, durchgesteckten Gemeinschaftsräumen und mit verschiedenen Außenräumen, die den über doppelte Zugangstüren erschlossenen Wohn- und Büroeinheiten zuschaltbar sind (Gärten, Balkone, Erkerfenster und Dachterrassen). Der komplexe Schnitt lässt sich auch an der Fassade ablesen, die auf additive und kleinteilige Elemente verzichtet. In die Fassade eingewobene dreidimensionale Metallbänder umfassen interessante Balkonräume oder Erkerfenster. Das Gebäude stellt den Prototyp einer in dieser Konsequenz bisher noch nicht erprobten Wohnform mit der Durchdringung von Privat- und neuartigen Gemeinschaftsräumen dar. Floor plan Type A and Type B (red: community rooms)
Haus H is an attempt to balance community and individuality. Its complex floor plan types with variable interior finishing options form the framework for the changing requirements of its inhabitants, who have joined forces in what is essentially a joint building venture. In order to finance community rooms and flexible-use rooms in and out of doors, a type of cooperative model was also developed. The building is defined by its location on the edge of the Friedrichshain neighbourhood to the north and an extensive railway siding to the south. This special situation is the reason for the building’s H-shaped section, with living quarters facing north and south, with partially high-ceiling, double-oriented community rooms and with diverse exterior spaces which can be connected to the living and office units accessible via double access doors (gardens, balconies, bay windows and roof terraces). The complex section of the building is also recognisable in the façade, which foregoes additive and intricate elements. Three-dimensional metal bands woven into the façade outline interesting balcony spaces and bay windows. This building, characterised by the interpenetration of private and novel community rooms, is a prototype of a form of housing which has not previously been put to the test in such a consistent manner. Photographs: Jan Bitter
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l R50
Location: Berlin – Germany Architects: ifau und Jesko Fezer | HEIDE & VON BECKERATH, Berlin – Germany Client: Ritterstraße 50 GbR Year of completion: 2013 64
Das Haus der Baugemeinschaft R50 in Kreuzberg besteht aus 19 individuellen Wohnungen und zusätzlichen Gemeinschaftsräumen. Getragen von dem Anspruch der Eigentümer, gemeinsam und kostengünstig zu wohnen, basiert der Entwurf auf einer robusten, einfach angelegten Gebäudestruktur: einer Stahlbetonkonstruktion mit reduzierter, teilweise offen verlegter Infrastruktur, einer eigens entwickelten, modularen Holzfassade mit unterschiedlichen Öffnungselementen sowie Umgängen auf jedem Geschoss, die eine große Flexibilität bei der Grundrissentwicklung und Umbaufähigkeit der Wohnungen gewährleisten. Dank der mit der Baugemeinschaft entwickelten Ausstattungsstandards steht der Individualisierung bei den Wohnungszuschnitten eine auf den Ausbau bezogene gemeinsame Haltung gegenüber. Die hier praktizierte strukturierte und gleichzeitig offene Planung ermöglicht nicht nur die Mitbestimmung und das Einbringen von Eigenplanung bis hin zum Selbstbau im Wohnbereich, sondern auch die gemeinsame Verhandlung über die Lage, Größe und Gestaltung von Gemeinschaftsräumen (Umgänge, Garten, Waschküche, Werkstatt, überdachter Vorbereich im Souterrain, zweigeschossiger nutzungsoffener Gemeinschaftsraum und Dachterrasse mit Sommerküche). Die Verwendung der weitgehend vorgefertigten Holzfassade mit sehr positiven bauphysikalischen Eigenschaften wirkt sich günstig auf die energetische Gesamtbilanz des Hauses aus. Der gültige Energiestandard nach EnEV 2009 wird um 30 Prozent unterschritten (Energieeffizienzhaus KfW 70). Mit den kommunikationsfördernden Umgängen und dem großen Gemeinschaftsraum öffnet sich das Gebäude mit seiner homogenen Bewohnerschaft zu dem sozial gemischten Quartier. Ground floor and 3rd floor
The building of the R50 joint building venture in Kreuzberg consists of 19 individual flats and additional common rooms. In fulfilment of the owners’ desire to live together in a cost-efficient manner, the design is based on a robust, simply constructed building structure: a reinforced concrete structure with reduced, partially exposed infrastructure, a custom-designed modular wooden façade with diverse opening elements and an outdoor gallery around each storey, which enable a great degree of flexibility for the development and remodelling of floor plans. Together with the flat owners, the architects defined equipment and furnishing standards, so that the individualisation of floor plans was accompanied by common agreement with regard to fittings. The structured, but at the same time open, form of planning practised here made it possible for the owners to participate in the decision-making process, to propose plans of their own and even to build for themselves. It also allowed for negotiation of the location, the size and the design of common rooms and spaces such as the galleries, the garden, the laundry room, the workshop, the roofed area in the basement, the two-storey multipurpose common room and the rooftop terrace with its summer kitchen. Using a predominantly prefabricated, flexible wooden façade with very positive structuralphysical characteristics has a positive effect on the energy balance of the building. Its energy efficiency over-fulfilled the German energy standard EnEV 2009 by 30 per cent (energy efficiency building KfW 70). With its outdoor galleries, which encourage communication, and its large common room, this building, and its homogeneous residents, open up to their socially mixed neighbourhood. Photographs: Andrew Alberts
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Hybrid: SchuleWohnhausKita Hamburg Location: Hamburg – Germany Architects: Spengler • Wiescholek, Hamburg – Germany Client: Educational Authority Free and Hanseatic City of Hamburg in cooperation with Otto Wulff PPP HafenCity Schule GmbH Year of completion: 2009 66
Nutzungsmischungen und Synergien sind wichtige Instrumente der Stadt. Das hybride Gebäude am Sandtorpark, inmitten eines dicht bebauten Quartiers in der HafenCity Hamburg, vereint eine viergeschossige Schule mit integriertem Hort und in einem separaten Trakt eine zweigeschossige Kita sowie 30 Wohnungen, verteilt auf sechs Geschosse. Es wurde als PPP-Modell von der Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg initiiert und dank eines engagierten Investors mit einem weit über dem üblichen Standard liegenden Qualitätsanspruch realisiert. Auffallend sind die schrägen Fensterleibungen am gesamten Gebäude, die auf die Andersartigkeit und Besonderheit seiner Nutzungen hinweisen. Das Motiv der Schrägen dient auch als Leitmotiv für die farbigen Umwehrungen des phantasievoll gestalteten Schulhofs auf dem Dach – eine Folge der nahezu vollständigen Überbauung des Grundstücks. Das Ensemble wurde mit dem HafenCity-Umweltzeichen der Kategorie Gold zertifiziert, welches für besonders nachhaltige und ressourcensparende Bauvorhaben vergeben wird. Dazu tragen unter anderem die Mehrfachnutzung vieler Bereiche für außerschulische Veranstaltungen und die Synergien zwischen Schule, Hort und Kita bei (z.B. gemeinsame Mensa in dem eingeschossigen Verbindungstrakt). Darüber hinaus erfüllen die robusten Materialien und die Bauweisen beispielhaft die Anforderungen an Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz.
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Photographs: Florian Holzherr, Petra Steiner, Spengler · Wiescholek
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Roof floor (school) and standard floor (housing)
Mixed-use development and the exploitation of synergies are important instruments for a city. This hybrid building at Sandtorpark, in the middle of a densely built-up neighbourhood in Hamburg’s HafenCity, combines a four-storey school with integrated after-school care, and, in a separate wing, a two-storey daycare centre and 30 flats spread over six storeys. It was initiated as a PPP model by the city administration and, thanks to a committed investor, carried out to quality standards far exceeding the usual norm. The playfully slanting window reveals adorning the entire building are an eyecatcher, and draw attention to the otherness and distinctiveness of its uses. This slant motif also serves as the guiding theme of the colourful safety fences surrounding the imaginatively designed school playground on the roof of the building – a consequence of the complex having been built to occupy virtually the entire plot of land. The ensemble was awarded the HafenCity ecolabel in the category Gold, reserved for especially sustainable and resource-efficient building projects. Factors contributing to this achievement include the multiple uses of many areas for non-school related activities and the synergies between school, after-school care and daycare (e.g. the shared cafeteria in the single-storey connecting wing). Furthermore, the robust materials and building processes used here fulfil the cost effectiveness and energy efficiency requirements in an exemplary manner.
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l Am Urban
Location: Berlin – Germany Architects: GRAETZ, Berlin – Germany Clients: Baugemeinschaften PG Haus 5, 6, 7b, 8, 9, 11, PROWO Projekt Wohnen e.V., Psychiatrische Tagesklinik, Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH Year of completion: 2012 68
Ziel des Projektes war es, vor allem Einwohner aus dem Graefekiez und der näheren Umgebung von Kreuzberg anzusprechen und ihnen den Erwerb einer rund 100 Quadratmeter großen Wohnung zu ermöglichen. Die im November 2008 gegründete Bietergemeinschaft Am Urban GmbH & Co. KG mit einem außergewöhnlich hohen Anteil an jungen Familien mit Kindern erwarb den gesamten Altbaubereich des Urbankrankenhauses mit der Absicht, das denkmalgeschützte Areal als stadtteilgerechten und autofreien, ökologischen und energieeffizienten, kulturellen und sozialen Wohnstandort zu entwickeln. Das 1890 von H. Blankenstein und K. Frobenius errichtete, teilweise kriegsbeschädigte und zwischenzeitlich erweiterte und umgebaute Ensemble aus überwiegend zweigeschossigen Backsteinpavillons entlang einer zentralen Gartenachse wurde dem Ursprungszustand angenähert. Dabei wurden die von Grund auf sanierten Bestandsbauten den heutigen energetischen Erfordernissen und den individuellen Wünschen der Wohnungsbesitzer angepasst. Die Wohnbedürfnisse der einzelnen Gesellschafter und Käufer wurden bereits sehr frühzeitig ermittelt und entsprechend in der Planung der Architekten berücksichtigt. Der Bezirk FriedrichshainKreuzberg hat das Projekt in seinen Zielsetzungen gefördert. Durch die Erteilung des Zuschlages an die Bietergemeinschaft wurde eine nachhaltige kiezgerechte Entwicklung des Stadtteils unterstützt, die zu einer dringend notwendigen Stabilisierung der Einwohnerstruktur des Graefekiezes beiträgt.
The goal of this project was to approach, above all, residents of the Graefekiez neighbourhood and the close vicinity of the Berlin district of Kreuzberg, and make the purchase of a flat with an area of approximately 100 square metres possible for them. The Am Urban GmbH & Co. KG bidding consortium, founded in November 2008 and including an exceptionally large proportion of young families with children, purchased the entire old building stock of the Urban Hospital with the intention of developing this listed ensemble into an ecological and energy-efficient, cultural and social residential location free of cars and well-suited to the neighbourhood. The ensemble was built by H. Blankenstein and K. Frobenius in 1890 and consists of predominantly two-storey brick pavilions situated along a central garden axis. Partially damaged in the Second World War, then extended and modified, it has now been restored to a condition close to the original. In the process, the old building stock was thoroughly overhauled and adapted to contemporary energy efficiency requirements and the individual wishes of its new owners. The residential requirements of each individual proprietor and buyer were ascertained very early on and incorporated appropriately in the architects’ plans. The borough of FriedrichshainKreuzberg supported the project in achieving its objectives. By accepting the bid of the consortium, it promoted the sustainable development of this urban quarter in a manner which is suitable to the quarter and contributes to the urgently needed stabilisation of the resident structure of the Graefekiez neighbourhood. Photographs: Jörg Frank, Massimo Lombardo
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l Prisma
Location: Groningen – The Netherlands Architects: NL Architects, Amsterdam – The Netherlands Client: De Huismeesters Year of completion: 2010 70
„Prisma“ ist ein Wohngebäude mit einer Kita, einem Spielplatz und einer medizinischen Einrichtung (im Erdgeschoss) in der Stadt Groningen. Es hat den Anspruch, neues Leben in das Quartier Vinkhuizen zu bringen, eine typische CIAM-basierte Nachkriegssiedlung mit Wohnblöcken mittlerer Höhe in offener Blockstruktur, durchmischt mit mittelhohen Hochhäusern und viel grünem Freiraum sowie Parkplätzen. Wie bei einem steilen Zikkurat, sind die gewünschten Wohnungstypen – insgesamt verteilen sich 52 Wohnungen auf 16 Geschossen – so aufeinandergestapelt, dass sich die größten unten und die Kleineren weiter oben befinden. Diese rationale Struktur dient als Rückgrat für einen besonderen Zusatz: die Balkone, die wie modische Kleidung um den Baukörper drapiert sind. Sie sind alle gleich groß, doch verändern sich ihre Proportionen in Abhängigkeit von ihrer Position im Gebäude: von oben nach unten vergrößert sich ihre Tiefe, während sich ihre Breite verringert. Eine Art parametrischer Entwurf wurde verwendet, um Einheit auf der Gebäudeebene und Differenzierung auf der Wohnungsebene herzustellen. Die Ecken des gestuften Volumens wurden so miteinander verbunden, dass ein fortlaufendes Gebäudeprofil entsteht, ein spitz zulaufendes Volumen. Da die Balkone in Form eines schmalen „Laubengangs“ miteinander verbunden sind, konnte auf die obligatorische Fensterputzvorrichtung verzichtet werden.
“Prisma” is a residential building with a nursery, a playground and a medical facility (located on ground level) in the city of Groningen. It aspires to bring a new flavor to the neighbourhood of Vinkhuizen, a typical CIAM-based post-war development with middle high apartments in an open block layout mixed with semi-high rises and a lot of green public space as well as parking zones. The building, which has 52 apartments on 16 storeys, consists of a simple stacking of the desired apartment types. The largest are below, the smaller ones on top: a steep ziggurat. The rational structure serves as the backbone for a more frivolous addition. The balconies are draped around the structure like ‘couture’. They are all of the same size, but their proportions change depending on their position in the block: from top to bottom the depth of the terraces increases, while the width diminishes. A form of parametric design was deployed to establish unity at the scale of the building and differentiation on the level of the apartments. The corners of the stepped volume are connected to create a continuous outline, a tapered, single volume. Since the balcony wraps around the apartments, the obligatory window cleaning device was able to be skipped. Photographs: Marieke Kijk in de Vegte, NL Architects
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Logement Sociaux Rue Rebière
Location: Paris – France Architects: Atelier Bow-Wow; Brunnquell & André Architectes, Paris – France Client: Paris Habitat OPH Year of completion: 2012 72
Das Projekt Rue Rebière besteht aus drei Baukörpern: zwei kleinen Einfamilienhäusern und einem Gebäuderiegel mit 18 Wohnungen. Die konventionelle Stapelung der Wohnungen im Riegel kontrastiert mit dem ungewöhnlichen Charakter der Einzelhäuser. Das Maßstabsverhältnis zwischen dem Mehrfamilienhaus und den Einfamilienhäusern erzeugt Spannung, vermeidet jedoch einen Konflikt zwischen den Gebäuden, ganz im Gegenteil bestätigen sie sich gegenseitig durch ihre Nähe: die Einzelhäuser schaffen einen Rahmen für den größeren Baukörper, wobei maßvoll proportionierte Zwischenräume freigelassen sind. Darüber hinaus erzeugt die Platzierung der Gebäude auf dem Grundstück nichtlineare Erschließungswege. Ein Weg mäandert zwischen kleinmaßstäblichen Freiräumen und verbindet die Gärten des Projekts mit den Nachbargrundstücken. Die bewusste Entscheidung, den Maßstab des Einzelhauses in den Kontext des Sozialwohnungsbaus einzuführen, ist auch ein Versuch zu zeigen, dass es andere Lebensweisen geben kann und andere Wege, den städtischen Raum zu teilen. Ein wesentliches Anliegen war es, eine Mischung hybrider Typen in die Rue Rebière zu bringen, die eine neue urbane Morphologie erzeugen können. Die einheitliche Gestaltung der Mehrfamilienhausfassaden, rhythmisch strukturiert durch deckenhohe Fenster, Jalousien und weiße Paneele, bezieht sich auf die Pariser Architektur und hebt die innere Ordnung der Wohnungen auf. Die Uniformität der Fassaden kaschiert sowohl die typologische Verteilung der Wohnungen als auch die funktionale Organisation der einzelnen Zimmer. Die Balkone sind ungleichmäßig auf der Fassade verteilt, um den linearen Rhythmus der Fenster zu sprengen und dadurch die Fassade lebendig werden zu lassen.
The Rue Rebière project houses 18 apartments. It is composed of three volumes, two small houses and an apartment complex. The conventional stacking by typologies of the apartments contrasts with the unusual character of the individual houses. The scale relationship between the collective and the individual dwellings creates a tension, but avoids a conflict between the buildings. On the contrary, they reinforce one another through their proximity: the houses frame the larger volume, sparing interstices of measured proportions. Moreover, the placement of the buildings on the lot generates a non-linear circulation. A course meanders between small scale spaces that contrast with the perspective on Rebière street, linking the gardens of the project to the neighbouring plots. The decision to insert the scale of individual housing in the context of social housing is also an attempt to offer possibilities of other ways of living and sharing urban space. It was essential to bring to Rebière street a mix of hybrid types that can generate a new urban morphology. The uniform treatment of the façade, cadenced by stretched windows, louvers and white panels, refers to Parisian architecture and abolishes the inside order of the apartments. From the outside, their uniformity hides the typological distribution of the apartments as well as the functional organisation of the rooms composing them. The balconies are composed randomly on the façade, disrupting the linear rhythm of the windows; through their different dimensions, they call upon appropriations that will give life to the façade. Photographs: Shinkenchiku-sha
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l e_3
Location: Berlin – Germany Architects: Kaden-Klingbeil Architekten, Berlin – Germany Client: Baugruppe e_3 Year of completion: 2008 74
Beim Wohnhaus e_3 in der Esmarchstraße 3 am Prenzlauer Berg handelt es sich um die erste siebengeschossige Holzkonstruktion im großstädtischen Zentrumsbereich Europas. Es versteht sich als Prototyp für einen innovativen stadtplanerischen und bautechnischen Ansatz, der die urbane Verdichtung unter Beachtung aller Brandschutzvorgaben mit neuen Ideen bereichert: durch das Zusammenwirken von architektonischer Attraktivität, maximaler Umweltschonung und Nachhaltigkeit. Innerhalb der vorgegebenen Kubatur konnte der Grundriss jeder einzelnen Wohnung individuell gestaltet werden. Abgesehen von den beiden vorelementierten Brandwänden zu den Nachbargebäuden sowie zwei Ortbetonkernen für die haustechnischen Installationen besteht die Konstruktion des Wohnbereichs komplett aus Holz. Die tragenden 320 x 360 mm dicken Riegel und die ebenso dimensionierten Brettschichtholzstützen in den Außenwänden sind mit 160 mm starken Massivholzwänden ausgefacht. Der Feuerwiderstand der tragenden und aussteifenden Holzbauteile wird durch eine lücken- und hohlraumlose Brandschutzbekleidung mit Gipsfaser-Platten signifikant erhöht. Teil des Brandschutzkonzepts sind zudem die sehr kurzen und komplett rauchfreien Fluchtwege, sowie eine Rauchmeldeanlage. Die industrielle Vorfertigung der Holzkonstruktion in der Zimmerei gewährleistete eine große Ausführungs- und Qualitätssicherheit sowie die sehr kurze Gesamtbauzeit von neun Monaten. Ground floor and 1st floor
The e_3 project at Esmarchstraße 3 in Prenzlauer Berg, Berlin is the first seven-storey wooden construction in the central area of a European metropolis. It can be seen as a prototype for an innovative approach in the fields of city planning and civil engineering, which, while observing all existing fire safety regulations, enriches urban densification with new ideas by combining architectural attractiveness, lowest-possible environmental impact, and sustainability. Within the given cubature, it was possible to design the floor plan of each flat individually. With the exception of the two prefabricated firewalls between e_3 and its neighbouring buildings and two in-situ concrete cores for the building services, the living quarters construction is made completely of wood. The load-bearing 320 x 360 mm thick transoms and the identically dimensioned laminated wood pillars in the exterior walls are fitted with 160 mm thick solid wood walls. The fire resistance of the load-bearing and reinforcing wooden elements is significantly increased by a fireresistant fibreboard lining without gaps or hollows. Additionally, the fire safety concept includes the very short and completely smoke-free escape routes and a smoke alarm system. The industrial prefabrication of the wooden construction in a carpentry construction company guaranteed high reliability in execution and quality as well as a very short total construction phase of nine months. Photographs: Bernd Borchardt
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