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Antworten auf Ihre wichtigsten zugesandten Fragen DMSG – Fachtagung, München, 09. Juli 2011 Prof. Dr. Jürgen Koehler, M.A. Vorsitzender des Ärztlichen Beirates der DMSG - Landesverband Bayern e.V. Geschäftsführer (med.) und Ärztlicher Leiter Marianne-Strauß-Klinik Behandlungszentrum Kempfenhausen Milchberg 21, 82335 Berg Tel: 08151-261-920 juergen.koehler@ms-klinik.de
Hat die MS – Erkrankung zugenommen ?
World Health Organization, 2008.
MS – Epidemiologie
Häufigkeit der Multiplen Sklerose (BRD) Erkrankungshäufigkeit in Deutschland • 80 - 120 Personen pro 100 000 Einwohner Neuerkrankungsrate: • 3 - 7 Personen pro 100 000 Einwohner Ca. 120-140-000 Erkrankte in Deutschland Ca. über 2 Millionen Erkrankte weltweit
MS – Epidemiologie
Erkrankungsrisiko
Allgemeinbevölkerung: 0,2% Bei Erkrankung eines Elternteils: 3 - 5% Bei Erkrankung eines Geschwisterteils: 2 - 5% Bei Erkrankung eines eineiigen Zwillings: 35% Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer
MS – Epidemiologie
Erkrankungsrisiko nach Geschlecht und Alter
Geschlecht:
Alter bei Krankheitsbeginn: 30 - 40 Jahre
:
30
(%) 20
10
0 10
20
30
40
50
60 Jahre
70
Lebensalter
Hat die MS – Erkrankung zugenommen ?
Häufigkeit der Multiple Sklerose hat nach bisherigen Kenntnisstand nicht zugenommen. Allerdings wird durch bessere Frühdiagnostik häufiger die Erkrankung erkannt und auch „leichte„ Fälle diagnostiziert.
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ? Infektionshypothese: MS ist keine Infektionskrankheit und nicht ansteckend. aber: - EBV Assoziation: 13,5x höher als bei EBV neg. Pat. - unspez. aktivierender Effekt durch virale Atemwegsinfektionen Umweltfaktoren: Überbelastung durch äußere Reize ? Rauchen: 2-3x höheres Risiko, erhöhte Krankheitsprogression Vitamin D – Hypothese: Einfluss auf Entzündungsaktivität des Immunsystems. 20 min. Sonnenexposition = 10.000 IE Vit. D höheres MS-Risiko, wenn Schwangerschaft in Wintermonaten aber: Keine Korrelation zwischen UV-Exposition und Schubrate Genetik: MS ist keine Erbkrankheit Veranlagung trägt max. 1/3 zum Risiko einer MS bei. P. Rieckmann , Vortag Fachtagung der DMSG Bayern 09.07.2011, München
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ?
Haas J, Korporal M, Schwarz A, Balint B, Wildemann B. Eur J Immunol. 2011 Mar;41(3):845-53
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ?
Zozulya AL and Wiendl H (2008) Nat Clin Pract Neurol
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ?
Matarese G et al. Nat Rev Neurol 2010;8:455-61
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ?
STAT = Signal Transducers and Activators of Transcription.
Signifikante Assoziation mit STAT3-Gen STAT 3 beeinflusst Th17-Differenzierung
Cytokine Bulletin 07/02/2010; www.rndsystems.com/dam_public/6556.gif
Gibt es Neues in der Ursachenforschung ?
Produktion regulatorischer Zellen bei der MS vermindert basiert auf erniedrigter Produktion von IL-7 und geringerer Rezeptordichte auf dendritischen Zellen Dendritische Zellen steuern TREG Produktion Mรถglicherweise spielt Leptinkonzentration im Blut eine Rolle Leptin beeinflusst TREG Produktion. Aktivierung von Th17-Zellen durch STAT-3 Gen Dendritische Zellen steuern STAT-3 Mรถglicher Therapieansatz: Einfluร auf TREG Produktion
Welches sind die wichtigsten Grundsätze in der Ernährung für MS-Kranke ?
• • • • • •
Vermeiden von Übergewicht Schwerpunkt auf ungesättigten Fettsäuren Vitamin D3 (2000-4000 IU / Tag im Winter) Ausreichende Flüssigkeitszufuhr Wenig Alkohol Nichtrauchen
In welchen Gehirnarealen sind Entmarkungsherde besonders gef채hrlich?
www.uni-duesseldorf.de/.../kap11_abb_11-3a.jpg
In welchen Gehirnarealen sind Entmarkungsherde besonders gef채hrlich?
www.uni-duesseldorf.de/.../kap7_abb_7-4.jpg
In welchen Gehirnarealen sind Entmarkungsherde besonders gef채hrlich?
www.uni-mainz.de/.../Histology/spinal_cordk.jpg
In welchen Gehirnarealen sind Entmarkungsherde besonders gef채hrlich?
Besonders gef채hrliche Regionen im Gehirn sind: Bereiche mit vielen wichtigen Funktionsbahnen auf engem Raum (z.B. Innere Kapsel, Hirnstamm, Kleinhirn) sowie das R체ckenmark.
Woran erkenne ich einen neuen Krankheitsschub / abgegrenzt von vorübergehenden Symptomen? Definition eines MS - Schubes: Neue oder erneutes Auftreten bereits zuvor aufgetretener klinischer Ausfälle und Symptome, • die subjektiv berichtet oder durch die Untersuchung objektiviert werden • mindestens 24 Stunden anhalten • ≥ 30 Tagen nach einem vorausgegangenem Schub auftreten • nicht durch Änderungen der Körpertemperatur (Uhthoff-Phänomen) erklärbar. • nicht im Rahmen von Infektionen erklärbar Einzelne paroxysmale Episoden (wie z. B. tonische Spasmen) werden definitionsgemäß nicht als Schub eingeordnet. Multiple Episoden dieser Art mit einer Dauer von mehr als 24 Stunden werden jedoch ebenfalls als Schub angesehen.
Brauche ich unbedingt Cortison bei einem akuten Krankheitsschub oder kann ich abwarten? Möglicher Schubverlauf ohne und mit Kortisontherapie zu unterschiedlichen Zeitpunkten Behinderungsgrad
Späte Kortisonstoßtherapie
Frühe Kortisonstoßtherapie
Tag 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 .......
Welche Therapie- und Hilfsmöglichkeiten gibt es für den chronischen Verlauf ? Sekundär chronisch progredienter MS: mit Schüben:
INF-β1b (Betaferon); INF-β1a (Rebif) (EDSS ≤ 6.5)
mit + ohne Schübe:
Mitoxantron (Ralenova). (rascher Verlauf, EDSS ≤ 6.0)
Off label:
Intervalläre Kortisonstoßtherapie Cyclophosphamid (Endoxan)
Primär chronisch progrediente MS: KEINE zugelassene Dauerterapie. Off label:
Mitoxantron (Ralenova) (rascher Verlauf, EDSS ≤ 6.0) Cyclophosphamid (Endoxan) Intervalläre Kortisonstoßtherapie Rituximab ?
Symptomatischer Therapieansatz
Welche Therapie- und Hilfsmöglichkeiten gibt es für den chronischen Verlauf ?
Sekundär chronisch progredienter MS: Aktuelle Studie: Natalizumab bei sekundär chronisch progredienter Multipler Sklerose. Primär chronisch progrediente MS: Aktuelle Studien: Fingolimod bei primär chronisch verlaufender Multiple Sklerose. Ocrelizumab bei primär chronisch verlaufender Multipler Sklerose. Teriflunomid bei primär chronisch progredienter Multipler Sklerose
Auf was muss man bei Operationen und speziell bei Narkosemethoden achten? Vollnarkose:
Indikation bei ausgedehnten Operationen
Regionalanästhesie:
Nervenblockade zur Schmerzunterdrückung bei vollem Bewußtsein (z.B. epidural, spinal)
Lokalanästhesie:
Einsatz bei Zahnbehandlungen oder kleinen Wundnähten, Pat. bewußtseinsklar
Das Risiko ist im Allgemeinen für MS Patienten nicht erhöht. Ausnahmen: schwer betroffene Patienten mit deutlichen Lähmungen oder Atemproblemen Keine höhere Gefahr eines aktuten Schubes unter den verschiedenen Narkosemethoden. Beachten der Begleitmedikation (Antidepressiva, Antikonvulsiva, Spasmolytika) Intraoperatives Monitoring der Körperkerntemperatur
Auf was muss man bei Operationen und speziell bei Narkosemethoden achten?
• Operationsstress bedingt keine erhöhte Schubgefahr • Bei komplikationslosem Verlauf ist die postoperative Genesung regelhaft. • Komplikationen wie Infektionen oder Fieber kann eine Symptomzunahme hervorrufen • MS-Patienten mit Lähmungen zeigen eine verlängerte Rehabilitation nach mehrtägiger Bettruhe. • Hier ist eine intensive Physiotherapie nützlich und sollte schnellstmöglich postoperativ begonnen werden
Themenkomplex Stressfaktoren und MS
Kann Stress einen Schub verursachen? Kann die Kontrolle von Emotionen für den MS-Betroffenen schädlich sein (i.S. der Überanstrengung z.B. im Beruf)? Kann es sein, dass die psychosoziale Familiengeschichte Einfluss auf die Entwicklung der MS hat?
Themenkomplex Stressfaktoren und MS
17 Publikationen untersucht 5 zur MS Neumanifestation (1 Kohortenstudie), 12 zu Stress und Schub (9 Kohortenstudien) Starke Unterschiede in der Messmethodik von Stress, meist unter Ber端cksichtigung von Umwelfaktoren In 2 Studien MRT-basierte Schubdiagnostik Kein kontrolliertes Erfassen verschiedener Trigger- und psychosozialer Faktoren von Stress und Schub Selektion und Verblindung meist inadequat in den meisten Fallkontrollstudien In 15 Studien wurde eine Beziehung von Stress und Sch端ben angenommen, was aber durch die Unterschiede in der Stressmessung als nicht sicher bewertet wurde.
Themenkomplex Stressfaktoren und MS Weitere offene Fragen möglich, dass Patienten kurz vor dem Besuch das zu führende Tagebuch nachtrugen und damit ein „Aha“-Effekt (retrospektives Erfassen eines möglichen StressEreignisses) nicht ausgeschlossen werden kann. Stressintensität wurde nicht erfasst Definition von Stress nicht vorgegeben im Tiermodell verzögerte Stress den Ausbruch einer experimentellen allergischen Enzephalitis In Regionen mit konkret drohender Kriegsgefahr (Issrael) konnte Anstieg der Schubfrequenz nicht nachgewiesen werden. In akuten Streßsituationen wird vermehrt Adrenalin und insbesondere Kortison ausgeschüttet
Wie kommen Patienten zu einer Ampyra- Verordnung? Wirkstoff: Indikation: Dosierung: Mögliche Effekte:
Zulassung:
4-Aminopyridin (Kaliumkanalblocker) Verbesserung der Gangqualität bei Multiple Sklerose 2x10mg tgl. Verbesserung einer fatigue-Symptomatik Verbesserte Gangqualität Tonusbesserung der Beine USA seit 2010 Kosten ca. 700 Euro / Monat Deutschland im Oktober 2011 erwartet; Kosten ?
Alternativ off-label use von 4-Aminopyridin Kapseln auf Rezept von bestimmten Apotheken erhältlich.
Welche komplementären Therapiemöglichkeiten halten Sie für besonders sinnvoll? Akupressur
Craniosacraltherapie
Osteopathie
Akupunktur
Feldenkrais
progressive Muskelrelaxation
Alexander Technik
Bachblüten
Qigong
Angewandte Kinesiologie
Kräutermedizin
Reflexologie
Aromatherapie
Holistische Medizin
Reiki
Ayurvedische Medizin
Holistische Psychotherapie
Regression /Past-Life Therapie
Bioenergetik
Homöopathie
Rolfing
Biofeedback
Hydrotherapie
Shiatsu
Cervicolordodese
Hypnotherapie
Schwedische Massage
Chelation
Lichttherapie
Thai Chi
Chinesische Medizin
Magnetismus
Therapeutic Touch
Chiropraktik
Neurolinguistisches Programm
Triggerpunkttherapie
Craniocervicaltherapie
Neuromuskuläre Therapien
Yoga
Akupunktur Behandlung verschiedener Schmerzzustände -> erhöhte Endorphinaktivität. Hypothese: Akupunktur könnte Schmerzen und Muskelspasmen erleichtern. Einzelne Patienten fühlen sich nach Akupunktur besser. kein Hinweis, dass Progredienz der MS verlangsamt oder Schübe verhindert werden. Zur Schmerztherapie sinnvoll keine Wirkung auf den der MS zugrunde liegenden Krankheitsprozess
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) Elektroden werden auf der Haut plaziert. Stromfrequenz bzw. Amplitude bestimmen, welche Nervenfasern aktiviert werden. Hypothese: Stimulation des ZNS von peripher verbessert ZNS-Funktion Stimulation 체ber 20-30 Min. f체hrt zu Schmerzlinderung (Endorphinfreisetzung im ZNS) subjektive Besserungen und eine Verminderung der Spastizit채t. Verringerung des Kleinhirntremors. NW: Lokale Hautreizungen. Quantifizierte Studien sind notwendig, um die Wirkung der TNS zu belegen.
Entzü Entzündungshemmende Kost Verminderung der Arachidonsäure im Körper und Zufuhr entzündungshemmender Stoffe (Omega-3 Fettsäuren, Vit.C, E, D und Spurenelemente Hypothese: Arachidonsäure fördert Entzündungsaktivität bei MS. Reduktion dieser Fettsäure unterstützt günstigen Verlauf. Verboten: Butter,Schweineschmalz,Gänsefett, nicht mehr als 2 kleine Fleischmahlzeiten/Woche und 2 Eigelb/Woche, Käse >45% Fett. Empfohlen: fettreduzierte Milch, Fisch (Heilbutt, Forelle), Soja-, Weizenkeimöl, Sandornsaft, Kokosnuss, eifreie Nudeln Kein Wirksamkeitsnachweis vorhanden
Welche komplementären Therapiemöglichkeiten halten Sie für besonders sinnvoll?
Zusammenfassend kann bei unzureichender Studienlage keine eindeutige Empfehlung gegeben werden. • Entspannungsmethoden • Ernährungsschwerpunkte • symptomorientierte empirisch belegbare Methoden ohne wesentliche Risiken
Verschlimmert Unterforderung die Krankheitsentwicklung (geistige Veränderung)?
Methodik:
19 Pat. mit leichten bis mittelgradigen kognitiven Störungen, randomisiert in 2 Gruppen
V1
Basisuntersuchung
V2
nach 4 Wochen (12 Sitzungen neuropsychol. Trainingsprogramm
V3
nach 3 Monaten follow-up
Ergebnis:
verbesserte Exekutivfunktion bessere räumlich.konstruktive Fähigkeit bessere verbale / nonverbale Lern- / Gedächtnisleistung Verbesserung des BDI in beiden Gruppen Fatigue (MFIS) ohne Unterschied in den Gruppen
Biofeedback in der Schmerz- oder Entspannungstherapie – welche Erfahrungen gibt es darüber inzwischen?
Visuopropiozeptives Feedback vermindert Sturzrisiko bei MS nach Training über 6 Wochen (Prosperini et al. Mult Scler 2010;4:491-9) Meditation über 10 Wochen reduziert signifikant die allg. Schmerzintensität (Kabat-Zinn J. Gen Hosp Psychiatry 1982;4:33–47)
Signifikante Rückenschmerzreduktion durch 12 Wochen Yogaüber 10 Wochen reduziert signifikant die allg. Schmerzintensität Reduktion akuter Rückenschmerzen durch progressive Muskelrelaxation (Wahbeh et al. Neurology. 2008; 70: 2321–2328)
Gibt es „Mode“-Symptome, die erst in den letzten Jahren Beachtung gefunden haben? Bisherige Darstellung der Häufigkeit von Symptomen zu Beginn der Multiple Sklerose 45%
Lähmungen 42%
Gefühlsstörungen 33%
Retrobulbärneuritis 29%
Spastik
24%
Koordinationsstörungen 14%
Augenbewegungsstörung
9%
Autonome Störungen Psychische Symptome
4%
Gibt es „Mode“-Symptome, die erst in den letzten Jahren Beachtung gefunden haben? HALEMS - Neuerkrankte Was sind Ihre drei wichtigsten Hauptbeschwerden? Sprechen Darmkontrolle
n=60
Sexualität Blasenkontrolle schlechte Stimmung Schmerzen andere Arme/Handfunktion Denken/Merkfähigkeit Müdigkeit Sehstörung Gehen Kribbeln/Taubheit 0%
10%
20% 1.Nennung
Eggers et al. Multiple Sclerosis 2008;14:144-145
30%
40%
2.Nennung
50%
60%
70%
3.Nennung unterstützt durch das MS-Netz Rheinland-Pfalz der DMSG
Gibt es „Mode“-Symptome, die erst in den letzten Jahren Beachtung gefunden haben?
Die Lebensqualität von MS-Betroffenen wird in hohem Maße durch fatigue-Beschwerden (75%) und kognitive Funktionseinbußen (65%) beeinträchtigt. Beschwerden treten bereits zu Beginn der Erkankung gehäuft auf. symptomatische Therapie und immunmodulative Langzeittherapie haben positiven Einfluß auf diese Symptome.
Angehörige: Wie bringe ich meinen Partner dazu, sich mehr mit der Krankheit auseinander zu setzen und mehr für sich zu tun? www.dmsg.de
FÜR MITGLIEDER KOSTENLOS !
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Angehörige: Wie bringe ich meinen Partner dazu, sich mehr mit der Krankheit auseinander zu setzen und mehr für sich zu tun?
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Vielen Dank f端r Ihre Aufmerksamkeit!