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TANZENDE STAUDE
Gerade komme ich von der Morgenbirsch nach Hause. Es ist Hochbrunft, doch gesprungen ist mir heute nur ein junger Bock. Die alten Böcke stehen vermutlich noch bei ihren Geißen und rühren nicht einmal einen Lauscher, wenn die zarten Fieptöne aus meinem Blatter dringen. Einen alten, interessanten Bock habe ich im Visier; einen, den ich erst zweimal auf etwa 400m von einem Feldweg aus habe beobachten können.
Als ich wieder diesen Feldweg entlangfahre und wie schon in den letzten Wochen intensiv nach dem heimlichen Bock Ausschau halte, heben sich plötzlich zwei rote Körper vom Wiesengrün ab. Wieder sehr weit weg. Ein Griff zum Fernglas, und schon habe ich Gewissheit: Den Bock gibt es noch! Den muss ich haben. Er steht gerade bei seiner Geiß, die seelenruhig äst. In diesem Moment tut sich der Alte auch noch nieder, offenbar hat die anstrengende Brunft bereits Spuren hinterlassen. Dennoch: Diese Information genügt mir, und schon fahre ich unauffällig weiter. Während der Heimfahrt tüftle ich an einer Jagdstrategie. Fakt ist, dass in unmittelbarer Nähe (auf Schussdistanz) kein Hochstand ist und das gesamte Gebiet aus Wiesen
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Christian DORNINGER
Tel: 0732/389 00-1243 christian.dorninger@saatbau.com und mittlerweile abgedroschenen Getreidefeldern besteht. Für eine Birsch fehlt mir also Wesentliches: die Deckung. Es stehen allerdings einige mobile Riegeljagdhochstände im Revier. In nur wenigen Minuten ist ein solcher abgebaut, und zur Mittagszeit befinde ich mich damit gemeinsam mit meinem Vater auf dem Weg zum „Einsatzgebiet“. Doch wohin mit dem Stand? Zu nah möchte ich auch nicht heran, um keinen allzu großen Wirbel zu veranstalten. Immerhin dürfen der Bock und vor allem die Geiß unser Vorhaben nicht spitzkriegen. Wir stellen den Riegeljagdhochstand leise auf und berücksichtigen dabei nicht nur den Kugelfang, sondern auch den Wind. Hoffentlich sind die Windverhältnisse auch heute Abend ideal. Wir stellen den Stand neben einen kleinen Apfelbaum, um jede verfügbare Deckung auszunutzen. An einer Holunderstaude, die etwa 40m seitlich danebensteht, binde ich noch eine Schnur an, die zum Stand führt. Nach zehn Minuten Aufbauzeit sind wir auch schon wieder dahin. Ich zähle die Stunden und Minuten bis zum Abend und habe nur noch eines im Kopf – den Brunftbock. Meinen Vater nehme ich auch mit. Er beherrscht die unterschiedlichen Strophen mit dem Blatter vom Kitzfiep bis hin zum Sprengfiep perfekt. Außerdem wird er heute noch eine andere Aufgabe haben. Früher als sonst machen wir uns auf den Weg. Immerhin müssen wir eine ordentliche Strecke auf offenem Feld überwinden, bis wir zum mobilen Riegeljagdhochstand gelangen. Als wir dort ankommen, heißt es warten. Es vergeht eine Stunde, dann taucht der Bock mit seiner Geiß tatsächlich auf, doch diesmal etwas weiter westlich als sonst. Schlagartig schnellt mein Puls in die Höhe. Der Entfernungsmesser zeigt etwas mehr als 300m. Wir haben aber noch genügend Zeit und können die Situation vorerst einmal beobachten.
Auf die Fieptöne aus dem Blatter meines Vaters reagiert der Bock wie erwartet nicht. Es vergeht Minute für Minute, aber die beiden halten kons- tant die Entfernung zu uns. Eine kurze Absprache, und wir beschließen, nun den „Joker“ auszuspielen, denn schön langsam hat die Dämmerung eingesetzt. Ich bringe mich in Schießposition und mein Vater startet einstweilen mit dem Sprengfiep. Auch diese Töne lassen den Bock kalt. Doch als mein Vater an der Schnur zieht und damit die Holunderstaude knacksend und raschelnd bewegt, gilt die volle Aufmerksamkeit des Bockes nicht mehr seiner Geiß, sondern nur noch der „tanzenden“ Staude. Auf direktem Weg zieht es den Bock in unsere Richtung. Jetzt nur ruhig bleiben. „250m, 200m. Jetzt steht er auf 170m“, flüstert mein Vater leise, und schon zerreißt der Schuss die Spannung. Der Bock liegt im Feuer. Stille kehrt ein. Wir liegen einander in den Armen und die Jagdfreude sowie der Stolz über einen funktionierenden Plan überkommen uns. Zu Hause angekommen, lassen wir das Erlebnis mehrfach Revue passieren und kommen zu der Erkenntnis, dass der mobile Riegeljagdhochstand ein wesentlicher Schlüssel dieses Jagderfolgs war.
Mit freundlicher Genehmigung des Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien
BUCHTIPP
Buchauszug: Hochstandbau – SicherheitKonstruktion-Wartung von Dominik Steinhauser Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag, Wien; Siehe Buchvorstellung auf Seite 113