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DRAUSSEN IM REVIER

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NEUE. BÜCHER.

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Unterwegs mit der oö. Jungjägerschaft

Bei der Schaffung von lebensraumverbessernden Strukturen ist es wichtig, erst einmal zu beobachten und sich das nötige Wissen anzueignen.

Ackerraine, Säume, Hecken und brache Strukturflächen haben einen ungemein positiven Wert für unsere heimische Artenvielfalt. Leider sind diese, für die Artenvielfalt so wichtigen Flächen in den letzten Jahrzehnten sukzessive weniger geworden oder sind gar zur Gänze verschwunden.

Manche Träger des goldenen Bruches, welche 50 Jahre oder mehr jagen, sprechen noch mit viel Begeisterung von den vielen Rebhühnern, die es früher gab, oder vom Kiebitz, der heutzutage auch seltener zu sehen ist. Diesen Jägern lohnt es sich, gut zuzuhören, denn gerade im Hinblick auf lebensraumverbessernde Maßnahmen können sie gute Tipps geben, z.B.: wo die eine oder andere Art früher vorkam, und wo es eventuell wertvoll sein kann, lebensraumverbessernde Maßnahmen durchzuführen.

Heute ist zahlreichen Jungjägerinnen und Jungjägern die Erhaltung der Lebensräume und die damit verbundene Artenvielfalt ein wichtiges Anliegen und manchmal ist es sogar die Hauptmotivation, die Jagdprüfung zu machen.

Eine nachhaltige Nutzung unserer Ressourcen wirkt sich durchaus positiv auf die Lebensräume unserer Wildtiere aus. Man denke nur an den Feldhasen oder die Feldlerche, die bereits im Namen tragen, wo sie sich gerne aufhalten. Fehlt es ihnen aber gänzlich an Deckung oder dem richtigen Nahrungsangebot, wird es pro- blematisch. Doch wie erkennt man mögliche Potentiale für lebensraumverbessernde Maßnahmen im Revier? Wie ist das Gespräch mit den Grundbesitzern zu suchen? Große Themen, welche sicher nicht in einem Artikel abgebildet werden können.

Als ersten Schritt haben wir mit Adi Haberfellner, Bezirksjägermeister des Bezirks Grieskirchen und Landwirt, sowie dem Jungjäger Horst Obermayr (ebenfalls Landwirt) gesprochen, die uns einen Einblick geben, wie sie als Jäger und Landwirte auf dieses Thema blicken.

Oö Jäger: Horst, wieso hast du als Landwirt die Jagdprüfung gemacht?

Horst Obermayr: Die Jagdprüfung habe ich gemacht, da ich ein hohes Interesse an der Natur und der Artenvielfalt habe. Ich beschäftige mich schon sehr lange mit Biodiversität und Umweltprogrammen. Besonders wertvoll sehe ich anstelle von einer größeren Biodiversitätsfläche, mehrere kleine solcher Flächen, welche im Idealfall keine großen Abstände zueinander haben. Das „Wohnzimmer“ der Wildtiere wird dadurch vernetzt und strukturiert sich im Idealfall über eine Gesamtfläche. Das wirkt sich positiv für die Tier- und Pflanzenwelt aus, von den Insekten und Kleinlebewesen bis hin zu unseren Wildtieren. Als Landwirt kann ich mit Biodiversitätsflächen ökologischen Problemen aus dem Weg gehen, auch wenn sich ihr Nutzen für uns vielleicht nicht sofort erkennbar zeigt. Doch die Fehler aus der Vergangenheit, die Verarmung der Vielfalt sollte uns alle zum Nachdenken und Handeln anregen, und unser Umdenken sichtbar machen.

Lieber Adi, du hast ja einen großen landwirtschaftlichen Betrieb und bist gleichzeitig Bezirksjägermeister. Was ist dir in diesem Zusammenhang hinsichtlich Artenvielfalt und lebensraumverbessernde Maßnahmen seitens der Jägerschaft wichtig?

Adi Haberfellner: Man muss verstehen, dass der Landwirt von seinen Flächen lebt, vom Ertrag der Äcker und Wiesen. Umso wichtiger ist es, dass Förderprogramme die finanziellen Abgeltungen für die fehlenden Erträge der Biodiversitätsflächen leisten. Auch ist es wichtig zu wissen, dass Landwirte viele vorgegebenen Bestimmungen auf ihren Flächen einzuhalten haben. Sie sind durch Programme wie ÖPUL oder GAP und Bestimmungen der AMA nicht völlig frei in den Entscheidungen, welche Flächen wie bepflanzt und bewirtschaftet werden.

Auch das Thema Ukrainekrieg hat letztes Jahr einiges in der Landwirtschaft verändert, brach liegende Flächen wurden für den Anbau von Feldfrüchten freigegeben, um die Nahrungs- und Versorgungssicherheit von Österreich sicherzustellen. Je mehr Jägerinnen und Jäger über die Situation der Landwirte Bescheid wissen, desto mehr Verständnis haben sie und das hilft bei der Kommunikation mit den Grundbesitzern, wenn man eine lebensraumverbessernde Maßnahme machen möchte. Seit vielen Jahren widmen wir im Bezirk Grieskirchen daher im Zuge des Jagdkurses einen Abend dem Thema „Landwirtschaft“. Es ist erfreulich, dass das Interesse der Jungjägerinnen und Jungjäger an diesem Thema deutlich vorhanden ist. An diesem Abend wird Wissen vermittelt, aber auch falsche Annahmen und Vorurteile aus dem Weg geräumt. Auch ist mir wichtig, dass jagende

Grundbesitzer mit einer Vorbildfunktion vorrangehen und selbst Flächen zur Förderung der Artenvielfalt zur Verfügung stellen! Damit sollen nichtjagende Grundbesitzer diesem Beispiel folgen.

Als Grundbesitzer stelle ich eine Fläche zur Verfügung, wie sieht es da mit den Kosten für Saatgut oder Pflanzen für eine Hecke aus?

Haberfellner: Es gibt ein gewisses Budget bzgl. der kostenlosen Abgabe von Sträuchern seitens des OÖ. Landesjagdverbandes. Auch Sämereien für die Anlage von Biodiversitätsflächen werden finanziell unterstützt, diese speziellen Saatgutmischungen beinhalten wertvolle Gräser und Kräuter für unser Wild wie z.B. Rot-, Steinoder Weißklee, Kümmel und Leindotter. Auch Biosaatgut für Biobetriebe ist im Programm.

Vielerorts übernehmen die Jägerinnen und Jäger die Planung und Pflanzarbeit von Hecken und Strauchgruppen. Es ist wichtig, dies den Grundbesitzern zu kommunizieren.

Horst, du beschäftigst dich schon lange mit dem Thema. Wo ist es sinnvoll eine Fläche anzulegen?

Obermayr: Flächen abseits von Straßenzügen sollten für die Anlage von Biodiversitätsflächen ins Auge gefasst werden, um die volle Funktion als Lebensraum gewährleisten zu können. Der Landesjagdverband bietet auch Hinweisschilder an, welche diese Flächen ausweisen und unter dem Titel „Artenvielfalt“ die Funktion solcher Flächen darstellt, aber auch „Hausordnung“ dieser Flächen auf sympathische Art dem Spaziergehenden vermittelt.

Adi und Horst, das Thema, wo welche lebensraumverbessernden Maßnahmen Sinn machen bzw. wie man diese Flächen pflegt, hört sich ganz schön komplex an. Ist das auch so?

Nein, es ist nicht schwierig und es gibt sehr einfache Sachen, die man tun kann, um dem Niederwild und anderen Arten zu helfen. Wichtig ist erst einmal, zu beobachten und sich Wissen anzueignen, mit erfahrenen Jägern zu sprechen, zuzuhören und sich auszutauschen. Wenn z.B. eine Böschung nicht gemäht wird, kann das zeigen, dass der Landwirt diese Fläche nicht nützt. Auch Gewässerrandzonen sind ein Thema, da der Landwirt ohnehin hier einen Abstand z. B. zu Bächen einhalten muss (Düngung!).

Lieber Adi, hast du für uns ein paar Praxistipps bereit?

Ich persönlich baue die vom LJV bezogenen Saatgutmischungen, die besonders wertvoll für unsere heimischen Wildtierarten sind, auch für andere Landwirte in unserer Genossenschaft liegend, an. Die richtige Einstellung der Anbaumaschine sorgt dafür, dass nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Saatgut gesät wird, denn zu dichte bzw. zu dünne Bepflanzung bieten im weiteren Verlauf keine optimalen Lebensräume.

Und ich plane diesen Anbau immer ein Jahr voraus. Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, das Saat- gut der Biodiversitätsflächen bereits nach dem Drusch des Wintergetreides anzubauen, nicht erst im darauffolgenden Frühjahr. Die höheren Bodentemperaturen im Sommer garantieren einen schnelleren und umfangreicheren Anwuchs, die Sämereien sind zumeist weniger Konkurrenzverträglich und weniger keimfreudig als unser Kultursaatgut.

Auch Hecken gehören gepflegt, denn sonst setzen sich nur die großen dominanten Sträucher durch und unten wachsen nur Brennnessel und somit ist wenig Deckung fürs Niederwild gegeben. Hin und wieder gehören die Sträucher aus- und zurückgeschnitten. Eine gewisse Pflege durch uns Menschen braucht diese Kulturlandschaft; wilde Natur haben wir ja nicht mehr. Das sollte man der nichtjagenden Gesellschaft erklären können, um auch hier das gegenseitige Verständnis zu fördern.

Vielen Dank für eure Bereitschaft, ein Interview zu diesem wichtigen Thema mit uns zu machen.

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