Gemeinde Kerns 2014-42

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AKTUELL

KERNS Gemeinderubrik im Aktuell Obwalden

KW 42 – 16. Oktober 2014


Gemeinderubrik Kerns

Der Name und das Wappen «Kerns» Der Name Kerns Bereits im Jahre 1036 tauchte der Name Kerns in einer Urkunde auf, in welcher der lenzburgische Grundbesitz in der Zentralschweiz verzeichnet ist. Der Name Kerns kann aber nicht eindeutig erklärt werden. Verschiedene alte Schreibweisen sind: um 1036 Chernz, um 1050 Chernes, um 1150 Cherns, um 1173 Chernis Früher leitete man den Namen bald vom lateinischen Ceres (Göttin des Acker- und Getreidebaues), bald von einem alten Rittergeschlecht Quernus, das einst Herr des Ortes gewesen sein soll, bald von Kernen (Korn) ab. An diese Deutung knüpft offensichtlich das Wappen an. Eine damit verwandte, etwas jüngere Erklärung sieht im Namen Kerns das althochdeutsche „quirn“ sowie das alemannische „chern“, welches Mühe bedeutet, weiterleben. Das Wappen der Gemeinde Kerns scheint gegenüber des Gemeindenamens erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden zu sein. Das Wappen Kerns Es zeigt im blauen Feld drei gelbe Korngarben, die beiden unteren schräg nach aussen geneigt. Weil es an die volkstümliche Erklärung des Namens Kerns anknüpft, ist es ein sogenanntes sprechendes Wappen. Wir wissen, dass es am 1768 geweihten und 1813 verbrannten Hochalter angebracht war. Seither finden wir es auf dem Bild vom Kirchenbrand im Chor der Kirche, auf dem Harsthorn von 1827 und auf Fahnen. Quelle: www.kerns.ch

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Aus dem Buch „Sozusagen: Frauen leben in Obwalden“ jüngstes von sechs Geschwistern auf die Welt, zuhause, mit Hilfe der Dorfhebamme, wie das damals so üblich war.

Elisabeth Durrer 1911-2012 Primarlehrerin Kerns Zuhause in Kerns und heimisch im elterlichen «Hotel Honegg» auf dem Bürgenstock. Das prägte die kleine Elisabeth: hier die gemütlich dörfliche Enge, die Geborgenheit inmitten von Menschen, die sich alle kannten – dort die Begegnung mit Fremden, mit der weiten Welt. Elisabeth kam als zweit-

Privileg: Zeit zum spielen Während die Bauernkinder nach der Schule zuhause mitarbeiten mussten, hatten die Durrerkinder viel freie Zeit. Sie spielten am liebsten draussen, auf der Wiese oder am Bach. Wenn abends die Betzeitglocke läutete, mussten alle Kinder zuhause sein. Bei schlechtem Wetter spielten sie in ihrer Rumpelstube, machten Brettspiele, Figuren wurden ausgeschnitten, es wurde gemalt oder mit Puppen gespielt. Neben der Rumpelstube war die bessere Stube, da wurde Besuch empfangen, oder die Eltern hielten sich darin auf, wenn sie etwas zu besprechen hatten. Fortsetzung nächste Seite...


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Gemeinderubrik Kerns Nicht dass die Kinder da ausgeschlossen waren, aber hier, in der gepflegten Einrichtung, musste man sich gesittet benehmen. Da waren sie doch lieber in ihrer Rumpelstube, wo sie sich austoben konnten. Ein paar häusliche Pflichten hatte sie schon, etwa nach dem Mittagessen Holz in die Küche heraufzuholen. Die Buben mussten jeweils das Holz aufschichten und den Hühnerstall ausmisten. Aber sonst war da die Magd, die zum Rechten sah. Sie putzte auch die Schuhe, die bei schlechtem Wetter auf den Naturstrassen ganz schön schmutzig werden konnten. Auch die Hosenbeine der Männer und die schwarzen Baumwollschirme hatte sie abzubürsten. Überhaupt wurde viel Staub und Dreck ins Haus getragen. Die Strassen waren noch schmal, und zu beiden Seiten standen Weissdornhecken. Heiligengeschichten und Gestricktes Damals kannten sich noch alle im Dorf und man grüsste sich auf der Strasse. Meistens ging man ja noch zu Fuss, nicht wie heute, wo die Leute im Auto an einem vorbeifahren und man viele gar nicht mehr kennt. Die Erwachsenen waren fast alle per Du und brauchten auch Übernamen, wenn sie von jemandem redeten. Das war aber nicht anstössig, sondern einfach notwendig in einem Dorf, wo viele gleich hiessen. Das Zepter im Haus führte eine Tante, besonders im Sommer, wenn die Mutter im Hotel war. Tante Marie war Mutters älteste Schwester, also auch für sie eine Art Respektsperson. Oft musste die Mutter zwischen der strengen Tante und den Kindern vermitteln, oder diese wussten sich zu helfen, indem sie einfach davonliefen. Tante Marie kochte und hielt Hühner. Vom Schulhaus war es nur ein Katzensprung nach Hause. Während der Schulpause verwöhnte sie die kleinen Nichten mit einem verquirlten Ei. Sie war schwer sehbehindert, und die Kinder mussten ihr oft vorlesen. Die Geschwister, die damals noch zuhause

waren, zeigten sich nicht so geeignet für diese Aufgabe. Liseli dagegen hatte schnell und gut lesen gelernt und musste nun am Sonntagnachmittag der Tante aus ihrem Buch mit den Heiligengeschichten und aus anderen frommen Büchern vorlesen. Diese Tante wäre in ihrer Jugend gern ins Kloster gegangen, war aber wegen ihrer Behinderung nicht aufgenommen worden. Liseli ging gern zur Schule, nur der Handarbeitsunterricht behagte ihr nicht. Die Mädchen lernten nähen und stricken. Und sie mussten viel stricken, auch als Hausaufgabe. Da gab es Mädchen, die am Ende eines Schuljahres ganze Stapel Selbstgestricktes präsentieren konnten. Liseli dagegen brachte in einer Woche manchmal nicht einmal die vorgeschriebenen zehn Reihen zustande. Oft strickte die Magd die Strümpfe fertig. Gestrickt wurden vor allem lange braune Strümpfe aus kratzender Wolle. Ferienzeit auf der Honegg Der Vater war viel fort und kam meist nur am Wochenende nach Hause. Von Mai bis Ende September waren die Eltern im Hotel auf dem Bürgenstock. Damals war nur Sommerbetrieb. Darum hatte der Vater die Idee, im Tessin für die Wintermonate ein Hotel zu eröffnen. Dazu kam es aber nicht mehr, er starb früh. Nach seinem Tod führte die Mutter das Hotel allein weiter. Sie war eine erfahrene Hotelière und hatte sehr gutes Personal, Fachleute auf den leitenden Posten. Während der Schuljahre verbrachten die Durrerkinder jeweils die ganzen Ferien auf der Honegg. Sie genossen diese Zeit im Hotel und in der weiteren Umgebung, im Wald und auf dem nahen Bauernhof. Das Hotel hatte eine eigene Quelle. Es war zwar bereits am Stromnetz angeschlossen, aber Kühlschränke gab es noch keine, gebügelt wurde hingegen schon elektrisch. Telefon gab es auch schon, Fortsetzung nächste Seite...


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Gemeinderubrik Kerns es musste aber mit einer Kurbel in Gang gesetzt werden. Die Gäste wurden mit einem Pferdewagen an der Bürgenstockbahn abgeholt, das Gepäck auf einem Brückenwagen transportiert. Das Haus war 1905 nach den damaligen Erfordernissen gebaut worden und ein Vierstern-Hotel. Später liess die Mutter die Zimmer mit fliessendem Wasser ausrüsten. Hotelleben Die Gäste blieben etwa drei bis vier Wochen, einige verbrachten den ganzen Sommer auf der Honegg, zum Teil auch mit ihren Kindern, später wurden ganze Familien seltener. Vor dem Ersten Weltkrieg kamen die Gäste aus aller Herren Länder, auch vornehme Russen waren dabei. Mittagund Nachtessen nahmen sie gemeinsam ein. Die Speisen wurden auf einer Platte präsentiert, von der sich jeder Gast selber bediente. Die Hotelierskinder assen mit dem Personal. Tagsüber vergnügten sich die Gäste auf dem Tennisplatz oder spielten Krokket, darin war Liseli Meisterin und konnte es mit jedem aufnehmen. Vater Durrer hatte im Freien ein Kegelspiel aufgebaut. Im Haus gab es einen Billardtisch, an dem die Herren oft stundenlang spielen konnten, während die Damen sich zum Plaudern gern in den Damensalon zurückzogen. Daneben gab es ein Extrazimmer zum Jassen. Abends nach dem Essen sass man in der Halle oder im Freien auf der Terrasse. Rege benutzt wurde der Phonograph, und die jüngeren Herrschaften tanzten zur Musik von Schellackplatten. Die Weltkriege Ein Höhepunkt im Sommer war immer der 1. August, wenn alle Gäste abends mit Lampions zum Höhenfeuer zogen und miteinander Lieder sangen, wie «Luegid vo Bärg und Tal» oder «Ich bin ein Schweizer Knabe». Während des Ersten Weltkrieges mussten die meisten Hotels schliessen, weil die

ausländischen Gäste ausblieben. Vater Durrer gelang es aber, verletzte deutsche Internierte einzuquartieren. Für diese war auch ein Arzt im Hotel. Das muntere kleine Liseli war der Liebling dieser Gäste, sie erinnerte wohl einige an ihre eigenen Kinder in der fernen Heimat. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg lief die Hotellerie gut, bis etwa 1925, wonach die Situation in den Dreissigerjahren wieder schwierig wurde. Auf die Honegg kamen zu dieser Zeit ranghohe Nationalsozialisten in die Ferien. Die älteste Schwester sagte ab und zu: «Diesen Nazis traue ich nicht über den Weg.» Familie Durrer war sehr gut informiert über alles, was sich in Deutschland tat. Wer wollte, konnte am Schweizer Radio, besonders durch die politischen Sendungen von Rudolf von Salis, genug erfahren. Was die Lebensmittelversorgung in der Kriegszeit betraf, waren die Leute auf dem Land in einer bevorzugten Lage. Der benachbarte Bauer sagte zum Beispiel: «Gebt uns einfach von euren Lebensmittelkarten, und wir geben euch alle Milch, die ihr braucht». Früher Abschied vom Vater Der Tod des Vaters war ein grosser Einschnitt im Leben der zwölfjährigen Elisabeth und der ganzen Familie. Er war auf der Honegg beim Gang über ein Gerüst von einem losen Brett gefallen und wurde so schnell wie möglich ins Berglispital Luzern gebracht. Die ganze Familie versammelte sich um Vaters Bett, und er verabschiedete sich von allen und gab jedem einzelnen ein Kreuzzeichen auf die Stirn. Beim Wechseln der Sauerstoffflasche starb er. Wie es sein Wunsch war, führte die Familie das Hotel weiter. Alle waren gewohnt zusammenzustehen, und ein Onkel war ihnen eine Art Beistand. Bei allen Durrerkindern wurde auf eine gute Ausbildung Wert gelegt. Die grossen Geschwister waren in der französischen Schweiz und in England, Fortsetzung nächste Seite...


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Gemeinderubrik Kerns in Internaten oder bei bekannten Familien, um Französisch und Englisch zu lernen, was für die Hotellerie unerlässlich war. Elisabeth ging nach der Primarschule zusammen mit drei anderen Kernser Mädchen nach Sarnen in die Sekundarschule, wo damals die Schülerinnen aus allen Gemeinden zusammen kamen. Eine Menzinger Lehrschwester unterrichtete die erste und die zweite Klasse. Die Kernser Mädchen gingen zu Fuss nach Sarnen. Nach der Sekundarschule besuchte Elisabeth, wie das in der Familie üblich war, im Welschland ein Pensionat in Châtel-St. Denis. Aber in diesem Internat wurde sie fast krank vor Heimweh. Nach den Weihnachtsferien erlaubte ihr die Mutter, einstweilen zu Hause zu bleiben. Traumberuf Lehrerin Als gute Schülerin und nach dem Vorbild ihrer Lieblingstante Berta wollte Elisabeth Lehrerin werden. Diese Tante war zu ihrer Zeit eine der wenigen weltlichen Lehrerinnen gewesen, was der jungen Elisabeth sehr imponierte. Sonst wurden in der Innerschweiz die Mädchen hauptsächlich von Klosterfrauen aus Menzingen und Baldegg unterrichtet. Bei ihrer Tante konnte Elisabeth wohnen, als sie die dritte Sekundarklasse und das städtische Lehrerinnenseminar auf der Musegg besuchte. Es war eine gute Zeit für Elisabeth, bei der geliebten Tante, nicht weit von Kerns und dem Bürgenstock, mit einem kurzen Schulweg durch die Stadt. Als junge Lehrerin war es für Elisabeth Durrer schwierig, eine Stelle zu finden. Die Gemeinde Kerns hatte noch ein Abkommen mit Baldegg, das bei einer Neubesetzung den Klosterfrauen oder den weltlichen Absolventinnen des dortigen Seminars den Vorzug gab. Aber jetzt, wo sie als Kernserin eine Stelle suchte, setzte der Gemeindepräsident sich für sie ein. Nach einem Jahr als Lehrerin am Mädchen-Pensionat St. Agnes in Luzern

konnte sie in Kerns, wie es ihr Wunsch war, die Mädchen der vierten und fünften Klasse übernehmen. Harte Zeiten Damals wurden jeweils zwei Jahrgänge zusammen unterrichtet, die Buben von einem Lehrer und die Mädchen von einer Lehrschwester oder einer weltlichen Lehrerin. Elisabeth Durrer hatte im ersten Jahr fünfzig Schülerinnen, später einmal sogar dreiundsechzig. Dabei war die Besoldung so schlecht, dass der Kanton Obwalden beim Schweizerischen Lehrerverein in Verruf geriet. Einige Lehrer konnten sich und ihre Familien nur mit Nebenarbeiten über die Runden bringen, so führten zum Beispiel zwei von ihnen zusammen ein Reisebüro. Eine Pensionskasse wurde erst eingeführt, als Elisabeth Durrer schon über fünfzig war und es sich für sie nicht mehr lohnte beizutreten. Während des Zweiten Weltkrieges mangelte es im Schulhaus an Holz und Kohle, da sammelte sie mit den Kindern Tannzapfen, um im Winter das Schulzimmer zu heizen. Am Morgen war es manchmal so kalt, dass die Kinder die Mäntel anbehielten. Bei der schlechten Versorgungslage, während der sogenannten Anbauschlacht, musste sie mit ihren Klassen im Ried auf den neu gewonnenen Äckern Kartoffelkäfer ablesen. Statt der üblichen vierzig Schulwochen waren es im ersten Kriegsjahr nur dreissig, und in den Ferien gab es damals keinen Lohn. Ehre und Pflichten Erst in den 1950er-Jahren verbesserten sich die Anstellungsbedingungen, es gab mehr Lehrpersonen und ein neues Schulhaus. Eine wichtige Rolle im Schulalltag spielte der Religionsunterricht, für den der Pfarrer zwei Stunden wöchentlich in die Schule kam. Fortsetzung nächste Seite...


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Gemeinderubrik Kerns Zusätzlich gab es eine Stunde Bibelunterricht durch die Lehrperson. Die tägliche Schulmesse, die jeweils morgens stattfand, war für alle obligatorisch. Elisabeths älteste Schwester führte den gemeinsamen Haushalt, so dass sie sich in der kurzen Mittagspause nur an den Tisch setzen konnte. Eine besondere Herausforderung war das alljährliche Schulexamen durch den Schulinspektor, damals meistens einer der Obwaldner Pfarrherren. Während rund einer Stunde musste die Lehrerin dem Inspektor und einer Reihe von Gästen vorführen, was die Kinder im vergangenen Schuljahr gelernt hatten. Die Schulkinder kamen fast alle aus grossen Familien, zehn Kinder waren keine Seltenheit. Das Schulmaterial mussten die Eltern selber bezahlen, deshalb wurden die Bücher von einem Kind zum anderen weitergegeben. Als Lehrperson war man zu dieser Zeit sehr angesehen und bekam im Dorf verschiedene ehrenamtliche Aufgaben zugewiesen. Lehrerinnen mussten sich um die 1. AugustAbzeichen und den Verkauf der Pro Juventute-Marken kümmern. In den Vereinen wie im Kirchenchor oder in der marianischen Jungfrauenkongregation war es selbstverständlich, dass die Lehrerin das Protokoll zu schreiben hatte. Auszug aus dem Buch „Sozusagen“: Text: Margrit Vogler Sulzbach Bilder: Christina Niederer

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