3 minute read

GEH-SUNDHEIT

Next Article
Bergsteigertipp

Bergsteigertipp

Am seidenen Faden

Wenn das Virus zuschlägt

Advertisement

28 Tage lag Margareth Ploner aus Tiers auf der Intensivstation in Bozen im Koma, mit schwerem Covid-19. Heute, rund ein Jahr später, leidet sie immer noch an den Folgen.

Margareth Ploner mit Sonne im Herzen und mit Dankbarkeit, ihren Horrortrip überwunden zu haben

Foto: privat

Mancher versteht die Wucht dieser Pandemie erst, wenn er selbst oder jemand aus seinem nahen Umfeld schwer betroffen ist. Nehmt dieses Virus ernst!“, mahnt Margareth Ploner.

Margareth, eine passionierte Bergsteigerin, ehemals aktive Bergretterin und Fallschirmfliegerin, ist eine Frau mit Feuer im Blut. Für die fitte 71Jährige und AVSVizepräsidentin (von 1996 bis 2008) macht sportliches Aktivsein einen wichtigen Teil ihres Lebens aus. Bis es eines Tages im Rücken zwickt.

Da die Schmerzmittel kaum helfen, wird sie am 24. Februar 2020 stationär im Krankenhaus aufgenommen, Diagnose: Bandscheibenvorfall. „Anfang März kam ich dann zur weiteren Schmerz und Physiotherapie in eine Privatklinik“, sagt Margareth, die selbst über 30 Jahre als Krankenpflegerin gearbeitet hat. Dass es etwas an Zeit für die Gesundwerdung brauchen wird, ist ihr klar. Dass es nahezu ein Jahr werden würde, nicht.

Zum Mond …

Am 7. April treten vermummte Sanitäter vom Weißen Kreuz in ihr Klinikzimmer, um sie erneut ins Krankenhaus zu überstellen. „Wohin soll ich mit euch? Auf eine Reise zum Mond?“, scherzt sie. Es sollte für eine lange Zeit ihr letzter Jux gewesen sein. Aufgrund ihres sich rapide verschlechternden Zustandes und alarmierender Werte wird sie wenige Stunden später sediert und intubiert, ihr Covid19Test ist positiv. Die Lunge bereits stark geschädigt. 28 Tage hängt Margareth am seidenen Faden, zweimal haarscharf zwischen dem Hier und dem Dort. Die Ärzte kämpfen um ihr Leben. „Obwohl ich das nicht bewusst mitbekommen habe, ist es in meinem Unterbewusstsein abgespeichert.“

… und zurück …

Endlich kann Margareth aus dem Tiefschlaf geholt werden – bis sie das Krankenhaus aber verlassen darf, ist es Juni. „Als mich meine Tochter abholte, weinten wir beide vor Freude und Erleichterung.“ Das lange Ringen ums Überleben hat indes Spuren hinterlassen, die PostCovidSyndrome sind gravierend. „Ich musste von null auf wieder stehen und gehen lernen, hatte Schwierigkeiten, mich auszudrücken, die richtigen Worte zu formulieren.“ Kraftlosigkeit schon bei der kleinsten Anstrengung, das Aufstehen vom Bett wie ein Marathon. Geschmacks und Geruchssinn waren weg, ihre schönen, pechschwarzen Haare fielen aus. Schreckliche Albträume begleiteten ihre Nächte. Das Erinnerungsvermögen hing in Nebelschwaden.

… und zum Ortler?

Was gab ihr die Kraft zu kämpfen? Gewiss ihr sonniges Wesen und „die unermüdliche Unterstützung meiner Familie. Meiner Tochter hatte ich zum Geburtstag eine gemeinsame Tour zum Ortler geschenkt. Das wollte, das musste ich erleben! Was ich besaß, war ein starker Wille, wieder gesund zu werden, was mir fehlte, war Geduld. Mein Kopf ging dem Körper voraus, dieser konnte ihm nur langsam folgen.“

Heute leidet Margareth immer noch an Nachwirkungen von Corona, doch „es geht mir mit jedem Tag besser. Es geht mir eigentlich wirklich gut! Und wenn ich beim Bücken halt mal das Gleichgewicht verliere, muss ich über mich selber lachen und bin froh, dass ich mich jetzt wieder ohne fremde Hilfe aufrappeln kann.“

Sie wandert wieder, sie kann wieder steigen. „Dabei sah ich einmal einen wunderschönen Sonnenuntergang. Die magische Stimmung, das warme Licht gaben mir die Gewissheit: Alles wird gut.“ Mit den Strahlen schickt sie ihr Dankgefühl in den Himmel, den unsagbaren Dank an Ärzte, Pfleger, an das gesamte Krankenhausteam, das sie gerettet hat.

Margareths Botschaft

„Liebe Südtiroler von Jung bis Alt, bitte tragt Mund und Nasenschutz, haltet die Abstandsregeln ein und lasst euch impfen. Es ist ein geringer Aufwand mit enormer Wirkung. Umso schneller können wir wieder ein Leben führen wie früher. Das geht aber nur, wenn wir alle solidarisch sind und füreinander einstehen. So, wie eine Kameradschaft am Berg gelebt gehört.“

This article is from: