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Übernachten in unseren Bergen
Ist Zelten und Biwakieren in Südtirol erlaubt?
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Eine Übernachtung im Freien, weit entfernt der Zivilisation auf einem Gipfel, an einem einsamen Bergsee oder einfach irgendwo in der Natur ist etwas Einzigartiges und Faszinierendes. Auch für viele unserer Jugendgruppen ist eine Übernachtung im Freien ein nachhaltiges Erlebnis, das prägend in Erinnerung bleibt.
Bereits vor der Corona-Pandemie zogen viele Berg- und Naturliebhaber eine Biwak- oder Zeltübernachtung einem Hüttenaufenthalt vor. Ist nun Zelten und Biwakieren auf Grund der Corona-bedingten Einschränkungen eine ernste Alternative zu voll besetzten Schutzhütten geworden? Oder lässt die gesetzliche Regelung wenig Handlungsspielraum? Wir haben uns mit Vertretern des Amtes für Forstverwaltung und des Verwaltungsamtes für Raum und Landschaft besprochen und zeigen auf, wie die Situation in Südtirol ist.
Rechtliche Lage in Südtirol
Die rechtliche Situation ist im Grunde genommen ziemlich klar, wobei grundsätzlich zwischen Zelten und Biwakieren zu unterscheiden ist. Ein Biwak ist laut Landesgesetz 22/1982 ein im Hochgebirge gelegenes, schwer zugängliches und nicht bewirtschaftetes Gebäude, das zum Schutz der Bergsteiger errichtet wird. In diesem Sinne versteht man unter „Biwakieren“ eine Sonderform des nächtlichen Aufenthalts im Hochgebirge in einer Notsituation (bei Wetterumschwung, Erschöpfung …), der nicht geplant ist. Dies kann in einer „Biwakschachtel“, in einem Schlafsack, im Zelt oder auf andere Weise erfolgen. Dieses Biwakieren ist immer erlaubt. Nicht erlaubt hingegen ist in Schutzgebieten die geplante Übernachtung in einem Zelt.
Im Nationalpark, in einem Naturpark, einem Naturdenkmal, Landschaftsschutzgebiet, Trinkwasserschutzgebiet oder auf Domänengrund ist durch das Landesgesetz bzw. Dekrete das Zelten und Campieren verboten. Daneben kann in einer Gemeinde zusätzlich auch ein generelles Campier- und Zeltverbot herrschen. Nicht zuletzt sollte auch der Grundeigentümer, speziell wenn es ein privater ist, immer um Erlaubnis gefragt werden.
Es ist also immer ratsam, sich genau zu informieren und bei der Planung den rechtlichen Aspekt zu berücksichtigen. Mit etwas Fantasie findet man in Südtirol viele tolle Plätze, um das Erlebnis einer Nacht am Berg ohne gesetzliche Übertretungen genießen zu können, wenn man sich in der jeweili-
Die rechtliche Situation ist klar: Sofern in einer Gemeinde nicht ein generelles Campier und Zeltverbot herrscht, muss der Grundeigentümer immer um Erlaubnis gefragt werden.
Nur im äußersten Notfall ist eine nicht geplante Übernachtung im freien Gelände in Schutzgebieten erlaubt.
Fotos: Dieter Kofler
gen Gemeinde informiert und außerhalb der Schutzgebiete und des Domänengrundes bleibt.
Jedem, der sich in der Natur bewegt, muss sich also bewusst sein, dass man auch am Berg immer auf Grundstücken bewegt, die jemandem gehören. Ob man sich dabei auf Privatgrund oder öffentlichem Grund befindet, kann man sehr gut abklären. Zum einen sollte man bei der Planung entsprechend recherchieren (z. B. Geobrowser), zum anderen kann man unterwegs z. B. an entsprechenden Hinweistafeln oder Zeichen erkennen, welche Verbote es gibt bzw. auf wessen Grund man sich befindet. Dabei ist der verwaltungsrechtliche Aspekt (z. B. Schutzgebiet) wichtiger als die Frage, wer Eigentümer des Grundes ist. Auf Landesebene herrscht demnach nicht eine einheitliche rechtliche Situation, aber Verbote sind in entsprechenden Gebieten eindeutig festgelegt. Leider befinden sich einige der beeindrucktesten und reizvollsten Plätze zum Übernachten in unseren Schutzgebieten. Dort ist Zelten durch das entsprechende Landesgesetz und die Naturparkordnungen untersagt. Ausgenommen davon ist lediglich das Biwak.
„Hochalpines Biwak“
Der beim Biwakieren in den Naturparkordnungen verwendete Begriff „hochalpin“ ist dabei vielmehr umgangssprachlich im Gebrauch als fachlich korrekt. Außerdem ist in manchen Naturparkordnungen von „hochalpinem“ und in anderen von „alpinem“ Biwak die Rede. Daher wäre es wohl zielführender, den Begriff „Biwak“ ohne Beifügung zu verwenden, da die Höhenlage keine Rolle spielt. Der Begriff „alpin“ gibt in der Ökologie eine
Höhenstufe in den Alpen zwischen 2.400 bis 2.800 m ü. d. M. an, die man an den Rasengesellschaften oberhalb der verschiedenen Waldstufen (von planar bis subalpin) erkennen kann.
Verwaltungsstrafen
In Südtirol werden für Übertretungen dieser Bestimmung nur sehr selten Verwaltungsstrafen ausgestellt. Förster sind zwar befugt, die vorgesehenen „Strafen auszustellen“. In der Praxis wird aber bei widerrechtlichem Zelten generell vorher ermahnt, auf die entsprechende Bestimmung hingewiesen und nicht sofort gestraft. Zwei der wichtigsten Verwaltungsstrafen im Detail: • unerlaubtes Zelten oder Lagern auf gekennzeichnetem Domänengrund: 51 €; • Lagern mit Zelten, Wohnwagen,
Campern und dergleichen in einem
Naturpark, Biotop, Naturdenkmal oder großräumigen Landschaftsschutzgebiet: 150 €. In Anbetracht der eher strengen Regelung stellen wir uns als Alpenverein die Frage, wie wir Menschen zu einem nachhaltigen Übernachtungs-Erlebnis am Berg motivieren können, ohne gegen Bestimmungen zu verstoßen. Fakt ist aber, dass auch wir keine andere Möglichkeit haben, als die derzeitige Lage aufzuzeigen und daran zu appellieren, sich an die Regeln zu halten. Der Grund, warum in Südtirol eher restriktive Gesetze für das Zelten gelten, liegt auf der Hand. Schließlich drängen sich auf engem Raum die unterschiedlichsten Nutzungsinteressen. In manchen Gebirgsregionen sind pro Tag hunderte Bergsportler unterwegs. Ihnen steht ein extrem dichtes Netz an Schutzhütten zur Verfügung, welches zwar den alpinen Vereinen einen enormen finanziellen und ehrenamtlichen Einsatz abverlangt, von den Gästen aber zu geringen Kosten genutzt werden kann. Eine „CampingMeile“ mit der dazugehörigen Müll- und Feuerproblematik entlang markierter Wege und Steige im Hochgebirge wäre unserer Bergwelt sicher nicht zuträglich.