klassik erleben (Frühjahr 2015)

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Frühjahr 2015

klassikerleben

Empfehlungen des Klassikfachhandels

Philippe Jaroussky Green

Diana Damrau • Albrecht Mayer • Ramón Ortega Quero Sol Gabetta • Hilary Hahn • Sonya Yoncheva u. v. a. klassikerleben.de


editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Vokalmusik ist in diesem Frühjahr ein „Spitzenreiter“ bei den Neuerscheinungen. Countertenor Philippe Jaroussky hat mit seinem Liederalbum nach Texten des Symbolisten Paul Verlaine das Repertoire noch nicht ausgeschöpft und lässt nun ein Doppelalbum folgen. Sopranistin Sonya Yoncheva widmet sich der französische Oper der „Belle Époque“. Diana Damrau lässt auf ihrem neuen Album die Flamme des Belcanto auflodern. René Jacobs, die Ikone der Alten Musik, legt indes eine Neuaufnahme von Cavalieris „Rappresentatione di anima, et di corpo“ vor, einer frühbarocken Keimzelle der Oper. Den zweiten Frühjahrs-Schwerpunkt bildet Musik für Holzbläser: Albrecht Mayer hat die besten Werke aus 120 von ihm selbst wiederentdeckten Oboenkonzerten der Klassik aufgenommen, Emmanuel Pahud stellt Flötenkonzerte aus der Zeit der Französischen Revolution vor. Auf der Blockflöte spielt der für jedes Experiment offene Erik Bosgraaf die Bearbeitung eines Werks von Pierre Boulez, der Ende März seinen 90. Geburtstag begeht, und ECHOPreisträger Ramón Ortega Quero hat Bach-Sonaten für Oboe bearbeitet.

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HIGHLIGHTS: René Jacobs (S.4), Nemanja Radulović & Grigory Sokolov (S.5), Genaux/Neven (S.6), Albrecht Mayer (S.7),

Sonya Yoncheva (S.8), Sol Gabetta & Martin Stadtfeld (S.9), Ramón Ortega Quero (S.10), Emmanuel Pahud (S.11), Kronthaler (S.12), Taizé & Erik Bosgraaf (S.13), Erik Schumann (S.14), Hilary Hahn (S.15)

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Auflage: 50.000

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inhalte und abgedruckte Termine ohne Gewähr Bildnachweise: © Marc Ribes/Erato (Jaroussky 1+3), Hermann und Clärchen Baus (Jacobs 4), Mary Slepkova/DG (Sokolov 5), Marie Staggatt/DG (Radulovic 5), Frédéric Carnuccini (Genaux/Niven 6), Harald Hoffmann/DG (Mayer 7), Gregor Hohenberg (Yoncheva 8), Marco Borggreve (Gabetta/Stadtfeld 9) Steven Haberland (Ortega 10) Fabien Monthubert (Pahud 11), David Fischer (Kronthaler 12), Harald Hoffmann/DG (Taize 13), Marco Borggreve (Bosgraaf 13), Torsten Hönig (Schumann 14), Michael Patrick O‘Leary/DG (Hahn 15), Simon Fowler/Erato (Damrau 16)

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Titel

Philippe Jaroussky Klingende Verse Der Weltstar unter den Countertenören singt Lieder nach Texten des musikalischsten Dichters aller Zeiten. „De la musique avant toute chose“, „vor allem anderen die Musik“, hatte der französische Dichter Paul Verlaine einmal gesagt. Seine hohe Achtung vor der Klangkunst, die er dem gesprochenen Wort durchaus voranstellte, beeinflusste die Lyrik des großen Symbolisten ganz maßgeblich. Verlaines Verse atmen eine Melodik, die viele Komponisten zu Vertonungen angeregt haben. In seinen Texten, die vor allem die Impressionisten, die Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts und später die französischen Chansonniers aufgriffen, ist aber auch das Fin de siècle mit all seiner morbiden Dekadenz und psychischen Labilität präsent. „Für mich war dieses Repertoire immer mein geheimer Garten“, verrät der Countertenor Philippe Jaroussky, „und nach einer ersten Aufnahme, ‚Opium’, habe ich beschlossen, ein zweites Album

mit der Dichtung Verlaines zusammenzustellen.“ Dabei traf Jaroussky auf Partner, mit denen er schon immer zusammenarbeiten wollte: das berühmte französische Quatuor Ébène. Das seien Musiker, so Jaroussky, deren Originalität, musikalische Perfektion und Offenheit er sehr schätze. Die Mischform, Kammermusik mit Stimme, erweist sich gerade bei Verlaines Texten oft als besonders reizvoll, geht es doch um stets wechselnde oder sich überlagernde poetische Bilder, die eine Vielzahl von Klangfarben evozieren. Ernest Chaussons „Écoutez la chanson bien douce“ ist gewiss nicht ohne Pathos, war der Komponist doch ein erklärter Wagnerianer. Emmanuel Chabriers, Gabriel Faurés und Claude Debussys Lieder, darunter auch das titelgebende „Green“, greifen den ganzen Reichtum an Bildern auf. Jaroussky, auch am Klavier begleitet von dem hochsensiblen Jérôme Ducros, lässt sich bei jedem einzelnen Komponisten bis hin zum 2001 verstorbenen Charles Trenet von dessen individuellem Kompositionsstil einfangen.

E rato/Warner Classics 2CD 2564616695

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NEUERSCHEINUNGEN René Jacobs Frühbarocke Urzelle der Oper Emilio de Cavalieris „Rappresentatione di anima, et di corpo“ hat schon Generationen von Musikologen beschäftigt, denn das Stück gilt als Urzelle der Operngattung. Mit seinen von der Barocklaute begleiteten Rezitativen, den wirkungsvollen Chorpartien und den nicht selten markigen Kanzonen hat das Werk zwar auch Merkmale der Oratoriengattung, gilt aber eben als außerliturgisches Spiel auf der Grundlage geistlicher Sujets. Schon die Präsentation des durchweg kurzweiligen Werks bei den Salzburger Festspielen 1968 in einer Bearbeitung von Bernhard Paumgartner rückte die Musik des römischen Komponisten, der hier gar nicht allein, sondern mit seinem Kollegen Dorisio Isorelli gemeinsam komponiert hatte, in den Mittelpunkt des Interesses. René Jacobs und die Akademie für Alte Musik sorgen in ihrer Produktion nun dafür, die

enorme Farbigkeit der historischen Instrumente und die zarte Faktur der Partitur ganz neu zum Klingen zu bringen. Erzählt wird in diesem Stück nach einem Text von Agostini Manni von einem allegorischen Wettstreit zwischen Seele und Körper, die gleichsam auch das irdische und das himmlische Leben repräsentieren. Die szenische Premiere in einer Einrichtung von Jacobs unter der Regie Achim Freyers im Frühjahr 2014 an der Berliner Staatsoper im Schillertheater war ein riesiger Erfolg. Als Pointe entschwand hierbei die Figur des „Intellekts“ am Ende im Bühnenhintergrund und ließ bewusst etliche Fragen offen.

H armonia Mundi CD HMC902200

David Fray Fantasie Schlichter und inniger kann man kaum eine Klaviersonate beginnen lassen als Franz Schubert in der Klaviersonate D 894. Jenes Stück, das Svatioslav Richter stets als seine Lieblingssonate von Schubert bezeichnete, ist das Herzstück von David Frays zweitem Schubert-Album mit weiteren visionären Klavierwerken aus Schuberts Spätphase. Der 33-jährige Franzose, der seinen Durchbruch einem Konzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen als Vertretung der erkrankten Hélène Grimaud verdankt, greift die zuweilen ins Träumerische und damit in die Romantik vorausweisende Poesie dieser Werke wie kein anderer Pianist seiner Generation auf. Mit seinem Kantabile formt er die weiten melodischen Bögen und findet mit Jacques Rouvier in den vierhändigen Werken „Lebensstürme“ D 947 und Fantasia D 940 einen emotionalen Dialog.

Erato / Warner Classics CD 2564616699

Emma Kirkby The Complete Recitals – L’Oiseau-Lyre

Diese zwölf CDs mit Aufnahmen des französischen Labels Editions de l’Oiseau-Lyre, das 1970 von der Decca übernommen wurde, sind ein wahrer Schatz. Wir hören die unvergleichliche Sopranistin und Barockmusikspezialistin Emma Kirkby in konzertanten Aufnahmen ausgewählter Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, zum Beispiel von Dowland, Purcell, Morley, Monteverdi, Mozart oder Bach. Und es ist ein Vergnügen, Kirkby mit ihrer hellen, natürlichen Stimme die italienischen Kantaten Händels oder Mozarts Motette „Exsultate, jubilate“ singen zu hören. Vier CDs sind Bach und Händel gewidmet, unter anderem sind Bachs „Kaffeekantate“ und die Kantate „Ich habe genug“ enthalten. Kirkbys Stimme hat auch etliche Aufnahmen des Originalklangpraktikers Christopher Hogwood und seiner Academy Of Ancient Music veredelt.

Deutsche Grammophon / Universal Music 12CD 4787863

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NEUERSCHEINUNGEN Grigory Sokolov Legendäres Recital im Mozart-Haus Grigory Sokolov ist zweifellos einer der außergewöhnlichsten und eigenwilligsten Pianisten der Gegenwart. Wenn er bei seinen Live-Recitals im Flügel zu versinken scheint, ja fast mit ihm zu einer Einheit verschmilzt, ahnt man, dass in diesem Augenblick das äußerliche Umfeld keine Rolle mehr für ihn spielt. Tief gebeugt über die Tastatur richtet sich seine Aufmerksamkeit ganz auf die bei ihm ausnahmslos charismatischen Interpretationen. Zu dem legendären „Salzburg Recital“ von 2008 schrieben die „Salzburger Nachrichten“ damals ganz zu Recht: „Längst ist der russische Pianist sein eigenes Universum.“ Ein Universum der Klavierliteratur ist nun auch auf dieser Doppel-CD enthalten, die das gefeierte Debüt-Recital Sokolovs bei der Deutschen Grammophon dokumentiert. Wer die Konzerte des Starpianisten je einmal selbst besucht hat, weiß um seine Leidenschaft, dem ohnehin schon prall gefüllten Programm noch etliche Zugaben hinzuzufügen. Das waren in Salzburg gleich sechs, darunter Stücke vom barocken

Jean-Philippe Rameau bis zum exzentrischen Alexander Skrjabin. Das Herzstück dieser Aufnahme bilden aber Sokolovs Interpretationen der beiden Klaviersonaten Nr. 2 K. 280 und Nr. 12 K. 337 von Mozart, die zusammen mit den 24 Preludes op. 28 von Frédéric Chopin damals live im Salzburger Mozart-Haus mitgeschnitten wurden. Das Herantasten an die eigentlichen Themengestalten in Chopins tiefgründigen Werken hat bei Sokolov stets etwas Geheimnisvolles.

Deutsche Grammophon / Universal Music 2CD 4794342

Nemanja Radulović Im Osten viel Neues Der aus Serbien stammende Geiger Nemanja Radulović beginnt seine Reise in den Osten mit Brahms, der ja eine Vorliebe für seine östlichen Nachbarn hatte und das in seinem Ungarischen Tanz Nr. 1 auch ziemlich wuchtig dokumentierte. Ein guter Bekannter von Brahms war Dvořák, dessen Zigeunermelodien op. 55 seine Liebe zur tschechischen Volksmusik zeigen. Mit seinem Ensemble Les Trilles du Diable und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin reist der 30-jährige Geiger mit den wallenden Locken auf dieser DebütCD für die DG über Armenien und Aram Chatschaturjans „Säbeltanz“ weiter nach Russland. Klar, dass hier Tschaikowskys „Dans russe“ und Schostakowitschs groteske Filmmusik zur „Hornisse“ nicht fehlen dürfen. Melancholischer geht es dann in Aleksandar Sarievskis mazedonischem Lied „Zajdi, zajdi, jasno sonce“ zu. Zur Vielfalt trägt auch die französische Pianistin Laure Favre-Kahn bei, die den „Teufelsgeiger“ schon länger kennt und

genau weiß, wie sie sein Temperament aus der Reserve lockt. Mit Radulović hat sie bereits fantastische Interpretationen von Griegs Violinsonaten vorgelegt. Seitdem Radulovic 2006 einmal Maxim Vengerov bei einer Aufführung von Beethovens Violinkonzert mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France vertreten durfte, gelten sein Können und seine Vielseitigkeit auch genreübergreifend als außergewöhnlich. Auf der neuen CD ist sogar ein Filmmusikausschnitt aus „Schindlers Liste“ von John Williams enthalten.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4793361

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NEUERSCHEINUNGEN

Vivica Genaux, Henk Neven u. a. Bilderflut in schönsten Klängen Die gefeierte, im Mai 2014 erstmals präsentierte Neuproduktion der Barockoper „Dido & Aeneas“ von Henry Purcell an der Opéra Rouen ist ein wahrer Rausch für Ohr und Auge. In der Regie von Cécile Roussat und Julien Lubek bricht eine ganze Flut von Bildern auf den Betrachter ein. Gleich zu Beginn schleicht Amor zu gedeckten, melancholischen Klängen des fantastischen Ensembles Le Poème Harmonique mit nur einem Pfeil im Köcher über die abgedunkelte Bühne, die dann in ein tief dunkelblaues Licht gehüllt wird. Für wen dieser Pfeil bestimmt ist, braucht man nicht lange zu erraten. Die bildhübsche Mezzosopranistin Vivica Genaux hat in der Rolle der Dido ihr Herz an den tapferen Aeneas (gesungen von Henk Neven) verloren. Der aber verlässt die phönizische Prinzessin nach etlichen Verwirrungen am Ende dieser Oper, die kurz nach dem Trojanischen Krieg spielt, und treibt sie in den Selbst-

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mord. Roussat und Lubek haben die Vorlage nicht, wie es in vielen anderen Inszenierungen geschieht, eingekürzt, sondern setzen auf eine Vielzahl ineinandergreifender Theaterelemente. Dazu dienen ihnen auch Figuren der Mythologie, zum Beispiel aus der Wasserwelt. Ein großer Kraken sitzt thronend auf einem Felsen, umgeben von schwebenden Nixen in herrlichsten Kostümen. Tanz, Pantomime und viel Akrobatik sorgen unentwegt für Abwechslung. Was Vincent Dumestre und La Poème Harmonique an Klängen hervorzaubern, ist umwerfend. Die Streicher sorgen mit warmem Timbre für den atmosphärischen Rahmen dieser bewegenden Liebesgeschichte. Das Cembalo-Continuo wirkt ungemein zart und zerbrechlich, und immer wieder schalten sich Lauten und Barockgitarren ins Klanggeschehen ein. Klar, dass barocke Aufführungspraktiken wie vibratolose Liegetöne, ausdrucksvolle Crescendi auf ausgehaltenen Notenwerten und kluge Phrasierungen bei den großen Kantilenen Purcells Musik noch aufregender wirken lassen, als man sie von anderen Aufnahmen dieses Barockopernklassikers kennt.

ALPHA/note 1 music DVD ALP706


NEUERSCHEINUNGEN

Albrecht Mayer Zu neuem Leben erweckt Über Mangel an Repertoire kann der Oboist Albrecht Mayer jetzt nicht mehr klagen. Stets hat er sich gefragt, ob es in der klassischen Periode nicht noch viel mehr Oboenkonzerte gebe, als ihm und seinen Kollegen bekannt sein dürften. Voller Interesse machte er sich auf die Suche, recherchierte in den unterschiedlichsten Ländern und im Internet und entdeckte am Ende 120 neue Oboenkonzerte. Den ersten Schritt, ein paar dieser Werke aus ihrem unverdienten Dornröschenschlaf in Archiven und Schubläden zu erwecken, hat er nun zusammen mit der Kammerakademie Potsdam mit seiner neuen CD „Lost and Found“ unternommen. „Diese Stücke sind ein bisschen ins Abseits geraten und verloren geglaubt“, meint Albrecht Mayer, „aber wir haben sie wiedergefunden.“ Den Klassiker Franz Anton Hoffmeister mag man unter den drei ausgewählten Komponistennamen wohl noch am besten kennen, denn Hoffmeister ist

in der Musik für Holzbläser vor allem bei den Flötisten kein Unbekannter. Bei dem Oboisten und Komponisten Ludwig August Lebrun aus dem Umfeld des berühmten Mannheimer Hoforchesters aber kommt man schon ins Grübeln. Am wenigsten bekannt ist unter den wiederentdeckten Oboenkonzert-Autoren aber der Böhme Joseph Fiala, der am Ende seines Lebens als Cellist an der Fürstlich Fürstenbergischen Hofkapelle in Donaueschingen wirkte und zwei wundervolle Solokonzerte hinterlassen hat. Fialas Oboenkonzert F-Dur, das Mayer für seine CD ausgewählt hat, verleugnet das große Vorbild Mozart nicht. Im langsamen Satz von Fialas ebenfalls eingespieltem Konzert für Englischhorn und Orchester C-Dur aber meint Mayer ein „unglaublich innig gefühltes Nachtstück“ zu erkennen, das ein wenig Melancholie atmet. „Die Idee des Albums war ursprünglich“, sagt Mayer, „eine Alternative zu Mozarts Oboenkonzert zu finden. Am Ende war ich der Überzeugung, dass diese Stücke gar keine Alternative sind, sondern weit darüber hinausgehen.“

D eutsche Grammophon / Universal Music CD 4792942

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NEUERSCHEINUNGEN Sonya Yoncheva Belle Époque und viel Gefühl Repertoirevielfalt ist für die bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva oberstes Gebot. Und das nicht erst, seit sie sich mit ihrem Bruder, dem bulgarischen Popsänger Marian Yontchev, auch mal in anderen stilistischen Gefilden als dem Belcanto tummelte. Seit ihrem Einspringer-Debüt an der New Yorker MET vor zwei Jahren ist Yonchevas große Sängerkarriere nicht mehr aufzuhalten. Für die „feinste Legatokultur, runde Tiefe und klangliche Vielfalt“ ihrer Stimme wurde sie vielfach gelobt, und als sie im November vergangenen Jahres die „Mimi“ in Puccinis „La Bohème“ an der MET singen durfte, erntete sie tosenden Beifall. Das übrigens auch, weil zwischen der Geburt ihres Sohnes Mateo und diesem Auftritt nur fünf Wochen verstrichen waren. Das Debütalbum bei Sony Classical „Paris, mon amour“ mit Arien der Belle Époque widmet die Bulgarin jetzt einer Metropole, in der sie weitere große Erfolge feierte. Auf eine Arie aus Massenets „Manon“, mit der sie einst den Operalia-Wettbewerb gewann, verzichtet Yoncheva auf diesem Album. „Ich wollte jetzt

lieber etwas Exotischeres und Tiefgründigeres von Massenet singen“, gesteht sie in der Zeitschrift „Das Opernglas“. Dazu gehören Arien wie „C’est toi, mon père“ aus Massenets „Thais“ und „De cet affreux combat … pleurez, pleurez, mes yeux“ aus „Le Cid“ neben Gounod- und Offenbach-Arien. Und weil auch Verdi und Puccini in Frankreich Erfahrungen sammelten, sind zudem Arien aus Puccinis selten zu hörender Oper „Le Villi“ und Verdis „La Traviata“ enthalten.

Sony Classical CD 88875017202

Vilde Frang Mozart: Violinkonzerte 1 & 5

Mit ihrer Offenheit und ihrer sprühenden Intelligenz erobert die norwegische Geigerin Vilde Frang ihr Publikum sogar dann, wenn sie einfach nur erzählt. Jedes Mal fühle sie sich bei Konzerten so, als stehe sie mit den betreffenden Werken zum ersten Mal auf der Bühne. Es gehe nicht um Technik und Virtuosität allein, sondern darum, das musikalische Erlebnis mit anderen auch teilen zu wollen. Die Leichtigkeit und Brillanz, mit der Frang nun Mozarts Violinkonzerte Nr. 1 und 5 spielt, ist frappierend. Alles klingt mühelos, und Frang reizt die dynamischen Kontraste bis an die Grenzen aus. Die Solokadenzen für das 1. Violinkonzert schrieb der Komponist und Dirigent des Ensembles Arcangelo, Jonathan Cohen. In der Sinfonia concertante ist der ukrainische Bratscher Maxim Rysanov Frangs kongenialer Solopartner.

Warner Classics CD 2564627677

Spark Wild Territories

Bislang galt Nigel Kennedy ja als das größte Enfant terrible, das die Grenzen der klassischen Musikszene aufbrach. In dem 2007 gegründeten Ensemble Spark hat er fünf würdige Nachfolger gefunden, die die Klassik-, Minimal-Music- und Avantgarde-Anleihen kühnen Klangexperimenten unterziehen. Zu den Vorlagen des aktuellen Albums zählen Telemanns Concerto e-Moll TWV 52:E1 und Vivaldis G-Dur-Konzert RV 151 „Alla rustica“, in denen vor allem der Blockflötist Andreas Ritter und der Pianist Mischa Cheung brillieren, sowie Folk-Arrangements nach Kamran Ince oder das rockige „Candybox“ von Chiel Meijering. Ein Highlight ist „Encore“ vom Zeitgenossen Johannes Motschmann. „Wild Territories“ stehe für den Wunsch, so Spark, sich ein Stück Wildheit zurückzuerobern und sich persönlichen Freiraum zu schaffen.

Berlin Classics / Edel CD 0300640BC

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NEUERSCHEINUNGEN Sol Gabetta / Bertrand Chamayou Chopin mal kammermusikalisch Für Sol Gabettas Duopartner Bertrand Chamayou ist das gemeinsame Chopin-Album natürlich ein wahres Eldorado. Wen wundert es aber, dass besonders der Pianist in der Kammermusik für Cello und Klavier von einem der anspruchsvollsten romantischen Klavierkomponisten überhaupt über weite Strecken die Szene beherrscht. Die völlig gleichberechtigten Stimmen beispielweise in der leidenschaftlichen CelloSonate g-Moll op. 65 greifen unentwegt ineinander, ja wirken teilweise gar unentwirrbar ineinander verschlungen. Die Themen, Motive und Motivsplitter flackern mal im Cello auf, mal im Klavier. Dann wieder folgen diese typisch Chopinschen Kaskaden im Klavier, von denen sich die markigen Cellopassagen warm und voll absetzen. In Gabettas Augen hat Chopin natürlich viel zu wenig für ihr Instru-

ment geschrieben, weshalb sie bei diesem Album auch zu Transkriptionen greift, wie etwa der Chopinschen Etude op. 25 Nr. 7 von Alexander Glasunow oder dem Nocturne op. 15 Nr. 1 von Auguste-Joseph Franchomme, dem Cellisten und engen Freund Chopins. Der zwei Jahre ältere Franchomme überlebte Chopin um 35 Jahre. Von ihm ist auf diesem Album das dramatische Grand Duo Concertant nach Themen aus Giacomo Meyerbeers Oper „Robert le diable“ und das Nocturne op. 14 Nr. 1 enthalten. Die kantablen Themen Chopins und Franchommes dürften Sol Gabetta sehr berühren, gehört sie doch zu den Cellisten, die bei Zugaben ihrer Live-Konzerte auch gern einmal mitsingen.

S ony Classical CD 88843093012

Martin Stadtfeld Große Liebe zu Schumann Über die Hälfte seiner CD-Einspielungen sind dem großen Johann Sebastian Bach gewidmet. Nun hat Martin Stadtfeld eine neue CD ausschließlich mit Werken von Robert Schumann aufgenommen, zweifellos den zweiten Favoriten unter seinen Lieblingskomponisten. Und noch dazu einen, in dem er zahlreiche Bezugspunkte zu Bachs Kunst erkennen will. Es mag ein wenig überraschen, dass sich Stadtfeld – wie er persönlich äußerte – ausgerechnet beim großen Klavierkonzert a-Moll des Romantikers auch an manche Solokonzerte von Bach erinnert fühlt. Abgesehen davon, dass Schumann die Werke Bachs ja ausgiebig studiert hat und bewunderte, ist sein Konzert mit dem Verschmelzungsprinzip des Solisten mit dem Orchester und der frühromantischen Orchesterbesetzung allerdings viel eher zum Inbegriff des romantischen Klavierkonzerts geworden. Dass Martin Stadtfeld in Schumanns Klavierkonzert aber auch viele kammermusikalische Züge erkennt, hört man bei dieser Aufnahme mit dem großartigen Hallé Orchester Manchester unter Sir Mark Elders Leitung an zahlreichen Stellen heraus. Immer wieder geht es Stadtfeld um Kontemplation,

Transparenz und klug aufgebaute Steigerungen. Den Zyklus „Kinderszenen“ op. 15 nahm Martin Stadtfeld im SWR-Studio Kaiserslautern in Koproduktion mit dem Südwestrundfunk auf. „Schumann bildet“, so meint der Pianist, „in den Kinderszenen gerade die kleinen Prozesse, die sich in unserer Seele abspielen, sehr fein und sehr genau ab.“

Sony Classical CD 88875057912

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neu ab 27.02.2015 Ramón Ortega Quero Bachs Sonaten für Oboe Wie viele Instrumentalisten wünschen sich wohl, dass Bach mehr Sonaten, Suiten und Partitas für sie geschrieben hätte. Der zweifache ECHO-Preisträger Ramón Ortega Quero hat aus der Not eine Tugend gemacht und sich aus Mangel an originalen BachSonaten für die Oboe Bearbeitungen für sein Instrument geschaffen. Zumeist lieferten Flötensonaten, Lauten- oder Gamben-Werke die Vorlagen für dieses kühne Vorhaben. Herausgekommen ist ein Album mit „neuen Oboensonaten“ des großen Bach, das wohl auch den alten Meister selbst begeistert hätte. Die feine Textur der Phrasierungen, die flexible, unerhört einnehmende Tongebung des Solo-Oboisten vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks verleihen den bekannten Werken einen ganz neuen Charakter. Dazu tragen natürlich auch Luise Buchberger am Barockcello und Peter Kofler am Cembalo bei. Wenn Kofler etwa im langsamen Satz Sarabande der Suite c-Moll für Oboe und Cembalo BWV 997 auf Lautenzug umschaltet, ist das nicht nur eine Hommage an das Originalwerk, eine Lauten-Suite, sondern auch ein Klangexperiment in Verbindung mit der Oboe. Der Rückgriff auf Flötensonaten wie

im Falle der Sonate e-Moll BWV 1034 lag bei alldem auf der Hand, haben die Oboe und die Flöte doch annähernd die gleichen Tonlagen. Bei der Triosonate BWV 1039 spielt außer Ortega selbst auch noch seine Ehefrau, Tamar Inbar, Oboe. Bachs Musik ist so wundervoll komponiert, dass sie auf allen Instrumenten funktioniert, sagt Quero.

B erlin Classics / Edel CD 0300648BC

Ivo Pogorelich Complete Recordings Er ist ein Weltklasse-Pianist, der mutig die Grenzen interpretatorischer Konventionen überschreitet. Die oft eigenwilligen Lesarten großer Klavierwerke entfalten beim 1958 geborenen kroatischen Pianisten Ivo Pogorelich ihren eigenen Charme. Nun hat die Deutsche Grammophon, mit der Pogorelich schon so lange zusammenarbeitet, sämtliche DGG-Aufnahmen auf 14 CDs veröffentlicht. Darunter sind Aufnahmen des 2. Klavierkonzerts von Chopin, die Klavierstückzyklen op. 79 und 117 von Brahms, die Klaviersonaten Nr. 5 und 11 von Mozart und die späte Klaviersonate Nr. 6 von Prokofjew. Bei Beethovens Klaviersonate Nr. 32 hält Pogorelich mit außergewöhnlichen Temposchwankungen und Zäsuren viele Überraschungen bereit. Auf den Leib geschrieben scheint ihm die Klaviersonate Nr. 2 „Sonate Fantaisie“ von Skrjabin.

Deutsche Grammophon / Universal Music 14CD 4794350

Pierre Fournier Lucerne Festival – Historic Performances

Wenn von einem der bedeutendsten Cellisten des 20. Jahrhunderts die Rede ist, fällt gleich der Name Pablo Casals. Eine Generation später wurde Pierre Fournier geboren und trat in die Fußstapfen des bewunderten Vorbilds. Casals widmete der 1986 verstorbene Fournier, den man wegen seines wundervollen Tons und seiner eleganten Gestaltung auch gern den „Aristokraten des Cellospiels“ nannte, 1976 ein Gedenkkonzert zu Casals 100. Geburtstag. Die legendäre Aufnahme von Casals Komposition „El cant dels ocells“ ist auf dem neuen Album enthalten, denn sie stammt aus den Archiven des Lucerne Festivals. Zu den sorgfältig restaurierten Luzerner Fournier-Aufnahmen gehören zudem Dvořáks Cellokonzert unter István Kertész’ Leitung und Saint-Saëns’ Cellokonzert mit dem Orchestre Philharmonique de la RTF.

Audite / Edel CD 1095628ADT

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neu ab 27.02.2015 Magali Mosnier Mozarts Flötenkonzerte

Mozarts Flötenkonzert D-Dur ist ein gefürchtetes Stück, das Anwärter für eine Flötistenstelle im Orchester im Probespiel regelmäßig vorspielen müssen. Allein der erste Einsatz der Soloflöte mit einer nach oben gerichteten Skala und einem ausgehaltenen hohen D muss dabei tadellos sitzen. Bei der französischen Flötistin Magali Mosnier stimmen nicht nur der Auftakttriller, die Intonation und die bei ihr besonders seidige und einschmeichelnde Tongebung, ihr gelingt überhaupt gleich eine der schönsten Expositionen in der Aufnahmegeschichte dieses Werkes. Mit dem Münchener Kammerorchester hat die Soloflötistin des Orchestre Philharmonique de Radio France gleich auch das G-Dur-Flötenkonzert von Mozart eingespielt. Es sei schon lange ihr Herzenswunsch gewesen, sagt Mosnier, diese Konzerte einzuspielen.

Sony Classical CD 88843089752

neu ab 06.03.2015 Emmanuel Pahud Klang der Revolution

Für die französischen Komponisten jener Zeit waren die Revolutionsjahre von 1789 bis 1799 eine besondere Herausforderung. Schließlich traf ja der Zorn des Volkes im wesentlichen ihre Arbeitgeber, die reichen Fürsten, Grafen und Könige, denen man Verschwendungssucht und Korruption vorwarf. Der schweizerische Flötist Emmanuel Pahud hatte schon einmal sein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein bewiesen, als er 2011 ein Album herausgab, das dem preußischen König und Laienflötisten Friedrich dem Großen und seiner Zeit gewidmet war. Nun sind es die französischen Komponisten der Revolutionszeit wie François Devienne, Luigi Gianelle und Antoine Hugot, deren Solokonzerte er mit dem Kammerorchester Basel unter Giovanni Antoninis Leitung eingespielt hat. Mit Ausnahme Deviennes, für den sich in den 1960er Jahren der französische Flötist Jean-Pierre Rampal einmal energisch einsetzte, sind die Namen dieser Komponisten nur wenig bekannt. Dabei ist ihre Musik nicht nur ausge-

sprochen virtuos, sondern auch ungewöhnlich spielfreudig, hell und positiv in ihrer Ausstrahlung. Über Antonini und sein Orchester sagt Pahud, sie setzten sich mit „kämpferischem Geist“ für diese Musik ein und entwickelten wahrlich einen „revolutionären“ Eifer. Gluck und Pleyel, von denen ebenfalls Stücke dabei sind, waren ihren Zeitgenossen gegenüber weit populärer. Pleyel nutzte ja auch die Gunst der Stunde und etablierte sich neben seiner kreativen Arbeit als Unternehmer.

W arner Classics CD 2564627678

neu ab 13.03.2015 Piotr Beczala The French Collection

Über die Eignung der italienischen Sprache für den Operngesang braucht man kein Wort mehr zu verlieren. Wohl aber über die Besonderheiten der französischen Sprache in den Opern Bizets, Massenets oder Gounods. Die französische Oper ist für den großen lyrischen Tenor aus Polen, Piotr Beczala, schon immer ein großer Teil seines Repertoires gewesen. „Für eine Tenorstimme ist diese Sprache nicht einfach, aber genussvoll“, erklärt Beczala. Spezielle Frequenzen, die in anderen Sprachen nicht zur Geltung kommen, lösen im Französischen ganz eigene reizvolle Phrasierungen aus. So etwa in den Arien „Ah! Je vais l’aimer“ aus „Béatrice e Bénédict“ von Berlioz, „La fleur que tu m’avais jetée“ aus Bizets „Carmen“ oder Ausschnitten aus Massenets „Werther“, den Beczala als besonders sensiblen Operncharakter bezeichnet.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4794101

klassikerleben 11


neu ab 13.03.2015 Kronthaler Leben und Lieben in der Barockoper Sie ist eine erklärte Spezialistin für die Renaissanceund die Barockoper. Eigentlich stammt die Mezzosopranistin Theresa Kronthaler ja aus Würzburg, aufgewachsen aber ist sie in Rom. Vielleicht war es ja auch dieses Umfeld, das ihre besondere Liebe zur Alten Musik und ganz speziell zu Claudio Monteverdi einmal begründete. Nachdem sie vor mehr als sechs Jahren im Rahmen einer SWR-Dokumentationsreihe für junge Künstler entdeckt wurde, war ihre steile Karriere nicht mehr aufzuhalten. Seit Beginn der Spielzeit 2012/13 ist Theresa Kronthaler Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin. Dort singt sie zwar auch klassisches und romantisches Repertoire bis hin zu Humperdincks „Hänsel und Gretel“. Ihre größten Erfolge aber feierte sie in der dortigen Monteverdi-Trilogie mit „Orpheus“, „Odysseus“ und „Poppea“. Ihr wundervolles Timbre, ihre hohe Flexibilität und brillante Charakterzeichnung zeigt Kronthaler auf ihrem neuen Album in den Arien „Vi ricorda, o boschi ombrosi“ oder

„Possente spirto“ aus Monteverdis „L’Orfeo“ und „Dormo ancora“ aus „Il ritorno d’Ulisse in patria“ desselben Komponisten sowie Arien aus Henry Purcells „King Arthur“ und „The Fairy Queen“. Dies aber nicht in barocker Besetzung, sondern begleitet vom finnischen Jazzgitarristen Kalle Kalima und dem deutschen Kontra- und E-Bassisten Oliver Potratz. „Ich kenne die Stücke schon sehr lange“, sagt Kronthaler, „und habe häufig gedacht, die klingen doch irgendwie wie Popstücke.“

Sony Classical 88843095332

Pieter-Jan Belder Antonio Solers Keyboard Sonatas Gar so viele Cembalosonaten wie Domenico Scarlatti hat der 1729 geborene Spanier Antonio Soler natürlich nicht geschrieben. Wohl aber genug, um den niederländischen Cembalisten Pieter-Jan Belder bei der Gesamtaufnahme seines Werks über viele Jahre hinweg zu beschäftigen. In der europäischen Musikgeschichte nimmt der Stil Solers, der ja auch ein Schüler Scarlattis war, einen eigenen Platz ein. Anders als bei den Frühklassikern seiner Zeit geht es ihm weit weniger um breit angelegte thematische Gebilde und deren komplexe Verarbeitung, sondern eher um Reihung knapper Motive und übersichtlicher Perioden, die er in einzigartiger Weise moduliert. Die vermeintliche Schlichtheit mancher Sonaten ist ein Trugschluss, wie Belder in seiner klugen, klaren und tiefgründigen Interpretation beweist.

Brilliant/Edel 9CD 1095143BRC

Jay Alexander Geh aus, mein Herz

Musik, egal ob weltlich oder sakral, ist in den Augen des gebürtigen Pforzheimer Tenors Jay Alexander religionsübergreifend. „Kirchenlieder begeistern mich“, sagte er einmal. „Sie haben nichts Unterwürfiges, sondern besitzen eine strahlende Demut und Respekt vor denen, die über uns wachen, an die wir deshalb glauben. Und das zieht sich durch alle Religionen.“ In Prag hat Jay Alexander nun sein neues, 15 Titel umfassendes Album mit dem Tschechischen Sinfonieorchester aufgenommen, nachdem er das ganze Programm auf einer Tournee vor allem in deutschen Kirchen präsentiert hatte. Unter den aufgenommenen Liedern sind „Geh aus, mein Herz“, „Näher, mein Gott, zu Dir“ und das trostvoll beruhigende „Von wundervollen Mächten wunderbar geborgen“.

Ap music / Edel CD 1052001APX

klassikerleben 12

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neu ab 13.03.2015 Taizé Geistliche Gesänge voller Harmonie Musik als Ausdruck des Glaubens ist für die ökumenische Gemeinde im Kloster von Taizé ganz unverzichtbar. „Die Musik hilft uns zu beten und unseren eigenen Herzen näher zu kommen“, sagt das Ordensmitglied Frère Sebastian. Der vom charismatischen Frère Roger gegründete Orden in dem kleinen französischen Ort Taizé in der Region Burgund begeht sein 75. Jubiläum. Regelmäßig gibt es dort Treffen zahlreicher Jugendlicher und Gleichgesinnter, die die Philosophie des Ordens teilen, eine Woche gemeinsam verbringen und miteinander musizieren. Alle auf der CD „Taizé – Music of Unity and Peace“ enthaltenen Stücke wurden über Jahre hinweg eigens für die „Communauté de Taizé“ komponiert und einstudiert. „Diese Musik besteht aus Gesängen, Liedern und Psalmvertonungen“, berichtet die Aufnahmeleiterin Anne

Barry. „Es sind unkomplizierte, einfache und eingängige Mantra-ähnliche Gesänge.“ Unter den 19 Tracks des Albums sind lateinische, englische, französische, aber auch deutsche Gesänge, die wahrlich zu Herzen gehen. Auch den „Bells Of Taizé“, dem warmen Klang der Glocken, wird musikalisch gedacht. Sakrale Gesänge wie „Laudate Dominum“ oder „Surrexit Christus“ erhalten im Kloster Taizé eine ganz eigene und in ihrer Ruhe und Harmonie ungemein einnehmende Atmosphäre. „Wir haben keine besondere Botschaft“, sagt ein Ordensbruder, „aber eine tiefe Überzeugung, nach der wir leben. Für uns bedeutet Gott Liebe und dass dies nicht nur ein Satz bleibt.“

eutsche Grammophon / Universal Music CD D 4793788

Erik Bosgraaf Dialog für Blockflöte Über dieses Geschenk zu seinem 90. Geburtstag freut sich Pierre Boulez sicher besonders. Ihm, der großen Ikone der Neuen Musik, widmen zum Jubiläum ja doch viele Kollegen eine Hommage. Der niederländische Blockflötist Erik Bosgraaf aber hatte – dies allerdings schon vor einiger Zeit – die kühne Idee, den „Dialogue de l’ombre double“ von Boulez für Blockflöte zu bearbeiten. Nun erscheint die mittlerweile berühmte Bearbeitung rechtzeitig zum Jubiläumstag auch auf CD. Boulez kennt den 35-jährigen Instrumentalisten und Musikologen recht gut. Bosgraaf arbeitet auch mit Zeitgenossen wie Anne Meredith und Matijs de Roo zusammen und organisiert theatralische Multimedia-Projekte. Boulez’ „Dialogue de l’ombre double“ ist im Original für Klarinette und Ensemble besetzt und entstand 1985 als Widmungskomposition des großen Franzosen anlässlich des 60. Geburtstages von Luciano Berio. Auf Bosgraafs Anfrage hatte Boulez sofort versichert, er vertraue ihm voll und ganz. Dies auch deshalb, weil er das Experiment schon immer liebte und neuen Ideen auch im Umgang mit seinem eigenen Werk niemals im Wege stand. Boulez ist es auf einzig-

artige Weise gelungen, den strengen Formalismus der Zweiten Wiener Schule im Zuge des Serialismus mit der komplexen Rhythmik Igor Strawinskys und der Klangpoesie von Olivier Messiaen zu verbinden. Außerdem gilt der Jubilar, der in Bayreuth legendäre Produktionen realisierte, als einer der bedeutendsten Dirigenten.

Brilliant / Edel CD 1094842BRC

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neu ab 20.03.2015 Erik und Mark Schumann Familiensache mit Brahms Mit Solisten wie der Pianistin Anna Vinnitskaya, dem Bratscher Yuri Bashmet oder dem Geiger Daniel Hope hat der 1982 geborene Kölner Geiger Erik Schumann schon konzertiert. Nun erscheint eine CD mit dem eigenen, sechs Jahre jüngeren Bruder, dem Cellisten Mark Schumann, die über die gemeinsame Zusammenarbeit im Schumann Quartett hinausgeht. Begleitet von den Nürnberger Symphonikern hat das Bruderpaar das Doppelkonzert op. 102 von Brahms aufgenommen. Und es ist überwältigend, welche Feinzeichnung und Strahlkraft sie bei diesem wuchtigen sinfonischen Orchesterwerk zeigen. Violine und Violoncello zusammen, scherzte Brahms ja mal verschmitzt, seien doch eigentlich nichts anderes als eine „achtsaitige Riesengeige.“ Allein steht Erik Schumann als Solist vor dem Orchester im nicht minder opulenten und allein von seiner Spieldauer her monumentalen Violinkonzert op. 77 von Brahms. In filigrane Höhen schraubt sich der Solopart hinauf,

es gibt aber auch markige Fortissimos und halsbrecherische Läufe. All das spielt Schumann mit allergrößter Natürlichkeit. Ausgebildet von Zakhar Bron, aus dessen Talentschmiede auch Maxim Vengerov oder Vadim Repin hervorgegangen sind, tritt Schumann stets ohne jede Allüre auf. „Mein Lehrer reagierte allergisch auf altkluge Schüler“, erzählte er einmal im Interview. Zu dem Umstand, dass er einen berühmten Musikernamen trägt, kommt noch die Tatsache hinzu, dass sein ebenfalls musizierender Vater Robert Schumann heißt.

Berlin Classics / Edel CD 0300595BC

Hymel, Schrott, Pappano Verdis „Sizilianische Vesper”

Es gibt Kommentatoren, die die Inszenierung von Verdis „Les Vêpres siciliennes” am Londoner Royal Opera House vor zwei Jahren als das Beste priesen, das England zum Verdi-Jahr 2013 überhaupt hervorgebracht habe. Damals galt der amerikanische Tenor Bryan Hymel noch als Entdeckung. Ihm standen solche sängerischen Schwergewichte wie Erwin Schrott, Michael Volle und Lianna Haroutounian zur Seite. Ganz zu schweigen von dem Verdi-Spezialisten Antonio Pappano am Pult. Die Inszenierung, die nun auf DVD und Blu-ray herauskommt, ist ein Muss für alle Verdi-Fans, denn sie beruht nicht auf der bekannten und meist aufgeführten italienischen Fassung der 1855 auf ein Libretto Eugène Scribes komponierten Oper, sondern auf der französischen Fassung, die speziell für die Pariser Oper erstellt worden war.

Warner Classics DVD 2564616434 / Blu-ray 2564616431

Live aus der Dresdner Frauenkirche Bachs H-Moll-Messe

Im ensemble frauenkirche treffen wirklich die besten Orchestermusiker aufeinander, die die sächsische Metropole Dresden aufzubieten hat. Die feste Stammbesetzung besteht aus Musikern der Sächsischen Staatskapelle und der Dresdner Philharmonie und steht als musikalischer Begleiter den Chören der Frauenkirche bei ihren Konzerten zur Verfügung. Außerdem gestaltet das Kammerorchester auch Kantatenaufführungen an Sonntagsgottesdiensten. Bisher sind die CDs „Weihnachtsoratorium“ und „Vom Himmel hoch“ mit dem Kammerchor der Frauenkirche und diesem Orchester erschienen. Auch bei der fulminanten Aufnahme der H-Moll-Messe von Bach, für die die Grundformation natürlich erweitert werden musste, spielen die Musiker wieder auf modernen Instrumenten und nicht auf Nachbauten barocker Instrumente.

Berlin Classics / Edel 2CD 0300601BC

klassikerleben 14

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neu ab 20.03.2015 Bryan Hymel Héroiques

Es ist sein Debütalbum bei Warner Classics, und es sollte gleich ein heroisches werden. Der amerikanische Tenor Bryan Hymel war sich der Herausforderung wohl bewusst, ausgerechnet mit Arien aus „Les Troyens“ von Berlioz oder „L‘Africaine“ von Meyerbeer die stilistische und stimmliche Latte hoch zu hängen. Tatsächlich ist bei dieser Studioproduktion allein 19-mal das hohe C zu hören, ganz zu schweigen von der dramatischen Geste in den Arien „Nature immense“ aus „La damnation de Faust“ oder „Le bruit des chants s‘étend“ aus „Sigurd“ von Ernest Reyer. Hymel sagt selbst, dass das französische Repertoire eine eigene Technik voraussetze. Ungeheuer flexibel, wie man ihn von Auftritten an der MET oder im Covent Garden kennt, begegnet er diesen Werken mit einem faszinierenden Kontrastreichtum.

Warner Classics CD 2564617950

neu ab 27.03.2015 Avi Avital Vivaldi

Dass man Vivaldis Mandolinen-Konzerte sogar ohne Streichorchester und dafür nur von Mandolinen begleitet aufführen kann, hatte Avi Avital bereits eindrucksvoll bewiesen. Jetzt ist der charismatische Mandolinen-Virtuose aber nach Venedig gereist, um den „Sommer“ aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, das Konzert a-Moll RV 356 und D-Dur RV 93 am Ort der einstigen Entstehung zu spielen und auf CD zu veröffentlichen. Begleitet wird er hier vom fantastischen Venice Baroque Orchestra, das mit Vivaldis Musik ungemein vertraut ist. Lächelnd sagt Avital: „Würde Vivaldi heute leben, dann wäre er wahrscheinlich ein DJ.“ Die perlende Eleganz seines Instruments und seine Fähigkeit, den Notentext so glasklar wie nur möglich in Klang zu verwandeln, verleihen auch Vivaldis Triosonate C-Dur RV 82 einen besonderen Charme.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4794017

Hilary Hahn Zwei persönliche Favoriten Mozarts Violinkonzert Nr. 5 und das Violinkonzert Nr. 4 des belgischen Komponisten Henri Vieuxtemps seien ein Teil von ihr, sagt Hilary Hahn voller Begeisterung. Beide Stücke seien ausnahmslos zeitlos und setzten die jeweiligen Traditionen auf wundervolle Weise fort. „Wenn ich diese Werke auf der Bühne mit meinen Kollegen spiele, denke ich über die Vergangenheit nicht nach“, so die große amerikanische Geigerin. „Ich werde vom Dialog mitgerissen und freue mich darauf, was auch immer die nächste Phrase mit sich bringen wird.“ Nach ihrer phänomenalen Aufnahme „The Hilary Hahn Encores“ mit 27, von ihr selbst bei den unterschiedlichsten Komponisten in Auftrag gegebenen Zugabestücken, greift sie nun auf zwei Klassiker des Violinrepertoires zurück. Und es ist einzigartig anzuhören, wie die nonverbale Kommunikation zwischen Hahn

und dem stets so klar formenden Dirigenten Paavo Järvi funktioniert. Unter seiner Leitung schwingt sich die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ja immer zu Höchstleistungen auf. Das 4. Violinkonzert stellte einen Wendepunkt in Vieuxtemps Leben dar, nachdem er kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte. Zuweilen wird sein Kompositionsstil von diesem Werk an bis zu seinem Lebensende 1881 gar mit den sinfonischen Werken von Franz Liszt verglichen. Tatsächlich wirkt das Stück, das auch Yehudi Menuhin liebte, außerordentlich dramatisch. Der erste Einsatz der Sologeige klingt bei Hilary Hahn hingegen aufregend zart.

eutsche Grammophon / Universal Music CD D 4793956

klassikerleben 15


diana damrau Fiamma del Belcanto

Das neue Album ab 27.03. erh채ltlich.

Erato/Warner Classics CD 2564616674


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