klassik erleben (Winter 2015)

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Winter 2015

klassikerleben

Empfehlungen des Klassikfachhandels

PETER UND DER WOLF IN HOLLYWOOD ERZÄHLT VON

CAMPINO Jonas Kaufmann • Elisabeth Schwarzkopf • Rilke Projekt Sol Gabetta • Vladimir Horowitz • Mariss Jansons u. v. a. klassikerleben.de


EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, wer die neueste Version von Prokofjews Kinderkonzertklassiker „Peter und der Wolf“ hören will, muss sich von gewohnten Vorstellungen trennen. Der kleine Peter wird hier nicht in dem gemütlichen Gärtchen seines Großvaters mit dem hungrigen Vierbeiner alleingelassen, nein, er wohnt in einer kalifornischen Metropole, und der Opa ist ein Hippie. Anstelle eines Vögelchens kreisen Hubschrauber über seinem Haupt, und für Sekunden hat man das Gefühl, dem Soundtrack eines Actionthrillers zu lauschen. Dass sich diese geniale Neuerfindung des beliebten Stoffes auf vielen Gabentischen dieses Weihnachtsfestes wiederfinden wird, darf wohl als sicher gelten. An Geschenktipps haben wir aber noch viel mehr auf Lager, denn Weihnachten beherrscht in diesen Wochen den ganzen Markt. Unter den vielen CDs mit weihnachtlicher Musik ragen die Alben „Himlische Weynacht“ mit Bell’Arte Salzburg und die neue CD des NDR Chores „Es ist ein Ros entsprungen“ mit alten Weisen heraus. Der Carus Verlag hat sich mit zwei Alben auf die Suche nach Weihnachtsliedern aus aller Welt von Tschechien bis nach Peru begeben, und die Deutsche Grammophon veröffentlicht Schätze aus dem RIAS-Rundfunkarchiv der Fünfzigerjahre. Auch die „Brigitte“-Redaktion hat eine Auswahl ihres „Winter-Wunderlandes“ getroffen, und der Weltstar Plácido Domingo tritt bei seinem Album „My Christmas“ unter anderen mit Helene Fischer und seinem Sohn Plácido Domingo jr. auf. Zum Verschenken eignet sich natürlich auch der neueste Wurf des Autorenpaares Schönherz & Fleer, das seinem phänomenal erfolgreichen „Rilke Projekt“ nun auch noch ein sinfonisches Rilke-Projekt mit Stars wie Xavier Naidoo und Yvonne Catterfeld hinzufügt. Rilkes 140. Geburtsjahr ist nur eines der großen Jubiläen, die sich zum Ende dieses Jahres auch auf dem CD-Markt widerspiegeln. Dem 100. Geburtstag der großen Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf widmet das Label Warner eine Deluxe-Edition, und anlässlich seines 70. Geburtstags durfte sich der belgische Spezialist für historische Aufführungspraxis, Jos van Immerseel, eine ganz persönliche „Schubertiade“ zusammenstellen. Nicht einem eigenen runden Geburtstag, wohl aber dem 150. Geburtsjahr des finnischen Sinfonikers Jean Sibelius widmet der Dirigent Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern eine Gesamtaufnahme von dessen sieben Sinfonien. Schließlich erscheinen große Opernproduktionen wie Händels „Partenope“ mit Philippe Jaroussky und Mozarts „Entführung aus dem Serail“ mit René Jacobs parallel zu einem Live-Mitschnitt des umjubelten Auftritts von Jonas Kaufmann in der Mailänder Scala mit Puccini-Arien. Haben Sie ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Ihre Fachhändler für Klassik, Jazz und mehr HIGHLIGHTS: Vladimir Horowitz (S. 4), Joyce DiDonato (S. 4), Jonas Kaufmann (S. 5), René Jacobs (S. 6), Jos van Immerseel (S. 6), Franz Welser-Möst (S. 7), Mariss Jansons (S. 7), Seong-Jin Cho (S. 8), Elisabeth Schwarzkopf (S. 11), Sol Gabetta (S. 12), Philippe Jaroussky (S. 12), Sir Simon Rattle/Berl. Philh. (S. 13), Plácido Domingo (S. 14), Lang Lang (S. 20), Igor Levit (S. 20), Jonas Kaufmann (S. 21), Schönherz & Fleer (S. 21) Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie Newsletter oder RSS-Newsfeed­auf klassikerleben.de

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inhalte und abgedruckte Termine ohne Gewähr BILDNACHWEISE: © Erik Weiss/DG (Campino 3), Christian Steiner/DG (Horowitz 4), Pari Dukovic (DiDonato 4), Brescia Amisano/Teatro alla Scala (Kaufmann 5), Molina Visuals (Jacobs 6), Alex Vanhee (Immerseel 6), Bartek Sadowski/The Fryderyk Chopin Institute (Cho 8), Marco Borggreve (Gabetta 12), Erato/Warner Classic (Jaroussky 12), Holger Kettner (Rattle/BP 13), Pedro Walter/Sony Classical (Domingo 14), Stevan Haberland (Bell’Arte 15), Thorsten Wingenfelder (Salut Salon 16), Jasmin Schuller (Quadriga 16), Deutschlandradio (Streich 18), Yann Orhan/Sony Classical (Lang Lang 20), Gregor Hohenberg/Sony Classical (Levit 20), Julian Hargreaves/Sony Classical (Kaufmann 21), Arner Meister (Ben Becker 22), David Königsmann (Max Mutzke 22), Privat (Nina Hoger 22), Matthias David (Robert Stadlober 22) Tommy Mardo (Xavier Naidoo 22), Universal (Yvonne Catterfeld 22)

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TITEL

Peter und der Wolf in Hollywood Erzählt von Campino Die Geschichte des mutigen Jungen Peter, der aus eigener Kraft einen unüberwindlich scheinenden Wolf besiegt, gehört zu den größten Erfolgen des russischen Komponisten Sergej Prokofjew. Seit seiner Entstehung 1936 wurde viel in das mit Abstand berühmteste Melodram aller Kinderkonzerte hineininterpretiert. Einige sahen darin das rebellische Aufbegehren gegen ein wie auch immer geartetes Establishment, andere gar eine Parabel auf die Sowjetunion im Kampf gegen den Kapitalismus. Walt Disney adaptierte das Stück bereits 1946 für einen Animationsfilm. Später entstanden unzählige Bearbeitungen, sogar eine für Kirchenorgel und Orchester, eine Jazz- und sogar eine Rockversion. Der unvergessene Loriot schuf eine eigene Textfassung, und bei der Deutschen Grammophon sind unter anderen Aufnahmen mit Otto Waalkes und dem Rockstar Sting als Erzähler erschienen. Auch bei der neuesten Fassung „Peter und der Wolf in Hollywood“ mit dem Bundesjugendorchester unter Alexander Shelleys Leitung sind Rockmusiker die Erzählerstars. Für die englische Fassung konnte der unverwüstliche Alice Cooper und für die deutsche der Sänger Campino von den Toten Hosen gewonnen werden. Natür-

lich gibt es auch Polizeihubschraubereinsätze und eine hektische Großstadt-Atmo, die für Hollywood einfach unverzichtbar sind. Die Geschichte, die die amerikanische Theater- und Entertainment-Company Giants Are Small kurzerhand von Russland ins Kalifornien unserer Tage überträgt, läuft natürlich anders als gewohnt. Der Opa ist hier ein alter Hippie aus Los Angeles und der Wolf taucht nicht etwa aus der kalifornischen Wüste aus, er ist aus einem Zoo ausgebrochen und wird nach alter Peter-Manier zur Räson gebracht. Begleitend zur CD kommt via iTunes eine interaktive App heraus, bei der die Kinder mithilfe von Spielen und Interaktionen viel über die Musik und die plastische Instrumentierung des Stücks erfahren können. Für Campino, der schon mal den Mackie Messer in Kurt Weills „Dreigroschenoper“ gegeben hat und außerdem in einem Wim-Wenders-Film Schauspiel­ erfahrung sammeln durfte, ist Prokofjews Klassiker eine liebgewonnene Erinnerung an die eigene Kindheit. „Peter und der Wolf“ bringe, sagt der ToteHosen-Star, den Kindern auf eine sehr subtile, aber einfache und herzliche Art und Weise handgemachte Musik näher. „Dies ist eine Version“, so Campino, „die sowohl auf dem klassischen Kernmärchen aufbaut, als auch eine moderne Rahmenhandlung enthält, die noch mal eine Schippe Spannung drauflegt.“

D eutsche Grammophon/Universal Music CD 4794894/CD 4794895

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NEUERSCHEINUNGEN Vladimir Horowitz Ungehobener Schatz aus Chicago

Die Musikwelt steckt voller Überraschungen. Ab und an wird in verstaubten Biblio­ theksarchiven mal ein Autograf eines berühmten Komponisten gefunden, ja erst vor Kurzem entdeckte man in Russland sogar das Manuskript einer unvollendeten Oper von Dmitri Schostakowitsch. Auch in Rundfunkarchiven schlummern noch so manche Schätze. Man mag nun kaum glauben, dass das letzte Konzert des legendären Pianisten Vladimir Horowitz am 26. Oktober 1986 in der Orchestra Hall in Chicago bisher noch nie auf Tonträger veröffentlicht wurde. Es ist aber so, und die Deutsche Grammophon hat nun den Zuschlag für diese sensationelle Veröffentlichung erhalten. Die Zeitung „Chicago Tribune“ schrieb nach dem Konzert: „… Eine lyrische Empfindsamkeit, eine durchsichtige, wundervoll gewichtete pianistische Kunstfertigkeit, ein nahtloses, fließendes Legato, wie es kein anderer Pianist erzeugen kann.” Horowitz spielt in höchs-

ter Vollendung unter anderen Scarlatti-Sonaten, die Klaviersonate Nr. 10 K. 330 von Mozart, die Arabeske op. 18 von Schumann, aber auch Etüden von Scriabin, das aparte „Ètincelles“ von Moszkowski und natürlich zwei Mazurkas und ein Scherzo von Chopin. Besonders apart sind die beigefügten, ebenfalls unveröffentlichten Radio-Interviews, in denen der damals 83-jährige Horowitz sagt: „An diesem Ort hatte ich einmal meinen ersten Erfolg in Amerika. Chicago ist sehr speziell, ich liebe die Menschen hier, ja alles.“

D eutsche Grammophon/Universal Music 2CD 4794649

Joyce DiDonato Verliebt in den König Mittlerweile ist die selten gespielte Rossini-Oper „La Donna del Lago“ („Die Dame vom See“) zu einem Paradestück für die Sopranistin Joyce DiDonato geworden. Christof Loy hatte die ursprünglich im Jahr 1819 in Neapel uraufgeführte romantische Oper des Italieners 2010 einmal für das Grand Théâtre de Genève mit DiDonato inszeniert und löste eine ganze Welle von weiteren Aufführungen damit aus. Im Februar 2015 dann nahm sich auch die Metropolitan Opera in New York dieses aparten Stücks an und bat abermals Joyce DiDonato, die Titelrolle der Elena zu singen. Gioacchino Rossinis Zweiakter „La Donna del Lago” gilt als erste italienische Oper, die ein Sujet des schottischen Dichters und Schöpfers des berühmten „Ivanhoe”-Romans Walter Scott adaptiert. Die Handlung, die im Schottland des 16. Jahrhunderts spielt, wo damals die Highlander gegen König James V. rebellierten, passt so ganz in die Zeit der Liebesgeschichten zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der von Juan Diego Flórez fantastisch gesungene König ist ergriffen von der schönen unbekannten Elena, der er während einer Jagd an

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einem See begegnet ist. Dummerweise ist sie die Tochter eines seiner größten Feinde aus dem Kreis der Hochländer. Regisseur Paul Curran schuf für die Met eine farbenprächtige Inszenierung, und in dem von Michele Mariotti souverän geleiteten Metropolitan Opera Orchestra sind originelle Instrumente wie zum Beispiel Jagdhörner besetzt.

E rato/Warner Music Blu-ray Disc 2564604699/2DVD 2564605098


NEUERSCHEINUNGEN

Jonas Kaufmann

Denkwürdiger Opernabend Das Publikum in der Mailänder Scala überschlug sich förmlich vor Begeisterung an diesem denkwürdigen, hier nun auf DVD und Blu-ray veröffentlichten Opernabend mit Jonas Kaufmann. Sage und schreibe vierzig Minuten lang hatte der Beifall nach dem Event „Nessun dorma – ein Abend mit Puccini“ angehalten, und Kaufmann musste fünf Zugaben geben. Es war ein triumphaler Erfolg für den großen Tenor, der eigenem Bekunden nach immer viel Respekt vor den Tücken der Puccini-Partien hat. Einen solchen Erfolg haben deutsche Tenöre ausgerechnet an der Mailänder Scala vor Jonas Kaufmann noch nicht feiern dürfen. „Unvergesslich“, ließ der italienische Sender RAI verkünden, „Kaufmann erobert die Scala“, titelte „La Stampa“, und selbst die sonst zurückhaltend lobende „Financial Times“ schrieb: „Leidenschaft, die das Haus zum Beben bringt.“ Wes-

halb die berühmten Arien aus „Turandot“, „Manon Lescaut“ oder „La Bohème“ Jonas Kaufmann so gut in der Kehle liegen, umriss das deutsche Magazin „Das Opernglas“ mit diesen Worten vielleicht am schlüssigsten: „Jonas Kaufmann singt nicht nur Tenorpartien Puccinis, sondern liebt sie auch, und zwar alle ohne Unterschied.“ Maestro Jochen Rieder und die Filharmonica della Scala begleiteten Jonas Kaufmann ebenso glutvoll wie einfühlsam. Der Schmelz in seiner Stimme fand ein Echo in den wunderbaren Legati und den schillernden Klangmischungen dieses ausgezeichneten Orchesters. Der legendäre Soloabend vom 14. Juni 2015 steht auch im Mittelpunkt des vor Kurzem angelaufenen, vom Regisseur Brian Large inszenierten Konzertfilms. Hier begleitet der Zuschauer den Topstar auch hinter die Bühne und wird Zeuge vieler interessanter Interviews, in denen Kaufmann über Puccini und seine Arien spricht.

S ony Classical Blu-ray Disc 88875130259/DVD 88875130249

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NEUERSCHEINUNGEN René Jacobs Überraschend anders Mozarts Opern hat der belgische Topstar der AltenMusik-Szene René Jacobs fast alle eingespielt, sogar das Frühwerk „La finta giardiniera“. Nur das Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ fehlte bislang in seiner Sammlung. Vielleicht auch deshalb, weil das Stück mit seinen vielen gesprochenen, nicht selten gestelzten Dialogen und seiner Klischeehaftigkeit in der Darstellung orientalischer Lebenswelten durchaus Fragen aufwirft. Darum hat sich Jacobs dazu entschlossen, die gewohnten Striche der Dialogpartien komplett aufzulösen. Dadurch präsentiert sich die „Entführung“ überraschend anders, ja wird noch frischer vom Geist der Aufklärung durchweht und enthält manche auf die Zeitpolitik 18. Jahrhunderts zielende Bemerkungen. Musikalisch ist René Jacobs mit der Akademie für Alte Musik Berlin und Sängern wie Robin Johannsen als Konstanze und Maximilian Schmitt als Belmonte ein großer Wurf gelungen. Nervöses Zittern schon in der Ouvertüre, polternde Tuttischläge und blitzende Triangelschläge, dann wieder plötzliche Rücknahmen und kammermusikalische Feinstickerei prägen sein Mozart-

Bild. Wunderbar sind die vibratolosen Holzbläser­ crescendi und das Hammerklavier im Continuo. Viel zu schmunzeln gibt es bei den Auseinandersetzungen der Dauerstreithähne Pedrillo, den Julian Prégardien mit viel Witz singt, und dem selbstüberzeugten Osmin (Dimitry Ivashchenko).

H armonia Mundi 2CD HMC 902214

Jos van Immerseel Mega-Schubertiade Franz Schubert sei einer jener „Riesen“, sagt Jos van Immerseel voller Bewunderung, die nie aufhörten, ihn zu überraschen und die ihn immer wieder herausforderten, sich noch intensiver mit seinen Werken auseinanderzusetzen. Den Bariton Thomas E. Bauer hat der belgische Dirigent und Spezialist für historische Aufführungspraxis und Hammerklaviere in jüngster Zeit bei Schubert-Liedern oft am Klavier begleitet. Am 9. November 2015 nun beging Jos van Immerseel seinen 70. Geburtstag. Und was gäbe es Schöneres, als dieses Jubiläum mit einer – wie das Label Alpha es nennt – „Mega-Schubertiade“ zu begleiten? Auf van Immerseels eigenen Wunsch hin erscheinen auf vier CDs Klavier- und Kammermusik, aber auch Lieder Schuberts, die der Maestro selbst als echte Herzensangelegenheiten bezeichnet. Jos van Immerseels SchubertKlangbild ist von einer ungeheuren Intensität erfüllt. Glutvolle Cre-

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scendi, deutliche Akzente und die Unmittelbarkeit individueller Instrumentalcharaktere verleihen diesen Aufnahmen etwas ganz Besonderes. Unter den 43 einzelnen Tracks mit ausgewählten Solisten und natürlich dem Ensemble Anima Eterna Brugge sind Aufnahmen der Lieder „Die junge Nonne“ D. 828 mit van Immerseel und der koreanischen Sopranistin Yeree Suh und eine Produktion des Klavierquintetts „Die Forelle“ D. 667, bei der neben dem Maestro am Klavier unter anderem auch die Geigerin Midori mitwirkt.

Alpha/note 1 music 4CD ALP216


NEUERSCHEINUNGEN Franz Welser-Möst Johannes-Brahms-Zyklus Selbst der große Johannes Brahms machte im Herbst 1876 einen Fehler, den heute noch vor allem jüngere Komponisten im Hinblick auf eine Uraufführung öfter mal begehen. Noch bevor seine 1. Sinfonie c-Moll op. 68 überhaupt fertig war, standen die Aufführungstermine bereits fest, ohne dass die Orchesterstimmen ausgeschrieben und ausreichend Probentermine eingeplant waren. Hatte sich Brahms zur Vollendung seiner 1. Sinfonie doch bereits mehr als 14 Jahre Zeit gelassen, so setzte er sich damals völlig unnötig unter Druck. Während er noch an letzten Korrekturen feilte, hatte er leichtsinnigerweise seinem Verleger Simrock die Uraufführung für den 4. November 1876 angekündigt und sogar weitere Erstaufführungen unter seiner eigenen Leitung noch im gleichen Jahr anberaumt. Nicht voreilig, sondern rechtzeitig zum Auftakt der Europa-Tournee des Cleveland Orchestras veröffentlicht das Label Clasart Classic nun den gefeierten Brahms-Zyklus unter der Leitung des Chefdirigenten Franz Welser-Möst auf DVD und Blu-ray. Franz WelserMösts Brahms klingt ebenso leicht und flüssig wie markig und feierlich. Ihm geht es ganz offensichtlich um das Gesangliche in der sinfonischen Musik von Brahms, aus der sich dann die oft großen Apotheosen entwickeln. Enthalten sind auch die Instrumentalkonzerte und jeweils als Bonus interessante Gespräche des Maestros mit Julia Fischer und Yefim Bronfman.

Clasart Classic/Concorde Home Entertainment 3Blu-ray Disc 43000/3DVD 41000

Mariss Jansons Stabat mater op. 58 Welches unendliche Leid der Verlust eines Kindes in den Seelen der zurückge­ bliebenen Eltern hinterlässt, kann jeder erahnen. Antonín Dvořák und seine Frau erlitten dieses Schicksal im Jahr 1877 gleich zweimal, als ihre Tochter Ruzena und kurz darauf auch der Sohn Otakar verstarben. Dvořák, der die Arbeit an einem „Stabat mater“ zuvor schon begonnen hatte, setzte nach langer Trauerpause die Arbeit daran fort. Den Kummer des Komponisten, die Suche nach Trost und letztendlich die Hoffnung auf Erlösung am Ende dieses Werkes haben Mariss Jansons, der Chor und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im März 2015 im Kultur- und Kongresszentrum Luzern eindrucksvoll nachfühlen lassen. Höchste Intensität, aber auch zarteste Rücknahmen prägen diese Interpretation.

Clasart Classic/Concorde Home Entertainment Blu-ray Disc 43001/DVD 42000

Mariss Jansons Dvořáks 9. Sinfonie und Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ Von Maestro Mariss Jansons, der das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks seit zwölf Jahren leitet, hören wir immer mal wieder die Äußerung: „Diese prachtvolle Musik scheint genau für unser Orchester geschrieben zu sein.“ Er hätte besser sagen müssen: „Für unser Orchester und für mich.“ In dieser Live-Aufnahme ist wieder einmal zu erleben, dass Jansons‘ Anwesenheit allein schon ausreicht, das Orchester bei diesen Klassikern des sinfonischen Repertoires zu Höchstform auflaufen zu lassen. Mit kleinsten Gesten erreicht Jansons die mitreißendsten Steigerungen in Dvořáks 9. Sinfonie und lässt Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ durch sein Orchester förmlich zu seinem Publikum sprechen.

lasart Classic/Concorde Home Entertainment Blu-ray Disc 43002/ C DVD 42001

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NEUERSCHEINUNGEN Seong-Jin Cho Der Gewinner des 17. ChopinWettbewerbs

Am 20. Oktober wurde der 21-jährige südkoreanische Pianist Seong-Jin Cho zum Gewinner des 17. Internationalen Chopin Piano Competition in Warschau erklärt. Mehr als 450 Künstler aus 45 Ländern hatten sich um die Teilnahme am Chopin-Wettbewerb 2015 beworben. 2008 bereits hatte Seong-Jin Cho schon in Moskau mit Chopins Musik einen Preis gewonnen. Warum der junge Mann einen so einzigartigen Zugang zu Chopin finden konnte, erklärt er so: „Chopins Musik erzählt uns so viel über das Menschsein und spricht direkt das Herz an.“ Das Strömen von Seong-Jin Chos Spiel ist ungemein mitreißend, die Agogik organisch und überzeugend. In allen Chopin-Werken, etwa dem „Marche funèbre“ oder der Polonaise op. 53 auf diesem Album, ist aber zudem ein sehr individueller Interpretationsstil erkennbar.

Die Live-Aufnahme von Seong-Jin Chos Warschauer Auftritt gibt den Startschuss für eine Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Grammophon und dem Fryderyk Chopin Institute in Warschau. „Die Deutsche Grammophon ist hocherfreut, die neue strategische Partnerschaft mit dem Chopin-Institut mit einem Album zu beginnen, das die Leidenschaft und Schönheit von Seong-Jin Chos Chopin einfängt“, erklärte Costa Pilavachi, der Senior Vice President of Classical A&R der Universal Music Group International. Je länger man Chopin spiele, gesteht Seong-Jin Cho am Rande, um so schwieriger würde er.

D eutsche Grammophon/Universal Music CD 4795332

Various 500 Jahre Orgelmusik

Erst vor Kurzem hatte ein Musikwissenschaftler auf dem Dachboden einer kleinen Sakristei in Norddeutschland einen Stapel alter Bücher gefunden. Und der hölzerne Buchdeckel eines Folianten war, wie er erstaunt feststellte, mit einer Orgeltabulatur bespannt, die sich schließlich als eine der ältesten bisher bekannten lutherischen Orgelchoräle Mitteleuropas entpuppte. Das ist sicher ein Extremfall, und doch gibt es im gigantischen Orgelrepertoire unendlich viel zu entdecken, wie die 50 CDs der Box „500 Jahre Orgelmusik“ hier beweisen. Es geht dabei aber nicht nur um außergewöhnliche Werke von Strozzi, Cavazzoni, de Macque über Bach und die Romantik bis hin zu Messiaen, sondern auch um besondere historische Instrumente und ihre Interpreten, Luca Scandali etwa oder Adriano Falconi.

Brilliant Classics/Edel 50CD 10951310BRC

Lautten Compagney Die Reisen des Marco Polo Zwischen der abenteuerlichen Reise des venezianischen Händlers Marco Polo ins ferne China und der Entstehung der Musik venezianischer Renaissancekomponisten liegen dreihundert Jahre. Und trotzdem bildet die Kombination von Textrezitationen Marco Polos durch Eva Mattes mit der Musik Claudio Monteverdis, Dario Castellos oder Giulio Caccinis aus dem 16. Jahrhundert eine atmosphärische Einheit. Erst recht, wenn beides mit chinesischen Instrumenten wie der von Wu Wei gespielten chinesischen Mundorgel Sheng und der Kniegeige Erhu verbunden wird. Hier treffen Welten aufeinander. Kontraste, die der echte Marco Polo auf vergleichbare Weise bei seinem ausgedehnten Ausflug auch empfunden haben mag.

DHM/Sony Classical CD 88875158812/CD 88875158822 (Englisch)

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NEUERSCHEINUNGEN

M E I S T E R W E R K E Die besten Klassiker aller Zeiten

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NEUERSCHEINUNGEN Dorothea Röschmann Mozart Arias Die Vielfalt an Frauengestalten ist in Mozarts Opern unerschöpflich. Da haben wir die tragische, die rasende oder kokette, die ins Komische gebrochene oder die leidende Frauenrolle. Dorothea Röschmann beherrscht sie alle. Begleitet vom Swedish Radio Symphony Orchestra unter dem phänomenalen Daniel Harding erleben wir die große Sopranistin in höchster Erregung bei „Oh smania! Oh furie! ... D’Oreste, d’Aiace“ aus „Idomeneo“ oder als Verkörperung eines von Mozart einzigartig idealisierten Frauenbildes voller Reinheit und Menschlichkeit in Arien der Gräfin Almaviva aus „Le nozze di Figaro“. Neben Arien aus „Don Giovanni“ und „Tito“ ist aber auch die Konzertarie „Bella mia fiamma, addio!“ enthalten, die Mozart einmal voller Abschiedsschmerz in Prag 1787 für Josepha Duschek schrieb.

Sony Classical CD88875061262

Kit Armstrong Symphonic Scenes

Der amerikanische Komponist, Pianist und Mathematiker Kit Armstrong ist ein echter Tausendsassa. Vor Kurzem erst spielte er in Hamburg Walzer der StraußDynastie in frappierenden Arrangements von Komponisten der Zweiten Wiener Schule. Auf seinem aktuellen Album „Symphonic Scenes“ nun widmet er sich Franz Liszts Werken, die sowohl für Orchester als auch für Klavier solo komponiert wurden. Bei den „Zwei Episoden aus Lenaus ‚Faust’“ und den berühmten MephistoWalzern sucht er aber kaum nach orchestraler Klangfülle auf dem Flügel, sondern arbeitet gerade die Eigenarten der Klavierfassungen in all ihren Feinheiten voller Transparenz heraus. Selten zu hören sind Stücke wie „Der nächtliche Zug“ oder „Salve Polonia“ aus Liszts unvollendetem Oratorium „Saint Stanislaus“.

Sony Classical CD 88875163732

Temmingh / Mields / The Gentleman’s Band Birds

Vom französischen Komponisten Olivier Messiaen wissen wir ja, wie sich seine Leidenschaft für die Vogelwelt auf seine Musik ausgewirkt hat. Was die Sopranis­ tin Dorothee Mields und der Blockflötist Stefan Temmingh mit The Gentleman’s Band und La Folia Barockorchester nun an barocken Vogelmusiken zusammengestellt haben, ist eine wahre Fundgrube. Rameaus freches „La Poule“ ist dabei noch bekannter als „The Cuckoo“ von Thomas Arne, Alessandro Pogliettis „Imitatione del medesimo uccello“ oder „Printemps“ des ominösen Komponisten Mr. Quignard. Imitierte Vogelstimmen erfordern ein Höchstmaß an Virtuosität, in vielen Werken spielen Vögel aber zusätzlich eine symbolische Rolle. So in der Arie „Du angenehme Nachtigall“ aus Reinhard Keisers Barockoper „Ulysses“.

Sony Classical CD 88875141202

Capella de la Torre Ciaconna

Es scheint, als ob die Ciaconna oder Chaconne zum alten Eisen verstaubter barocker Gattungen gehört. Die Capella de la Torre tritt mit ihrem Album den Gegenbeweis an. Mit befreundeten Jazzmusikern wie dem französischen Tubisten Michel Godard und dem italienischen Jazz-Akkordeonisten Luciano Biondini hat das Barockensemble die Eigenart des spanischen Volkstanzes aus dem 16. Jahrhundert und seine Adaption durch große Barockkomponisten einmal in die Gegenwart projiziert. Herausgekommen sind so mitreißende Tracks wie Godards „Dreaming Dancers“, „Folie de 1000 Lumieres“, „Song for Urte“ oder Merritts „The Book of Love“. Am Ende lösen sich die Grenzen zwischen Schalmei, Pommer, Dulzian, Posaune oder Zink und modernen Instrumenten ganz von selbst auf.

DHM/Sony Classical CD 88875141032

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NEUERSCHEINUNGEN

Elisabeth Schwarzkopf

Eine Deluxe-Edition zum 100. Geburtstag Man mochte Elisabeth Schwarzkopf, der Grande Dame unter den Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts, auch gern zuhören, wenn sie über Musik nur sprach. Die 1915 in der Nähe von Posen geborene Sängerin war eine außerordentlich kluge Frau, deren Kunst darin bestand, ihr Wirken aus vielen Perspektiven zu betrachten. Welche künstlerischen Produkte daraus resultierten, ist nun in einer wahrhaft einzigartigen Edition aller Recitals aus den Jahren 1952 bis 1974 noch einmal zu erleben. Lied­ interpretationen mit dem legendären Klavierpartner Gerald Moore sind darunter, Hugo Wolfs Italienisches Liederbuch, das sie zusammen mit Dietrich FischerDieskau produziert hat, aber auch ein Mozart-Album mit Walter Gieseking. Elisabeth Schwarzkopfs brillante Technik, ihre präzise Intonation auch in den höchsten Lagen und vor allem ihre Musikalität machten ihre Aufnahmen von Richard-Strauss-Liedern

unter Leitung von George Szell ganz unvergleichlich. In Interviews betonte sie stets, dass vokales Talent kaum ausreiche, um ein guter Sänger zu werden. Musik machen könne man nur, meinte sie, wenn man über eine gute Stimme und eine ausgebildete Technik hinaus auch Stilsicherheit und eine starke Imaginationskraft besitze. Am 9. Dezember 2015 nun gedenkt die Musikwelt des 100. Geburtstags von Elisabeth Schwarzkopf. Zusammen mit ihrem Ehemann, dem Plattenproduzenten Walter Legge, konzipierte sie bei EMI einst ihr Schallplattenrepertoire ebenso wie ihre Konzertprogramme höchstpersönlich. Dem Zufall wollte Elisabeth Schwarzkopf ja bekanntlich nie etwas überlassen. Zum Jubiläum erscheinen diese Recitals jetzt erstmals in ursprünglicher Programmgestaltung und dem originalen LP-Artwork als Deluxe-Edition. Die remasterten Fassungen beruhen auf den analogen Originalbändern, die sorgfältig restauriert wurden, um dem authentischen Klangbild der Einspielungen gerecht zu werden.

Warner Classics 31CD 2564602605

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NEUERSCHEINUNGEN Sol Gabetta Hommage an Lettland

Die Musik des lettischen Gegenwartskomponisten Peteris Vasks ist ungemein intensiv, kann emphatische Züge annehmen, bezieht aber auch Volksliedhaftes seiner lettischen Heimat mit ein. Er habe immer davon geträumt, sagte der 1946 geborene Vasks einmal, dass seine Musik dort zu hören wäre, wo sich unglückliche Menschen aufhielten – in Krankenhäusern und Gefängnissen, in überfüllten Bahnen und Bussen. Tröstend und fragend solle seine Musik gleichermaßen sein. Diese Äußerung ist natürlich symbolisch zu verstehen, so wie auch viele Werktitel von Vasks Stücken – zum Beispiel „Klatbutne“, was im Deutschen „Gegenwart“ bedeutet – symbolisch zu verstehen sind. Die oft tonale, aus langen Kantilenen gebildete Melodik seiner Werke, aber auch die rhythmisch zuweilen aufwühlenden schnellen Sätze sind so ganz Sol Gabettas Leidenschaft. „Das immer wieder Faszinierende für mich ist“, sagt Gabetta, „dass Vasks im Prinzip mit einfachen Mitteln arbeitet.“ Vasks widmete Gabetta sein 2. Cellokonzert „Klatbutne“, das die Cellistin mit der Amsterdam Sinfonietta im Oktober 2012 im belgischen Gent zur Uraufführung brachte. Drei Jahre später nun erscheint die Welterst­ einspielung dieses faszi-

nierenden Werks zusammen mit dem zweisätzigen „Gramata cellam“, dem sogenannten „Buch“ für Cello solo, und dem Duo „Musique du Soir“ für Cello und Orgel, bei der Gabetta von ihrer Mutter Irène Timacheff-Gabetta begleitet wird.

S ony Classical CD 88725423122

Philippe Jaroussky Unter liebenden Frauen

Schöne Frauen werden nun einmal von interessierten Männern bedrängt und umworben. Das geht auch der Titelfigur „Partenope“ in Händels 1730 uraufgeführter Oper so. Hier aber weiß sich die attraktive Königin von Neapel gut zu wehren, denn sie liebt nur Arsace. Man kann sich vorstellen, dass die Begegnungen der Liebenden, die bei dieser umwerfend gelungenen Studio-Produktion von Karina Gauvin und Philippe Jaroussky gesungen werden, zu den aufregendsten Stellen gehören. Händel spart nicht mit Witz und Ironie, wenn er mit typisch barocken Mitteln wie Verkleidungen und Geschlechtertausch sein Opernpersonal in peinliche Situationen bringt. Philippe Jaroussky hatte erst gezögert, die Partie des Arsace zu singen, weil es sich seiner Ansicht nach um eine Alto-Partie handele, die er nicht so gewohnt sei zu singen. „Meine Stimme erlaubt mir aber“, sagt er, „die weibliche Seite von Arsaces Charak-

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ter im Kontrast zu den beiden weiblichen Hauptrollen Partenope und Rosmira herauszustellen, die übrigens beide maskuliner sind als Arsace selbst.“ Es ist schon das zweite Mal, dass Jaroussky mit Karina Gauvin zusammenarbeitet, die die Partenope singt. Genauso freut sich der weltberühmte Countertenor aber auch über die Begleitung des Ensembles Il Pomo d’Oro und Riccardo Minasis. „Die Arbeit mit italienischen Ensembles hilft mir ungemein, die Sprache der Musik und die Nuancen der Texte zu verstehen.“

E rato/Warner Music 3CD 2564609007


NEUERSCHEINUNGEN

Simon Rattle/Berliner Philharmoniker Einen Herzenswunsch erfüllt Zum 150. Geburtstag des großen finnischen Sinfonikers Jean Sibelius legt Maestro Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern nun den kompletten Zyklus der Sinfonien Nr. 1-7 auf vier CDs und zwei Blu-rays vor. Aus seiner Leidenschaft für die herbe Schönheit dieser Werke hat Rattle nie ein Hehl gemacht. Er sagt sogar, dass er in frühester Kindheit, als er zum ersten Mal die 5. Sinfonie von Sibelius gehört habe, „wie vom Donner gerührt“ gewesen sei. Die Sinfonie war für Jean Sibelius keine „Komposition“, sondern – wie er es einmal formulierte – eine Art „Glaubensbekenntnis in verschiedenen Zeitabschnitten meines Lebens.“ An dieser Gattung zu arbeiten, mit ihr zu kämpfen und auf der Schwelle zur Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts neue Lösungen zu finden, sah er als eine ethische Verpflichtung an. Der 1865 geborene fin-

nische Komponist mit dem französischen Vornamen, den er selbst gegen seinen wirklichen Namen Johan Christian Julius ausgetauscht hatte, beschäftigte sich fast seine ganze Komponistenlaufbahn hindurch mit dieser Gattung. Die herbe Schönheit seiner Heimat, das weite, zuweilen über Hunderte von Kilometer hinweg menschenleere Land mit seinen Wäldern und Seen, hat Sibelius in archaische Klangwelten übersetzt. Wenn die Sinfonie Nr. 1 ähnlich wie Tschai­ kowskys Sechste mit einem Holzbläsersolo beginnt, stellt man sich die Nebelschwaden über den Wiesen und moosbewachsenen Böden vor, und gleich glitzern Sonnenstrahlen eines frühen, frostigen Morgens auf den Eisflächen zugefrorener Seen. „Jede meiner Sinfonien hat ihren eigenen Stil. Ihn zu schaffen, kostet mich immer lange Zeit des Mühens“, sagte Sibelius einmal. Sieben Sinfonien vollendete Sibelius, wobei ihm die Arbeit an der Fünften Sinfonie während des 1. Weltkriegs die meiste Mühe bereitete. Immer kühner waren die Brüche in den Spätwerken geworden und immer schroffer die Gestik.

B erlin Phil Media 4CD+2 Blu-ray Disc BPHR150071

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WEIHNACHTEN Plácido Domingo Ein sehr persönliches Weihnachtsalbum

Wenn da mal keine Weihnachtsstimmung aufkommt! Plácido Domingo hat sich für sein Album „My Christmas“ für jeden einzelnen Titel andere Duo-Partner, aber auch The Voices of Los Angeles Opera’s und The Piano Guys eingeladen. Die Auswahl der Songs, darunter „Stille Nacht“ in einem englischsprachigen Arrangement, „Pie Jesu“ aus Andrew Lloyd Webbers Requiem, aber auch Giacomo Puccinis Adaption von „Astro del cielo“ oder „Guardian Angels“ von Harpo Marx und Gerda Beilenson, sagt viel über die emotionale Botschaft des Albums. Gewidmet ist die neue CD Domingos Schwes­ ter Maria José Domingo de Fernández, die im Juni 2015 an Krebs verstorben ist und die der Weltstar immer liebevoll „Mari Pepa“ genannt hatte. „Meine Schwester war eine bemerkenswerte Frau, die Musik genauso liebte, wie ich es tue. Ich vermisse sie unendlich“, sagt Domingo. Einen besonderen Charme verleiht Vincent Niclo, dessen Tenorstimme nun eine etwas dunklere Färbung angenommen hat, dem mit Domingo gesungenen Titel „Have Yourself a Merry Little Christmas“. Und die un­verwechselbare Helene

Fischer stimmt im Weihnachtslied „What Child Is This“ die berühmte Greensleeves-Melodie an und zeigt bei den fulminanten Steigerungen ihr gigantisches Ausdrucksspektrum. Weitere Höhepunkte sind das mit Domingos Sohn, Plácido Domingo jr., gemeinsam gesungene „White Christmas“ und das übermütige „Feliz Navidad“ mit der Banda El Recodo.

S ony Classical CD 88875117432

Calmus Ensemble Weihnachtslieder aus aller Welt Vol. 1 Andere Länder, andere Sitten ... und vor allem andere Lieder. Vor allem zur Weihnachtszeit, wenn Santa Claus seine prallen Säcke vor nordamerikanischen Einkaufszentren leert und Väterchen Frost in Russland bei minus vierzig Grad Eiszapfen im Bart wachsen, klingen die nationalen Weihnachtslieder schon mal anders. Im Rahmen seines preisgekrönten Liederprojekts für die Förderung des Singens mit Kindern und Jugendlichen bringt Carus jetzt eine Liedauswahl aus Dänemark, Deutschland, England, Nordamerika, Peru, Portugal, Puerto Rico, Russland, Schweden und Spanien heraus. Darunter sind solche Juwelen wie das antiphonale Adventslied „Veni, veni, Emmanuel“, das jazzige „Hej mitt Winterland“ aus Schweden und das katalanische „El desembre congelat“.

Carus/note 1 music CD CAR83018

Bresgott/Athesinus Consort Berlin Weihnachtslieder aus aller Welt Vol. 2

Bei uns ist es nahezu unbekannt, in Italien aber ist es das bekannteste Weihnachtslied. Mit dem neapolitanischen Lied „Tu scendi dalle stelle“ eröffnet das Athesinus Consort Berlin unter Klaus-Martin Bresgotts Leitung seine faszinierende Zusammenstellung von Weihnachtsliedern aus aller Welt. Nicht weniger schön sind Ernst Friedrich Weyses „Juen har bragt velsignet bud“ aus Dänemark oder das venezuelanische „Vengo dando Pascuas“. Weihevoll und eine hohe Intimität erzeugend klingt der tschechische Beitrag zu dieser Sammlung weltweiter Weihnachtsliederschätze unter dem Titel „Buvaj, Diet‘a Krasne“. Und natürlich darf ein Dudelsack nicht fehlen. Aus welchem Land das dazugehörige Weihnachtslied stammt, kann man sich sicher denken.

Carus/note 1 music CD CAR83019

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WEIHNACHTEN Bell’Arte Himlische Weyhnacht Dass Musik ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes sei, war Martin Luthers tiefe Überzeugung. „Sie vertreibt den Teufel, sie macht die Leute fröhlich und man vergisst über sie alle Laster“, schrieb der Reformator. Das Ensemble Bell’Arte Salzburg vereint auf seiner neuen CD festliche Gesänge von Luther bis Bach, also jener Zeit, aus der eine Vielzahl unserer liebgewonnenen Weihnachtslieder stammt. Luthers „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ erklingt hier gleich in sieben verschiedenen Bearbeitungen. Neben weniger bekannten Melodien wie Nicolaus Bruhns’ „Mein Herz ist bereit“ aus den

Geistlichen Konzerten ist auch eine von Marie Luise Werneburg zart gesungene Fassung des Andachtsliedes „Ich steh an deiner Krippen hier“ von Paul Gerhardt enthalten. Nicht minder schön und ebenfalls seltener gehörte Weihnachtslieder-Juwelen der Alten Musik sind Heinrich Ignaz Franz Bibers „Nisi Dominus“ oder „Jubilate Deo“ von Valentin Meder.

B erlin Classics/Edel CD 0300687BC

Various Die schönste Wintermusik aus Pop, Klassik & Jazz

Man kann ja auch mal für den Winter eine Lanze brechen. Die „Brigitte“Redaktion jedenfalls hat sich einmal musikalisch ein „Winter Wonderland“ zusammengestellt, das auf zwei CDs sowohl Popsongs als auch Klassikund Jazzhits mit winterlichem Bezug enthält. „Der Winter hat seine Lieder. Extrem schöne sogar“, schreibt die Zeitschrift, und manche von ihnen erklärten sogar, warum es keine bessere Zeit als den Winter gebe, um sich zu verlieben. Musik aus Tschaikowskys „Nussknacker“ gehört sicher genauso dazu wie „Winter Wind“ mit The Piano Guys. Der Russe Rimski-Korsakow versteht es natürlich am besten, „Schneeflöckchen“ in seinem „Tanz der Gaukler“ herunterschweben zu lassen. Aber es sind auch Raritäten wie Johann Schelles „Sonata pastorella“ oder ein Ausschnitt aus einer Jazz-Suite von Dmitri Schostakowitsch und der Schlittschuhläufer-Walzer von Émile Waldteufel darunter. Auf der „Pop“-CD sind beispielsweise

Simon & Garfunkel mit ihrem unvergessenen „A Hazy Shade of Winter“, Leonard Cohen mit „Winter Lady“ und natürlich Frank Sinatra mit seiner dreimal wiederholten inständigen Bitte „Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow” vertreten.

S ony Classical 2CD 88875141212

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WEIHNACHTEN Salut Salon Frech-unterhaltende Weihnachtsgabe

Wenn sich das Damen-Quartett Salut Salon einem Thema zuwendet, sind Gags und gute Laune ebenso garantiert wie unendlich viel Abwechslung. Das klassische Kernrepertoire des Klavierquartetts ist mit Brahms’ Geistlichem Wiegenlied op. 91 Nr. 2 oder Dvořáks Slawischem Tanz op. 72 Nr. 2 auf der bunten Weihnachts-CD natürlich ebenso enthalten wie Weihnachtslieder oder „Milonga Angel“ von Astor Piazzolla. „Liebster Schneemann, ach bist du schön“, singen die Pianistin und ihre drei Streichkolleginnen dann aber plötzlich im Vokalquartett, „wer kann schon deiner Statur widerstehen, dein runder Bauch und so schwarze Augen, von deinem Mund da will ich Küsse saugen.“ Ein bisschen Frechheit schadet auch zur Weihnachtszeit nicht. Der bunte Mix aus Klassik, Tango, Folk, Popanleihen, eigenen Songs und Filmmusik macht den besonderen Charme der Salut-SalonKonzerte aus. Dabei geht es den Damen bestimmt nicht nur darum, das weihnachtliche Treiben respektlos zu persiflieren. Nein, sie begleiten es mit einem musikalischem Wechselbad der Gefühle. Bekanntes Repertoire wird neu arrangiert oder

neu getextet und Repertoirespezialitäten wie Leontowitschs „Carol of the Bells“ mit nachdenklich stimmenden Titeln wie Debussys „Noel des enfants qui n‘ont plus de maisons“ verbunden. Und wen überrascht es, dass Salut Salon unter anderem mit Nordquists „Jul, jul, stralande jul“ auch ihren Blick einmal nach Norden richten?

W arner Classics CD 2564618870

Quadriga Consort Hommage an den Winter

Blockflöten dürfen bei traditioneller und alter Musik der britischen Inseln natürlich nicht fehlen. Das Ensemble für Alte Musik Quadriga Consort verfügt mit Angelika Huemer und Karin Silldorf gleich über zwei Flötisten, die zum Beispiel im „Tune No. 172“ damit brillieren. Der folkloristische, typisch altenglische Ton von Liedern dieser Region in Verbindung mit den Eigenarten der Musik des 17. Jahrhunderts verleiht dieser musikalischen Hommage an den Winter einen besonderen Charakter. Natürlich spielt Weihnachten in Titeln wie „The Three Kings“, „A Merry Christmas“ oder „Christmas Comes But Once a Year“ eine Rolle, aber es geht auch um den Winter und seine oft raue Pracht in „Winter’s Delights“ oder dem „Gloomey Winter“.

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Sanft fügt sich Elisabeth Kaplans Singstimme in das historische Ensemble, zum Beispiel beim blendend neu arrangierten Titel „The First Nowell“. Manche Tracks sind aber auch überraschend rhythmisch, ja fordern mit ihren Akzentverschiebungen regelrecht zum Mittanzen auf. Schließlich gibt es in diesem aufregenden Konvolut auch Lieder, so etwa „Sing We Now of Christmas”, die sowohl auf den britischen Inseln als auch in Frankreich populär waren.

S ony Classical CD 88875075722


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WEIHNACHTEN Various Ein „Christmas Album“ mit vielen Raritäten Das „Christmas Album“ mit legendären Dirigenten wie Herbert von Karajan, James Levine und Fritz Lehmann enthält nicht nur große Klassikhits des weihnachtlichen Repertoires, sondern auch echte Raritäten. Dazu gehört zweifellos das zauberhafte Intermezzo aus Franz Schmidts Oper „Notre Dame“, die auf Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre Dame“ beruht. Weniger bekannt dürften die „3 Stücke aus Florilegium secondum“ des Barockkomponisten Georg Muffat sein. Und wo wir schon gerade bei Barockmusik sind, darf natürlich Bachs Musik nicht fehlen. Die Berliner Philharmoniker stimmen auf diesem Album das „Air“ aus Bachs Orchestersuite BWV 1068 und das Allegro aus dem Brandenburgischen Konzert Nr. 2 an. Zu Weihnachten gehört aber auch die Nussknacker-Suite aus Tschaikowskys Ballettmusik nach E.T.A. Hoffmanns Erzählung. Nach der Bescherung an dem hier beschriebenen Weihnachtsabend wird der kleine Nussknacker in den Händen Maries plötzlich lebendig und reißt das Mädchen in einen Strudel von Abenteuern. In Interpretationen des Weltklasseorchesters und der Blechbläser der

Berliner Philharmoniker klingen die traditionellen Weihnachtslieder „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ oder „Still, weil‘s Kindlein schlafen will“ umso glanzvoller. Eine echte Entdeckung ist indessen das Andante cantabile aus dem Hymnus op. 57 für zwölf Violoncelli vom 1933 gestorbenen Komponisten Julius Klengel.

Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4822971

Rita Streich, Fischer-Dieskau u.v.a. Weihnachtslieder aus dem RIAS-Archiv Und wieder einmal sind es die Rundfunkarchive der ARD-Anstalten, aus denen große Schätze des Aufnahmerepertoires gehoben werden konnten. In den Fünfzigerjahren produzierte der RIAS mit namhaften Sängern wie Dietrich Fischer-Dieskau, Rita Streich, Erna Berger oder Elisabeth Grümmer Weihnachtslieder und weihnachtliche Arrangements, die damals in allen Haushalten zur Adventszeit und zum Fest mit größter Begeisterung gehört wurden. Das Radio-Orchester Berlin und das RIAS-Unterhaltungsorchester begleiteten die Sängerstars hier bei Liedern wie „Es blüh‘n drei Rosen“, „Da droben auf dem Berge“, „Und unser lieben Frauen“, „Maria durch ein‘n Dornwald ging“, „Schlaf wohl, du Himmelsknabe du“, „Schlaf, mein Kindelein“ oder „Maria auf dem Berge“. Und es gibt neben vielen anderen Stars eine Begegnung mit Hans Carste, dem legendären Komponisten der Tagesschau-Erkennungsmelodie.

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Audite/Edel CD 1095741ADT


WEIHNACHTEN Philipp Ahmann / NDR Chor Es ist ein Ros entsprungen

In diesem Konvolut alter und neuer Weihnachtslieder verbergen sich wahre Schätze. Nicht jeder kennt die weihnachtlichen Liedsätze von Heinrich Kaminski, die in den frühen 1920er Jahren einmal für Schul- und Jugendchöre entstanden waren. Der bestaufgelegte NDR Chor unter Philipp Ahmanns Leitung verbindet diese anspruchsvollen Kleinode der Chorliteratur hier mit Weihnachtsliedern von Hugo Distler, der die evangelische Kirchenmusik zur gleichen Zeit so vehement vorangetrieben hat. Drei verschiedene Vertonungen der alten Weise „Es ist ein Ros entsprungen“ von Distler, Alban Berg und Michael Praetorius durchziehen das Album. Aber auch die zauberhaften drei Weihnachtslieder des Brahms-Zeitgenossen Peter Cornelius sind hier in Chorversionen zu hören.

Es-Dur/Edel CD 1082064EDU

GESCHENK-TIPPS Various Eine Brücke zu den jüngsten Fans Der größte Fehler sei es, sagte der Dirigent Kent Nagano einmal, die Kapazitäten von Kindern und Jugendlichen zu unterschätzen. „Junge Leute haben keine Routine, reagieren aber hochsensibel, und sie haben ein untrügliches Gefühl für Qualität.“ Klassik, Jazz, ja selbst Neue Musik begeistert nicht nur ein junges Publikum, das aus einem musikalischen Umfeld stammt oder selbst ein Instrument erlernt. Große Stars der Klassikszene haben nun von sich aus klassische Stücke ausgewählt, die ihrer Ansicht nach am besten geeignet sind, junge Menschen zu begeistern. Sol Gabetta, die mit Rimski-Korsakows „Hummelflug“ und dem „Schwan“ aus Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“ auf der neuen Sony-CD „Klassik Wunderland“ vertreten ist, sagt: „Beide Stücke vermitteln den Kindern mit der Musik sofort ein Bild im Kopf.“ Lang Lang will eine Brücke zu seinen jüngsten Fans mit Bachs „Air“ in einer Klavierbearbeitung schlagen. Igor Levit setzt auf Beethovens launiges „Für Elise“, Martin Stadtfeld dagegen auf Mozarts „Alla turca“. Stadtfeld erinnert sich dabei an seine eigenen Erfah-

rungen. „Meine Mutter erzählte mir oft, dass ich als kleines Kind besonders auf die Musik Mozarts mit einem Lächeln reagierte.“ Khatia Buniatishvili, Jonas Kaufmann und sogar Plácido Domingo präsentieren ihre Klassik für Kinder, und die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker haben einen echten Ohrwurm von Dmitri Schostakowitsch eingespielt.

Sony Classical CD 88875140252

Various Die ECHO-Klassik-Preisträger

„In einer Welt, die sich in immer höherem Tempo ändert, kann, darf – und sollte sogar! – die Klassik ein kultureller Ankerpunkt sein“, sagt Dieter Gorny vom Bundesverband Musikindustrie. Mit der Verleihung der ECHO-Klassik-Preise treten die Protagonisten der Szene exponiert ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Die „Best of Klassik 2015“ nun ist die einzige CD, auf der Klassik-Stars aller Label gemeinsam präsentiert werden. Auf drei CDs sind mit Lang Lang, Jonas Kaufmann, Joyce DiDonato, Elīna Garanča, David Garrett, Sonya Yoncheva und vielen anderen alle ECHO-Preisträger 2015 nebeneinander zu erleben. Eine Compilation der Besten mit ihren jeweiligen Lieblingsstücken von Vivaldi über Bellini und Brahms bis hin zum Brasilianer Hermeto Pascoal.

Sony Classical 3CD 88875134102

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GESCHENK-TIPPS Lang Lang Wie ein König in Paris In Paris ist der chinesische Star-Pianist Lang Lang sowieso Stammgast. Erst im Januar 2015 war er dort mit Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 anlässlich der Eröffnung der vom Star-Architekten Jean Nouvel erbauten Philharmonie im Nordosten der Stadt aufgetreten. Es sei aber schon immer, sagt Lang Lang, sein Lebenstraum gewesen, im 300 Jahre alten Spiegelsaal des Schlosses Versailles, jenem geschichtsträchtigen und wundervoll ausgestatteten Raum, aufzutreten. Nun ging der Wunsch in Erfüllung, und Lang Lang musste über das Programm für diesen Auftritt nicht lange nachsinnen. Nicht erst seit seinem Chopin-Album aus dem Jahr 2012 steht der Pole, der 1849 in Paris verstarb, im Zentrum seines Repertoires. Lang Langs Interpretation der Scherzi Nr. 1 op. 20, Nr. 2 op. 31, Nr. 3 op. 39 und Nr. 4 op. 54, die in den Jahren 1831 bis 1842 entstanden sind, ist hoch differenziert und virtuos. Ganz offenbar geht es dem Pianisten darum, die zuweilen

unergründbare Tiefe von Chopins Musik immer weiter auszuloten. Sein Spiel ist transparent, feinsinnig und bewegend. Das gilt auch für die zwölf den Jahresmonaten gewidmeten Sätze aus Peter Tschaikowskys „Die Jahreszeiten“ op. 37a, die der Komponist 1875 im Auftrag eines russischen Musikmagazins schrieb. Um die Charaktere der Monate besser fassen zu können, wählte Tschaikowsky auch bestimmte Ereignisse wie den Karneval für Februar oder den schmelzenden Schnee für den Monat April aus.

Sony Classical 2CD 88875117582/2CD+DVD 88875117612

Igor Levit Variationen der Extraklasse Wenn der russisch-deutsche Pianist Igor Levit einen Lieblingskomponisten der Gegenwart nennen müsste, würde auf jeden Fall der Name Frederic Rzewski fallen. Seit Jahren beschäftigt sich Levit mit dem Schaffen dieses Mannes, vor allem mit dessen sogenannten NanoSonaten. Der US-amerikanische Zeitgenosse entlehnte den Begriff aus der Quantenphysik und der Mikrotechnik, wo kleinste Teilchen vom Einzelatom bis zu minimalsten Strukturen bestimmte Funktionalitäten erfüllen. Levit widmet sich auf seinem dreiteiligen Album „Variations“ nun Rzewskis 1975 entstandenem Klavierwerk „The People United Will Never Be Defeated“. Die 36 Variationen über das Kampflied „El pueblo unido jamás será vencido“ von Sergio Ortega wurden genau wie Beethovens Diabelli-Variationen op. 33 und Bachs GoldbergVariationen BWV 988 erst kurz vor dem Erscheinen des neuen Albums

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aufgenommen. Ortegas im letzten Jahr von Salvatore Allendes Regierung in den 1970er Jahren entstandenes, von Rzewski hier variiertes Lied „Das vereinte Volk“ ist zum Symbol des Freiheitskampfes der Chilenen vor allem gegen die Diktatur Pinochets geworden. Nicht als Nano-Variation, sondern als „Mikrokosmos des Beethovenschen Genius“ hatte Hans von Bülow einmal die Diabelli-Variationen, das letzte große Klavierwerk des Meisters, bezeichnet. Levit spielt dieses zentrale Variationswerk der Wiener Klassik mit einem unerhört reichen Ausdrucksspektrum.

Sony Classical 3CD 88875060962


GESCHENK-TIPPS

Jonas Kaufmann Gala- und kinoreifer Puccini Ist Giacomo Puccini wirklich der „Verdi des kleinen Mannes“, wie ihn Kurt Tucholsky gehörig despektierlich bezeichnete? Gewiss nicht, und überhaupt ist seine Musik in vielerlei Hinsicht sowieso ganz anders als die seines berühmten Landsmanns. Puccinis Melodien erreichen die Herzen seiner Zuhörer auf Anhieb, diese Erfahrung macht auch Jonas Kaufmann seit vielen Jahren in Puccini-Opern. Im November 2014 erst sollte Kaufmann an der Seite von Anna Netrebko an der Bayerischen Staatsoper die Neuinszenierung der „Manon Lescaut“ von Hans Neuenfels aus der Taufe heben. Zwei Wochen vor der Premiere aber war Netrebko abgesprungen, weil der Regisseur und die Diva nicht miteinander kommunizieren konnten. Kristine Opolais übernahm daraufhin die Titelrolle. Opolais ist nun auch Kaufmanns Partnerin auf dem Album „Nessun dorma“. Er selbst habe sich lange Zeit nicht an „Nessun dorma“ herangetraut, sagt

Kaufmann. „Zu groß war mein Respekt vor der Magie und der unglaublichen Sogkraft dieser Arie. Und noch heute bekomme ich jedes Mal Gänsehaut, wenn ich sie höre und singe.“ Und nicht nur das. Bei einem Konzert am Teatro Alla Scala in Mailand im Juni dieses Jahres musste sich der Star-Tenor vor dieser Arie sogar von der ihn beengenden Fliege um seinen Hals befreien und den Hemdkragen öffnen, weil er absolute Freiheit gerade für diese Arie brauchte. Dieses Talent, sich zu lösen, ganz in der Musik aufzugehen und ein Höchstmaß an dramatischer Spannung zu erzeugen, durchzieht nun Kaufmanns ganzes PucciniAlbum mit Tenorarien auch aus „Manon Lescaut“, „Tosca“, „La Bohème“, „Madama Butterfly“, „La fanciulla del West“ und sogar den Frühwerken „Le Villi“ und „Edgar“. Puccini ist auch das Thema eines Kinoevents mit Kaufmann, das im Oktober in über 40 Ländern startet. Der Zuschauer begleitet den Sänger in der Mailänder Scala vor und hinter den Kulissen.

S ony Classical CD 88875092492/CD+DVD 88875092482/2LP 88875092491

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GESCHENK-TIPPS

Schönherz & Fleer Ein Rilke-Projekt der besonderen Art Rainer Maria Rilkes erster Gedichtband „Leben und Lieder“ war noch weitgehend unbeachtet geblieben. Erst 1906 wurde der 1875 in Prag geborene Dichter mit seiner lyrischen Prosadichtung „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ auf einen Schlag berühmt. Es war das Jahr, in dem Rilke noch als Sekretär des Bildhauers Rodin in Paris lebte. Was Rilke dann während und nach dem Ersten Weltkrieg in München und in der Schweiz vor seinem frühen Tod am 29. Dezember 1926 schuf, die „Duineser Elegien“ oder „Die Sonette des Orpheus“ etwa, sollte die früheren Dichtungen noch weit übertreffen. Seitdem haben viele Komponisten wie zum Beispiel die Russin Sofia Gubaidulina Rilke-Texte vertont. Zum 140. Geburtsjahr Rilkes und kurz vor dessen 90. Sterbejahr 2016 präsentiert das legendäre Produzentenduo Richard Schönherz und Angelica Fleer nun sein „Symphonic Rilke Projekt – Dir zur Feier“ mit Unterstützung fantastischer Sprecher der deutschen Schauspiel-Elite sowie Sänger, darunter Ben Becker, Hannelore Elsner und Max Mutzke. Im Star-Duett „Omen und Orakel“ dieser sinfonischen Reise durch Rilkes poetische Welt unter Teilnahme der Neuen Philharmonie Frankfurt treffen Yvonne Catterfeld und Xavier Naidoo aufeinander. Die feierliche Werkschau eines der größten Dichter des 20. Jahrhunderts wird am 4. Dezember 2015 auch konzertant in der Alten Oper Frankfurt dargeboten. Die CD/DVD „Dir zur Feier“ ist ein neuer Wurf von Schönherz & Fleer in der langen Erfolgsgeschichte des „Rilke-Projekts“. Seit dem Start der Reihe zur Jahrtausendwende wurden mittlerweile weltweit 450.000 Tonträger verkauft. Die Bonus-DVD von „Dir zur Feier“ zeigt parallel zum Audio hin­ reißende Aufnahmen des Hubble-Teleskops. Und wer wird bestreiten, dass Rilkes Lyrik von den „Engelliedern“ bis zu „Welt, die monden ist“, das Hannelore Elsner ganz hinreißend präsentiert, den ganzen Kosmos mit einbezieht.

E del Content CD+DVD 0210751CTT

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HÄNDLERPORTRÄT

Sym-Phon

Gibt es überhaupt noch Menschen, die CDs kaufen? „Klar gibt es die!“, sagt Wolfgang Loos von Sym-Phon in Krefeld, „aber wir sind ein Ü-30-Laden.“ Diese Käuferschicht perfekt zu bedienen, haben sich Wolfgang Loos und Ivo Gilbert, der Sym-Phon 1987 gegründet hat, auf die Fahnen geschrieben. Die große Stammkundschaft weiß die Beratung und die Auswahl im seit November 2010 neu bezogenen Ladengeschäft am Ostwall 122 zu schätzen. Klassik und Jazz sind neben populärer Musik die Schwerpunkte, aber auch Vinyl und sogar Schellack finden sich hier. Mit dem Umzug ist neben den Räumlichkeiten auch das Sortiment gewachsen. Übersichtlich präsentiert werden jetzt über 4000 CDs, darunter viele Raritäten und Sonderangebote, die es einem schwer machen, ohne einen Tonträger in der Hand wieder zu gehen. Dass man die CDs vor dem Kauf anhören kann, ist da selbstverständlich. Auch für ein Schwätzchen und zum Fachsimpeln haben die beiden Inhaber immer ein offenes Ohr, und einen guten Musik-Tipp gibt’s meist noch oben drauf! Sym-Phon Sym-Phon Ostwall 122, 47798 Krefeld, Tel. 02151-28888, Fax. 02151-28888, symphon@web.de ÖFFNUNGSZEITEN: Montag bis Freitag 10.00 bis 18.30 Uhr, Samstag 10.00 bis 16.00 Uhr

HÄNDLER 01326 Dresden Sweetwater Friedrich-Wieck-Str. 4 02763 Zittau CD-Studio Markt 13 04109 Leipzig Gewandhausshop Augustusplatz 8 10629 Berlin Oldschool Walter-Benjamin-Platz 2 10777 Berlin L&P Classics Welserstr. 28 10785 Berlin Shop in der Berliner Philharmonie Herbert-von-Karajan-Str. 1 20354 Hamburg HANSE CD Musik im Hanse-Viertel Große Bleichen 36 21244 Buchholz Smile Records Bremer Str. 1 23552 Lübeck Klassik Kontor Königstr. 115 23552 Lübeck Pressezentrum Breite Str. 79 24103 Kiel Ruth König Klassik Dänische Str. 7 34117 Kassel Bauer & Hieber Ständeplatz 13 37073 Göttingen TonKost Theaterstr. 22 38100 Braunschweig Buchhandlung Graff Sack 15 42551 Velbert Musik Schallowetz Friedrichstr. 240 44787 Bochum aktiv-Musicpoint Kortumstr. 97 (City­passage) 45127 Essen proust WÖRTER + TÖNE Am Handelshof 1 45128 Essen proust in der Philharmonie Huyssenallee 53 47798 Krefeld Sym-Phon Ostwall 122 48143 Münster Jörgs CD Forum Alter Steinweg 4-5 50667 Köln TONGER – Haus der Musik Zeughausstr. 24 53111 Bonn Beethoven-Haus Bonngasse 18 53111 Bonn TONGER – Haus der Musik Acherstr. 26-28 53474 Bad Neuenahr aktiv musik Plattenkiste Poststr. 7 54290 Trier Christian Reisser Fleischstr. 30/31 55116 Mainz Mainzer Musikalienzentrum Große Langgasse 1 55543 Bad Kreuznach engelmayer aktiv Musik Mühlenstr. 1 60311 Frankfurt /Main CDs am Goethehaus Am Salzhaus 1 64283 Darmstadt CD Lounge Georg Kruse Wilhelminenstr. 25 65366 Geisenheim Plattenstübchen­ Behlstr. 9 66111 Saar­ brücken Musikhaus Arthur Knopp Futterstr. 4 71229 Leonberg Die Tonleiter Leonberger Str. 24/I 72070 Tübingen Rimpo Tonträger Ammergasse 23 76133 Karlsruhe Musik Schlaile Kaiserstr. 175 77652 Offenburg La Musica Langestr. 38 79098 Freiburg Compact Disc Center Schiffstr. 8 79098 Freiburg Rombach Klassik Bertoldstr. 10 84489 Burghausen Master’s Elektromarkt Burg­kirchener Str. 66 86899 Landsberg Discy Herzog-Ernst-Str. 179 b 91054 Erlangen musica records & books Paulistr. 8 91054 Erlangen Bongartz – Musik in allen Formaten Hauptstr. 56 99084 Erfurt Bauer & Hieber Anger 77 99423 Weimar Musikhaus 19 Geleitstr.19

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