klassik erleben #53 (Herbst 2017)

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Herbst 2017 Ausgabe 53

klassikerleben

Empfehlungen des Klassikfachhandels

Jonas Kaufmann L’Opéra

Regula Mühlemann • Philippe Jaroussky • Fazil Say Benny Andersson • Christian Gerhaher • Diana Damrau u. v. a. klassikerleben.de


EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, das exklusive Highlight dieser Saison ist natürlich das neue Album „L’Opéra“ des Star-Tenors Jonas Kaufmann. Darauf widmet sich Kaufmann ausschließlich seiner großen Leidenschaft, den französischen Opern des 19. Jahrhunderts. Die Neuerscheinungen in diesem Herbst können mit spannenden Kollaborationen aufwarten. Der Star-Tenor Rolando Villazón und der Jazztrompeter Erik Truffaz unterstützen die erst 18-jährige französische Trompeterin Renaudin Vary auf ihrem Debütalbum. Der Pianist Alexandre Tharaud erinnert mit Sänger- und Schauspielerfreunden an die Chansonette Barbara, die vor 20 Jahren starb, und der Cellist Jan Vogler veröffentlicht ein Album mit seinem neuen Kumpel, dem amerikanischen, nicht nur aus „Ghostbusters“ bekannten Hollywoodstar Bill Murray. Ein ganz besonderes Schmankerl ist das Album „Piano“ von Ex-ABBA-Member Benny Andersson, auf dem eine Menge ABBA-Nostalgie mitschwingt. Vom 16. bis 21. Oktober 2017 laden wir Sie mit insgesamt 120 Läden in über 70 Städten zur neunten Ausgabe der Plattenladenwoche ein. Nähere Infos zur bundesweiten Kampagne unter www.plattenladenwoche.de.

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HIGHLIGHTS: Regula Mühlemann (S. 6), Mariss Jansons (S. 7), Sir John Gardiner (S. 8), Isabelle Faust (S. 8), Fazil Say (S. 10), Martha Argerich (S. 11), Europa Galante (S. 12), Christina Pluhar/L’Arpeggiata (S. 13), Benny Andersson (S. 15), Fernando Varela (S. 16), Philippe Jaroussky (S. 17), Juan Diego Flórez (S. 17), Christian Gerhaher (S. 19), Diana Damrau (S. 19), Jacqueline du Pré (S. 20), ECHO Klassik 2017 (S. 21), Herbert von Karajan/Otto Klemperer (S. 22), Angela Gheorghiu (S. 22)

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IMPRESSUM Herausgeber: Aktiv Musik Marketing GmbH & Co. KG, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR A 105205, UstID: DE 187995651. Persönlich haftende Gesellschafterin: Aktiv Musik Marketing Verwaltungs GmbH, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR B 100122. Geschäftsführer: Marcus-Johannes Heinz Fon: 040/468 99 28-0 Fax: 040/468 99 28-15 Redaktions- und Anzeigenleitung: Tim Geppert (verantwortlich für den Inhalt) Redaktion: E-Mail: info@amm.de Schlussredaktion: Katrin Zabel Layout: werkstatt no.8 - designkonzepte, Hamburg Druck & Vertrieb: Helmut Peters apm alpha print medien AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt Auflage: 40.000 Hinweis: Farbgenauigkeit, Anzeigeninhalte und abgedruckte Termine ohne Gewähr BILDNACHWEISE: © Gregor Hohenberg (1 + 3 Kaufmann, 17 Flórez, 19 Gerhaher), Martin Förster (6 Mühlemann), Peter Meiser (7 Jansons), Sim Canetty-Clarke (8 Gardiner), Felix Broede (8 Faust), Marco Borggreve (10 Say), Adriano Heitmann/Immagina / Warner Classics (11 Argerich), Ribalta Luce Studio (12 Invernizzi), Michal Novak (13 Pluhar), Knut Koivisto (15 Andersson), Daniel Roché (16 Varela), Simon Fowler (17 Jaroussky, 22 Gheorghiu), ROH/Stephen Cummiskey (19 Damrau), Brooke Shaden (21 DiDonato), W.E. Baur, Zürich (22 Karajan)

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TITEL

Jonas Kaufmann Le grand amour de Jonas Kaufmann Das Repertoire von Jonas Kaufmann ist riesig. Seit vielen Jahren schon hegt der Wagner-Tenor eine besondere Vorliebe für das französische Repertoire, das ganz eigene Anforderungen an seine Stimme stellt. Die bewegende Lyrik, das Zarte und Zurückhaltende in der Arie „Elle ne croyait pas, dans sa candeur naive“ aus Ambroise Thomas’ Oper „Mignon“ erfordert ein Höchstmaß an Flexibilität und Kontrolle. Kaufmann ist in der Lage, ein Pianissimo zu singen, das man so klar und so glänzend wahrlich selten zu hören bekommt. Großartig spiegelt sich Kaufmanns Stimmkunst in der aufs Feinste ausgewogenen Begleitung des Bayerischen Staatsorchesters unter der Leitung von Bertrand de Billy. Schwebend zart klingen die Streicher in „La fleur que tu m’avais jetée“ aus Bizets „Carmen“, wenn sich Kaufmann am Ende dieses zauberhaften Stückes in höchsten Höhen bewegt. Auch die Holzbläser des Bayerischen Staatsorchesters faszinieren mit einer unerhört edlen Tongebung. Immer wieder betont Jonas Kaufmann seine Begeisterung für das französische Repertoire, das er, wie er sagt, tief in sein Herz geschlossen habe. Natürlich erinnert er sich gern an seine ersten französischen

Rollen als Wilhelm Meister in Thomas’ „Mignon“ und an Massenets „Werther“, in der er an der Pariser Oper einst debütierte. Etwas beschämt erinnert sich Kaufmann an seine schlechten Französischkenntnisse, damals im Jahr 2001 in Toulouse, als er sich in der Gegenwart des „Mignon“-Regisseurs Nicolas Joel schwor, an seiner Sprache auf jeden Fall noch zu arbeiten. Ganz bewusst entschied sich Kaufmann bei seinem neuen Album „L’Opéra“ nicht nur für die absoluten Publikumslieblinge des französischen Repertoires. Im Gespräch mit Thomas Voigt sagte er: „Ich wollte nicht nur die üblichen Highlights versammeln, sondern auch die Werke und Rollen, die für mich Schlüsselerlebnisse waren.“ Zu den Raritäten zählen zweifellos die Arien „Puisqu’on ne peut fléchir ... Au fond du temple saint“ aus Edouard Lalos „Le Roi d’Ys“, einer Oper nach einer bretonischen Legende über den Untergang der Stadt Ys. Wunderbar singt Kaufmann auch die mit einem Trillerflirren der Flöten und einem herrlichen Klarinettensolo anhebende Arie „Pays merveilleux“ aus Meyerbeers „L’Africaine“. In Massenets „Manon“ stehen zudem noch Sonya Yoncheva und in Bizets „Les Pécheurs de Perles“ Ludovic Tézier an Kaufmanns Seite.

S ony Classical CD 88985390762 / Deluxe Edition (CD) 88985390832 / 2LP 88985390761 (2LP ab 29.09.)

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NEUERSCHEINUNGEN

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NEUERSCHEINUNGEN Regula Mühlemann Die Königin der Arie

Kaum eine andere weibliche Figur der Antike eignet sich als Sujet einer dramatischen, tragischen Oper besser als die tapfere Ägypterin Cleopatra. Kühn setzte die letzte Herrscherin des Ptolemäerreiches von 51 bis 30 v. Chr. ihre Schönheit ein, um die römischen Machthaber im Interesse ihres bedrohten Landes zu manipulieren. Damit war sie lange erfolgreich, verlor am Ende aber doch. Es dürfte nur wenigen bekannt sein, dass es allein 80 Opernwerke gibt, die sich mit Cleopatra auseinandersetzen. Die Schweizer Sängerin Regula Mühlemann widmet nun ein ganzes Album Werken aus der Barockzeit, die von Cleopatra handeln. Im Zentrum stehen Georg Friedrich Händels „Giulio Cesare in Egitto“, Johann Adolf Hasses „Marc’Antonio e Cleopatra“ und Johann Matthesons „Die unglückselige Cleopatra“. Weniger bekannt sind „Giulio Cesare in Egitto“ von Antonio Sartorio und „Cleopatra e Cesare“ von Carl Heinrich Graun. Auch die Arie „Squarciami pure il seno“ aus Vivaldis „Il Tigrane“ hat Mühlemann eingesungen. In Matthesons Oper übrigens wird die gleiche Geschichte erzählt, die einst William

Shakespeare in seinem Drama „Anthony and Cleopatra“ verwendet hatte. Antonius, der sich von Cleopatra bereits getrennt hatte, springt der Königin wieder zur Seite, weil der römische Kaiser Augustus ihr Land bedroht. Dessen List, selber um Cleopatra zu werben, treibt indes einen Keil zwischen Antonius und die Königin.

S ony Classical CD 88985407012

David Jerusalem & Eric Schneider In Erlkönigs Reich: Balladen von Schubert und Loewe

Der junge Bassbariton David Jerusalem hat schon in etlichen Opernproduktionen, beispielsweise unter Leitung von Sir Simon Rattle (Mozarts „Zauberflöte“) oder Christian Thielemann („Ariadne auf Naxos“ von Strauss) mitgewirkt. Sein Debütalbum mit Balladen von Franz Schubert und Carl Loewe stellt sein beachtliches Talent für die Liedkunst unter Beweis. In seiner Gestaltung und Deklamation erinnert David Jerusalem durchaus an Liedgestaltungen von Dietrich Fischer-Dieskau oder Peter Schreier. Am Klavier wird er von dem erfahrenen Liedbegleiter Eric Schneider begleitet, der schon mit Christiane Oelze, Anna Prohaska und Matthias Goerne zusammengearbeitet hat.

Hänssler CLASSIC / Profil Medien CD HC17012

Klaus Florian Vogt, Hartmut Haenchen & Orchester der Bayreuther Festspiele Parsifal

Eigentlich hatte Wagner verfügt, dass sein Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ ausnahmslos im Bayreuther Festspielhaus aufgeführt werden sollte. Obwohl er selbst die Titelpartie auch oft woanders gesungen habe, spüre er doch, so Klaus Florian Vogt, dass der Parsifal nach Bayreuth gehöre. Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg, die 2016 im Festspielhaus Premiere hatte, mit Vogt in der Titelpartie und der umwerfenden Elena Pankratova als Kundry, liegt nun auf DVD vor. Die große Ruhe, die diese Musik trotz ihrer zuweilen sich aufbäumenden Dramatik ausstrahlt, liegt bei Dirigent Hartmut Haenchen in den besten Händen. Laufenberg indes spart nicht mit Überraschungen wie etwa herabregnenden Kreuzen in Klingsors Zaubergarten.

Deutsche Grammophon / Universal Music 2DVD 0735350 / Blu-ray Disc 0735353

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NEUERSCHEINUNGEN

Mariss Jansons und das Symphonieorchester des BR Ein sinfonisches Drama Die positive Ausstrahlung von Mariss Jansons bei Liveauftritten mit seinem Symphonieorchester des BR sind einfach mitreißend. Oft beklatscht der Maestro sein Orches­ ter voller Begeisterung selbst und lässt viele Stimmführer beim Schluss­ applaus persönlich auftreten. Diese enge Beziehung zum Orchester prägt alle Produktionen des Rundfunkorchesters mit seinem Chefdirigenten. Erst recht die Aufnahmen der Mahler-Sinfonien, für die Mariss Jansons eine ganz unverwechselbare Sprache gefunden hat. Nun erscheint die Fünfte Sinfonie in einem Mitschnitt vom März 2016. Es ist eine von Mahlers beliebtesten, aber auch komplexesten Sinfonien, markiert sie doch einen stilistischen Neubeginn seiner sinfonischen Arbeit. Jansons sagt über sie: „Diese Sinfonie hat so viel Drama. Im zweiten und dritten Satz gibt es Humor und Sarkasmus, und dann plötz-

lich kommt die Beruhigung – etwas Wunderbares.“ Die Fünfte sei ein verfluchtes Werk, niemand kapiere sie, klagte Mahler einmal. Dem Scherzo aus diesem Werk prophezeite er in seiner zum Pessimismus neigenden Charakterart gar ein langes Leiden. Drei Jahre brauchte der Komponist, um das Werk, an dem er auch grübelnd in seinem berühmten Komponierhäuschen am Wörthersee gearbeitet hatte, fertigzustellen und mühsam zu instrumentieren. Nach der ersten Leseprobe mit den Wiener Philharmonikern arbeitete der Komponist das gesamte, alles andere als knapp besetzte Schlagwerk noch einmal komplett um. Obwohl er für die Fünfte kein Programm verfassen wollte und sich zu den außermusikalischen Hintergründen auch nie konkret äußerte, scheint ein geheimes Konzept mitzuschwingen. Im plötzlichen Einbrechen seiner musikalischen Gestalten zerstört Mahler oft jede Art von Illusion, nicht ohne unmittelbar danach wieder neue Illusionen zu schaffen.

B R-Klassik / Naxos CD 900150

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NEUERSCHEINUNGEN Sir John Eliot Gardiner Ein festlicher Abschluss

Es ist nachvollziehbar, dass die Reihe von Sir John Eliot Gardiners Gesamteinspielung der MendelssohnSinfonien mit dem London Symphony Orchestra und dem Monteverdi Choir ausgerechnet mit der hier auf Hybrid SACD und Blu-ray Audio veröffentlichten Sinfonie Nr. 2 „Lobgesang“ abgeschlossen wird. Strahlender und feierlicher als dieses Werk, das auf so frappierende Art zwischen einer romantischen, vokal erweiterten Sinfonie und einer Kirchenkantate angesiedelt ist, ist keine andere MendelssohnSinfonie. Dabei hatte der Komponist mit dem Auftragswerk vom Rat der Stadt Leipzig aus Anlass des 400-jährigen Jubiläums der Buchdruckerkunst Johannes Gutenbergs einst lange ringen müssen. Nach der Uraufführung der Erstfassung im Juni 1840 entschied Mendelssohn, das Stück zu überarbeiten und zu ergänzen. Die Uraufführung einer zweiten Fassung erfolgte noch im selben Jahr. Schon allein der Blechbläserauftakt mit dem kraftvollen Thema auf die später im Chor zele­ brierten Zeilen „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“ strahlt einen enormen Glanz aus. Klug besetzte Sir Gardiner die Solopartien mit den bei-

den Sopranistinnen Lucy Crowe und Jurgita Adamonyte sowie dem Oratorientenor Michael Spyres. Auf den anderen CDs der fünfteiligen Gesamteinspielung sind den Sinfonien unter anderem Klavierkonzerte von Schumann und Mendelssohn und einige Orchesterwerke von Mendelssohn beigefügt.

L SO live / Note 1 Music SACD Hybrid (SACD+Blu-ray Audio) LSO0803

Isabelle Faust & das Freiburger Barockorchester So haben Sie Mendelssohn noch nie gehört Es war eine neue Erfahrung für die Geigerin Isabelle Faust, die einiges über den Haufen warf, was sie im Umgang mit Mendelssohns Violinkonzert e-Moll einmal gelernt und in über 30 Jahren persönlicher Interpretationsgeschichte für schön und richtig empfunden hatte. Das Werk mit den himmlischen Ohrwürmern und der permanent abverlangten Virtuosität wurde zu Mendelssohns Lebzeiten wohl weit schroffer und unmittelbarer gespielt, als wir es heute im Ohr haben. Das hat der Musikwissenschaftler Clive Brown herausgefunden, nachdem er sich ausgiebig mit historischen Quellen der Geiger Ferdinand David, Joseph Joachim und anderer Zeitgenossen des Komponisten beschäftigt hatte. Diese nämlich hinterließen hochinteressante Hinweise zu Spieltechniken, Fingersätzen, Bogenstrichen und Aufführungsanweisungen aus persönlichen Gesprächen mit Mendelssohn. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse spielte Faust den Klassiker mit dem Freiburger Barock-

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orchester unter Leitung des Kenners historischer Aufführungspraxis Pablo Heras-Casado in einem ganz ungewohnten Klangbild ein. Die Betonungen überraschen dabei ebenso wie die Tempi oder die in den Bläsern oftmals rauen Klangfarben. Das gilt auch für die ebenfalls enthaltene Hebriden-Ouvertüre und die Reformations-Sinfonie mit ihrem strahlenden Choral „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“

Harmonia Mundi CD HMM 902325


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NEUERSCHEINUNGEN Fazil Say Der geheimnisvolle Chopin

Das komponierende und brillant Klavier spielende Multitalent Fazil Say hat Chopin stets mit großer Leidenschaft gespielt. Bislang traute sich der 47-Jährige aber nicht an ein reines Chopin-Album heran. Nach seinen Vorgänger-Alben, einer berührenden Hommage an vier Städte seiner türkischen Heimat und der Aufnahme aller MozartKlaviersonaten mit eigenen interpretatorischen Texten des Künstlers ist der Bann nun gebrochen. Sein erstes Chopin-Album widmet Say den Nocturnes des Meisters, jenen dunkel-geheimnisvollen und in ihrer Tiefe unergründlichen Nachtstücken, die über ihre musikalische Botschaft hinaus Geschichten erzählen und Seelenlandschaften ausloten. Die ins grenzenlos Fantasievolle erweiterten, aber immer unbestimmten Botschaften von Chopins Nocturnes stehen Says Hang zum Erzählerischen

überaus nah. Den Klassiker des Genres, das Nocturne Nr. 20 cis-Moll op. post., spielt Fazil Say mit höchster Spannung, aber auch mit verborgenen Fragezeichen, die sich in plötzlichem Innehalten und der unmittelbaren Entladung angestauter Emotionen ausdrücken. Auch in den frühen Nocturnes Nr. 1 bis 3 aus op. 9 geht es Fazil Say nicht allein um den Effekt und die bei Chopin so kunstvoll verwobenen virtuosen Verwicklungen. Ihm ist es wichtig, ein Geheimnis zum Klingen zu bringen, das jeder Hörer für sich interpretieren soll.

W arner Classics CD 9029582181

Evgeny Kissin Beethoven

Ein Pianist wie Evgeny Kissin spielt Beethoven nicht nur, er taucht in dessen ganzes Leben und in den unerschöpflichen Kosmos seiner zukunftsweisenden Visionen ein. Für den russischen Pianisten, der genau wie sein polnischer Kollege Krystian Zimerman nach über 25 Jahren wieder ein Klaviersoloalbum bei der DG veröffentlicht, sind die „Mondscheinsonate“, die „Appassionata“, die Es-Dur-Sonate op. 81a „Les Adieux“ und das gewaltige Spätwerk op. 111 romantische Musik voller starker Gefühle. Diese in KonzertMitschnitten zu hörenden Werke gingen zu Lebzeiten des Komponisten über alle etablierten Traditionen hinaus. „Beethovens Musik“, so sagt Kissin voller Bewunderung, „hilft einem mehr als die jedes anderen Komponisten zu leben und sich gegen alle Widerstände und Probleme zu behaupten.“

Deutsche Grammophon / Universal Music 2CD 4797581 / 3LP 4797582 (3LP ab 22.09.)

Ana-Marija Markovina Urspruch: Complete Works For Piano Solo

Auch Ana-Marija Markovinas Kollege Oliver Triendl hatte sich mit Aufnahmen des charmanten Klavierkonzerts op. 9 von Anton Urspruch für diesen viel zu wenig beachteten Romantiker intensiv eingesetzt. Das Werk für Klavier solo dieses hochinteressanten Komponisten und Lehrers am Frankfurter Hoch’schen Konservatorium, der sich unter anderem auch für die nähere Beschäftigung mit dem Gregorianischen Choral in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingesetzt hatte, erscheint nun in einer Gesamtaufnahme von Ana-Marija Markovina. Die kroatische Pianistin hatte schon immer eine Vorliebe für das Besondere und setzte sich auch für das Randrepertoire von Luise Adolpha Le Beau und die Musik von Carl Philipp Emanuel Bach ein.

hänssler CLASSIC / Profil Medien 3CD HC16015

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NEUERSCHEINUNGEN Martha Argerich & Friends Die Meisterin lädt zum alljährlichen Klaviergipfel Das vergangene Jahr 2016 war ein ganz besonderes in der zu diesem Zeitpunkt 15-jährigen Geschichte des von Martha Argerich ins Leben gerufenen Progetto im schweizerischen Lugano. Im Sommer 2016 beging die Grande Dame des Klaviers ihren 75. Geburtstag. Nicht nur dieser Anlass, überhaupt ihre Begeisterung für dieses Klavier-Event, zu dem sie alte und neue Weggenossen und vor allem einen vielversprechenden Nachwuchs einzuladen pflegt, haben Argerich dazu bewogen, 2016 in vielen herausragenden Konzerten selbst als Solistin in Erscheinung zu treten. Zu den Highlights des CD-Trios „Live from Lugano 2016“ zählen die Livemitschnitte von Beethovens Chorfantasie und Ravels virtuosem Klavierkonzert mit dem Orchestre della Svizzera italiana und Argerich als Solistin sowie ihre Interpretationen von Ravels „Gaspard de la nuit“ und einer vierhändigen Fassung von Debussys „Prélude à l’après-midi d’un faune“ mit Stephen Kovacevich an ihrer Seite. Feurig und kraftvoll stimmen die beiden Pianisten Sergio Tiempo und Karin Lechner zwei

für Klavierduo arrangierte spanische Tänze aus de Fallas „La vida breve“ an. In das argentinische TangoRepertoire entführt das Ensemble ReEncuentros mit Marcelo Nisinmans „Hombre Tango“. Ein kammermusikalischer Höhepunkt ist zudem das Brahms’sche Horntrio in der Meisterbesetzung Renaud Capuçon, Nicolas Angelich und David Guerrier.

W arner Classics 3CD 9029583165

The Wave Quartet & L’Orfeo Barockorchester Bach Concertos Was ist die Marimba nur für ein faszinierendes Instrument? In Schlagzeugkonzerten etwa von Martin Grubinger oder Alexej Gerassimez sorgt der changierende Klangzauber des hölzernen Instruments, das von seinen Interpreten mit zwei Schlägeln in jeder Hand gespielt wird, regelmäßig für Begeisterungsstürme. Ein ganzes Quartett von Marimbavirtuosen, das noch dazu den bildhaften Namen The Wave Quartet trägt, hat sich nun mit dem L’Orfeo Barockorchester unter Michi Gaiggs Leitung zusammengefunden, um das Cembalokonzert BWV 1052 und die beiden Konzerte für zwei Cembali BWV 1061, 1062 und jenes für vier Cembali 1065 in dieser ungewohnten Besetzung einzuspielen. Dabei entsteht eine ganz eigenwillige, umwerfende und zum Teil gar rauschhafte Klangwelt, die jeden in ihren Bann zieht.

Sony Classical CD 88985436462

Jukka-Pekka Saraste & WDR Sinfonieorchester Brahms: Sinfonie Nr. 2 & Haydn-Variationen Unter der Leitung seines Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste ist das WDR Sinfonieorchester seit der siebenjährigen Zusammenarbeit zu Hochform aufgelaufen. Der Zyklus der Brahms-Sinfonien, in dessen Rahmen nun eine Aufnahme der Sinfonie Nr. 2 und der Haydn-Variationen herauskommt, ist der beste Beleg dafür. Das Orchester geht bei jeder Nuance mit, und der finnische Stardirigent ist über seine klare Konzeption einer Brahms-Interpretation hinaus trotzdem immer für Überraschungen gut. Saraste liebt es, Brahms’ komplexe sinfonische Sprache kraftvoll, aber eben auch dramatisch zu konturieren. Das gilt ebenso für die Haydn-Variationen, in denen Brahms das Thema „Chorale St. Antoni“ aus einem Haydn zugeschriebenen Divertimento variiert.

Profil Medien CD PH17057

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NEUERSCHEINUNGEN Roberta Invernizzi, Europa Galante u. a. Psychogramm eines Diktators

Bei dieser 1713 entstandenen frühen Oper von Georg Friedrich Händel ist man sich gar nicht sicher, ob sie zu Lebzeiten des Komponisten uraufgeführt wurde. Das Dramma per musica „Lucio Cornelio Silla“ handelt vom römischen Diktator Lucius Cornelius Sulla, der von 138 v. Chr. bis 78 v. Chr. lebte und Angst und Schrecken über das Römische Reich brachte. Nach seinen Eroberungszügen in die östlichen Königreiche kehrte Sulla nach Rom zurück und begann seinen Machtanspruch erbarmungslos durchzusetzen. Hier setzt das Libretto Giacomo Rossis an, der die historische Überlieferung ganz den Ansprüchen der Barockoper folgend in ein Beziehungsgeflecht des engsten Umfelds von Sulla verstrickt. Der Volkstribun und einstige Freund Sullas mit dem Namen Lepido wird zu dessen erbitterten Feind. Die

weibliche Hauptrolle ist Sullas Frau Metella. Der historische Sulla indes, der seine Widersacher brutal aus dem Wege räumte, soll auch skrupellos mit seinen Ehepartnerinnen umgegangen sein. Er hatte übrigens eine ganze Reihe von Frauen, die er in seiner Unberechenbarkeit oft misshandelte und betrog. Vor diesem Hintergrund ist die traurigleidende Arie „Fuggon l’aura“ der Metella eines der bewegendsten Stücke der Oper. 59 Jahre nach Händel widmete auch Mozart dem Diktator seine Oper „Lucio Silla“.

G lossa / Note 1 Music 2CD GCD923408

Krystian Zimerman Late Schubert Sonatas

Man kann es kaum glauben, dass ein Vierteljahrhundert vergehen musste, bis der einzigartige polnische Pianist Krystian Zimerman ins Studio zurückkehrt und wieder ein Soloalbum für die DG produziert. Den späten Schubert in Gestalt der beiden kurz vor dem Tod des Komponisten entstandenen Klaviersonaten A-Dur (D 959) und B-Dur (D 960) ließ der Pianist für dieses Album ganz bewusst lange reifen, obwohl er sie doch schon seit Jahrzehnten im Repertoire hat. In diesen Stücken sieht er die Romantik bis hin zu Wagner und seiner revolutionären Harmonik aufkeimen. In Schuberts Spätwerk entwickeln sich Themengestalten aus größeren Kontexten heraus, und ein verletzliches In-sich-Versunkensein ist immer wieder bedroht, vom Sog des Unerwarteten hinweggerafft zu werden.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4797588 / 2LP 4798204 (2LP ab 13.10.)

The King’s Singers The Sound of The King’s Singers

Die heutige Besetzung des legendären Vokalsextetts The King’s Singers unterscheidet sich komplett von jener des Gründungsjahres 1968. Im Laufe der Zeit traten immer mal wieder brillante Mitglieder aus und ein, obwohl die King’s Singers ursprünglich doch beschlossen hatten, wenn dies einträte, würden sie sich sofort auflösen. Zum Glück ist es nie so weit gekommen. Einstimmend auf das 50-jährige Jubiläum im kommenden Jahr veröffentlicht Warner ein Dreifach-Album. Die erste CD beinhaltet Renaissance-Madrigale in der Begleitung des Instrumentalensembles The Consort of Musicke. Genial sind auch die Hommage an die Comedian Harmonists auf der zweiten CD und die dritte CD „America“ mit umarrangierten US-Popsongs von Paul Simon, Randy Newman oder Jimmy Webb, bei dem das English Chamber Orchestra begleitet.

Warner Classics 3CD 9029576401

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NEUERSCHEINUNGEN Christina Pluhar & L’Arpeggiata Der fuchsteufelswilde Händel

Georg Friedrich Händel war ein Dramatiker vor dem Herrn, der die Effekte und Affekte der Oper wie kein anderer Barockkomponist beherrschte. Man braucht sich nur das furiose „Venti turbini“ aus seiner Oper „Rinaldo“ mit den dahinfegenden Streicher- und Fagottläufen und den Koloraturen des Countertenors anzuhören, um ein Paradebeispiel für die Kraft und Unmittelbarkeit von Händels Opernsprache zu erhalten. Ein Album wie dieses, das Christine Pluhar mit ihrem Ensemble L’Arpeggiata eingespielt hat, lässt den überraschenden Titel „Händel Goes Wild“ mehr als angemessen erscheinen. Wie gewohnt beschränkt sich die österreichische Lautenistin und Harfenistin mit dem im Jahr 2000 von ihr gegründeten Orches­ter nicht auf exzellente Neueinspielungen großer Ausschnitte aus Händels „Alcina“, „Semele“,

„Giulio Cesare“, „Rinaldo“ oder „Serse“. Pluhar schafft eine neue Dramaturgie aus Improvisationen und Kontrastwerken wie etwa Vivaldis Concerto g-Moll RV 157, wobei sie vom Jazz-Klarinettisten Gianluigi Trovesi, der hinreißenden Sopranistin Núria Rial und dem Countertenor Valer Sabadus unterstützt wird. Das Label Erato spricht gar von einer HändelJam-Session, bei der sich auch ein Klavier und ein Schlagzeug mit den historischen Instrumenten der Barockzeit wie Darmsaiten-Streichern, Lauten und Cembalo verbinden.

E rato/Warner Music CD 9029581169 / Limited Deluxe-Edition (CD) 9029581170

NEU AB 22.09.2017 Noa Wildschut Mozart: Violinkonzert Nr. 5 A-Dur Sie ist erst 16 Jahre alt und gilt schon heute als eines der größten Violintalente der Gegenwart. Für ihre Debüt-CD bei Warner Classics hat die hochbegabte und ungemein sympathische Niederländerin Noa Wildschut Werke von Mozart ausgewählt. Die Kadenzen zum 5. Violinkonzert KV 219 hat sie mit viel Witz und Geist auch nebenbei noch selbst geschrieben. Dieses Konzert wirke auf sie beinahe wie eine Oper, sagt sie. Es sei, als werde darin eine Geschichte erzählt. Mit Mozart verbindet Noa Wildschut vor allem den Ausdruck ungeheurer Reinheit, was sie auch in ihrer Interpretation der Violinsonate KV 454, begleitet vom Pianisten Yoram Ish-Hurwitz, mit erregend klarem, fein ausgewogenem Ton zum Ausdruck bringt.

Warner Classics CD + DVD 9029582843

Nemanja Radulović Tchaikovsky Der serbische Geiger mit der wallenden Lockenmähne und einem Ton, der tief in die Seelen seiner Hörer dringt, widmet sein aktuelles Album dem großen Peter Tschaikowsky. Wie schon oft, beschränkt sich Nemanja Radulović dabei nicht nur auf die Geige, sondern greift auch gelegentlich zur Bratsche, zum Beispiel in dem kongenialen Arrangement der Rokoko-Variationen für Bratsche und Streicherensemble von Yvan Cassar, bei dem Radulović vom Ensemble Double Sens begleitet wird. Das Hauptwerk des Albums ist aber das auf der Geige gespielte Violinkonzert Tschaikowskys, bei dem das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra unter Sascha Goetzels Leitung viel Klangzauber entfaltet.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4798089

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NEU AB 22.09.2017 Rolando Villazón & Ildar Abdrazakov Duets

Vor genau zehn Jahren erschien das Kollaborationsalbum „Duets“ von Rolando Villazón und Anna Netrebko. Nun erscheint wieder ein Duett-Album bei der DG, und dieses Mal ist der russische Bassist Ildar Abdrazakov der Partner des Star-Tenors. Klar, dass bei einer solchen Begegnung das Duett „Au fond du temple“ aus Bizets Oper „Die Perlenfischer“ nicht fehlen darf. Ein Lieblingsstück beider Sänger ist die Arie „So lo spirito che nega“ aus Boitos „Mefistofele“. Das Orchestre Métropolitain unter Leitung von Yannick Nézet-Séguin ist hier wie auch in Duetten aus Donizettis „Don Pasquale“ und „L’elisir d’amore“ ein brillanter Begleiter. Zur Krönung sind noch zwei Arien aus dem ersten Akt von Verdis „Simon Boccanegra“ enthalten.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4796901

Kurt Sanderling Kurt Sanderling Edition

Der 2011 in Berlin verstorbene Maestro Kurt Sanderling war bekannt für seine kompromisslose und harte Probenarbeit. Eine klare Vision des gewünschten Klang­ergebnisses leitete diesen großen Dirigenten, der niemals Unterricht im Dirigieren genossen hatte und meinte, dass sich das Taktschlagen doch jeder aneignen könne und dass es dabei allein auf die Praxis ankäme. In der 13 CDs umfassenden „Kurt Sanderling Edition“ erleben wir ihn unter anderem am Pult der Leningrader Philharmoniker mit Beethovens Vierter oder des USSR Radiosinfonieorchesters mit Mozarts Klavierkonzert KV 466. Solist dabei ist kein Geringerer als der Jahrhundertcellist Svjatoslav Richter. Legendär ist zudem die Aufnahme von Mahlers von Hermann Prey gesungenen „Liedern eines fahrenden Gesellen“.

Profil Medien 13 CD PH17018

NEU AB 29.09.2017 Alexandre Tharaud Barbara

Der französische Pianist Alexandre Tharaud war gerade einmal 29 Jahre alt, als er 1997 dem Begräbnis der großen französischen Chansonette Barbara, die mit bürgerlichem Namen Monique Andrée Serf hieß, in Paris beiwohnte. Damals beschloss der Bewunderer dieser großen Sängerin, eines Tages ein Album mit ihren Chansons zu machen. Zum 20. Todestag Barbaras erscheint nun sein Doppelalbum in einer limitierten Erstauflage bei Warner mit Bonus-Tracks unter anderen von Helmut Berger, der Barbaras der deutschen Universitätsstadt gewidmeten Chanson „Göttingen“ singt. Tharaud, der selbst „Plus rien“ oder „J’ai tué l’amour“ eingespielt hat, lud für dieses Album Musiker-, Sänger- und Schauspielerfreunde wie Vanessa Paradis, Juliette Binoche, Jane Birkin und Michel Portal ein.

Erato / Warner Music Limited-Edition (2CD) 9029575910

Quatour Arod Mendelssohn: Streichquartette

Die Klangkultur französischer Quartettensembles ist einzigartig. Eine der jüngsten Formationen dieser Region ist das Quatour Arod, das beim Artemis Quartett, aber eben auch beim französischen Quatour Ébène in die Schule gegangen ist, nachdem es vor vier Jahren in Paris gegründet wurde. „Wir schlugen unsere Noten zum ersten Mal in einem kleinen, schlecht beleuchteten Raum am Pariser Konservatorium auf, und wir begannen zu spielen“, berichten die Mitglieder. Das erste Stück war damals Mendelssohns Quartett op. 13, das neben den Vier Stücken op. 14 und dem Quartett op. 44 Nr. 2 auf dem Debütalbum der ARD-Wettbewerb-Sieger natürlich nicht fehlen darf. Der Name Arod bezieht sich auf den Namen des LegolasPferdes aus Tolkiens „Der Herr der Ringe“.

Erato / Warner Music CD 9029576112

klassikerleben 14 KLASSIKERLEBEN.DE


NEU AB 29.09.2017 Benny Andersson Er kann es auch solo

Wer nach Stockholm reist, begegnet den Spuren von ABBA an jeder Ecke. Hier sind die Legenden der erfolgreichsten schwedischen Band aller Zeiten einst langgelaufen, hier wohnten Agnetha, Frida, Björn und Benny in der Altstadt in einer kleinen Studentenbude. Irgendwo draußen in der Schärenlandschaft arbeiteten sie in einem kleinen Ferienhaus an ihren Welt­ hits. Das Inselhaus gibt es immer noch, und es ist ein echter Wallfahrtsort für ABBA-Fans. An jene Zeit vor vierzig Jahren erinnert sich der heute 70-jährige Pianist, Komponist und Arrangeur Benny Andersson nur zu gut. Aufgehört zu musizieren hat er nie. Jetzt veröffentlicht er ein Soloalbum mit Klaviertiteln, die sein umwerfendes Talent noch einmal zeigen und in denen ein ganzes Leben voller Erinnerungen steckt. „Die Musik ist immer noch spürbar“, sagt Andersson, „auch wenn Frida, Agnetha, Chess, die Inszenierungen und auch die Chöre nicht da sind.

Dennoch fühlt sich die Musik immer noch gleich an, und das Klavierspielen liegt mir immer noch sehr.“ In wundervoll intimer Atmosphäre, elegant und fantasievoll spielt der musikalische Kopf der Kultgruppe auf seinem Album Titel wie „Stockholm By Night“, das unvergessene „Thank You For The Music“ und „My Love, My Life“. Er freue sich unendlich, gesteht Benny Andersson, dieses Album gemacht zu haben. „Zunächst mal einfach nur für mich. Dann interessierten sich auch andere dafür, und ich dachte, mir soll es recht sein.“

D eutsche Grammophon / Universal Music CD 4798143 / 2LP 4798144

Bill Murray & Jan Vogler New Worlds

Der amerikanische Hollywoodstar Bill Murray ist ein Schauspieler, der es sich inzwischen leisten kann, künstlerisch all das zu tun, was ihm Spaß macht. Er ist ein Multitalent, das singt, Filme und Sketche spielt, rezitiert und gern Kontakte zu Künstlerkollegen der unterschiedlichsten Genres knüpft. Auf einem Flug lernte Murray den ihm noch unbekannten Cellisten Jan Vogler kennen. Zu seiner Verwunderung habe der Cellist einen riesigen Cellokasten in den Passagierraum geschleppt und diesem einen Fens­ terplatz zugewiesen, erinnert sich Murray. Aus der Begegnung wurde eine Künstlerfreundschaft, die immer inniger wurde und nun in einem Programm mit dem Titel „New Worlds“ gipfelte. Amerikanische Literatur der Gegenwart wird hier mit Musik von Schubert, Bach und Piazzolla kombiniert.

Decca / Universal Music CD 4815791

Felix Klieser, Herbert Schuch & Andrej Bielow Horntrios

Nach seinen beiden begeistert aufgenommenen Alben „Reveries“ mit Werken für Horn und Klavier sowie „Horn Concertos“ widmet sich der aus Göttingen stammende Hornist Felix Klieser mit dem Pianisten Herbert Schuch und dem Geiger Andrej Bielow nun Trios für Horn, Violine und Klavier. Das berühmte Horntrio op. 40 von Brahms darf hier natürlich nicht fehlen. Welche weiteren Werke aber, das fragte sich auch Felix Klieser, gibt es neben dem Klassiker für diese Besetzung eigentlich noch? Ihn interessierte, was sich vor Brahms und unmittelbar nach ihm in dieser Gattung tat. Dabei stieß er unter anderen auf spannende Werke wie die beiden Horntrios des Klassikers Frédéric Nicolas Duvernoy sowie die Quatre petites pièces op. 32 des 1950 verstorbenen Charles Koechlin.

Berlin Classics / Edel CD 0300931BC

klassikerleben 15


NEU AB 29.09.2017 Fernando Varela In allen Stilen zu Hause Er habe schon immer Herausforderungen geliebt, sagt der junge amerikanische Star-Tenor mit puertoricanischen Wurzeln Fernando Varela. Und er sei daran gewöhnt, für seinen Erfolg hart zu arbeiten. „Das ist meine größte Motivation. Ich habe mir noch nie sagen lassen, was ich sein kann und was nicht.“ Was er ist und was er kann, stellt der Jungtenor, der im Winter 2015 auf der renommierten „Night Of The Proms“-Konzerttour frenetisch gefeiert wurde, nun auch auf seinem Debütalbum „Vivere“ vor. Und das bietet Arien des Belcanto in Kombination mit adaptierten Popsongs, von Rod Stewarts „If We Fall“ bis hin zu Eric Carmens „All By Myself“. Crossover vom Feinsten sozusagen, blendend schön gesungen und kongenial von Varela und dem belgischen Produzenten Patrick Hamilton ausgewählt, der schon David Garrett und Katherine Jenkins beraten hat. Bei der Auswahl der Songs hat sich Varela viel Mühe gegeben. „Ich habe lange gesucht“, sagt der Sänger. „Mit diesem Album definiere ich mich erstmalig als Künstler. Die große Frage war: Wer ist Fernando Varela? Die Antwort gebe ich mit

‚Vivere’.“ Vivere bedeutet hier eben auch, mit einer klassisch ausgebildeten Stimme eine wunderbare Version von Cheri Keaggys „No Longer My Own“ zu produzieren. Neben sinfonischen Arrangements, Soul-Sounds und raffiniert eingesetzter Elektronik kehrt Varela mit Puccinis „Nessun dorma“ aus „Turandot“ auch zur Oper zurück.

P anorama / Universal Music CD 4796439

Max Richter, Joep Beving, Hilary Hahn u. v. m. EXPO I

Eines haben die Interpreten dieser ungewöhnlichen CD auf jeden Fall gemeinsam: Sie akzeptieren keine Grenzen zwischen musikalischen Stilen. Komponisten wie Sven Helbig und der Kanadier Chilly Gonzales, Pianisten wie Max Richter oder der Isländer Víkingur Ólafsson und auch der Geiger Daniel Hope verbinden sich hier zu einer pluralistischen Gemeinschaft, wie sie sagen. Eine Gruppe von experimentellen Musikern, die das „Fragmentarische, Offene höher schätzt als das Fertige, Geschlossene.“ Ein Stück für Ensemble, Klavier und Elektronik stammt vom Isländer Jóhann Jóhannsson, der erst im Frühjahr beim Elbphilharmonie-Festival „Into Iceland“ das Publikum vom Hocker riss. Fantastisch ist auch Hilary Hahns und Hauschkas „Clock Winder“ für Geige und präpariertes Klavier.

Deutsche Grammophon / Universal Music 2CD 4828283 / LP 4828491

NEU AB 06.10.2017 Hille Perl & Dorothee Mields Händel

Nach ihrem kurzen Ausflug in stilistische Grenzbereiche mit dem Album „Born To Be Mild“, auf dem die Gambistin Hille Perl mit ihrem Lautenpartner Lee Santana Alte Musik in sanfte Rock-Balladen (mit E-Gitarren!) verwandelte, kehrt die Musikerin nun zusammen mit der Sopranistin Dorothee Mields und dem La Folia Barockorchester zu ihren Ursprüngen zurück. Das neue Händel-Album enthält die dramatische Kantate „Tra le fiamme“ HWV 170, in der es in Analogie zur Ikarus-Sage um die Gefahr der Selbstüberschätzung geht, sowie die beliebte Kantate „La bianca rosa“ HWV 160c. Die ebenfalls zu hörende Cantata spagnola HWV 140 entstand während Händels früher Italienreise in Neapel. Zwischengeschaltet ist Instrumentalmusik wie die Hornpipe für Cembalo solo und eine Chaconne G 228.

DHM / Sony Music CD 88985405322

klassikerleben 16 KLASSIKERLEBEN.DE


NEU AB 06.10.2017 Philippe Jaroussky Verbeugung vor Händel War es Respekt vor dem Großmeister der barocken Oper oder einfach nur ein Zufall, dass der Star-Countertenor Georg Friedrich Händel noch nie ein ganzes Album gewidmet hat? Jarousskys Händel-Interpretationen sind einzigartig. Jeder kennt seine Version der Arie „Ombra mai fu“ aus Händels „Serse“. Gerade dieser Hit des HändelRepertoires oder das unverwüstliche „Lascia ch‘io pianga“ aus „Rinaldo“ aber sind auf Jarousskys neuem Händel-Album gar nicht enthalten. Dem Sänger ging es um Entdeckungen viel weniger bekannter Opern des Meisters. So singt er hier, fantastisch begleitet vom Ensemble Artaserse, die Arie „Son pur felice al fine ... bel contento“ aus „Flavio“ und „Son stanco ... Deggio morire, o stelle“ aus der gleichfalls weniger bekannten Oper „Siroe“. Ziel seiner sehr speziellen Auswahl war für Philippe Jaroussky die Facettenvielfalt mensch-

licher Charaktere in Händels Opern. Da haben wir den leidenden Gestus der Arie „Qual nave smarrita“ aus „Radamisto“, aber eben auch die entschlossentrotzige Arie Arsamenes „Si, la voglio“ aus der verwicklungsreichen Oper „Serse“ oder das schüchternzurückhaltende „Che piu si tarda omai ... Stille amare“ aus „Tolomeo“. Einige Arien stammen zudem aus dem Repertoire des legendären Kastraten Senesino, der zu Händels Zeit ein wahrer Sängerstar war.

E rato/Warner Music CD 9029575966 / Limited Deluxe-Edition (CD) 9029577445

Juan Diego Flórez Das Warten auf diesen Mozart hat sich gelohnt

Seine größten Triumphe feierte der peruanische Tenor Juan Diego Flórez bislang im Belcanto-Fach und zeigte in Sachen Rossini, Donizetti oder Bellini, welcher Glanz in seiner Stimme und welche Intelligenz in seiner Interpretationskunst verborgen sind. Flórez’ Tenor ist wunderbar hell und strahlkräftig, schlank in der Höhe und kraftvoll in der mittleren und tiefen Lage. Das zarte Timbre verleiht seinen Arien stets einen hohen Grad an Verletzlichkeit und Hingabe. Mozart gehörte natürlich schon immer zu seinem Repertoire. Flórez ließ dennoch einige Zeit vergehen, bis er den großen Arien Mozarts ein eigenes Album widmete. Jedermann weiß, welche gigantischen Herausforderungen und immensen Gefahren für einen Tenor allein in der Zauberflöten-Arie „Dies Bildnis

ist bezaubernd schön“ oder dem unerhört transparenten „Un’aura amorosa“ aus „Cosi fan tutte“ warten. „Ich wollte das schon immer machen“, gesteht Flórez, „aber jetzt ist die Zeit reif dafür. Ich fühle mich endlich bereit, die Ausdruckskraft, die Einfachheit und Universalität – kurz gesagt: die Magie – von Mozart zu vermitteln.“

Sony Classical CD 88985430862

klassikerleben 17


NEU AB 06.10.2017 Valery Gergiev & Münchner Philharmoniker Mahler: Sinfonie Nr. 4

Die krassen Gegensätze in Mahlers 4. Sinfonie mit dem berühmten Sopransolo sind so ganz nach Valery Gergievs Geschmack. Das Talent des Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, zwischen zerbrechlichster Klangsüße und gewaltigen Ausbrüchen unendlich viele Extreme, aber auch Zwischenstufen auszuloten, hat er bei Mahler schon oft unter Beweis gestellt. Das Kecke, scheinbar Humorvolle ist wie immer bei Mahler doppeldeutig. Im plötzlichen Einbrechen musikalischer Gedanken und Gestalten zerstört der Komponist immer wieder Illusionen. In dieser ursprünglich als sinfonische Humoreske geplanten Sinfonie war Mahler zur klassischen Viersätzigkeit zurückgekehrt und hatte satzübergreifend eine Vielzahl thematischer Verknüpfungen geschaffen.

Münchner Philharmoniker / Warner Music CD 9305211300

Paavo Järvi & Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Brahms: Sinfonie Nr. 2, Akademische Festouvertüre & Tragische Ouvertüre

Es ist immer eine verschwenderische Klangverliebtheit und eine in jeder Hinsicht scharf konturierte Dramaturgie, die Paavo Järvis Interpretationen so auszeichnen. Erst recht, wenn er mit seinem Lieblingsorchester, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, auftritt. Die Kommunikation zwischen Musikern und Dirigenten funktioniert hier wahrhaft perfekt. Genau wie bei dem legendären Beethoven-Projekt und dem Schumann-Zyklus dieser idealen Kombination liegt dem neuen Brahms-Projekt und insbesondere der Aufnahme von Brahms’ Akademischer Fest­ouvertüre, der Tragischen Ouvertüre und der Sinfonie Nr. 2 eine sehr klare Klangvision des Maestros zugrunde. Schon allein die ersten Takte packen in ihrer runden und warmen Klangentfaltung auf Anhieb.

RCA Red Seal/Sony Music CD 88985459462

Camille Thomas Saint-Saëns und Offenbach

Kein Geringerer als der russische Sinfoniker Dmitri Schostakowitsch war einer der größten Bewunderer des französischen Komponisten Jacques Offenbach. Die Raffinesse und Eleganz von Offenbachs Kompositionskunst wird wegen der oft vorherrschenden Leichtigkeit seiner Musik nicht immer ausreichend gewürdigt. Die französische Cellistin Camille Thomas ist eine Meisterin der Klangfarben. Auf ihrem neuen Album stellt sie Offenbachs Introduction, Prière et Boléro op. 22 in einer Orchestrierung und dessen Barcarolle neben Camille Saint-Saëns Cellokonzert. Außerdem ist Saint-Saëns’ Suite op. 16b in einer Version für Cello und Orchester enthalten.

Deutsche Grammophon / Universal Music CD 4797520

Reinhard Goebel & Berliner Barock Solisten Bach: Brandenburgische Konzerte

Wie oft der Dirigent und Geiger Reinhard Goebel die Brandenburgischen Konzerte bereits aufgeführt hat, wird er sicher selbst nicht genau beantworten können. Immerhin aber hat er sie vor dreißig Jahren schon einmal komplett eingespielt. Die Neueinspielung war für ihn notwendig, auch aus einem noch ganz anderen Grund als die reine Lust daran, diese fantastischen Werke noch mal aufzunehmen. In die Neuaufnahme nämlich ließ der Spezialist für Alte Musik den neuesten Stand der Bachforschung besonders in Fragen der Besetzung mit einfließen. Als Solisten lud Goebel im 6. Brandenburgischen Konzert den Bratschisten Nils Mönkemeyer ein. Goebel sagt: „Es waren nahezu orgiastische Aufnahmesitzungen, immer wieder sprühten die Funken.“

Sony Classical 2CD 88985361112

klassikerleben 18 KLASSIKERLEBEN.DE


NEU AB 06.10.2017 Christian Gerhaher & Gerold Huber Schubert ohne Schnörkel Die Messlatte hängt hoch in Sachen Schubert, besonders bei dessen Zyklus „Die schöne Müllerin“, den so viele Baritone, nicht zuletzt Dietrich Fischer-Dieskau und der junge Christian Gerhaher selbst, schon einmal zu legendären Einspielungen gebracht haben. Großartig ist die Wärme und Natürlichkeit von Chris­ tian Gerhahers Stimme, die Wandelbarkeit jedes Tons und jeder einzelnen Silbe. Ja, überhaupt die Genauigkeit und Ausdruckskraft seiner Textdeklamation ist ein besonderer Vorzug dieses Sängers. Gerhahers kraftvoller Bariton, den er in seiner sensiblen, niemals überzogen dramatischen Textausdeutung schnörkellos zum Einsatz bringt, hat eine zuweilen auch helle Färbung. Er bevorzugt einen weichen Klang und vermeidet Ansätze zum sprechenden Gesang, selbst wenn Schubert in einigen Liedern fast rezitative Elemente einbaut. Gerhahers Partner am Klavier Gerold Huber trägt viel zur hohen Qualität dieser Interpretation bei. Das Vorwärtsdrängen der ersten Lieder regen Hubers Impulse immer wieder an. Aber auch die bildhaften Ele-

mente, wie das Plätschern und Fließen des Baches, der den jungen Müllergesellen am Ende auch in den Tod führt, wird klar herausgearbeitet. Der Zyklus handelt von enttäuschter Liebe dieses jungen Gesellen, der sich zunächst ja auf eine fröhliche Wanderschaft begibt, dann aber doch von seinen Erinnerungen und seinem Schicksal eingeholt wird.

S ony Classical CD 88985427402

Diana Damrau & Royal Opera House Orchestra Covent Garden Eine Frau als Opfer ihrer Zeit Die Religionsfehden in Schottland Ende des 16. Jahrhunderts und erst recht in England, wo Heinrich VIII. noch die Sonderform der anglikanischen Kirche ins Spiel brachte, haben viel Leid über die Menschen gebracht und zeitweise die Vertreter dreier Religionen bis aufs Blut miteinander kämpfen lassen. Glaubensdifferenzen und Familienfeindschaften ähnlich wie in Shakespeares „Romeo und Julia“ sind auch die Quelle der Tragödie von „Lucia di Lammermoor“, die Donizetti 1835 zu seiner bewegenden Oper inspirierte. Am Royal Opera House in London war 2016 die unvergleichliche Diana Damrau in der Rolle der zum Wahnsinn getriebenen Lucia zu erleben. Katie Mitchell war die Regisseurin dieser gefei-

erten Produktion, in der Damrau ihr fantastisches schauspielerisches Talent in ganzer Breite ausspielen konnte. In jedem Takt, besonders der hier sogar wie verlangt von einer Glasharmonika begleiteten Wahnsinnsarie, hört man die rasant wechselnden Stimmungslagen der um ihre wahre Liebe betrogenen Frau. Wie keine andere Sopranistin gelingt es ihr, das tragische Schicksal dieser bemitleidenswerten Frau mit dem Statement für einen Feminismus der Moderne zu verbinden. Charles Castronovo als ihr Geliebter Edgardo und Peter Hoare als Normanno agieren nicht minder bewundernswert in dieser von den Ensembles des Royal Opera House so perfekt begleiteten Inszenierung.

E rato / Warner Music DVD 9029579205 / Blu-ray Disc 9029579202

klassikerleben 19


NEU AB 06.10.2017 Jacqueline du Pré, Lotte Lenya, Marlene Dietrich, Walter Gieseking und viele mehr Unvergessene Aufnahmeschätze

Der tragische Tod der Cellistin Jacqueline du Pré vor dreißig Jahren hat in der Musikwelt eine tiefe Wunde hinterlassen. 1972 zog sich die damals 27-jährige Britin von der Konzertbühne zurück. Ein Jahr zuvor hatte sie eine nachlassende Sensibilität ihrer Finger verspürt. Im Herbst 1973 dann wurde eine fortgeschrittene Multiple Sklerose diagnostiziert, die die junge Künstlerin dazu zwang, sämtliche Zukunftspläne aufzugeben. Am 19. Oktober 1987 starb Jacqueline du Pré in London im Alter von 42 Jahren. Im Rahmen der Referenz-Reihe von Warner erscheinen nun drei von du Prés legendären Alben in einer Wiederauflage mithilfe der vielgelobten 24-BIT/96kHzRemasteringtechnik der Abbey Road Studios. Bei Dvořáks Cellokonzert und seinem Konzertstück „Waldesruh“ mit dem Chicago Symphony Orchestra sowie Schumanns und Saint-Saëns’ Cellokonzerten dirigiert du Prés damaliger Ehemann Daniel Barenboim. Eine

Besonderheit stellt das Album „A Jacqueline du Pré Recital“ dar, das in dieser LP-Originalkopplung noch nie zuvor auf CD veröffentlicht wurde. Hier sind auch der Pianist Gerald Moore und der Gitarrist John Williams beteiligt. Weitere legendäre Neuerscheinungen der Referenz-Reihe sind Weills „Dreigroschenoper“ mit Lotte Lenya und Marlene Dietrich aus dem Jahr 1930 und die wegweisende Gesamtaufnahme der Ravel‘schen Soloklavierwerke von Walter Gieseking.

W arner Classics CD 9029577507 (du Pré: Dvorak – Silent Woods) W arner Classics CD 9029577515 (du Pré: Recital) W arner Classics CD 9029577508 (du Pré: Schumann – Saint-Saëns) W arner Classics 2CD 9029577506 (Gieseking: Ravel) W arner Classics CD 9029577459 (Weill: Dreigroschenoper)

Jacqueline du Pré The Heart Of The Cello

Heute spielt kein Geringerer als Yo-Yo Ma das berühmte Stradivari-Cello aus dem Besitz der unvergessenen Jacqueline du Pré, deren Todestag sich am 19. Oktober zum dreißigsten Mal jährt. Yo-Yo Ma und viele andere Cellisten der Nachfolgegeneration verdanken du Pré wertvolle Anregungen in interpretatorischer und spieltechnischer Hinsicht. Die Sammlung der größten Momente ihrer Diskografie, das Doppelalbum „The Heart Of The Cello“, enthält auf CD und auf Vinyl Aufnahmen in modernstem Remastering. Darunter die Cellokonzerte von Elgar, Delius und Haydn, aber auch Beethoven-Trios mit Pinchas Zukerman und du Prés damaligem Ehemann Daniel Barenboim. Ein Höhepunkt der Sammlung ist „Der Schwan“ aus SaintSaëns’ „Karneval der Tiere“.

Warner Classics 2CD 9029695032 / LP 9029577604

NEU AB 13.10.2017 Lucienne Renaudin Vary The Voice Of The Trumpet Es ist wahrlich eine Seltenheit, dass eine 18-jährige Künstlerin eine so ungeheuerliche stilistische Vielfalt an den Tag legt. Die Trompeterin Lucienne Renaudin Vary studiert heute als erste und jüngste Studentin am Pariser Konservatorium gleichzeitig in der Klassik- und der Jazzklasse. Der Star-Tenor Rolando Villazón und der Jazztrompeter Erik Truffaz unterstützen Lucienne bei diesem Debütalbum in Arrangements vom Barock über die Romantik bis hin zum Swing und Jazz. Sogar Variationen über „Casta Diva“ und Delibes „Les Filles de Cadix“, aber auch Richard Rodgers „My Funny Valentine“ sind darunter.

Warner Classics CD 9029588832

klassikerleben 20 KLASSIKERLEBEN.DE


NEU AB 13.10.2017 Joyce DiDonato, Fazil Say, Ian Bostridge u. a. Der ECHO Klassik geht an… Dass die Verleihung der Trophäen des ECHO Klassik 2017 am 29. Oktober in der Hamburger Elbphilharmonie stattfinden wird, ist angesichts der herausragenden Rolle dieses neuen Konzerthauses fast selbstverständlich. Auf dem Album „Best Of Klassik 2017 (ECHO Klassik)“ befinden sich sämtliche Preis­träger dieses Jahres: Mezzosopranistin Joyce DiDonato erhält für ihr Album „In War And Peace“ einen ECHO Klassik als Sängerin des Jahres und Violinist Renaud Capuçon in der Kategorie Konzerteinspielung/Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Der Pianist und Komponist Fazil Say darf sich für sein Album mit Mozarts gesamten Klaviersonaten über einen ECHO in der Kategorie Solistische Einspielung freuen, ebenso wie Sängerin Marianne Crebassa für ihr Album „Oh! Boy“ und Flötist Ian Bostridge für das Album „Shakespeare Songs“ mit Antonio Pappano. Weitere auf der CD vertretene Preisträger sind Sänger Matthias Goerne, Star-Tenor Jonas Kaufmann, die Violinisten Daniel Hope, Christian Tetzlaff und

Linus Roth, der Gambist Thomas Fritzsch, Dirigent Kent Nagano, Dirigent und Pianist Maurizio Pollini, das Wiener Klaviertrio sowie die Pianisten Sebastian Knauer, Lucas Debargue und Jan Lisiecki.

W arner Classics 2CD 505419783182

NEU AB 20.10.2017 Marianne Crebassa und Fazil Say Secrets – Französische Lieder Wer das Buch des unvergessenen Liedbegleiters Gerald Moore mit dem Titel „Bin ich zu laut?“ gelesen hat, erinnert sich an Worte, die die große Sonderrolle des Liedbegleiters in der Pianistenszene zusammenfassen. Konzertpianisten wie Daniil Trifonov an der Seite Matthias Goernes oder eben Fazil Say mit der ausdrucksstarken Mezzosopranistin Marianne Crebassa wie hier auf dem neuen Album „Secrets – Französische Lieder“ stellen sich diesen Herausforderungen gern. „Manchmal gerieten wir in eine Art Trance“, berichtet Crebassa, „es gab Momente, in denen um uns herum nichts mehr zu existieren schien.“ Neben Liedern von Debussy, Ravel, Fauré und den 4 Liedern von Henri Duparc enthält die CD auch die Ersteinspielung von Fazil Says Ballade „Gezi Park 3“.

Erato/Warner Music CD 9029576897

Gustavo Dudamel & Berliner Philharmoniker Waldbühne 2017: Schumann und Wagner Das Motiv des Wassers spielte beim Waldbühnen-Konzert der Berliner Philharmoniker unter Leitung des venezolanischen Star-Dirigenten Gustavo Dudamel am 1. Juli 2017 zweifellos eine herausragende Rolle. Nach der 3. Sinfonie von Robert Schumann, die einmal den Beinamen „Rheinische“ erhalten hatte, folgten eine Reihe von Ausschnitten aus Wagners „Ring des Nibelungen“, dessen Handlung auch mit dem Rhein zu tun hat. Für Dudamel ergibt sich aber noch eine weitere Assoziation: „Immer wenn ich Wagners Musik höre, denke ich an den Sonnenaufgang in Nietzsches Zarathustra: das Crescendo der Farben, die epische Naturschilderung, die Erleuchtung eines großen Geistes. Sie reißt dich mit wie großes Kino.“

EuroArts / Warner Music DVD 8024267048 Blu-ray Disc 8024267044

klassikerleben 21


NEU AB 20.10.2017 Herbert von Karajan & Otto Klemperer Jahrhundertaufnahmen von Strauss und Wagner

Viele Strauss-Fans wollen gar keinen anderen „Rosenkavalier“ mehr hören als eben diese Jahrhundertproduktion unter der Leitung von Herbert von Karajan aus dem Jahr 1959. Die Klarheit, Schlankheit und Flexibilität allein der Stimme Christa Ludwigs als hitziger Octavian, der seine Rolle im (Liebes-)Leben erst finden muss, ist einzigartig. An Ludwigs Seite singt Elisabeth Schwarzkopf die Feldmarschallin in einer bewegenden Mischung aus Hingabe und Entsagung. Da sitzt in der Szene der Rosenübergabe im zweiten Akt oder dem berühmten Finale wirklich jeder Ton, und Karajan lässt es an Schmelz im Orchester weiß Gott nicht fehlen. Den Status einer „Great Recording Of The Century“ verdient nicht minder die 1968 in den Londoner

Abbey Road Studios entstandene Aufnahme von Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ unter der Leitung von Otto Klemperer. Damals war der Maestro bereits 82 Jahre alt und hatte eine jahrzehntelange Erfahrung mit diesem Werk, dessen kompakte Klangwelt er in Abertausend Abstufungen stets mit einem Höchstmaß an innerer Spannung auslotete. Und welche Sängerriege hatte er dafür damals am Start! Die junge Anja Silja sang eine selbstbewusste Senta und Theo Adam den Holländer. Die exklusive Serie Oper Deluxe bietet ReferenzEinspielungen aus dem weltgrößten Opernkatalog der EMI/Warner-, Teldec- und Erato-Labels.

W arner Classics Limited Deluxe-Edition (3CD) 9029581745 (Rosenkavalier) W arner Classics Limited Deluxe-Edition (2CD) 9029581744 (Der fliegende Holländer)

Angela Gheorghiu Die Essenz des Verismo Es ist ihr erstes Studioalbum seit sechs Jahren, und es ist vielleicht eines der besten der großen, mit dem Verismo-Genre so eng vertrauten Sopranistin Angela Gheorghiu. Die rumänische Sängerin liebt das Unmittelbare, ja das Wilde und Emotionsgeladene der weiblichen Hauptpersonen etwa in Puccinis „La Rondine“ oder Giordanos „Andrea Chénier“, und sie kennt das Geheimnis, in den hochdramatischen Sujets nie über das Ziel hinauszuschießen. Es handelt sich bei den Verismo-Figuren ja nun einmal um Menschen in ganz realistischen Situationen, deren Schicksal durch politische oder unerwartete persönliche Herausforderungen, die jeder erleben könnte, bestimmt wird. Das gilt sowohl für die bemitleidenswerte junge Bäuerin Santuzza in Mascagnis „Cavalleria rusticana“, die von ihrem Geliebten so bitter hintergangen wird, als auch für die Tosca in Puccinis Oper, aus der Gheorghiu den absoluten Klassiker „Vissi d’arte“ aufgenommen hat. Gheorghiu suchte für dieses auch als LP

klassikerleben 22 KLASSIKERLEBEN.DE

erscheinende Album nach absoluten Raritäten. So hören wir etwa die Arie „Ed ora conoscetela“ aus „La Bohème“. Nicht aber der „Bohème“ von Puccini, sondern der Oper des Puccini-Konkurrenten Leoncavallo. Eine Entdeckung sind zudem die oft sehr melan­ cholischen Orchesterlieder der Italiener Stefano Donaudy und Licinio Refice.

W arner Classics CD 9029578024 / LP 9029575636


NEUERSCHEINUNGEN

TOP 20 KLASSIK-CHARTS

SEPTEMBER 2017

2

1

1 NEU

Romanza Anna Netrebko & Yusif Eyvazov

2

For Seasons

6 k

Daniel Hope

3

Schön ist die Welt

3 g

Jay Alexander

4

Dolce Vita

2 m

Jonas Kaufmann

5

Recomposed by Max Richter: Vivaldi, The Four Seasons

REE

Max Richter

6

Notte Magica - A Tribute To The Three Tenors

REE

Il Volo

7

Georges Bizet: Carmen (Bregenzer Festspiele 2017)

NEU

Gaelle Arquez, Daniel Johansson, Paolo Carignani, Kasper Holten

8 NEU

Evgeny Kissin

Richard Wagner - Lohengrin

1 m

Piotr Beczala, Anna Netrebko

4 m

DG

Panorama

Sony Classical

DG

Masterworks

C-Major

Beethoven

9 10

Panorama

DG

DG

Elbphilharmonie First Recording Brahms: Symphonies Nos. 3 & 4 Thomas Hengelbrock & NDR Elbphilharmonieorchester

Sony Classical

3

11

Elements

7 m

Ludovico Einaudi

We Love Music

12

New York Rhapsody

18 k

Lang Lang

13

Philip Glass: Piano Works

12 m

Víkingur Ólafsson

14

Mendelssohn: Violin Concerto Symphony No. 5 & The Hebrides

NEU

Isabelle Faust, Pablo Heras-Casado, Freiburger Barockorchester

15

Elbphilharmonie Hamburg: Das Eröffnungskonzert

8 m

Thomas Hengelbrock & NDR Elbphilharmonieorchester

Sony Classical

DG

Harmonia Mundi

C-Major

16

Nessun dorma - The Puccini Album

REE

Jonas Kaufmann

17

Bach, Beethoven, Rzewski

REE

Igor Levit

18

Mozart: Requiem in D Minor, K. 626

NEU

MusicAeterna, Teodor Currentzis, New Siberian Singers

19

New Year's Concert 2017 / Neujahrskonzert 2017

20 k

Gustavo Dudamel & Wiener Philharmoniker

20

Richard Wagner - Parsifal

5 m

Sony Classical

Sony Classical

Alpha

Hartmut Haenchen, Orchester der Bayreuther Festspiele

Die Offiziellen Deutschen Klassik-Charts werden von GfK Entertainment im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie e.V. ermittelt. Basis der Top 20 sind die Verkaufs- bzw. Nutzungsdaten von Klassik-Alben im Zeitraum 11.08.2017 - 07.09.2017.

Sony Classical

DG

klassikerleben GfK Entertainment

23


Trifonov Daniil

C H O P I N E VO CAT I O N S

C h o p i n s K l av i e r ko n ze r te u n d S o l o st ü c ke vo n Ko m p o n i ste n , d i e dem Genie Chopin

Photo © Dario Acosta

Tr i b u t zo l l e n

„ E R I S T D A S H E R A U S R A G E N D E K L AV I E R G E N I E U N S E R E R Z E I T “

Süddeutsche Zeitung

J E T Z T VO R B EST E L L E N ! A B 6 .1 0 . E R H Ä LT L I C H . 2 CD | 3 LP | DOWNLOAD | STREAM


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