klassik erleben #55 (Frühjahr 2018)

Page 1

Frühjahr 2018 Ausgabe 55

klassikerleben

Empfehlungen des Klassikfachhandels

Sonya Yoncheva • Marc-André Hamelin & Leif Ove Andsnes Daniel Hope • Federico Albanese • Anita Rachvelishvili u. v. a. klassikerleben.de


EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, „Intuition“, das neue Album von Cellist Gautier Capuçon, ist ein sehr persönliches Werk geworden. Alle darauf enthaltenen Stücke für Solo-Cello mit Klavier- oder Orchesterbegleitung hat er selbst ausgewählt. Diese musikalischen Stationen im Leben Capuçons machen die CD zu einer klangvollen Autobiografie. Es sei schon verraten: Capuçons musikalische „Intuition“ zeugt von Geschmack und künstlerischer Reife. Der 100. Todestag des großen Klangzauberers und -poeten Claude Debussy am 25. März wird erwartungsgemäß von zahlreichen CD-Neuerscheinungen begleitet. Der mittlerweile 95 Jahre alte Pianist Menahem Pressler und die Klavierlegende Friedrich Gulda sind unter den Interpreten. Aber auch Debussy-Adaptionen der mit dem Jazz eng verbundenen ukrainischen Pianistin Marina Baranova sind dabei. Das Klavier und große Pianistenpersönlichkeiten spielen bei den Neuveröffentlichungen Anfang dieses Jahres sowieso eine nicht zu unterschätzende Rolle. Es gibt umfangreiche Boxen historischer Aufnahmen von Emil Gilels und Sviatoslav Richter sowie eine sehr persönlich geratene Neueinspielung zweier Beethoven-Klaviersonaten von Murray Perahia. Arthur und Lucas Jussen, die beiden neuen Stars der Klavierduo-Szene, widmen sich Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“, begleitet von Katja Riemann, welche die Textadaption Roger Willemsens rezitiert. Große Verdi-Alben von Joseph Calleja und Sonya Yoncheva, eine CD von der schillernden Mezzosopranistin Anita Rachvelishvili sowie eine Erinnerung an die Bach-Passionsaufnahmen Fritz Wunderlichs sind die vokalen Highlights. Last but not least geht der Geiger Daniel Hope auf eine spannende Reise zu Mozart und seinen Weggefährten.

Ihre Fachhändler für Klassik, Jazz und mehr HÄNDLER:

01099 Dresden Opus 61 Klassik Jazz Bautzner Str. 6 01326 Dresden Sweetwater FriedrichWieck-Str. 4 02763 Zittau CD-Studio Markt 13 04109 Leipzig Gewandhausshop Augustusplatz 8 10625 Berlin Musik Cantus-Riedel Bismarckstr. 5 10629 Berlin Oldschool Walter-Benjamin-Platz 2 10777 Berlin L&P Classics Welserstr. 28 10785 Berlin Shop in der Berliner Philharmonie Herbert-von-Karajan-Str. 1 20354 Hamburg HANSE CD Musik im Hanse-Viertel Große Bleichen 36 21244 Buchholz Smile Records Bremer Str. 1 23552 Lübeck Klassik Kontor Königstr. 115 23552 Lübeck Pressezentrum Breite Str. 79 24103 Kiel Ruth König Klassik Dänische Str. 7 34117 Kassel Bauer & Hieber Ständeplatz 13 37073 Göttingen TonKost Theaterstr. 22 38100 Braunschweig Buchhandlung Graff Sack 15 42551 Velbert Musik Schallowetz Friedrichstr. 240 44787 Bochum aktiv-Musicpoint Kortumstr. 97 (City­passage) 45127 Essen proust WÖRTER + TÖNE Am Handelshof 1 45128 Essen proust in der Philharmonie Huyssenallee 53 47798 Krefeld Sym-Phon Ostwall 122 48143 Münster Jörgs CD Forum Alter Steinweg 4-5 50667 Köln TONGER – Haus der Musik Zeughausstr. 24 53111 Bonn Beethoven-Haus Bonngasse 18 53474 Bad Neuenahr aktiv musik Plattenkiste Poststr. 7 54290 Trier Christian Reisser Fleischstr. 30/31 55116 Mainz Mainzer Musikalienzentrum Große Langgasse 1 60311 Frankfurt /Main CDs am Goethehaus Am Salzhaus 1 64285 Darmstadt CD Bessungen Bessunger Str. 54 65183 Wiesbaden La Musica Kleine Langgasse 5 71229 Leonberg Die Tonleiter Leonberger Str. 24/I 72070 Tübingen Rimpo Tonträger Ammer­gasse 23 76133 Karlsruhe Musik Schlaile Kaiserstr. 175 77652 Offenburg La Musica Langestr. 38 79098 Freiburg Compact Disc Center Schiffstr. 8 79098 Freiburg Rombach Klassik Bertoldstr. 10 86899 Landsberg Discy Herzog-Ernst-Str. 179 b 91054 Erlangen musica.de 91054 Erlangen Bongartz – Musik in allen Formaten Hauptstr. 56 99423 Weimar Musikhaus 19 Geleitstr. 19

HIGHLIGHTS: Friedrich Gulda & Marina Baranova (Debussy-Special, S. 4), Marc-André Hamelin & Leif Ove Andsnes (S. 5),

The Complete Bach Edition (S. 6), Daniel Hope (S. 7), Núria Rial (S. 8), Sonya Yoncheva (S. 9), Federico Albanese (S. 11), Anita Rachvelishvili (S. 11), Katja Riemann, Arthur & Lucas Jussen (S. 12)

Bleiben Sie auf dem Laufenden und bestellen Sie unseren Newsletter auf www.klassikerleben.de

IMPRESSUM Herausgeber: Aktiv Musik Marketing GmbH & Co. KG, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR A 105205, UstID: DE 187995651. Persönlich haftende Gesellschafterin: Aktiv Musik Marketing Verwaltungs GmbH, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR B 100122. Geschäftsführer: Marcus-Johannes Heinz Fon: 040/468 99 28-0 Fax: 040/468 99 28-15 E-Mail: info@amm.de Redaktions- und Anzeigenleitung: Tim Geppert (verantwortlich für den Inhalt) Redaktion: Helmut Peters Schlussredaktion: Katrin Zabel Layout: werkstatt no.8 - designkonzepte, Hamburg Druck & Vertrieb: apm alpha print medien AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt Auflage: 40.000 Hinweis: Farbgenauigkeit, Anzeigeninhalte und abgedruckte Termine ohne Gewähr BILDNACHWEISE: © Felix Broede (1 + 3 Gautier Capuçon), Gregor Hohenberg (4 Baranova), Simon Perry (5 Hamelin & Andsnes), Marco Borggreve (6 Harnoncourt, 12 Jussen), Cooper & Gorfer (7 Hope), Mercè Rial (8 Rial), Kristian Schuller (9 Yoncheva), Beniamino Barrese (11 Albanese), Gregory Regini (11 Rachvelishvili)

klassikerleben 2

KLASSIKERLEBEN.DE


TITEL

Gautier Capuçon Eine musikalische Autobiografie Der Albumtitel sagt schon viel. Alle kurzen Stücke für Solo-Cello mit Klavier- oder Orchesterbegleitung wurden vom Cellisten Gautier Capuçon persönlich ausgewählt. „All diese Stücke“, sagt Capuçon, „reflektieren meine Lebensgeschichte und folgen in verschiedensten Abschnitten meiner emotionalen Entwicklung.“ Man braucht nur Elgars romantisches „Salut d’amour“ zu hören, um eine Ahnung von der tiefen Durchdringung der kompositorischen Idee zu erhalten. Der oft zur besseren Beschreibung herangezogene Begriff des „singenden Cellos“ erhält hier eine ganz neue Qualität. Es ist fast so, als begänne das Instrument in Capuçons Händen zu leben. „In der Musik, im Leben ist die Kommunikation die Essenz von allem“, so der Bruder des Geigers Renaud Capuçon, „jeder teilt etwas davon.“ Auf der CD gibt es Stücke zum Träumen wie Jules Massenets Meditation aus „Thaïs“. Massenet schrieb die Oper 1890 auf der Grundlage des gleichnamigen historischen Romans von Anatole France, der um die antike Figur der ägyptischen Heräre und Eremitin Thaïs kreist. Capuçon spielt die Kantilene, begleitet vom Orchestre de chambre de Paris, voller Inbrunst und Klangschönheit. Gleich das folgende Stück „Encore“ von Jérôme Ducros ist mit seinen

rasenden Läufen und Sprüngen und den harten Klavierakzenten mit dem Komponisten selbst als Klavierbegleiter ein krasser Kontrast dazu. Der kompositorische Wurf ist ein Virtuosenstück par excellence, eine handwerkliche Meisterleistung, die von beiden Interpreten großartig gespielt wird. Zu dieser klingenden Autobiografie gehört auch der berühmte „Schwan“ aus Camille Saint-Saëns‘ „Karneval der Tiere“. Zarter und hingebungsvoller kann man den Klassiker der Celloliteratur kaum spielen. Weitere Highlights: der „Elfentanz“ des böhmischen Cellisten und Komponisten David Popper, die „Variationen auf einer Saite“ des Teufelsgeigers Niccolò Paganini, Tschaikowskys Andante cantabile, Scott Joplins „Original rag“ und Astor Piazzollas „Le grand tango“. Das Album ist eine Sammlung, die Capuçon auch als eine Art Standortbestimmung verstanden wissen will: „In den letzten zehn Jahren meines Lebens ist viel geschehen“, berichtet der Cellist. „Ich musste ein neues Selbstverständnis als Vater zweier wunderbarer Töchter finden. Das war für einen wie mich, der bis dahin pausenlos ein Zickzackmuster als Musikreisender um den Globus zog, eine echte Herausforderung. Die Suche nach mir selbst, die folgte, brachte mich meiner Intuition wieder näher.“ Das Album erscheint auch in einer Sonderedition mit zusätzlicher DVD und als LP.

E rato/Warner Music CD 9029571585/CD + DVD 9029588395/LP 9029568760 (LP ab 23.02.)

klassikerleben 3


NEUERSCHEINUNGEN Friedrich Gulda & Marina Baranova Jazz? Ohne Debussy undenkbar!

Zum 100. Todestag von Claude Debussy am 25. März dieses Jahres bringt Edel einen echten Leckerbissen heraus. Im Jahr 1969 hatte der legendäre Mozart- und Bach-Interpret Friedrich Gulda in den Studios der damals in Villingen ansässigen Musikproduktion Schwarzwald alle 24 Préludes von Debussy eingespielt. Mittlerweile sind die Archive von MPS in den Besitz von Edel übergegangen, die nun die Debussy-Préludes remastered auf zweimal 180-Gramm-Vinyl und auf CD veröffentlichen. Guldas Debussy ist in mehrfacher Hinsicht besonders. Erstens hat der im Jahr 2000 verstorbene Pianist Debussy gar nicht so häufig gespielt wie etwa Mozart oder Bach. Zudem hat er die Harmonik und das Wesen von Debussys Musik immer wieder mit anderen musikalischen Genres in Verbindung gebracht.

1973 sagte Gulda, dass die halbe Jazzmusik doch von Debussy lebe. Das Changieren der Klänge im sechsten Prélude „Schritte im Schnee“ etwa, die Auflösung von Konturen und die Schraffur großer Klangflächen erhalten in Guldas Interpretation eine große Intensität. Dem Jazz ist auch die ukrainische Pianistin Marina Baranova verbunden, die schon als Elfjährige den ersten Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb in der Ukraine gewann. Mit ihrem Album „Unfolding Debussy“ schuf sie für die Reihe „Neue Meister“ nun eine sehr persönliche, improvisiert wirkende und freilich verjazzte Annäherung an den großen Impressionisten.

B aranova: Neue Meister/Edel CD 0301014BC (ab 09.03) G ulda: MPS/Edel CD 0300973MSW/2LP 0301022MSW

Sviatoslav Richter Richter plays Schumann & Brahms

Wenn Sviatoslav Richter Brahms und Schumann spielte, schwang etwas Entrücktes, ja Geheimnisvolles mit, das sich kaum in Worte fassen lässt. Das trifft etwa auf Brahms’ Intermezzi zu, die hier in einer Leningrader Liveaufnahme aus dem Jahr 1959 zu hören sind. Diese zwölf CDs umfassende Sammlung ist deshalb so wertvoll, weil neben Richter-Juwelen wie sein 1962 live in Mailand gespielter „Faschingsschwank aus Wien“ op. 26 von Schumann auch die von Richter so geliebte Kammermusik mit Partnern wie dem Cellisten Mstislaw Rostropowitsch und dem Borodin Quartett enthalten sind. Außerdem ist die Sopranistin Nina Dorliac mit teilweise in russischer Sprache gesungenen Schumann-Liedern mit Richter als Klavierbegleiter zu hören.

Profil Medien 12CD PH17067

Murray Perahia Beethoven: Hammerklavier- und Mondscheinsonate

Beethovens „Hammerklaviersonate“ sei auch heute noch eine Herausforderung für ihn, gesteht Murray Perahia. „Man kann immer wieder in die Geheimnisse dieses Stückes eindringen.“ Kraftvoll, scharf konturiert, aber auch hochsensibel im Wechsel extremer Dynamiken spielt der Pianist das von ihm hoch respektierte und geliebte Werk. Perahia gelingt es außerordentlich gut, den in Beethovens Klaviersonaten trotz der straffen Konzeption oft improvisierenden Charakter herauszuarbeiten. Die zur „Hammerklaviersonate“ so stark kontrastierende „Mondscheinsonate“ interpretiert Perahia wie eine Fantasie, denn Beethoven habe seiner Ansicht nach bei diesem Werk auch an die geheimnisvolle Äolsharfe gedacht, über die er mal in der „Allgemeinen Musikzeitung” gelesen hatte.

Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4798353/LP 4799919 (LP ab 02.03.)

klassikerleben 4

KLASSIKERLEBEN.DE


NEUERSCHEINUNGEN

Marc-André Hamelin & Leif Ove Andsnes Strawinskys Frühlingsweihe für zwei Klaviere

Bei dieser polyrhythmischen Verflechtung, den unerwarteten Umschaltungen und Sprüngen im Metrum sowie den messerscharfen Akzenten kommen regelmäßig auch Orches­ termusiker und ihre Dirigenten ins Schwitzen. Igor Strawinskys dritte große Ballettmusik „Le Sacre du Printemps“ ist ein Schlüsselwerk der Moderne: kühn, aufreizend, harmonisch bizarr und in vieler Hinsicht radikal. Nun haben die beiden Weltstars Marc-André Hamelin und Leif Ove Andsnes das Jahrhundertwerk im Rahmen einer ersten gemeinsamen Aufnahme in der Version für zwei Klaviere eingespielt. Tatsächlich hatte Strawinsky diese Fassung für zwei Klaviere vor der legendären Uraufführung seines „Sacre du Printemps“ 1913 im neugebauten Pariser Théâtre des Champs-Élysées angefertigt, bei der

das Publikum lachte, stampfte und schimpfte. Auch für die Konzeption dieses orchestralen Feuerwerks bedeutete das Klavier für ihn, wie bei vielen anderen seiner Kompositionen, ein unverzichtbares Werkzeug zur Vorbereitung. Dass wenige Tage vor der Skandal-Uraufführung die Fassung für zwei Klaviere dann von keinen Geringeren als ihm selbst und dem Impressionisten Claude Debussy in privatem Rahmen vorgestellt wurde, reizte viele Pianisten der Nachwelt natürlich, sich ebenfalls damit auseinanderzusetzen. Bis auf wenige kleinere Änderungen im Notentext haben Hamelin und Andsnes diese Version nun bei Hyperion zu einer genialen Einspielung gebracht. Auch wenn sie mit wuchtigen Schlägen und scharfen Diskanttönen die ganze Farbigkeit der Partitur aufgreifen, erliegen die beiden nicht der Versuchung, einen Orchesterklang auf den Flügel übertragen zu wollen. Die Klavierversion zeigt aber noch deutlicher die ganze Komplexität der Sacre-Partitur.

H yperion/Note 1 Music CD CDA68189

klassikerleben 5


NEUERSCHEINUNGEN Nikolaus Harnoncourt, Gustav Leonhardt u. v. a. Ein halbes Jahrhundert der Bach-Interpretation auf 153 CDs

Welche musikalischen Spuren die Cembalisten Alan Curtis, Gustav Leonhardt und Andreas Staier, der Dirigent Nikolaus Harnoncourt und der Lautenist Luca Pianca von den Fünfzigerjahren bis heute hinterlassen haben, ist unermesslich. Man denke nur an die Englischen Suiten und die Cembalokonzerte mit Leonhardt, diesem Grandseigneur des Cembalos, der einst in jeder Etage seines Hauses unterschiedliche historische Instrumente verwahrte. Jedes Cembalo hatte für ihn sein eigenes Herz und seinen eigenen Charakter und wurde für seine legendären BachAufnahmen speziell ausgewählt und präpariert. Von Harnoncourt ganz zu schweigen, der die historische Aufführungspraxis genau wie Ton Koopman revolutionierte. Dass die sage und schreibe 153 CDs umfassende Aufnahmegeschichte von Bachs Werken der zurückliegenden sechzig Jahre wiederaufgelegt wird, ist eine Sensation. Die Sammlung ermöglicht

Vergleiche etwa zwischen Leonhardt und Staier, die jeweils ganz andere Akzente setzen, sich in der Tempowahl und Phrasierung unterscheiden und beide gute Gründe dafür haben. Oder sprechen wir vom italienischen Ensemble Il Giardino Armonico, das mit seinen konturierten, zuweilen ja auch provozierenden Bach-Interpretationen die Szene der Alten Musik aufrüttelte. Alte Musik sei eine fremde Sprache, sagte Nikolaus Harnoncourt einmal, eine Sprache eben, die von Musikern und Hörern gleichermaßen gelernt werden müsse.

W arner Classics 153CD-Limited 9029570303

Andris Nelsons & Gewandhausorchester Bruckner: Sinfonie Nr. 4 & Wagner: Lohengrin-Vorspiel

Die großen Kontraste in Bruckners Sinfonik, von heftigen Ausbrüchen bis zu verletzlicher Intimität, haben es Andris Nelsons besonders angetan. Im Gewandhausorchester Leipzig nun hat er ein Orchester zur Verfügung, das an Flexibilität, Intensität und Leidenschaft keine seiner Wünsche unerfüllt lässt. „Dass ein einziges melodisches Motiv bei diesem Orchester so unterschiedlich zum Klingen gebracht werden kann“, sagt der Dirigent, „hat für mich fast eine minimalistische Qualität. Bei der zuvor erschienenen dritten Sinfonie von Bruckner hatte der Maestro dem Bruckner-Werk Wagners Tannhäuser-Ouvertüre an die Seite gestellt. Hier nun stellt er Bruckners Vierter das schwebend-zauberhafte Vorspiel zu „Lohengrin“ gegenüber.

Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4797577

Fritz Wunderlich Passion

Kaum jemand wird bestreiten, dass die Johannes- und die Matthäus-Passionen mit Fritz Wunderlich als Oratorientenor zu den eindrucksvollsten Bach-Interpretationen gehören. Wenn Wunderlich die Tenor-Arie „Ich will bei meinem Jesu wachen“ aus der Matthäus-Passion in der Begleitung des Münchener Bach-Chors und Bach-Orchesters anstimmt, läuft einem ein Schauer über den Rücken. Der Ausdruck, die Spitzentöne und die Textdeklamation sind einzigartig. Neben dieser im Rahmen der Bachwoche Ansbach 1957 live mitgeschnittenen Aufführung und der Johannes-Passion mit dem Freiburger Bach-Chor und dem Rundfunkorchester des Südwestfunks ist Wunderlich auch in einem Mitschnitt von Händels Messias aus der Liederhalle Stuttgart und in der Neunten von Beethoven mit den Stuttgarter Philharmonikern zu hören.

Profil Medien 12CD PH17015

klassikerleben 6

KLASSIKERLEBEN.DE


NEUERSCHEINUNGEN Daniel Hope Eine Reise zu Mozart und seinen Freunden Den Begriff des Reisens fasst der südafrikanischbritische Geiger Daniel Hope sehr weit. Sowie der Geist in Bewegung gerät, befindet man sich seiner Philosophie folgend von ganz allein in fernen Welten. Bei seiner neuesten Reise zu Mozart geht es Hope aber keineswegs nur um den Salzburger selbst, sondern um dessen Zeit und das persönliche Umfeld, das er pflegte. Hört man die hier vereinten Stücke von Mozarts Freunden und Bekannten Haydn, Gluck und Salomon und vor allem dem viel zu wenig bekannten böhmischen Komponisten Josef Mysliveček, dann gibt es viele Beziehungen zu Mozarts Musik zu entdecken. Mit dem von ihm selbst geleiteten Zürcher Kammerorchester stellt Hope eine von Olivier Fourés arrangierte Fassung des „Tanzes der seligen Geister“ aus Glucks „Orphée et Eurydice“ für Violine und Kammerorchester vor. Von Fourés stammt auch ein Arrangement von Mozarts Klaviersonatensatz „Alla turca“. In Haydns Violinkonzert G-Dur Hob. VIIa: 4 und einer Romanze des Komponisten und Impresarios Johann Peter Salomon kann man viele

Parallelen zu Mozarts E-Dur-Konzert K. 261 erkennen. Eine Entdeckung ist das noch etwas barocker anmutende Konzert von Mysliveček, der sich bei der Vergabe eines Opernauftrags für seinen Freund Mozart eingesetzt hatte.

D eutsche Grammophon/Universal Music CD 4798376

klassikerleben 7


NEUERSCHEINUNGEN Núria Rial & 8 Cellisten des Sinfonieorch. Basel Lebendigkeit und Rhythmus Die katalanische Sopranistin Núria Rial setzt mit ihrer CD „Vocalise“, begleitet von den acht Cellisten des Sinfonieorches­ ters Basel, einen überraschend neuen Akzent in ihrem Repertoire. Im Zentrum steht südamerikanische und spanische Musik aus dem 20. Jahrhundert. Besonders die ergreifende Aria (Cantilena) und den wilden Tanz Martelo aus Heitor VillaLobos Bachianas Brasileiras Nr. 5 präsentiert die Sängerin in neuem Licht. Lebendigkeit und Rhythmus sind typische Merkmale von Villa-Lobos’ Musik. Der bekannteste brasilianische Komponist liebte es ja, sich bei der Arbeit sogar von lärmend spielenden Kindern inspirieren zu lassen. Das Pulsieren seiner Musik und die tiefe Verwurzelung in der brasilianischen Folklore bringt Rial außerordentlich zum Ausdruck. Ein extra für dieses Album ausgewähltes Solo für Sopran

und acht Celli mit dem Titel „Voval Ice“ stammt von Rials 1973 geborenem Landsmann Bernat Vivancos. Rials Vokalparts werden von den vier Sätzen des Cello-Oktetts „Vier Jahreszeiten“ vom argentinischen Tango-König Astor Piazzolla unterbrochen. Das ist eine ungemein dramatische, direkte, zuweilen sogar mit Geräuschhaftem arbeitende Musik, die den acht Cellisten hörbar Spaß macht. Hörbar Spaß macht Núria Rial natürlich auch das katalanische Lied „El cant dels ocells“ („Der Gesang der Vögel“) in seinem ruhigen, andachtsvollen Duktus.

S ony Classical CD 88883754452

Joseph Calleja Verdi

Der aus Malta stammende Tenor Joseph Calleja singt nicht nur die größten Partien der Verdi-Opern, er formt dabei Charaktere voller Ausdruckskraft, Widerspruch und verborgenen Absichten. Vom männlich-bestimmten Auftreten des Radames in der „Celeste Aida“-Arie bis hin zum gebrochenen, sich selbst zugrunde richtenden Otello in der Arie „Niun mi tema“ reicht die Palette. Das Album vereint die größten Hits von Verdis Tenor-Repertoire. Unter anderem vertreten sind „Ah si ben mio“ aus „Il Trovatore“, „La Vita è inferno“ aus „La Forza del destino“ und „È lui … desso! L’Infante!“ aus „Don Carlo“. Mit dem Orquestra del Comunitat Valenciana hat der lyrische Startenor allerdings auch ein Orchester an seiner Seite, das im italienischen Opernfach mehr als bewandert ist.

Decca/Universal Music CD 4831539

Max Emanuel Cenčić, Julia Lezhneva u. v. a. Porpora: Germanico in Germania

Das hier auf CD veröffentlichte Projekt sei Teil der Konzertserie „Opera Rara“ in Krakau, die schon die unterschiedlichsten Künstler zusammengeführt habe, berichtet der polnische Dirigent Tomasz Adamus. Max Emanuel Cenčić wollte schon immer mal eine Oper von Nicola Antonio Porpora singen und konnte sich als Titelheld von dessen Oper „Germanico in Germania“ in diesem Rahmen endlich seinen Traum erfüllen. „Porporas Opern zu singen, ist immer schwierig“, betont der Countertenor. „Man muss seine Stimme wie ein Instrument benutzen.“ Cenčić und seine Partnerin Julia Lezhneva reizt es besonders, unabhängig vom Text verborgene Gedanken allein durch die Stimme auszudrücken. „Germanico in Germania“ handelt von einer germanischen Fürstenfamilie, die sich beim Ansturm der Römer auf ihre Stadt entzweit.

Decca/Universal Music 3CD 4831523

klassikerleben 8

KLASSIKERLEBEN.DE


NEUERSCHEINUNGEN

Sonya Yoncheva Die Stimme der Seele Dass sie einmal zu einer der bedeutendsten VerdiInterpretinnen der Ge­gen­wart werden würde, stand für die gefeierte bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva ja nicht von Beginn an fest. Am Anfang ihrer Karriere sang sie in erster Linie Barockrepertoire. Als Yoncheva dann aber für Anna Netrebko einspringen durfte und erste Triumphe im Verdi-Fach feierte, stand ihrem Ruf als DIE Verdi-Interpretin schlechthin nichts mehr im Weg. Yoncheva sei „die beste Violetta seit Maria Callas“, schrieb 2015 sogar einmal einer der sicher schärfsten Kritiker der Musikpresse, Manuel Brug, zu einer Aufführung von „La Traviata“ am Berliner Schillertheater in der Zeitung „Die Welt“. Dass Yoncheva auf Anhieb berührt und die Gestalten der großen Musiktragödien Verdis so authentisch und zutiefst menschlich darzustellen imstande ist, liegt aber auch an ihrer Überzeugung, dass die Stim-

me Ausdruck der Seele sei. Im Interview mit BR-Klassik sagte sie: „Musik hat sehr viel Macht und kann uns sehr viel Kraft geben, uns aber auch total runterziehen. Sie gibt uns ein breites Spektrum, mit dem wir ausdrücken können, was wir wirklich fühlen.“ Auf ihrer dritten Solo-CD widmet sich Yoncheva nun ausschließlich den dramatischen Verdi-Sopranrollen wie Leonora (in „Il trovatore” und „La forza del destino“), Abigaille („Nabucco“), Desdemona („Otello“), Elisabetta („Don Carlo“), Amelia („Simon Boccanegra“), Luisa Miller aus der gleichnamigen frühen Verdi-Oper und Odabella aus „Attila“. Die große, von den Streichern sanft begleitete Arie „Tacea la notte placida ...“ aus „Il trovatore” dringt direkt ins Herz. Mit viel Verve, Leidenschaft und sensiblem Klangempfinden wird Yoncheva vom Münchner Rundfunkorchester unter Massimo Zanettis Leitung begleitet. Besonders die Bläser wie das Englischhorn und die Flöte mit aufblitzenden Einlagen brillieren in der Arie „Liberamente or piangi ... Oh! Nel fuggente nuvolo“ aus „Attila“.

S ony Classical CD 88985417982

klassikerleben 9


NEUERSCHEINUNGEN Joyce DiDonato & Berliner Philharmoniker Silvesterkonzert 2017 aus Berlin

Joyce DiDonato, die Mezzosopranistin mit der unwiderstehlich dunkel schimmernden Stimmfärbung, war der umjubelte Gaststar des zum letzten Mal von Sir Simon Rattle geleiteten Silvesterkonzerts der Berliner Philharmoniker 2017, welches nun auf DVD und Blu-ray erscheint. Sie sang klug ausgewählte Orchesterlieder von Richard Strauss, darunter sein erstes veröffentlichtes Lied „Zueignung“ op. 10 Nr. 1 und das Lied „Morgen“, das Strauss seiner Frau Pauline einst zur Hochzeit geschenkt hatte. „Ich liebe es“, sagt DiDonato über die Zusammenarbeit mit den Berlinern, „wenn die Musik ihre Flügel ausspannt und wir gemeinsam fliegen.“ Weitere Höhepunkte sind Dvořàks schmissige Ouvertüre „Karneval“, Auszüge aus Bernsteins „On the Town“, Strawinskys „Apollon musagète“ und Schostakowitschs „Das goldene Zeitalter“.

EuroArts/Warner Music DVD 8024267488/Blu-ray Disc 8024267484

Kian Soltani & Aaron Pilsan Home (Schubert, Schumann, Vali)

Da hat sich der österreichische Cellist Kian Soltani für sein Debütalbum bei der Deutschen Grammophon eine tolle Überraschung ausgedacht: Neben Schubert- und Schumann-Werken, darunter das für Cello und Klavier arrangierte Schumann-Lied „Du bist wie eine Blume“, ist der „Folk Song from Khorasan“ des persischen Zeitgenossen Reza Vali ein echter Leckerbissen fürs Ohr. Das Stück, das als Vorgeschmack auf das Album schon seit Beginn des Jahres als Download bereitgestellt wurde, hat bereits eine beachtliche Resonanz gefunden. Es gehört zu einem Zyklus, den Vali dem jungen Cellisten persönlich zugedacht hat. Soltanis exzellenter Klavierbegleiter Aaron Pilsan muss bei dem rhythmisch-pulsierenden Stück in den Korpus seines Flügels greifen und die Saiten mit den Fingern anschlagen.

Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4798100

NEU AB 23.02.2018 Capella Antiqua München Gregorian Chants

Ohne die in Neumen notierten gregorianischen Choräle des hohen Mittelalters wäre unsere Notation musikalischer Werke – über die weiße und schwarze Mensuralnotation bis zur heutigen Notenschrift – nicht möglich gewesen. Wie kaum ein anderes Vokalensemble hat sich die 1951 gegründete Capella Antiqua München unter Konrad Ruhland für diese geistliche Vokalmusik eingesetzt. Die hier auf drei CDs vereinten Aufnahmen stammen von 1974. Die gregorianischen Gesänge der wichtigsten Feste des Kirchenjahres Weihnachten, Ostern und Pfingsten laden hier auf berührend eindringliche Weise zu einer Zeitreise zu tausend Jahre zurückliegender Gesangstradition ein. Es sei eine Musik, so sagte Ruhland einmal, die meditieren und verweilen ließe, die aufwecke und ansporne, die besänftigen und erregen könne.

MPS/Edel 3CD 0300949MSW

Kammerchor der Frauenkirche Dresden & das ensemble frauenkirche Bach: Johannespassion

Mit der Johannespassion setzen der Kammerchor der Frauenkirche Dresden und das ensemble frauenkirche die Reihe ihrer Liveaufnahmen von Bachs Sakralwerken fort. Dezidiert, fein und klar phrasiert der Kammerchor bei dieser im April 2017 entstandenen Aufnahme schon den Eingangschor „Herr, unser Herrscher“. Aus dem Solistenensemble mit Camilla Nylund, Nicole Pieper, Andreas Scheibner und Frank Hönisch ragt der Tenor und Evangelist Tilman Lichdi heraus. Der viel gefragte Bach- und Liedinterpret deklamiert den Text so transparent und ideenreich, dass die Ereignisse der letzten Stunden im Leben Christi bildgewaltig vor das geistige Auge treten.

Berlin Classics/Edel 2CD 0300995BC

klassikerleben 10

KLASSIKERLEBEN.DE


NEUERSCHEINUNGEN Federico Albanese Verborge­ne Seelenlandschaften Sphärische Klänge und eine geheimnisvolle Atmosphäre breiten sich in Federico Albaneses minimalistischen Kammersinfonien für Klavier aus. Nach seiner CD „The Blue Hour“ folgt mit „By The Deep Sea“ das zweite Album für das Label Neue Meister. Die Tracks „682 Steps“, „Your Lunar Way“ oder „Boardwalk“ verleugnen nicht das improvisatorische Moment, aus dem sie einst erwachsen sind. Albanese aber wollte noch mehr daraus machen. Es reizte ihn, die schwebenden und changierenden Klangwelten auf verschiedene Instrumente zu verteilen. Seine aus diesem Wunsch heraus entstandenen Arrangements hat er mit dem Cellisten Arthur Horning und der ebenfalls Cello spielenden Jazzerin ILLAY sowie dem Geiger Simon Goff und dem Toningenieur Francesco Donadello produziert. Der Pianist und Komponist selbst spielt neben dem Klavier auch Rhodes-Piano,

Synthesizer, Hammondorgel sowie elektrische, akustische und Bassgitarre. Unter den zwölf ungemein kontrastreichen Tracks findet sich zudem ein „Mauer Blues“, der ganz konkret auf Berlin Bezug nimmt, das Albanese zu seiner neuen Wahlheimat erklärt hat. „,By the Deep Sea‘ erzählt die Geschichte eines Innenraums“, so Albanese, „der tief im Selbst verborgen liegt.“ Unter dem Begriff „Deep Sea“ versteht der Komponist verborgene Bereiche der eigenen Seele und der gesammelten Erinnerungen.

N eue Meister/Edel CD 0300968NM/LP 0301027NM

NEU AB 02.03.2018 Anita Rachvelishvili Georgische (Stimm-)Königin

Die georgische Mezzosopranistin Anita Rachvelish­vili hat einen Exklusivvertrag mit Sony Classical abgeschlossen und veröffentlicht bei diesem Label nun ihr erstes Album mit dem passend griffigen Titel „Anita“. Rachvelishvilis packende Dramatik, ihre faszinierende stimmliche Strahlkraft und ihre eindrucksvolle Charakterisierungskunst haben ihr 2009 an der Mailänder Scala die Publikumsherzen als Carmen an der Seite von Jonas Kaufmann zufliegen lassen. Nicht weniger triumphal war Rachvelishvilis jüngster Auftritt als Azucena in Verdis „Il Trovatore“ an der MET in New York. Dazu schrieb die „New York Times“ übrigens, dass einem bei dieser Sängerin das Blut in den Adern gefrieren könnte. Auf dem Debütalbum Rachvelishvilis dürfen die Carmen-Arien „Habanera“ und ihre „Seguidilla“ von Bizet freilich ebenso wenig fehlen wie zwei Arien aus Verdis „Don Carlo“. Die Georgierin hat aber auch ein Faible für seltener zu hörendes Repertoire wie Nikolai Rimski-Korsakows Oper „Die Zarenbraut“, aus der sie die traurige A-cappella-Arie der Ljubascha ausgewählt hat. Zu kostbaren Raritäten

zählt außerdem die Cavatina der Königin Tamar aus der 1919 uraufgeführten Oper „Die Legende von Shota Rustaveli“ von Dimitri Arakishvili. Dieser Landsmann von Rachvelishvili hatte das Stück der mittelalterlichen Herrscherin Tamar gewidmet, die von 1184 bis 1213 Georgien regierte, das Land zu großer Blüte führte, aber auch die Spaltung der Gesellschaft nicht verhindern konnte.

Sony Classical CD 19075808752

klassikerleben 11


NEU AB 09.03.2018 Katja Riemann, Arthur & Lucas Jussen Tierisch schön!

Die aus den Niederlanden stammenden Brüder Arthur und Lucas Jussen betrachten Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“ als musikalisches Bilderbuch, das sie nach Belieben ausmalen können. Die Lust am Plastischen, am Direkten und am Erzählen in Tönen ist den beiden Shootingstars der Klavierduo-Szene in die Wiege gelegt. In dem für beide Pianisten höllisch schweren Stück bekommt jedes Tier sein passendes Klanggewand mit Sinn für Pointen verpasst. Begleitet wird das Duo vom Concertgebouw­ orkest, mit dem es 2017 bereits Francis Poulencs virtuoses Doppelkonzert aufgenommen hat. Kritiker von Radio France erklärten die Produktion damals zur besten Aufnahme, die jemals von diesem Werk gemacht worden war. Beim „Karneval der Tiere“ haben einzelne Orches­ termusiker wie etwa der Flötist in der „Volière“ oder der Solocellist im elegischen Part „Schwan“ extrovertierte Soli. Für die

nun erscheinende Produktion des zoologisch-musikalischen Publikumslieblings konnte die Schauspielerin Katja Riemann gewonnen werden. Sie rezitiert Roger Willemsens liebevoll-ironische Textfassung des „Karnevals der Tiere“, in der der 2016 verstorbene Autor genussvoll reimend vom eitlen Dandy mit Handy und einer Weinbergschnecke mit Vorliebe für Lippenstift erzählt. Auch das Publikum kommt nicht ungeschoren davon: „Damen und Herren, ungelogen: Schön habt ihr euch angezogen. Vom Pinguin den schwarzen Frack, vom Goldfasan den Nagellack.“

D eutsche Grammophon/Universal Music CD 4798380

Jukka-Pekka Saraste & WDR Sinfonieorchester Brahms: Sinfonie Nr. 4

Jukka-Pekka Sarastes Serie der Brahms-Sinfonien mit seinem WDR Sinfonieorchester ist vor allem deshalb so spannend, weil für jedes einzelne Werk wieder ein überraschender, dem jeweiligen Charakter angepasster Zugang gefunden wird. Die vierte Sinfonie in ihrer kompakten Dichte und ökonomischen Verarbeitungstechnik mit dem Passacaglia-Finale und den atemberaubenden Variationen befreit Saraste von jeder verkopften Schwere. Das Allegro non troppo beginnt in zügigem Tempo zu fließen, und selbst der Durchführungsteil gerät nicht schroff. Die phrygische Tonart im Hauptmotiv des langsamen Satzes kosten Saraste und sein Orchester in vollen Zügen und perfekter Klangschönheit aus. Wuchtig und ausgelassen klingt das Allegro giocoso und entschlossen das Finale.

Profil Medien CD PH17085

Niklas Liepe & Deutsche Radio Philharmonie The New Paganini Project

Er habe es immer bedauert, sagt der in Hannover und Köln ausgebildete Geiger Niklas Liepe, dass die Capricen für Solo-Violine von Niccolò Paganini im Konzertleben nicht den Platz einnähmen, die ihnen eigentlich zustünden. Für „The New Paganini Project“ hat er deshalb mit der Deutschen Radio Philharmonie unter der Leitung von Gregor Bühl Bearbeitungen dieser Werkserie von Andreas N. Tarkmann, Fazil Say und Andrea Csollány eingespielt, die diese Werke nun in völlig neuem Licht präsentieren. Dabei wird das Orchester in den virtuosen Verlauf der Stücke raffiniert mit eingebunden. „Die Capricen sind sehr viel mehr als nur technische Studien“, sagt Liepe. „Jede von ihnen ist bis heute für jeden Geiger ein kleines Juwel geblieben.“

Sony Classical 2CD 19075823252

klassikerleben 12

KLASSIKERLEBEN.DE


klassikerleben 13


NEU AB 09.03.2018 Emil Gilels Emil Gilels Edition

Eine Aufnahme dieser dreizehn CDs umfassenden Gilels-Edition von Hänssler stammt von 1933. Damals war der russische Pianist Emil Gilels 17 Jahre alt und spielte die „Fantasie über Themen aus Mozarts Figaro“ von Franz Liszt und Ferruccio Busoni ein. Erst zwei Jahre später sollte er in die Schule des großen Pädagogen Hans Neuhaus gehen. Gilels’ außergewöhnlich kontrastreiche Interpretationskunst kann man bei den Aufnahmen der Jahre 1933 bis 1963 auch am Beispiel reizvoller Repertoire-Raritäten wie Poulencs Toccata oder Albéniz’ „Navarra op. posth.“ erleben. Neben Barocksonaten und Suiten von Rameau und Clementi enthält die Sammlung auch Mozart-Konzerte, unter anderem mit dem Gewandhausorchester unter Franz Konwitschny.

Profil Medien 13CD PH17065

Christa Ludwig The Complete Recitals on Warner Classics

Wenn Christa Ludwig Lieder von Schubert oder Schumann, von Mahler und vielen anderen sang, dann entstanden Bilder für das Ohr und für den Geist. Die Text­ inhalte wurden von dieser großen Mezzosopranistin nicht nur deklamiert, sie spiegelten sich in ihrer Stimmfärbung und ihrem Timbre auf wundersame Weise wider. Zum 90. Geburtstag von Ludwig am 16. März veröffentlicht Warner Classics nun historische Einspielungen aus seinem Archiv in modernstem Remastering. Auf den elf CDs befinden sich noch nie zuvor veröffentlichte Einspielungen von Schubert und Wolf. Außerdem bisher unveröffentlicht: die Orchesterversion von Wagners „Im Treibhaus“ aus den „Wesendonck-Liedern“ und Ludwigs intime Interpretation von „Stille Nacht, heilige Nacht“.

Warner Classics 11CD 9029569020

Menahem Pressler Clair de lune (Debussy, Fauré, Ravel)

Der Pianist Menahem Pressler ist eine lebende Legende. Der 95-Jährige kannte Thomas Mann und spielte vor Mahlers Witwe Alma Mahler-Werfel. Und Pressler, der zudem ein wunderbar unterhaltender Gesprächspartner ist, hat sich bis heute so viel Witz und Ironie bewahrt, dass er zum Leben wie zur Kunst ein freies und gelöstes Verhältnis aufbauen konnte. Im Debussy-Jahr veröffentlicht die Klavierlegende ein Debussy-Album, angereichert mit Stücken von Fauré und Ravel. Das Andante con moto aus den Deux Arabesques L. 66 Nr. 1 fließt dahin, und die Auszüge aus dem ersten Buch der Préludes ziehen sofort in ihren Bann. Auch bei Klassikern wie „Clair de lune“ aus der Suite bergamasque oder der oft interpretierten Pavane pour une infante defunte M. 19 findet Pressler immer wieder neue Zugänge.

Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4798756

NEU AB 16.03.2018 Helge Burggrabe, Christof Fankhauser & elbcanto Hagios II: Gesänge zur Andacht und Meditation

Der Erfolg seines ersten Albums „Hagios – ein gesungenes Gebet“ vor drei Jahren mit eigenen Kompositionen hat den Komponisten und Blockflötisten Helge Burggrabe dazu animiert, das Projekt fortzuführen. Diesmal lautet der Untertitel des mit dem Vokalensemble elbcanto, dem Schweizer Pianisten, Akkordeonisten und Studiomusiker Christof Fankhauser und weiteren Instrumentalisten produzierten Albums „Gesänge zur Andacht und Meditation“. Bei den ruhigen, aber auch mit Inbrunst gesungenen Gebetsliedern wie „Ruach“, „Lichtgebet“, „Hineni“ oder „Oh du mein Gott“ wirkt Burggrabe mit diversen Flöten selbst mit. Durch die erweiterte Instrumentalbegleitung von zwei Violinen, Viola und Cello sei, so Burggrabe, das Klangbild im Vergleich zur ersten CD noch vielseitiger geworden.

Berlin Classics/Edel CD 0301065BC

klassikerleben 14

KLASSIKERLEBEN.DE


TOP 20 KLASSIK-CHARTS FEBRUAR 2018

2

1

1 NEU

Neujahrskonzert 2018 / New Year's Concert 2018

11

Dolce Vita

Riccardo Muti & Wiener Philharmoniker

6 m

Jonas Kaufmann

12

Monteverdi: La Dolce Vita

NEU

Dorothee Mields

13

The Händel Album

5 m

Philippe Jaroussky

2

Dolce Duello

1 m

Cecilia Bartoli & Sol Gabetta

3

Handel Arias

NEU

Franco Fagioli, Il Pomo d'Oro, Zefira Valova

4

L'Opéra

2 m

Jonas Kaufmann

5

Serenata Española

NEU

Xavier de Maistre

6

Tesori d'Italia

4 m

Albrecht Mayer, I Musici di Roma, Andrea Zucco & Luca Pianca

7

Tchaikovsky: Symphony No. 6 (Pathétique)

9 k

Teodor Currentzis & Musicaeterna

8

Claude Debussy

NEU

3

Daniel Barenboim

Sony Classical

Decca Records

DG

Sony Classical

Sony Classical

DG

Sony Classical

DG

Sony Classical

Deutsche Harmonia Mundi

Erato

14

Porpora: Germanico in Germania

NEU

Max Emanuel Cencic, Julia Lezhneva, Jan Tomasz Adamus & Capella Cracoviensis

15

Neujahrskonzert: die Gesamten Werke

19 k

Wiener Philharmoniker

16

Gold

15 m

The King's Singers

17

Schubert: Piano Sonatas D 959 & 960

REE

Krystian Zimerman

18

Sämtliche Sinfonien 1-9

REE

Herbert Blomstedt

Sony Classical

Signum Classics

DG

Accentus

9

Schubert: Forellenquintett - Trout Quintet

19

Berlioz: Les Troyens (Live)

7 m

Anne-Sophie Mutter, Daniil Trifonov, Hwayoon Lee, Maximilian Hornung, Roman Patkoló

18 m

John Nelson, Joyce DiDonato, MarieNicole Lemieux, Michael Spyres, Marianne Crebass

20

Bach - Small Gifts

10 m

Dorothee Oberlinger, Andreas Scholl, Ensemble 1700

10 3 m

DG

Chopin Evocations Daniil Trifonov, Mikhail Pletnev, Sergei Babayan, Mahler Chamber Orchestra

DG

Die Offiziellen Deutschen Klassik-Charts werden von GfK Entertainment im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie e.V. ermittelt. Basis der Top 20 sind die Verkaufs- bzw. Nutzungsdaten von Klassik-Alben im Zeitraum 05.01.2018 - 09.02.2018.

Decca Records

Erato

Deutsche Harmonia Mundi

klassikerleben GfK Entertainment

15



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.