Februar / März 2014
klassikerleben
Empfehlungen des Klassikfachhandels
Jonas Kaufmann • Teodor Currentzis • Dagmar Manzel Christina Pluhar • Anna Netrebko • Midori Seiler u.v.a. klassikerleben.de
editorial Liebe Leserin, lieber Leser, große Komponistenjubiläen von Carl Philipp Emanuel Bach und Richard Strauss, dem opulente Editionen gewidmet sind, stehen bevor. Eine der spannungsreichsten Opernaufnahmen ist Teodor Currentzis mit Mozarts „Figaro“ geglückt. Zwei Mozart-Konzerte mit Martha Argerich als Solistin gehören zum großen Vermächtnis des am 20. Januar verstorbenen Claudio Abbado. Mit Abbado hat der Flötist Emmanuel Pahud ebenso zusammengearbeitet, der mit Les Vents Français nun wahre Bläserquintettraritäten eingespielt hat. Ins Schwärmen kommt man überdies beim Gitarristen Miloš Karadaglić, der Rodrigos weltberühmtes „Concierto de Aranjuez“ aufgenommen hat. Viel Vergnügen!
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HIGHLIGHTS: Dagmar Manzel / MENSCHENsKIND (S. 4), Jonas Kaufmann / Winterreise (S. 5), Teodor Currentzis / Mozart Le Nozze di Figaro (S. 7), Cologne Collection (S. 9), Max Emanuel Cencic / Rokoko (S. 11), Freiburger Barockorchester / Brandenburgische Konzerte (S. 11), Julia Fischer / Sarasate (S. 12), Anna Netrebko u.a. / Eugen Onegin (S. 13), Joseph Calleja / Amore (S. 13), Midori Seiler / Haydn (S. 14), Christina Pluhar / Music For A While (S. 14), Dresdner Kammerchor / Schütz (S. 15)
IMPRESSUM Herausgeber: Aktiv Musik Marketing GmbH & Co. KG, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR A 105205, UstID: DE 187995651. Persönlich haftende Gesellschafterin: Aktiv Musik Marketing Verwaltungs GmbH, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR B 100122. Geschäftsführer: Jörg Hottas.
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Titel
Miloš Karadaglić Das Gitarrenkonzert der Gitarrenkonzerte Wenn das Englischhorn die klagende Melodie des Adagio-Satzes aus dem „Concierto de Aranjuez“ von Joaquín Rodrigo zu zarten Gitarrenakkorden anstimmt, die sich auf die spanische Saeta bei der Prozession in Andalusien bezieht, dann gerät man bei dieser Aufnahme unweigerlich ins Schwärmen. Mit seinem Gitarrenkonzert hatte Rodrigo sowohl ein Solokonzert in klassischem Formgewand als auch ein Klangbild der berühmten Gärten des Königlichen Palastes von Aranjuez schaffen wollen. In jeder Geste und jeder Anlehnung an den Flamenco und den Fandango spiegeln sich die Eigenarten spanischer Kultur, Folklore und Lebensart wider. Nun hat sich auch der aus Montenegro stammende Shootingstar der klassischen Gitarrenszene, Miloš Karadaglić, begleitet vom London Philharmonic Orchestra unter Yannick Nézet-Ségun, dieses Gitarrenkonzerts aller Gitarrenkonzerte angenommen. Das „Concierto de Aranjuez“
sei für ihn der „heilige Gral der Kompositionen für Gitarre und eine nie versiegende Inspirationsquelle“, sagte Karadaglić einmal nicht ohne Pathos. Tatsächlich sucht er darin auch nach leisen Tönen, übertreibt die Tempi nicht und formt die zarte Faktur aus allen Perspektiven. In den Bläsern des London Philharmonic Orchestras, das hochlebendig reagiert, rasen die Läufe perlend dahin und die Akzente der Streicher federn nur so ab. Wunderbar ist Karadaglićs Idee, gleich noch die „Fantasía para un gentilhombre“ für Gitarre und Orchester einzuspielen, die Antonio Segovia bei Rodrigo in Auftrag gegeben hatte, weil er das Gitarrenkonzert in seinem Leben nie hatte spielen wollen. Und weil bei einer solchen Hommage an die spanische Gitarrenmusik die Musik von Manuel de Falla natürlich nicht fehlen darf, hat Karadaglić gleich noch dessen „Homenaje – Le tombeau de Claude Debussy“ und den „Danza del Molinero“ aus dem „Dreispitz“ eingespielt.
D eutsche Grammophon – Mercury / Universal Music CD 002894810652
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NEUERSCHEINUNGEN
Dagmar Manzel
MENSCHENsKIND Der Song „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ aus dem Soundtrack zu Marlene Dietrichs „Der blaue Engel“ war einer der größten Erfolge von Friedrich Hollaender. Auf ihrem neuen Album „MENSCHENsKIND“ hat sich die Schauspielerin und Chansonette Dagmar Manzel jetzt nach bekannten, aber auch verborgenen Schätzen aus dem Schaffen des 1976 verstorbenen Chansonkomponisten gemacht, der in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zu einer Gallionsfigur des Genres emporgewachsen war. Hollaender war noch von keinem Geringeren als dem Schöpfer der Märchenoper „Hänsel und Gretel“, Engelbert Humperdinck, zum Komponisten ausgebildet worden. Nach dem Ersten Weltkrieg schuf er Bühnenmusiken für Max Reinhardt, trat als Kabarettist in dessen Berliner Ensemble „Schall und Rauch“ in Erscheinung und war seit 1926 ein bekannter Star der Kabarett-Revuen. 1931 dann gründete Hollaender
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seine eigene Bühne, das Tingel-Tangel-Theater, emigrierte 1933 über Paris aber doch nach Hollywood, wo er über hundert, teilweise oscar-nominierte Filmmusiken schuf. Im Februar 2014 hat unter der Regie von Barrie Kosky ein Friedrich-Hollaender-Abend mit Dagmar Manzel an der Komischen Oper Berlin Premiere, in dem auch viele Lieder aus dem Debütalbum für die Deutsche Grammophon präsentiert werden. Auf dem neuen „MENSCHENsKIND“-Album sind die populären Hollaender-Chansons „Die Circe“, „Die Kleptomanin“, „Die hysterische Ziege“, „Johnny, wenn Du Geburtstag hast“ oder „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ enthalten. Melancholisch geht es in „Mädchen, warum weinest du?“ zu, wo die Freundin eines armen Schluckers alles verkauft, nur um ihr Kind zu taufen. Nachdenklich stimmt auch „Wenn ick mal tot bin“, zu dem Hollaender 1929 selbst den Text geschrieben hatte. Und fehlen darf auch nicht „Black Market“ aus dem Nachkriegserfolg „A Foreign Affair“ von 1948 mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle.
D eutsche Grammophon/Universal Music CD 4792328
NEUERSCHEINUNGEN
Jonas Kaufmann & Helmut Deutsch
Zu Eis erstarrte Sehnsucht Franz Schuberts 24-teiliger Liederzyklus „Winterreise“ ist für jeden Interpreten, aber auch für jeden Hörer wie ein Weg in die eigene Seele. Ein Weg in wechselnde Bewusstseinszustände, die sich äußerlich in verschneiten Wegen, Irrlichtern und dem trüben Licht des Winters spiegeln. Und Schubert illustriert dabei nicht die jeweiligen Szenen, die der Dichter Wilhelm Müller ihm vorgibt, er abstrahiert, deutet an und lässt das Drama ganz allein im Inneren des fiktiven Wanderers abspielen, der seine äußeren Eindrücke schildert. Nicht das unbelebte Wirtshaus auf dem Totenacker oder die kläffenden Hunde im Dorfe will Schubert musikalisch wiedergeben, sondern die emotionale Wirkung, die all das auf den niedergeschlagenen Betrachter hat. „Auch wenn wir heute durch all die Schreckensnachrichten, die täglich auf uns niederprasseln, etwas abgebrühter sind als die Zuhörer zu Schuberts
Zeiten“, meint Jonas Kaufmann, „so kann die ‚Winterreise’ doch auch einem heutigen Publikum sehr an die Nieren gehen.“ Vom emotionalen Sog dieser Lieder spricht er und dem tief Bewegenden dieses Seelendramas, in dem der Wanderer den Boden küsst, um mit seinen heißen Tränen Schnee und Eis zu durchdringen in Trauer um die untreue Geliebte. Zusammen mit seinem Klavierbegleiter Helmut Deutsch hat der große Bühnenliebling in Paraderollen von Massenet, Verdi, Puccini und Wagner, Jonas Kaufmann, die Schubert-Lieder oft aufgeführt und sich den besonderen Herausforderungen an die sängerische Feinarbeit gestellt. „Auf mich hat das Werk eine fast meditative Wirkung“, sagt Kaufmann, „weil Schubert die seelischen Abgründe mit einer Klarheit und Einfachheit zum Ausdruck gebracht hat, die mich letztlich tröstet und mich meine innere Balance finden lässt.“ Vom 28. März 2014 an gehen Kaufmann und Deutsch mit Schuberts „Winterreise“ auf Europatournee.
S ony Classical Ltd. Deluxe Edition CD 88883795632
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NEUERSCHEINUNGEN Jeroen und Sandra van Veen u.a. Canto Ostinato XL Es ist fast nicht vorstellbar, zu welcher Vielfalt eine einzige musikalische Keimzelle die sechs Musiker in ihren Aufnahmen der Jahre 1999 bis 2013 animiert hat. Zwölf Arrangements des berühmten „Canto Ostinato“ von Simeon ten Holt, einem Kultwerk der Minimal Music, für Klavier solo, zwei und vier Klaviere, drei Klaviere und Orgel, Orgel solo, zwei Klaviere und zwei Marimbas, Marimbas im Mehrkanalverfahren, zwei präparierte Klaviere und Synthesizer sind entstanden, die nun auf zwölf, sinnigerweise als „Canto Ostinato XL“ betitelten, CDs erschienen sind. Die Pianisten Jeroen van Veen und seine Frau Sandra, Irene Russo und Fred Oldenburg sowie der Organist Aart Bergwerff und die MarimbaVirtuosen Esther Doornink und Peter Elbertse waren beteiligt.
Brilliant Classics/Edel 12CD 1094532BR1
Helena Tulve Arboles Iloran por Iluvia
Unter den baltischen Ländern ist Estland mit seiner 5000 Jahre alten Geschichte die älteste Kulturlandschaft. Die estnische Komponistin und Schülerin von ErkkiSven Tüür, die 1972 geborene Helena Tulve, hat in ihrer Musik sowohl Einflüsse des gregorianischen Chorals und der sephardischen und christlichen Mystik als auch Melodien aus der jemenitisch-jüdischen Tradition und der reichen Vokalmusik ihrer Heimat aufgegriffen. Unter der Leitung ihres Bruders Jaan-Eik Tulve, singen der estnische Chor Vox Clamantis und die katalanische Sängerin Arianna Savall im zweiten Album mit ihrer Musik bei ECM fünf in der Estonian Concert Hall und in zwei Tallinner Kirchen aufgenommene Vokalwerke von Helena Tulve, darunter „Reyah Hadas ‘ala“ und „Silence/larmes“.
ECM Records/Universal Music CD 4764500
Bernard Haitink The Symphony Edition
Am 4. März 2014 begeht der niederländische Dirigent Bernard Haitink seinen 85. Geburtstag. In seiner mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Karriere dirigierte er die größten Orchester dieser Welt und nahm manche sinfonische Zyklen, etwa die von Beethoven und Brahms, gleich mit drei verschiedenen Ensembles komplett auf. Auf 36 CDs im Rahmen dieser „Symphony“-Edition hören wir Haitink in legendären Aufnahmen mit dem Concertgebouworkest Amsterdam, das ihn 1999 zum Ehrendirigenten ernannt hatte. Alle Sinfonien von Beethoven, Brahms, Bruckner, Schumann und Tschaikowsky sind hier enthalten sowie Ouvertüren wie Beethovens „Egmont“, Brahms’ „Tragische Ouvertüre“, Schumanns „Genoveva“ oder Tschaikowskys „Manfred-Symphonie“ und das „Capriccio Italien“.
Decca/Universal Music 36CD 4786360
Karl Böhm The Symphonies
Für die Orchestermusiker war es nicht immer leicht, unter der strengen Leitung Karl Böhms zu spielen, denn kaum ein anderer Maestro seiner Generation hat so eisern Perfektion gefordert wie er. Was aber während der Probenstunden einen hohen Stressfaktor bei jedem Einzelnen auslöste, war in den einzigartigen Aufführungen und Produktionen mit diesem Dirigenten schnell wieder vergessen. Böhms geniale und empfindsame Art, Mozarts Sinfonien zu dirigieren, ist bei diesem Sinfonie-Konvolut mit den Berliner und den Wiener Philharmonikern ebenso zu erleben wie seine außerordentliche Lesart der Schubert- oder der Beethoven-Sinfonien. Zusätzlich zu den Mozart-Sinfonien sind hier auch die Mozart zugeschriebenen Werke, darunter KV 95, 97 oder 76, zu hören.
Deutsche Grammophon/Universal Music 22CD 002894807484
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NEUERSCHEINUNGEN
Teodor Currentzis & MusicAeterna
Die Mozart-Sensation aus einem musikalischen Kloster Selten wurde eine Veröffentlichung so sehr mit Spannung erwartet wie diese Neueinspielung einer der schönsten und populärsten Opern der Welt. Der junge, 1972 in Athen geborene Dirigent Teodor Currentzis, Chef des Opernhauses in Perm, 1.400 Kilometer östlich von Moskau, hat dort ein eigenes Orchester gegründet, MusicAeterna. Er nutzt das Opernhaus in Perm als Studio für seine Neuaufnahmen aller drei Da-Ponte-Opern von Mozart, weil er dort ideale Arbeitsbedingungen ohne Limitierungen fand. Mit seinem phänomenalen Orchester und handverlesenen Solisten arbeitete er fast zwei Wochen in klösterlicher Abgeschiedenheit Tag und Nacht an jedem Detail einer Aufnahme. Kompromissloser und radikaler haben sich nur wenige Ensembles an eine Originalklangaufnahme von Mozarts „Le Nozze di Figaro“ gewagt. „Ich wollte eine Opernaufnahme machen“, sagt der 42-Jährige, „in der so wenig ‚opernhaft’ gesungen wird wie nie zuvor.“ Dazu gehört ein außerordentlich sparsamer Gebrauch des Vibratos bei den Sängern und
Instrumentalisten, aber auch eine Wahl der Ornamente, die streng auf den musikalischen Vorgaben aus Mozarts Zeit beruht. „Mein dynamischer Ansatz besteht darin“, so erklärt Currentzis weiter, „das 20. Jahrhundert abzuschütteln und starke, lineare Kontraste zu erzeugen.“ Jeder Akzent sitzt auf Anhieb, die Tempi sind frisch und die Dramaturgie steckt voller Überraschungen. Als Gräfin Rosina brilliert Simone Kermes mit wandelbarer, strahlend heller Stimme. Der amerikanische Bass-Bariton Christian van Horn singt den Figaro und der ukrainische Bariton Andrei Bondarenko gibt den liebestollen, in Beaumarchais’ ironischer Abrechnung mit dem Adel nicht wirklich erfolgreichen Grafen Almaviva. In pastoralen Szenen bringt Currentzis sogar eine Drehleier, die zu Mozarts Zeit noch immer gespielt wurde, zum Einsatz. Auch Laute und Gitarre sind besetzt, die bei historischen Aufnahmen sonst kaum im Fokus stehen.
S ony Classical 3CD Limited Deluxe Edition mit Hardcover-Buch 88883709262 / 4CD Ltd. Audiophil Edition mit Blu-ray Audio CD 88843014172 / ab 28.03.: 6LP Ltd. Vinyl Box 88883709261
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NEUERSCHEINUNGEN Daishin Kashimoto & Konstantin Lifschitz Violinsonaten von Beethoven In seiner Freizeit kocht er gern, spielt und verfolgt seine Lieblingssportart Baseball, wenn ihm der enge Terminplan als Konzertmeister der Berliner Philharmoniker denn einmal Zeit dazu lässt. Zeit genommen hat sich Daishin Kashimoto mit dem russischen Pianisten Konstantin Lifschitz nun aber vor allem für die Einspielung sämtlicher Violinsonaten von Beethoven. Und dabei hat Kashimoto eine ganz persönliche Auswahl an Favoriten. Nicht nur die frische „Frühlingssonate“ op. 24 und das Standardwerk „Kreutzer-Sonate“ op. 47 stehen dabei im Fokus. Die Violinsonate Nr. 4 a-Moll op. 23 steht seiner Ansicht nach immer zu Unrecht im Schatten. Mit kluger Phrasierung und herrlichem Ton befördern die Musiker kleinste Details an die Oberfläche.
Warner Classics 4CD 2564634929
Emmanuel Pahud & Les Vents Français Wind Quintets
In Japan wurde das neue Album des Schweizer Flötisten Emmanuel Pahud und seinen fantastischen Kollegen von Les Vents Français schon mit dem „Record Academy Award“ ausgezeichnet. Keine Bläserquintette der späten Klassik, wo diese Gattung besonders beliebt war, sondern exquisite Stücke des späten 19. Jahrhunderts und des 20. Jahrhunderts von Jacques Ibert, Maurice Ravel, André Jolivet, Samuel Barber, Paul Hindemith und György Ligeti hat das Ausnahmeensemble mit Pahud, dem Klarinettisten Paul Meyer, dem Oboisten François Leleux, dem Fagottisten Gilbert Audin und dem Hornisten Radovan Vlatkovic hier eingespielt. Auch ein Quintett von Paul Taffanel ist dabei, dem Begründer der modernen französischen Flötenschule mit ihrer speziellen, besonders in tiefer Lage sonoren Klangfärbung.
Warner Classics 2CD 2564634845
Catherine Manoukian & Gunilla Süssmann Brahms’ Violinsonaten
Zarter und gefühlvoller als in dieser Einspielung hört man die drei Violinsonaten von Brahms nur selten. Wenn die kanadische Geigerin Catherine Manoukian und ihre norwegische Begleiterin Gunilla Süssmann, die mit Tanja Tetzlaff 2012 auch Brahms’ Cellosonaten eingespielt hat, Steigerungen ansteuern und dann plötzlich innehalten, hält man den Atem an. Manoukians Ton kann ebenso fein und zerbrechlich wie kraftvoll und leidenschaftlich klingen. Die Geigerin, die mit dem künftigen Chef des Helsingborg Symphony Orchestras, Stefan Solyom, verheiratet ist und mit ihm Elgars Violinkonzert aufgenommen hat, baute schon durch ihr Geschichts- und Philosophiestudium in Toronto eine enge Beziehung zum 19. Jahrhundert auf. Das habe ihr Violinspiel maßgeblich mitbeeinflusst, sagte Manoukian einmal, und zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung intensiv beigetragen.
Berlin Classics/Edel CD 0300567BC
HJ Lim Ravel und Scriabin
Mit der Aufführung sämtlicher Klaviersonaten von Beethoven an acht aufeinanderfolgenden Abenden in Paris vor drei Jahren hatte die südkoreanische Pianistin Hyun Jung Lim einen frappierenden Beweis ihrer Leistungskraft und künstlerischen Reife gegeben. Heute zählt die 26-Jährige, die sich der Einfachheit halber kurz HJ Lim nennt, zu den größten Zukunftstalenten des Labels EMI, für das sie nun an ihrem geliebten Yamaha-Konzertflügel die „Valses nobles et sentimentales“ und die Sonatine von Maurice Ravel, den Walzer op. 38 und die wuchtig-komplexen Klaviersonaten Nr. 4 und 5 von Alexander Scriabin aufgenommen hat. Außergewöhnlich dramatisch und intensiv im Anschlag klingen Ravels Walzer und Scriabins Musik, die oft weniger aus thematischen Gebilden als aus Bewegungsimpulsen erwächst und sich zu krampfartigen Ausbrüchen steigert.
Warner Classics CD 509999145092
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Weitere Klassiker und Raritäten vom Rhein
Die COLOGNE COLLECTION setzt die Electrola-Serie fort
Viele Schallplattenproduktionen sind Zeitzeugnisse von unschätzbarem Wert. Kaum eine Serie zeigt das so prägnant wie die Kölner Aufnahmen der Electrola Collection. Die Wiederveröffentlichung dieser Klassiker und Raritäten wird von Publikum und Kritik hoch geschätzt – und nun, nach dem Wechsel von EMI Classics zu Warner Classics, unter dem Namen COLOGNE COLLECTION fortgesetzt. Die Neuzugänge umfassen Oper und Operette, Chormusik und Lied sowie die allererste Konzert-Einspielung der Top-Klarinettistin Sabine Meyer von 1984. Eng mit Köln verbunden ist auch der Komponist Walter Braunfels, der am Rhein als Hochschuldirektor wirkte. Sein Mysterium „Verkündung“ ist ein bewegendes Zeugnis der inneren Emigration während der Nazidiktatur. Eine wahre Pioniertat gelang dem Alte-Musik-Spezialisten Hermann Max mit Händels „Messias“ in der von üppigen frühklassischen Orchesterklangfarben geprägten Bearbeitung von Mozart. Sabine Meyers Interpretation konzertanter Klarinettenwerke von Mendelssohn, Baermann, Rossini und Krommer gilt als Meisterleistung instrumentaler Virtuosität, aber auch als bedeutende Repertoire-Entdeckung. Eine besondere Rolle spielten bei der ehemaligen Electrola die Opern- und Operetteneinspielungen – hier vertreten mit Lehárs „Friederike“ (Helen Donath und Adolf Dallapozza), Suppés „Boccaccio“ (Hermann Prey, Anneliese Rothenberger) und der Gesamtaufnahme von Schuberts Bühnenmusik zu „Rosamunde“, ebenfalls mit Anneliese Rothenberger – ergänzt durch einige Schubert-Liedeinspielungen der großen Sopranistin. Insgesamt sind bereits etwa achtzig Titel der Serie verfügbar, darunter Bestseller wie Sir Neville Marriners Einspielung von Händels „Messias“ in deutscher Sprache mit Lucia Popp und Brigitte Fassbaender, die a-Moll-Klavierkonzerte von Grieg und Schumann mit Lars Vogt und Sir Simon Rattle sowie etliche Aufnahmen mit dem unvergesslichen Fritz Wunderlich.
Neu ab 07.02.2014 bei Warner Classics:
Lehár | Friederike 2CD 505419605512, Suppé | Boccaccio 2CD 505419605522, Braunfels | Verkündigung 2CD 505419605532, Schubert | Rosamunde & Lieder CD 505419605542, Händel | Mozart: Der Messias 2CD 505419605552, Sabine Meyer | Werke für Klarinette und Orchester CD 505419605562
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NEUERSCHEINUNGEN Solti, Sawallisch, Böhm u.v.a. Richard Strauss: Sämtliche Opern Die Musik zur kammeropernartigen „Ariadne auf Naxos“ ist ein ebenso großes Juwel der Opernliteratur wie der zuckersüße und ironisch gewürzte „Rosenkavalier“ oder die vielleicht radikalste, in die Moderne vorausweisende Tonsprache der „Elektra“. Zum Strauss-Jahr 2014 veröffentlicht „Decca“ sämtliche Strauss-Opern in einer limitierten Edition mit 33 CDs. Enthalten ist unter anderen Georg Soltis „Rosenkavalier“ mit Régine Crespin, Yvonne Minton und Helen Donath, Wolfgang Sawallischs „Intermezzo“ mit Lucia Popp, Giuseppe Sinopolis „Salome“ mit Cheryl Studer und Bryn Terfel, eine Aufnahme der „Elektra“ mit Birgit Nilsson in ihrer Paraderolle und drei legendäre Produktionen Karl Böhms von „Capriccio“, „Daphne“ und „Die schweigsame Frau“.
Deutsche Grammophon/Universal Music 33CD 4792274
Blomstedt, Dorati, Dutoit u.v.a. Richard Strauss: Sämtliche Tondichtungen und Konzerte
„Du lieber Gott“, soll ein Hornist aus Weimar einst über den Kapellmeister Richard Strauss gestöhnt haben, „was haben wir verbrochen, dass du uns diese Rute von Kapellmeister geschickt hast?“ Was Strauss von den Musikern in seinen Sinfonischen Dichtungen und Solokonzerten fordert, ist in der Tat immens. Legendäre, teilweise remasterte Aufnahmen dieses Repertoires hat Universal nun zum 150. Geburtstag von Strauss zusammengestellt. Die Wiener Philharmoniker, die Staatskapelle Dresden oder das Detroit Symphony Orchestra sind unter Blomstedts, Doratis, Masurs oder Dutoits Leitung zu hören. Große Raritäten sind die Sinfonie für Bläser „Fröhliche Werkstatt“ oder der „Panathenäenzug“ op. 74 für Klavier linke Hand & Orchester.
Decca/Universal Music 13CD 4786480
Gidon Kremer & Kremerata Baltica Mieczyslaw Weinberg
Es waren die Bregenzer Festspiele, die vor wenigen Jahren mit Aufführungen von Opern des polnisch-russischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg zu der großen Wiederentdeckung des Schostakowitsch-Zeitgenossen beitrugen. Nachdem die Opern „Die Passagierin“, „Das Porträt“ oder „Der Idiot“ des 1996 verstorbenen Komponisten an vielen Bühnen der Welt gezeigt wurden, steht nun seine Instrumentalmusik im Fokus. Gidon Kremer, dessen Gedanken – wie er kürzlich äußerte – schon lange um Weinberg kreisten, hat die Sonate für Violine solo Nr. 3 op. 126 und die Sonatina op. 46 für Violine und Klavier sowie das Concertino op. 42 mit der Kremerata Baltica eingespielt. Eine feine Faktur hat das mit Daniil Grishin und Giedré Dirvanauskaité gespielte Trio op. 48.
ECM Records/Universal Music 2CD 002894810669
Duo Tal & Groethuysen Konzerte von Czerny und Mozart
Von seiner „Schule der Geläufigkeit“ können Klavierschüler wahrlich ein Lied singen, denn Carl Czerny wusste sehr wohl, in welche Fallen man die Lernenden locken kann. Welch großartiger Komponist der Beethoven-Schüler und Lehrer Franz Liszts war, beweist das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen nun mit der Einspielung von Czernys Konzert C-Dur für Klavier vierhändig und Orchester op. 153. Brillant und virtuos sind die Soloparts, aber Czerny schuf sehr zur Freude des begleitenden Münchner Rundfunkorchesters unter Bruno Weil auch einen vielfarbigen Orchestersatz. Nicht an einem Klavier wie beim Konzert für Klavier vierhändig, sondern an zweien sitzt das Duo Tal/Groethuysen bei dem ebenfalls eingespielten Konzert Es-Dur für zwei Klaviere und Orchester KV 365.
Sony Classical CD 088883786212
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NEUERSCHEINUNGEN Max Emanuel Cencic Rokoko – Hasse Opera Arias In manchen ihrer Opern haben der große Georg Friedrich Händel und der aus Bergedorf bei Hamburg stammende, etwas jüngere Spätbarockkomponist Johann Adolf Hasse sogar die gleichen Sujets vertont. Dennoch ist der Stil beider ziemlich unterschiedlich. Hasses reich ornamentierte, eingängige, manchmal aber auch forsche musikalische Sprache weist schon ins Rokokozeitalter und den Musikstil am Hofe Friedrichs des Großen voraus, während Händel mit gewohnt dramatischer Geste und dem Einsatz pompöser Naturhornsoli eine andere stilisierte musikalische Rhetorik verfolgte. Einer der besten Countertenöre der Welt, Max Emanuel Cencic, hat nun ausschließlich Arien von Johann Adolf Hasse, der seit einiger Zeit eine hochverdiente Renaissance erlebt, für sein neues Album ausgewählt. Darunter sind auch die Arien „La sorte mia tiranna“ aus Hasses „Il Siroe“, einer Oper seria nach einem Libretto von Mozarts späterem Librettisten Pietro Metastasio, „Siam navi all‘onde“ aus „L’Olimpiade“ und „Notte amica“ aus seinem Oratorium „Il can-
tico de‘ tre fanciulli“. Halsbrecherische Koloraturen verlangen manche der elf Arien des alten Meisters, bei dem Cencic vom Barockorchester Armonia Atenea begleitet wird. Die musikalische Leitung hat der griechische, einst in England ausgebildete George Petrou, der sich speziell mit dem Repertoire aus dem 18. Jahrhunderts von Hasse und Gluck einen großen Namen gemacht hat.
Decca/Universal Music CD 4786418
Freiburger Barockorchester Bachs Brandenburgische Konzerte In den vergangenen beiden Jahren konnte sich das Freiburger Barockorchester gleich über zwei ECHO-Klassik-Preise in den Sparten „Ensemble des Jahres“ und „Beste Konzerteinspielung“ freuen. Nach mehr als zwei Jahrzehnten Ensemblegeschichte war nun endlich eine Neuaufnahme der Brandenburgischen Konzerte von Bach fällig, die das Orchester schon so oft in seiner wunderbar leichten und mitreißenden Art und wie gewohnt meist in stehender Spielhaltung aufgeführt hat. Keine übertriebenen Affekte, dafür organische Steigerungen, kluge Zäsuren und wundervoll aufblühende Töne sind die Merkmale seiner Bach-Einspielungen mit den beiden führenden Barockgeigern Gottfried von der Goltz und Petra Müllejans. Beiden ist die
Spontaneität jedes einzelnen Musikers ein zentrales Anliegen, was bei Bachs populärer Konzertserie aus seinen Weimarer und Köthener Jahren von ganz entscheidender Bedeutung ist. Ein weiteres Merkmal des Freiburger Barockorchesters sind die oft sehr prägnanten Bass-Segmente, die das Klangbild in einzigartiger Weise fundieren. Müllejans, die als Professorin für Barockvioline an den Musikhochschulen in Frankfurt am Main und in Freiburg lehrt, hatte schon in ihrer Ausbildungszeit als junge Studentin an der Düsseldorfer Musikhochschule besonders in der Interpretation von Bachs Musik wichtige Anregungen von der Bachforscherin und Violinpädagogin Helga Thoene erhalten.
Harmonia Mundi 2CD HMC 902176-77
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NEUERSCHEINUNGEN Julia Fischer Pablo de Sarasate
Der spanische Komponist und Geigenvirtuose Pablo de Sarasate wusste sehr wohl, wie man sein Publikum fesseln kann. Und er brachte mit seinen technisch unglaublich schwierigen Opernfantasien und den jetzt von Julia Fischer so perfekt eingespielten Parts aus den „Danzas Españolas“ op. 22, 23 und 27, Capricen und Serenaden so manchen Geiger zum Schwitzen. Einprägsame Melodien und rassige Rhythmen sind die Merkmale der Danzas, bei denen die Julia Fischer seit vielen Jahren vertraute Klavierpartnerin Milana Chernyavska sich kaum beirren lässt, wenn Sarasate der Geige meist den wirkungsvollen Vortritt lässt. Auch in den spanischen Regionen und Stilen gewidmeten „Jota Aragonesa“ op. 27 und der „Serenata Andaluza“ op. 28 ist Fischer Herrin jeder technischen Klippe und gestaltet hinreißend. Gerade in der „Jota Aragonesa“ vereinen sich eine Vielzahl folkloristischer Stilmerkmale, die für die spanische Musik prägend sein sollten. Die oft ganz knappen Stücke des 1904 in Biarritz gestorbenen Komponisten Pablo de Sarasate, von dem der Pianist Ralph Zedler einmal ganz zu Recht sagte, er habe die musikalische
Sensationslust seiner Zeit geschickt bedient, hat Julia Fischer schon immer gern als Zugabestücke bei ihren Auftritten gespielt. Auf ihrem neuen Album fügt sie diese Stücke in eine geschickte Dramaturgie ein und schafft damit ein wirkungsvolles Klangbild spanischer Kultur aus dem 19. Jahrhundert.
Decca/Universal Music CD 4785950
Nikolai Tokarev Homage to Horowitz
Ohne die russische Klavierschule, so sagte der russische Pianist Nikolai Tokarev einmal von sich selbst, könne er sich seine künstlerische Entwicklung gar nicht vorstellen. Ganz besonders aber ist Vladimir Horowitz sein Vorbild, denn bei ihm sind Emotionalität und Rationalität einzigartige Verbindungen eingegangen. Die Einspielung der Sonaten von Domenico Scarlatti von Horowitz mit ihrer Leichtigkeit und inneren Balance sind bis heute ebenso beispielhaft wie seine ChopinInterpretationen. Zu Nikolai Tokarevs Repertoireauswahl seines neuen Albums „Homage to Horowitz“ zählen auch Sonaten von Domenico Cimarosa, die Fantasien aus Mozarts „Hochzeit des Figaro“ S 697 von Liszt, zwei Etüden von Alexander Scriabin und die „Liszt-Fantasy“ von Alexander Rosenblatt.
Sony Classical CD 88883798132
Lavinia Meijer Passaggio – Einaudi by Lavinia
Das Faszinierende an der Konzertharfe ist neben ihrer Klangvielfalt auch die Tatsache, dass sie denselben Tonumfang wie das Klavier hat und ebenfalls im Violin- und Bassschlüssel notiert ist. So fiel es der niederländischen Star-Harfenistin Lavinia Meijer, die am 26. Februar 2014 mit dem Programm ihrer neuen CD „Passaggio“ ihr Deutschland-Debüt in der Berliner Passionskirche geben wird, etwas leichter, die bewegenden Klavierkompositionen des italienischen Komponisten Ludovico Einaudi wie „Le Onde“, „Una Mattina“ oder „Passagio“ auf ihr Instrument zu übertragen. „Es sind alles Werke, die etwas Persönliches in mir auslösen“, sagt Meijer. „Und ich fühle mich wie eine Songwriterin, die eine persönliche Geschichte erzählt, bei der das Publikum an meinem Leben teilhat.“
Sony Classical CD 088883784082
klassikerleben 12
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NEUERSCHEINUNGEN Anna Netrebko, Mariusz Kwiecień u.a. „Eugen Onegin“ Lange hatte Anna Netrebko gezögert, sich an die Rolle der Tatjana aus Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ heranzuwagen. Zur Eröffnung der Saison 2013/14 an der Metropolitan Opera war der Damm endlich gebrochen. Tschaikowsky mache es einem richtig schwer, hatte Netrebko noch im Vorwege eingeräumt. „Nicht nur Sängern, auch Pianisten und Orchestern. Kollegen sagen, dass man sein ganzes Leben damit zubringt, ihn zu begreifen – am Lebensende ist man endlich so weit, dann aber ist es zu spät“, sagte die Star-Sopranistin einmal im „Welt“-Interview. „Wie er komponiert hat, schwierig, einfach ...“ Tschaikowsky hatte den Stoff von Alexander Puschkin für seine 1878 vollendete Oper ausgewählt und mit dem Drama der unerfüllten Liebe zwischen dem Protagonisten und der Gutsbesitzertochter Tatjana zutiefst bewegt. Mit dem Untertitel „Lyrische Szenen“ unterstrich Tschaikowsky, dass es sich um ein Seelendrama mit vielen zarten Untertönen handelte. Fjodor Dostojew-
ski schrieb einmal über die weibliche Hauptfigur: „Tatjana ist ein starker Mensch, die steht fest und sicher auf ihrem Boden. Sie ist tiefer als Onegin und natürlich auch klüger als er. Sie ahnt schon allein durch ihren feinen Sinn, wo die Wahrheit ist und worin sie besteht.“ An Netrebkos Seite sind der Tenor Piotr Beczala als Lensky und der Bariton Mariusz Kwiecień als Eugen Onegin zu bewundern. Valery Gergiev leitet den Chor und das Orchester der Metropolitan Opera.
eutsche Grammophon/Universal Music 2DVDD Video 0735114 / Blu-ray Disc 0735115
Joseph Calleja „Amore“ Ein Tropfen Liebe sei mehr als ein Ozean Verstand, sagte der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal einmal und stellte darüber dann lieber keine weiteren Berechnungen an. Und weil man das Thema eben nur mit dem Herzen erfassen kann, nähert sich der aus Malta stammende Tenor Joseph Calleja bei seinem neuen Album „Amore“ diesem Mysterium dann auch gleich von der musikalischen Seite. Unterstützt von der Akkordeonistin Ksenija Sidorova sowie der Geigerin Nicola Benedetti und begleitet vom BBC Concert Orchestra findet er dabei zu einem Titelrepertoire, das vom berühmten Filmmusikkomponisten Ennio Morricone über Ernesto de Curtis bis hin zu Frédéric Chopin reicht. Die meisten Lieder und Songs stammen aus dem späten 19. und dem 20. Jahrhundert und wurden auch von den großen Vorbildern Callejas wie Caruso, Gigli und Schipa
gesungen. In seinem fünften Soloalbum mit Lucio Dallas „Caruso“, Salvatore Cardillos „Core n’grato“ und Joaquín Rodrigos „En Aranjuez con tu amor” schwingt aber auch viel mediterranes Flair mit. Im Duett mit Nicola Benedetti ist Calleja in Leoncavallos „Mattinata“ zu hören, das die beiden Stars 2012 bei den BBC Proms mit so großem Erfolg aufgeführt hatten. Francesco Sartoris „Time To Say Goodbye”, Morricones Liebesthema aus „Cinema Paradiso” und Rolf Løvlands „You Raise Me Up” dürfen ebenso wenig fehlen wie der für Tenöre einfach unverzichtbare Hit „O sole mio” von Eduardo di Capua.
Decca/Universal Music CD 4785340
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NEU AB 21.02.2014 Midori Seiler Violinkonzerte von Joseph Haydn
Wie weit der junge Joseph Haydn noch in der Ästhetik des ausgehenden Barockzeitalters verhaftet war, spürt man umso deutlicher, wenn man seine Musik einmal nach uns heute bekannten Regeln barocker Aufführungspraxis zu spielen bereit ist. Die deutsch-japanische Barockgeigerin Midori Seiler, die als Konzertmeisterin der Barockorchester Akademie für Alte Musik Berlin und Anima Eterna und vielen anderen Originalklangensembles so viele Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnte, hat nun die selten interpretierten Violinkonzerte Hob. VIIa: 1, 3 und 4 von Haydn mit dem Concerto Köln eingespielt. „Man hört einen Klang, der durchaus an die Barockzeit erinnert“, erklärt Midori Seiler, „aber man spürt die Ideen, die weit in die Zukunft weisen.“ Mit diesen Interpreten und ihrer für unser Haydn-Klangbild ungewohnten Artikulation und frischer Tongebung erscheint die vermeintliche Schlichtheit von Haydns Solokonzertspra-
che plötzlich in ganz neuem Licht. Midori Seiler schwärmt sehr zu Recht von Haydns „feinsinnigem Humor, seiner Beherztheit und Tiefgründigkeit“. Auf Originalinstrumenten und natürlich in extrem kleiner Besetzung entfaltet die Orchesterbegleitung dabei natürlich fast kammermusikalische Qualität. Eine Entdeckung ist die „Romance“ für Violine und Orchester des Komponisten Johann Peter Salomon, jenes für Haydns Londoner Aufenthalte so wichtigen Musikimpresarios.
Berlin Classics/Edel CD 0300550BC
NEU AB 28.02.2014 Christina Pluhar und Philippe Jaroussky Music For A While
Was sich die Barockmusikspezialistin und Theorben-Virtuosin Chris-tina Pluhar, das von ihr geleitete Barockensemble L’Arpeggiata und der Countertenor Philippe Jaroussky hier ausgedacht haben, hat mit Henry Purcell nur teilweise zu tun. Auf geniale Weise werden hier nämlich Elemente von Purcells Schauspielmusik zur Tragödie „Oedipus“ von John Dryden aus dem Jahr 1692 für „Music For A While“ mit dem Jazz und elektronischen Instrumenten vermischt. So sind an diesen Improvisationen auch der Klarinettist Gianluigi Trovesi und der Jazz-Gitarrist Wolfgang Muthspiel beteiligt, die das barocke Klangbild radikal transformieren. Wie modern Englands berühmtester Barockkomponist Purcell war, hatte vor ihnen ja schon mal der Songwriter und Gitarrist der Rockgruppe The Who mit eigenen Adaptionen bewiesen. Bei Christina Pluhar nun,
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die immer wieder mit ungewöhnlichen Projekten wie „Los Pájaros Perdidos“ mit einem Ausflug nach Südamerika oder „Mediterraneo“ die Grenzen des Barockmusikrepertoires sprengt, wird Purcell mit zeitgenössischen Klanginseln konfrontiert, ohne dass die Substanz der Vorlagen den eigenen Charakter verliert. Bei dem von Jaroussky gesungenen „An Evening Hymn On A Ground“ schalten sich Gitarren- und Klavierzwischenspiele ein, und bei manchen Tracks stehen dem Weltstar die spanische Sopranistin Raquel Andueza und der Altist Vincenzo Capezzuto zur Seite.
Erato/Warner Music CD+DVD 2564636203
NEUERSCHEINUNGEN NEU AB 07.03.2014 Dresdner Kammerchor Auferstehungshistorie von Heinrich Schütz
Allein Maria Magdalena war Zeugin der Auferstehung Jesu, bei dem sie den auferstandenen Jesus aber nicht mit eigenen Augen sah, sondern das Ereignis wie eine göttliche Eingebung eher im Herzen empfand. Als Heinrich Schütz 1623 seine „Auferstehungshistorie“ veröffentlichte, gab es am Dresdner Hof, seiner Wirkungsstätte, sehr wohl Vorläufer in der musikalischen Auseinandersetzung mit dieser Materie. Auch Antonio Scandello hatte eine „Auferstehungssinfonie“ komponiert und stilistische Besonderheiten etabliert, die Schütz in seinem Werk übernahm. So sind die Einzelpersonen wie Christus und Maria Magdalena bei beiden Komponisten mehrstimmig vertont, worauf Schütz im Vorwort zu seinem Werk auch ausdrücklich hinwies: „Wann in der Histori bißweilen nur eine Person redet, als nemlich, der Herr Christus, Maria Magdalena, etc., habe ich ein Duo gesetzet.“ Der Dresdner Kammerchor hat die „Auferstehungssinfonie“ unter
der Leitung von HansChristoph Rademann mit einem exzellenten Solistenensemble und Spezialisten für Alte Musik wie Hille Perl und Lee Santana aufgenommen. Die aus Nürnberg stammende Oratoriensopranistin Gerlinde Sämann ist ebenso beteiligt wie der Tenor Georg Poplutz und der Bariton Felix Rumpf, der selbst aus Dresden stammt. Es handelt sich bei dieser CD um Teil 9 einer auf insgesamt 22 CDs angelegten Gesamteinspielung der SchützWerke, die im Jahr 2017 abgeschlossen sein soll.
Carus/note 1 music CD CAR83256
Valery Gergiev & Denis Matsuev Prokofjews 3. Klavierkonzert und 5. Sinfonie
Mal abgesehen von den Ballettmusiken „Cinderella“ und „Romeo und Julia“ oder dem Kinderkonzerthit „Peter und der Wolf“ zählen die hier vom Mariinsky Label in exemplarischen Aufnahmen präsentierten Werke, das Klavierkonzert Nr. 3 und die Sinfonie Nr. 5, zu den sicher populärsten Werken von Sergej Prokofjew. Für den Pianisten Denis Matsuev ist die Aufnahme mit dem Mariinsky Orchestra unter Valery Gergiev bereits die vierte Veröffentlichung bei diesem Label. Die Klarheit und Vitalität des dritten Klavierkonzerts korrespondiert dabei mit der 5. Sinfonie, die zwar während des Zweiten Weltkriegs entstand, aber – wie Prokofjew äußerte – eher als eine Hymne auf den freien und glücklichen Menschen verstanden werden sollte.
Mariinsky/note 1 music SACD Hybrid MAR0549
Jos van Immerseel & Anima Eterna Bilder einer Ausstellung / Ma mère l’oye
Man kann es keinem groß besetzten Orchester verdenken, wenn es bei Maurice Ravels kongenialer Orchestrierung von Mussorgskys Klavierwerk „Bilder einer Ausstellung“ besonders im „Marktplatz von Limoges“ oder im Schlusspart, dem „Großen Tor von Kiew“, alle dynamischen Register zieht. Wie anders, feiner und durchhörbarer klingt dieses berühmte Werk nun aber in der Interpretation des auf historische Aufführungspraxis spezialisierten Orchesters Anima Eterna Brugge unter seinem phänomenalen Leiter Jos van Immerseel. Sowohl bei Mussorgsky als auch in dem von Ravel selbst orchestrierten eigenen Klavierwerk „Ma mère l’oye“ entsteht dabei ein Klang, der viele Ideale französischer Orchesterkultur aufgreift.
Zig-Zag Territoires/note 1 music CD ZZT343
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Abbados Vermächtnis
März und Juni 2013:
Zwei große Künstler – eine Premiere. Starpianistin Martha Argerich und Maestro Claudio Abbado erstmals gemeinsam mit Mozart – zehn Jahre nach ihrer letzten gemeinsamen Aufnahme, vom überwältigten Publikum wie von Kritikern hymnisch gefeiert.
Januar 2014:
Mit Abbados Tod eine seiner letzten Aufnahmen nach 46 Jahren Zusammenarbeit mit dem Traditionslabel.
Deutsche Grammophon/Universal Music CD 4791033