L E S EP RO B E
Music Guide: Blues
100 wegweisende Alben der Bluesgeschichte
Editorial In einer Zeit, in der es scheint, als sei alle Musik der Welt jederzeit verfügbar, wird eines immer wichtiger: Orientierung. Genau die liefern wir Plattenläden, und Orientierung geben soll auch unsere neue Reihe: die Milestones Music Guides, deren erste Ausgabe Du gerade in den Händen hältst. Mit dem Milestones-Katalog haben wir 2007 500 Alben vorgestellt, die Musikgeschichte geschrieben und diese nachhaltig beeinflusst haben. Jetzt schreiben wir dieses Konzept fort, konzentrieren uns auf einzelne Musikrichtungen und widmen uns dort den Künstlern und Alben, die Maßstäbe gesetzt haben. Die Milestones sind ausdrücklich keine Hitparade oder Bestenliste, sondern präsentieren die Glanztaten der Musikgeschichte chronologisch, um Entwicklungen und Strömungen aufzeigen zu können. Dabei fassen wir bewusst den Blick etwas weiter und zeigen anhand wegweisender Veröffent lichungen, wo Künstler neue Pfade beschritten und so musikalisches Neuland betreten oder gar den Grundstein für ein neues Genre gelegt haben. Den Anfang dieser neuen Reihe macht der Blues, der Urahn der heutigen Unterhaltungsmusik, dessen musikalische DNA auf die ein oder andere Weise in praktisch jedem modernen Musikgenre zu finden ist. Wir laden Euch ein auf eine Entdeckungsreise durch die Geschichte des Blues, angefangen bei den ersten kommerziellen Plattenaufnahmen über die Glanztaten der auch heute noch legendären Blueser und die Entstehung des Rock bis hin zu den neuen Helden, die auch heute noch die Fahne des Blues hochhalten. Entdeckt bisher Ungehörtes neu und entdeckt Eure Favoriten erneut, die als Meilensteine der Musikgeschichte auch in Zukunft nicht wegzudenken sind. Erkundet die musikalische Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft jetzt im Plattenladen Eures Vertrauens!
INHALT: Entstehung des Blues S. 3 | Delta-Blues S. 5 | Chicago-Blues S. 7 | British Invasion S. 10 | Jazz und Blues S. 13 | Rock und Blues S. 15 | Frauen im Blues S. 18 | Blues: The Next Generation S. 20 | Register S. 22
IMPRESSUM Herausgeber: AKTIV MUSIK MARKETING GMBH & CO. KG, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, UstID: DE 187995651, Persönlich haftende Gesellschafterin: AKTIV MUSIK MARKETING VERWALTUNGS GMBH & CO. KG, Steintorweg 8, 20099 Hamburg, Sitz: Hamburg, HR B 100122, Geschäftsführer: Marcus-Johannes Heinz, Fon: 040/468 99 28-0, Fax: 040/468 99 28-15, E-Mail: info@amm.de Projektleitung: Daniel Ahrweiler (verantwortlich für den Inhalt), Texte: Henning Richter, Schlussredaktion: Katrin Zabel, Layout: wn8.de, Druck & Vertrieb: Frank Druck GmbH & Co. KG, Industriestraße 20, 24211 Preetz/Holstein Auflage: 60.000 An der Titelauswahl haben mitgewirkt: Daniel Ahrweiler (AMM), Peter Bongartz (Bongartz – Musik in allen Formaten, Erlangen), Heinz Bross (Rimpo Tonträger, Tübingen), Edmund Epple (Discy MusikBuchHandlung, Landsberg), Tim Geppert (AMM), Georg Kruse (CD Bessungen, Darmstadt), Henning Richter (freier Journalist), Bernhard Sauer (Der Schallplattenmann, Erlangen)
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Entstehung des Blues Die Wurzeln des Blues sind nicht exakt zu lokali-
ten zu erzählen und Informationen auszutau-
sieren, doch Musikhistoriker sind sich einig, dass
schen – der „Call and Response“ des Blues begann
sie in Westafrika liegen. Von hier wurden die mei-
hier. Auch ein paar „weiße“ Elemente fanden den
sten Sklaven gewaltsam nach Nordamerika ver-
Weg in den Blues, etwa das europäische Piano und
schleppt, deshalb finden sich im Blues Traditionen
Folk-Einflüsse. Daneben wurde auch Kirchenmu-
aus dem westlichen Afrika. Hier gab es Griots,
sik zum Blues-Bestandteil, Reverend Gary Davis
musikalische Geschichtenerzähler, die über
etwa war ein Blueser, der auch Gospel sang. Zum
Themen wie Liebe, Familie, Hungersnöte,
ersten Mal berichtet der schwarze Bandleader W.
Herrscher und den alltäglichen Kampf sangen.
C. Handy 1892 in seiner Autobiografie vom Blues.
Oft nutzten sie Saiteninstrumente, ähnlich denen,
Handy wartete in Mississippi auf den Zug und
die später den Blues transportieren sollten. Als Ali
hörte einen Gitarristen im Bahnhof singen. „Die
Farka Touré in den Neunzigern zum Star aufstieg,
Schwarzen des Südens singen über alles: Züge,
wurde er auch „der John Lee Hooker Afrikas“
Dampfschiffe, Dampfpfeifen, Vorschlaghämmer,
genannt. Ein weiterer Faktor waren die brutalen
schnelle Frauen, gemeine Chefs, sture Maultiere –
Bedingungen, unter denen die Sklaven lebten
alles wird Thema ihrer Lieder. Dabei begleiten sie
und arbeiteten. Musik machte ihnen das Leben
sich mit allem, dem sie einen Ton oder Rhythmus
erträglich, so sangen sie etwa bei der Feldarbeit.
entlocken können: von der Harmonika bis zum
Lieder waren zudem eine Möglichkeit, Geschich-
Waschbrett.“
Bessie Smith // The Rough Guide To Bessie Smith
Blake, aber auch Jazz-Stars wie Louis Armstrong, Kid Ory und Fletcher Henderson.
1923 Noch vor Billie Holiday wurde Bessie Smith zum ersten Superstar des Genres, ihre Fans nannten sie ehrfürchtig „The Empress Of The Blues“. Das Doppel album mit remasterten Aufnahmen enthält die Höhepunkte ihres Schaffens. Die Anthologie springt von Smiths Debütauf nahme „Down Hearted Blues“ von 1923 zu Hits wie „A Good Man Is Hard To Find“ über Coverversionen wie „St. Louis Blues“ (mit Louis Armstrong) zu einfühlsamen Balladen à la „Gimme A Pigfoot And A Bottle Of Beer“.
(World M.N./Harmonia Mundi) 605633126426
Ma Rainey // Mother Of The Blues
Sie hatte bereits 20 Jahre den Blues gesungen, bevor Gertrude Pridgett alias Ma Rainey ihren Platten-Einstand gab. Das Doppelalbum ‚Mother Of The Blues‘ stellt die größten Hits seit der ersten Aufnahme 1923 zusammen, darunter „See See Rider“, „Bo-Weavil Blues“ und „Jelly Bean Blues“. Schon als Kind sang sie für Minstrel- und Medicine Shows. Als Sidemen für ihre Plattenaufnahmen wählte sie Jug-Bands, Gitarrenduos, Blueser wie Tampa Red und Blind 1923
(JSP/H‘Art) 788065779320
Blind Willie Johnson // Dark Was The Night 1927–1930 Dallas Atlanta And New Orleans Recordings
Der Gitarrist und Prediger besaß ein ehrfurchteinflößendes Organ und einen ausgefeilten Slide-Stil, er gilt als Pionier der Gleit gitarre. Zu seinen Hits zählt seine spukige Hymne „Dark Was The Night, Cold Was The Ground“. Unter den Titeln, die Johnson in Dallas einspielte, war etwa „It´s Nobody’s Fault But Mine“, von dem sich Led Zeppelin für ihre Version inspirieren ließen (ohne Johnson Credits zu gewähren). 1945 lebte Blind Willie Johnson als Reverend in Beaumont, Texas, wo sein Haus abbrannte und er kurz darauf an Malaria und Syphilis starb. 1927
(Soul Jam/In-Akustik) 8436559461832
Blind Willie McTell // 1927–1940
Während andere Blueser seiner Zeit die sechssaitige Gitarre spielten, zog der Mann aus Georgia zwölf Saiten auf, die er gelegentlich auch mit dem Slide-Röhrchen strich. Sein Einfluss auf 1927
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andere Musiker war profund, die Allman Brothers etwa coverten seinen „Statesboro Blues“ und Bob Dylan ehrte ihn mit seinem Song von 1983 „Blind Willie McTell“. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er als Straßenmusiker, der Piedmont Blues darbot, einen ländlichen Blues-Stil, bei dem die Basslinie mit dem Daumen angeschlagen wird und dessen Texte meist fröhlicher sind als beim Deep Blues. (Real Gone/H‘Art) 5036408185228
Charley Patton // Founder Of The Delta Blues
1930 Der erste Star des Delta Blues mag ihn nicht erfunden haben, aber er war der erste, der ihn aufnahm. Sein Blues wurde von einem pulsierenden Beat vorangetrieben, er beinhaltete Spirituals, Ragtime und Balladen. Patton spielte eine einfache und flüssige Gitarre, auch als Slide mit seiner Blechpfeife. Seine Stimme war derart laut, dass sie 500 Meter weit reichte. Dazu liebte Patton Whiskey und Frauen, was er in seine Texte einflocht. Damit wurde er zum großen Einfluss für kommende Talente wie Son House und Robert Johnson.
(Yazoo)
Son House // Delta Blues
Zusammen mit Charley Patton zählt er zu den Einflüssen von Robert Johnson und Muddy Waters. Eddie James „Son“ House wurde wegen Mordes verurteilt, saß aber nur zwei Jahre ab, da das Gericht später auf Notwehr erkannte. Einige Zeit vergessen, wurde Son House im Zuge des Folk Revivals wiederentdeckt. Kurz nach seiner Haftentlassung im Mai 1930 nahm er seine Songs erstmals kommerziell auf, bis zu seinem nächs ten Studiobesuch sollte es dann aber 35 Jahre dauern. Zu den Musikern, die Son House als Einfluss benennen, gehören neben Waters und Johnson auch John Hammond, Canned Heats Alan Wilson, Bonnie Raitt, Rory Block, Jack White und viele andere. 1930
(Complete Blues/edel) 0636551002622
Robert Johnson // The Complete Recordings
1936 Als Keith Richards den fingerfertigen Robert Johnson zum ersten Mal hörte, glaubte er, es seien zwei Gitarristen am Werk. Wie Charlie Parker im Jazz und Elvis im Rock’n’Roll ist diese sagenhafte Gestalt ein Mythos des Blues geworden. Man sagt, er habe seine Seele an einer Kreuzung dem Teufel verkauft, um Erfolg zu
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haben. Johnson wurde zum König des Delta Blues und verfasste in seinen 27 Lebensjahren haufen weise Hits wie etwa „Rambling On My Mind“ und „Hellhound On My Trail“, die auch hier zu hören sind. Dazu gibt’s Liner Notes von Keith Richards und Eric Clapton. (Columbia/Sony) 5099748441423
Elmore James // Dust My Broom
Er bereitete den Weg des Blues zum Rock, der Ton seiner elektrisch verstärkten Gitarre und sein Slide-Spiel beeinflussten SechssaitenMusiker wie B. B. King und Chuck Berry. Von Beruf war er Radio-Reparateur, so baute er in seiner Freizeit einen Gitarrenverstärker mit einem rohen, verzerrten Ton. Sein Signature-Song wurde „Dust My Broom“ eine Weiterentwicklung von Robert Johnsons „I Believe I Dust My Broom“. Dabei machte Elmore James aus einem braven Country Blues einen rockenden, elektrisch verstärkten Shuffle mit Slide Guitar und Vibrato. 1951
(Charly/Cargo) 803415572229
Jimmy Reed // Boss Man
1953 Seine einfachen und einprägsamen Songs machten ihn zum Vorbild für frühe Rock’n‘Roller wie Elvis Presley, Charlie Rich, Rolling Stones und diverse Bands der britischen Blues Inva sion der Sechziger. Der Gitarrist und Harmonikaspieler war schon zu Lebzeiten ein Star, dessen Erfolgsrezept immer dem gleichen musikalischen Schema folgte. Diese Sammlung umfasst Hit singles wie die Debütsingle von 1953 „High And Lonesome“, „Bright Lights, Big City“, „Big Boss Man“ und „You Don‘t Have To Go“, inzwischen allesamt Teile des Standard-Blues-Repertoires.
(Recall/Edel) 636551423229
Fats Domino // The Fats Domino Jukebox – 20 Greatest Hits
1955 Antoine „Fats“ Domino verstand es, mit beschwingtem Rock’n’Roll und Boogie Woogie Stimmung zu erzeugen. Der Pianist und Songwriter, dessen Debütalbum 1955 erschien, war ein Showman reinsten Wassers, er verkaufte mehr Schallplatten als alle anderen Rock’n’Roller, mit Ausnahme von Elvis Presley. Seine Millionenverkäufe hatten nicht zuletzt damit zu tun, dass Fats Domino in seinem Publikum schwarz und weiß vereinte. Geboren in New Orleans, basierten seine Songs auf traditionellem Rythm and Blues, der von Piano, Saxofonen, Bass, Elektrogitarre und Schlagzeug getragen wurde.
(Blue Note/Universal) 724353760021
Delta-Blues Zwar wurde im gesamten amerikanischen Süden
Mississippi John Hurt zu lokalen Stars. Robert
Blues gespielt, doch nirgendwo war die Bluesszene
Palmer,
fruchtbarer als im Mississippi-Delta. Hier war die
beschreibt den Delta-Blues als „Innovation. Er ent-
Konzentration von Afro-Amerikanern besonders
hält die Tradition der Arbeitslieder und Feldbrüller
hoch. Das Land gehörte Weißen, die es schwarzen
(„field hollers“) sowie die expressiven Möglich-
Pächtern überließen. Deren Leben mag bes-
keiten des neuen populären Saiteninstruments,
ser gewesen sein als das der Sklaven, aber mit
der Gitarre“. Könner wie Robert Johnson und
Landwirtschaft, ohne Maschinen, ließ sich nur
Charley Patton waren Meister der Polyrhythmen,
das Nötigste verdienen. In den dicht besiedel-
sie konnten simultan verschiedene Rhythmen
ten Landstrichen gab es kaum Ablenkung, die
spielen, wie ein Jongleur, der verschiedene Bälle
Menschen sangen alte Folksongs und Spirituals.
kreisen lässt, oder ein Modern-Jazz-Drummer.
Das Bedürfnis nach Unterhaltung war dennoch
Patton entwickelte dazu eine weitere Charakteris
groß, Musiker zogen von Farm zu Farm, wo am
tik, er sang über eigene Erlebnisse und Beobach-
Wochenende Partys gefeiert wurden. Mehrköp-
tungen außerhalb der gewöhnlichen Mann-Frau-
fige Kapellen waren teuer, doch Solo-Gitarristen
Beziehungen, was seinen Liedern eine persönliche
konnten sich auch kleine Farmer leisten. In die-
Note gab. Sie reflektieren den harten Kampf und
ser Umgebung wurden Pioniere wie Charley Pat-
die bittere Realität des Lebens der Schwarzen im
ton, Son House, Robert Johnson, Skip James und
amerikanischen Süden der Zwanzigerjahre.
Billy Holiday // Lady Sings The Blues
Alexis Korner’s Breakdown Group feat. Cyril Davies // Blues From The Roundhouse
1956 „Lady Day“ beeinflusste
Jazz und Popmusik gleichermaßen. Nach einer turbulenten Kindheit sang sie in Nachtclubs, wo sie von John Hammond entdeckt wurde. „Lady Sings The Blues“ speist sich aus Sessions zwischen 1954 und 1956. Ihre Stimme ist inzwischen schon ein wenig brüchig, aber von ungeheurem Ausdruck. So singt sie etwa „Strange Fruit“, das tragische Lied über Lynchjustiz in den Südstaaten, den von ihr selbst verfassten Titelsong und auch leichtere Kost wie den Musical-Hit „I Must Have That Man“. (Verve/Universal) 600753458877
Odetta // Sings Ballads And Blues
1956 Sie gilt als Stimme der Bürgerrechtsbewegung, deren Repertoire hauptsäch lich aus US-Folk, Blues, Jazz und Spirituals besteht. Auf ‚Sings Ballads And Blues‘ widmet sich Odetta Holmes hauptsächlich traditionellen Spirituals und BluesCoversongs. Darunter etwa der „Muleskinner Blues“ von Jimmie Rodgers, „Hound Dog“ von Leiber/Stoller und „Alabama Bound“ von Huddie Ledbetter. Bob Dylan bezeichnete Odettas Debütalbum als eine seiner Lieblingsplatten, die ihn dazu inspirierte, Folk anstatt Rock’n’Roll zu wählen.
(Soul Jam/In-Akustik) 8436542014564
Kritiker
und
Delta-Blues-Experte,
1957 Gitarrist und Sänger Alexis Korner, Sohn einer griechischen Mutter und eines österreichischen Vaters, zählt neben John Mayall zu den Initiatoren des British Blues. Cyril Davies war ein englischer Gitarrist und Mundharmonikaspieler. Beide hatten in verschiedenen Jazz- und Skiffle-Combos gespielt. Dieser frühe Mitschnitt aus dem Jahr 1957 bildet die erste Plattenaufnahme ihrer Formation, sie wählten Songs von Huddie Ledbetter, Sleepy John Estes, Merriweather und anderen. Korner und Davies sind die Pioniere, denen wenig später die Rolling Stones nacheiferten.
(Highnote/rough trade) 827565049127
Slim Harpo // I’m A King Bee
1957 Sein Swamp Blues machte James Isaac Moore zu einem der kommerziell erfolgreichsten Blueser seiner Zeit. Mit Gitarre und Rack-Neck-Mouth-Harp (Harpo von Harp) ähnelt sein Stil den einfach strukturierten Songs eines Jimmy Reed. Diese generöse Scheibe enthält 24 Songs, darunter Hits wie der Titelsong, „I Got Love If You Want It“ und „Rainin‘ In My Heart“,
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aber auch kaum bekannte Nummern. Slim Harpos Lieder gefielen besonders den weißen Rockmusikern Großbritanniens, so nahmen etwa die Rolling Stones, Pretty Things, Yardbirds, Kinks und andere seine Songs auf. (Ace/H‘Art) 29667151023
Bo Diddley // Bo Diddley
Er erfand den „BoDiddley-Beat“. Für den synkopischen, afrikanisch anmutenden Rhythmus schrieb Ellas McDaniel sogar ein Lied namens „Bo Diddley Beat“. Es erschien auf diesem gleichnamigen Debütalbum von 1958. Zu seinen Markenzeichen zählten der Hut und eine rechteckige „Zigarrenschachtel-Gitarre“. Hier finden sich seine frühen Singles, viele davon selbst komponiert. Sein markanter Beat tauchte bei vielen berühmten Kollegen auf: etwa beim BuddyHolly-Song „Not Fade Away“, der auch von den Rolling Stones gecovert wurde, Steppenwolf („Magic Carpet Ride“) oder The Who („Magic Bus“). 1958
(Hoodoo/In-Akustik) 8436542014878
Champion Jack Dupree // Blues From The Gutter
Als junger Musiker begann Dupree durch die USA zu tingeln. In Detroit traf er Boxer Joe Louis, der ihn ermutigte, mit dem Faustkampf zu beginnen. Er bestritt 107 Gefechte und errang den Kampfnamen „Champion Jack“. Erst 1958 spielte der Pianomann sein Albumdebüt ein, ‚Blues From The Gutter‘ enthält sechs Eigenkompositionen und vier Cover, darunter den Klassiker „Stack-O-Lee“. Das flüssige Barrelhouse Piano und seine geschmeidige Stimme, unterstützt von Gitarre und Saxofon, vermitteln das Gefühl eines coolen Club Sets. 1958
(Soul Jam/In-Akustik) 8436542019200
Little Walter // The Best Of
1958 Den Einfluss von Marion
Walter Jacobs als Blueser, Songwriter und Mundhar monikaspieler kann man kaum überschätzen. MickJagger etwa, selbst leidenschaftlicher Harmonika bläser, zählt zu seinen erklärten Fans. Geboren in Louisiana, verließ Walter die Schule mit zwölf und wurde musikalischer Begleiter von Sonny Boy Williamson, Honeyboy Edwards und anderen. 1945 zog er ins Blues-Mekka Chicago, wo er lernte, seine Mouth Harp elektrisch zu verstärken. Zu seinen großen Hits zählen das Instrumental „Juke“ und das Gospel-beeinflusste „My Babe“,
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beide gingen auf Platz eins der R’n’B Charts. (Hallmark/H‘Art) 5050457136826
Lightnin’ Hopkins // Lightnin’ Hopkins
Bevor dieses bahnbrechende Album aufgenommen wurde, hatte der Texas-Blues-Sänger, Songwriter und Gitarrist bereits eine Karriere hinter sich. Geboren 1912, hatte er als Kind das Gitarrenspiel erlernt und Blind Lemon Jefferson bei Auftritten in der Kirche begleitet. 1959 war Hopkins von der Bildfläche verschwunden. Ein Blueshistoriker spürte ihn auf und überredete ihn mit einer Flasche Gin, zehn Songs als Solist in einem Raum mit nur einem Mikro aufzunehmen. Das Resultat ist ein Blues-Klassiker, der dem Hörer durch Mark und Bein fährt. 1959
(Soul Jam/In-Akustik) 8436542014380
Ray Charles // The Genius Of Ray Charles
Der blinde Pianist und Sänger entwickelte die schwarze Popmusik namens Soul aus Blues, Gospel und Jazz. Für die erste Hälfte von ‚The Genius Of Ray Charles‘ engagierte er Musiker seiner eigenen Big Band und kombinierte sie mit Könnern aus den Kapellen von Count Basie und Duke Ellington. Für Highlights wie „Let The Good Times Roll“ und „Deed I Do“ schreit er sich die Seele aus der Kehle. Die zweiten sechs Songs sind Balladen mit Streicherorchester. Auch hier zeigt sich Charles auf der Höhe seiner Kunst und haucht den Klassikern einen frischen Geist ein. 1959
(MFSL/Fenn Music) 821797205566
Sonny Boy Williamson II // Down And Out Blues
Es gab zwei Blueser namens Sonny Boy Williamson, beide spielten Mundharmonika und schrieben Songs. Sonny Boy Williamson I (John Lee Williamson) hatte als Erster Erfolg, worauf sich Alex Miller (oder Ford) ebenfalls so nannte. Dabei spielten beide einen völlig unterschiedlichen Stil. 1948 wurde SBW I ermordet, so erntete SBW II den Ruhm von beiden. ‚Down And Out Blues‘ war sein Debütalbum, sämtliche Songs sind Eigenkompositionen, darun ter Hits wie „All My Love In Vain“ und „Don’t Start Me Talkin“, die immer wieder gecovert werden. 1959
(BeatGoesOn/H‘Art) 5017261206039
Chicago-Blues Der Blues kam aus dem Süden in den Norden.
lierten die Bluesmusiker Lautsprechersysteme,
Wegen der ärmlichen Lebensverhältnisse auf dem
dazu ver stärkten Schlagzeug und E-Bass den
Land und der harschen Rassentrennung zogen
Groove. Jetzt konnten die Combos auch die großen
in den Zwanzigern Millionen von Schwarzen in
Blues-Clubs der South Side beschallen. Mit Muddy
die nördlichen Industriestädte. Mit ihnen zog der
Waters kamen die verstärkten Instrumente, die
klassische Blues, der sich im ersten Schritt zum
später sogar bis nach England drangen. Neben
Urban Blues wandelte.
Muddy strebten Howlin‘ Wolf, Little Walter, Willie Dixon und andere auf die Bühnen der „Windy City“.
Besonders Blueser aus Mississippi beeinflussten die
1947 bis 1957 gilt als Blütezeit des Chicago-Blues.
schwarzen Musiker Chicagos, die nun städtische
Während seine Popularität in den Vereinigten
Themen anstelle von Baumwolle und Maultieren
Staaten danach abnahm, fanden sich Anfang der
wählten. Zudem klang ihre Musik industrieller, sie
1960er Jahre in Europa viele Fans des Blues, die
wurde von der elektrischen Gitarre und der ver-
im nächsten Schritt für den Re-Import in die
stärkten Mundharmonika getragen, immer öfter
USA sorgten. Das wiederum beflügelte eine neue
erklang ein Piano. Vor dem Zweiten Weltkrieg
Generation von Chicago-Musikern wie Buddy Guy,
dominierten Namen wie Tampa Red, Sonny Boy
Otis Rush, Magic Sam, Luther Allison, Junior Wells
Williamson I, Washboard Sam und Big Bill Broonzy
und andere, die den Blues ab Mitte der Sechziger
die Szene. Nach dem Zweiten Weltkrieg instal-
erneut aufblühen ließen.
Willie Dixon // Willie’s Blues
Memphis Slim // Blue This Evening
1959 Der wichtigste Songwri-
ter des Chicago-Blues spielte Kontrabass, Gitarre und sang. Er schrieb für Muddy Waters, Howlin’ Wolf, Little Walter, Bo Diddley und viele andere. Auch Rocker wie Chuck Berry, Doors, Rolling Stones oder Cream bedienten sich bei ihm. Später konnte Dixon es sich leisten, seine Rechte einzuklagen, zum Beispiel von Led Zeppelin. Für sein Album debüt ‚Willie’s Blues‘ spielt er mit einem Sextett, in dem Memphis Slim am Piano sitzt. Zehn Kompositionen stammen von Dixon, zwei von Memphis Slim. Heraus kommt eine geschmackvolle Session, die angeblich in nur zwei Stunden zwischen zwei Flügen aufgenommen wurde.
1960 Über 500 Aufnahmen machte der Pianist, Singer und Songwriter, der bürgerlich John Len Chatman hieß. Er führte verschiedene populäre Jump Blues Bands an und sein „Every Day I Have The Blues“ avancierte zum Klassiker. Die 19 Songs dieser Scheibe wurden 1960 in London aufgenommen, es sind Standards, die seit Langem zu Slims Repertoire zählten, darunter auch Big Bill Broonzys „Rock Me Baby“ und seine nach ihm benannte Eigenkomposition „Memphis Slim (USA)“. An der Gitarre begleitete ihn der Vater des britischen Blues, Alexis Korner.
(Jazzcolours/Da Music) 4002587476328
(Soul Jam/In-Akustik) 8436542017893
Hier ist die Leseprobe zu Ende. Den kompletten Music Guide Katalog mit allen 100 Titeln gibt‘s in allen AMM-Plattenläden. Adressen unter: www.plattenladentipps.de/adressen 7