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Die Spuren des KalifatsSyrien

Die Spuren des Kalifats

Vor einem Jahr wurde die Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien besiegt. Doch im andauernden Krieg ringen viele Menschen weiter mit dem dunklen Erbe, das die Dschihadisten hinterlassen haben – auch für deren Frauen und Kinder sieht die Zukunft düster aus. Von Johanna-Maria Fritz (Fotos) und Philip Malzahn (Text)

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Blick auf eine verwundete Stadt. Rakka im Dezember 2019.

Suche nach den Toten. Leichengräber bei Rakka.

Graben, um zu leben Die Abteilung Leichengräber der Zivilen Verteidigungskräfte wurde Anfang 2018 in Rakka aus einer Notwendigkeit heraus gegründet: Die IS-Kämpfer hatten die nordsyrische Stadt 2013 zu ihrer Hauptstadt erklärt; im Oktober 2017 wurde sie von einer US-geführten Koalition befreit. Sofort wandten sich Tausende Bürger, die auf der Suche nach vermissten Angehörigen waren, an die neue Verwaltung. Schnell wurde klar: Der IS hat sie umgebracht und vergraben. Die Leichengräber suchen deshalb nach den Orten, an denen der IS seine Opfer verscharrt hat, und heben sie aus. Ziel ist es, die sterblichen Überreste zu identifizieren und ihren Familien zu übergeben. Das ist extrem schwer, denn oft sind die Leichen bis zur Unkenntlichkeit entstellt – viele wurden etwa geköpft – oder sind bereits so stark verwest, dass eine Identifizierung unmöglich ist. Hinzu kommt, dass die wenigsten Syrer mit ihrer DNA registriert sind.

Vor Beginn des Syrien-Krieges 2011 hatte Rakka, gelegen am Fluss Euphrat, etwa eine Viertel Million Einwohner. Heute sind es nur noch knapp über 100.000. Obwohl mehr als die Hälfte der städtischen Infrastruktur während der jahrelangen Kämpfe zerstört wurde, kehren viele Geflohene inzwischen zurück und entdecken auf ihren Höfen, Grundstücken und Feldern solche Gräber. Anfang 2020 hatte die Abteilung Leichengräber bereits 5.732 Leichen gefunden. Wie viele es noch werden, weiß niemand. Das größte von mehr als 80 Massengräbern, das im Februar 2019 ausgehoben wurde, enthielt die sterblichen Überreste von etwa 3.500 Menschen, davon konnten nur knapp über 800 den Angehörigen übergeben werden.

Die Frauen des IS. Im internationalen Teil des Lagers von al-Haul.

Man erkennt sie an den Kindern In al-Haul, dem größten Gefangenenlager für An - gehörige von IS-Kämpfern in Syrien, leben rund 71.000 Menschen. Mehr als 90 Prozent sind Frauen und Kinder. Wachpersonal gibt es nur an den Eingängen; im Inneren sind die Gefangenen zumeist unter sich. Im abgetrennten Bereich für Ausländer leben mehr als 10.000 IS-Familienmitglieder aus mehr als 50 Staaten, darunter etwa 100 Deutsche. Obwohl es in al-Haul kaum Männer gibt, sind alle Frauen vollverschleiert. Nur am Aussehen ihrer Kinder kann man erahnen, aus welch unterschiedlichen Weltgegenden sie kommen. Laut Lagerverwaltung haben die Frauen Gerichte etabliert, um andere für »Fehlverhalten« zu bestrafen. Die Lebensbedingungen sind hart, vor allem im Winter. Die Zelte sind nicht beheizt, die Sanitäranlagen liegen im Freien. Die wenigen Hilfsgüter, die es in das Lager schaffen, werden von den stärkeren Frauen verkauft. Bislang weigern sich die meisten Staaten, ihre Bürger zurückzunehmen.

Wo der Terror weiterlebt In Syrien sind derzeit rund 12.000 männliche IS-Anhänger inhaftiert, darunter etwa 3.000 ausländische Dschihadisten. Die meisten kommen aus Nordafrika, Zentralasien und Indonesien. Im größten Gefängnis in der nordsyrischen Stadt al-Hasaka sind 5.000 IS-Mitglieder aus mehr als 30 Staaten auf engstem Raum zusammengepfercht. Bis zu 100 Personen teilen sich eine Zelle. Die Strafverfolgung der Inhaftierten ist kompliziert, da es schwer ist, einzelnen Individuen konkrete Straftaten nachzuweisen. Kaum einer gibt seine Schuld zu. Die meisten beteuern, zwar im Gebiet des Islamischen Staats gelebt, aber nicht gekämpft zu haben. Dabei wurden die 5.000 Männer alle in Baghouz – dem letzten Rückzugsort des IS vor seinem Fall im März 2019 – gefangen genommen. Mit Beginn der türkischen Invasion im Oktober 2019 musste die in Nordsyrien regierende Selbstverwaltung einen Großteil des Wachpersonals in al-Hasaka abziehen. Die türkische Armee hat inzwischen diverse Lager und Gefängnisse angegriffen, um IS-Anhänger zu befreien. Mehr als 600 Fluchtversuche hat die Selbstverwaltung laut eigenen Angaben verhindert, in den vergangenen Monaten gelang jedoch mehr als 800 IS-Anhängern und ihren Familienangehörigen die Flucht.

Denker fragen: Henning Hahn

Inwiefern bin ich für Ungerechtigkeit verantwortlich? Eigentlich sind Pflichten der Gerechtigkeit ausgelagert auf Institutionen und politische Akteure, die Macht ausüben. In einer idealen Welt hätte ich keine Gerechtigkeitsverantwortung, sondern nur Verantwortung für meine Kinder und für meine eigenen Projekte. Um es profan auszudrücken: Die Verteilung von Ressourcen und fairen Chancen und das Schützen von Freiheiten wären nicht mein Bier.

Und in der komplexen Welt, wie wir sie kennen? Wir leben global betrachtet in einer Welt, in der wir diese Entlastungsfunktion von Institutionen kaum haben. Da muss ich die Rolle des Pflichtträgers von Gerechtigkeit selbst übernehmen – im Rahmen meiner Möglichkeiten und Machtbefugnisse. Inwiefern sind wir moralisch verantwortlich? Als politische Akteure sind wir vernetzt – und wissen auch mehr über Menschenrechtsverletzungen. Umwelt, Klimawandel, Migrationskrise, Bodenerosion, Regenwaldabholzung – all das sind Dinge, an denen wir beteiligt sind, auch wenn sie nicht nur in unserer Nähe geschehen. Inwiefern? Teilweise kann man uns Haftbarkeit zuschreiben – Verantwortung in dem Sinne, dass wir gewissermaßen als Komplizen ursächlich mitverantwortlich sind. Darüber hinaus gibt es eine Art der Beteiligung, die nicht im strengen Sinne ursächlich ist. Wenn wir hier ein T-Shirt kaufen, verursachen wir nicht die Menschenrechtsverletzungen bei den Näherinnen in Bangladesch. Aber wir halten so soziale Praktiken aufrecht. Wir sind sozial verbunden mit diesen Geschehnissen. Daraus erwächst keine Schuld, aber Solidarität.

Die Ungerechtigkeit der Welt lastet also nicht auf meinen Schultern? Im engeren Sinne sind ja nicht Sie schuld, sondern Personen, die anders hätten handeln können und durch ihr Handeln Menschenrechtsverletzungen hätten vermeiden können – wie zum Beispiel ein Fabrikbesitzer. Aber auch Sie sind in einer Machtposition – positiv ausgedrückt: Sie können mit Menschen, mit denen Sie auf eine komplexe Art und Weise zusammenleben, solidarisch sein – und zum Beispiel ein T-Shirt aus fairer Produktion kaufen.

Interview: Lea De Gregorio Henning Hahn lehrt Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er ist Mitherausgeber des Sammelbandes »Globale Gerechtigkeit« (Suhrkamp) und der Monografie »Globale Gerechtigkeit: Eine philosophische Einführung« (Campus).

Das steckt drin: Gold Gold ist ein begehrter Rohstoff – er findet Verwendung in Schmuck, Handys, Nanotechnologie oder als Bankreserve. Das Edelmetall wird weltweit geschürft. Der größte Produzent mit 14 Prozent der jährlichen Produktion weltweit ist China. In Entwicklungsländern ist das Risiko für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen im Kleinbergbau besonders hoch. Die Arbeitsbedingungen sind prekär: Die Arbeit ist gesundheitsschädlich und gefährlich, die Löhne sind extrem niedrig, Kinderarbeit ist weit verbreitet, Milizen oder Mafia kontrollieren die Minen. Prostitution, Zwangs- und Sklavenarbeit kommen vor. Die im Goldabbau verwendeten Chemikalien Zyanid und Quecksilber sind hochgiftig. Schutzanzüge oder Rückgewinnungsvorrichtungen gibt es meist nicht.

Überwiegend wird Gold in großen, industriellen Minen gefördert. Doch rund 15 bis 20 Prozent des weltweit abgebauten Goldes stammen aus Kleinbergbau . Hier ist der Großteil der Arbeitskräfte beschäftigt – weltweit sind es mehr als 15 Millionen, zu denen auch Frauen und Kinder zählen.

Foto: shutterstock/macrowildlife

Quellen: World Gold Council, Fair Trade, Rettet den Regenwald, Human Rights Watch, Globale Initiative gegen transnationale organisierte Kriminalität

Um die Missstände im Goldabbau zu beseitigen, braucht es international verbindliche Regelungen . Immerhin: Ab 2021 gelten bei der Einfuhr von Gold aus sogenannten Konflikt- und Hochrisikogebieten in die EU verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen.

Bewusster Konsum hilft auch : Handys oder Laptops möglichst lange nutzen – in 49 Handys ist so viel Gold enthalten wie in einer Tonne Golderz. Schmuck umarbeiten lassen oder aus fairem Handel beziehen. Auf Gold als Finanzreserve verzichten – Experten raten ohnehin davon ab.

Der »Global Gender Gap Report« veröffentlicht seit 2006 jedes Jahr die Entwicklung der Frauenrechte weltweit. Die Grafik zeigt die Länder, die sich im globalen Index um die meisten Plätze verbessert bzw. verschlechtert haben.

Slowenien -25

Mexiko +25 Spanien +21

Kap Verde +20 Bulgarien -31 Uganda -22

Georgien +25 Madagaskar +22 Slowakei +20

Äthiopien +35 Kamerun -39

Kenia -33 Myanmar -26

Jemen Mongolei -21 1 Platz 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140

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Quelle: World Economic Forum 2020

Besser machen: Globale Wirtschaft

Deutsche Unternehmen halten sich nicht ausreichend an menschenrechtliche Standards. Daher plant die Bundesregierung bis zum Sommer einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz, das eine Sorgfaltspflicht im gesamten, auch globalen, Herstellungs- und Lieferprozess vorsieht. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) lehnt dies ab. Einzelne Unternehmen engagieren sich jedoch inzwischen für ein Lieferketten - gesetz.

Wie kann ich Vorgesetzte und Kollegen davon überzeugen, dass das eigene Unternehmen von der Achtung der Menschenrechte auch profitiert? Gute Argumente liefert die UNO-Initiative »Global Compact«.

Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung D bedient die Erwartungen der Geschäftskunden

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verbessert das Risikomanagement vermeidet bzw. verringert operative, rechtliche und Managementkosten schützt die eigene Reputation erhöht die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens im Vergleich zu Wettbewerbern sorgt für bessere und nachhaltigere Beziehungen zu Lieferanten verbessert die Kreditwürdigkeit verbessert den Kundenservice und das Produktqualitäts - management sorgt für größere Mitarbeiterzufriedenheit.

Weitere Informationen: Global Compact, Initiative Lieferkettengesetz

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FORDERE GERECHTIGKEIT FÜR JULIÁN CARRILLO! Der mexikanische Land- und Umweltrechtsverteidiger Julián Carrillo wurde am 24. Oktober 2018 erschossen. Der Führer der indigenen Gemeinde der Rarámuri Coloradas de la Virgen engagierte sich gegen Abholzung, Bergbau und Drogenanbau in seiner Heimat. Die Verantwortlichen wurden bisher nicht zur Rechenschaft gezogen. Mach mit bei unserer Petition an den Governeur des mexikanischen Bundesstaates Chihuahua!

Urenkelin von Tätern und Opfern

Sima Luipert setzt sich in Namibia für die Aufklärung des deutschen Völkermords an Nama und Herero ein. Von Hannah El-Hitami

Als Sima Luipert ein Kind war, mahnte ihre Großmutter sie, sich von den weißen Kindern fernzuhalten, den Nachfahren deutscher und niederländischer Siedler in Namibia. »Sonst landest du auf der Insel!«, warnte sie ihre Enkelin, die noch nicht verstand, was die Großmutter damit meinte. Erst später erfuhr Luipert von der Haifischinsel, auf der die deutsche Kolonialmacht Anfang des 20. Jahrhunderts ein Konzentrationslager betrieben hatte. Dort kamen zwischen 1904 und 1908 mehrere Tausend Menschen ums Leben, Angehörige der namibischen Bevölkerungsgruppen Herero und Nama. Insgesamt ermordeten die Deutschen in ihrer damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika etwa 65.000 Herero und 10.000 Nama. Deutschland hat sich für diesen ersten Genozid des zwanzigsten Jahrhunderts bis heute nicht offiziell entschuldigt.

Sima Luipert kommt aus einer politischen Familie, ist Nachfahrin der Witbooi- und Fredericks-Clans, die den Widerstand gegen die deutsche Kolonialmacht maßgeblich prägten. Ihre Urgroßmutter war auf der Haifischinsel und später im OkawayoLager inhaftiert, wo sexuelle Gewalt gegen die Frauen der Herero und Nama weitverbreitet war. Viele Kinder entstanden aus diesen unfreiwilligen Verbindungen, auch Luiperts Urgroßvater war ein deutscher Soldat. Heute, mehr als hundert Jahre nach dem Völkermord, versucht Sima Luipert, auf dieses dunkle Kapitel der deutsch-namibischen Geschichte aufmerksam zu machen.

Die 50-jährige ist Aktivistin der Nama Traditional Leaders Association (NTLA), der Vertretung der Nama in Namibia. Die NTLA setzt sich für die Aufarbeitung der Kolonialverbrechen und für den Erhalt der Nama-Kultur ein, die fast ausgelöscht wurde – ebenso wie die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Nama und Herero, die damals von ihrem Land vertrieben wurden und ihre Viehherden verloren. Die Folgen seien bis heute

spürbar, sagt Luipert: »Die Nama sind ein gebrochenes Volk ohne Selbstwertgefühl.« Das zeigten die weitverbreiteten sozialen Probleme in der Community: Alkoholismus, Schwangerschaften bei Minderjährigen, zerbrochene Familien. »Viele wohnen noch immer in den erbärmlichen Reservaten, die damals für sie geschaffen wurden. Sie arbeiten nach wie vor unterbezahlt für die weißen Farmer«, so Luipert. Tatsächlich sind 70 Prozent der kommerziellen Farmen in Namibia heute noch im Besitz von Weißen, ebenso wie knapp die Hälfte der gesamten Fläche.

2017 reichten Vertreter der Herero und Nama Klage gegen Deutschland wegen des Genozids vor einem Gericht in New York ein. Doch die Klage wurde in erster Instanz abgelehnt, auch ein späterer Erfolg ist unwahrscheinlich. Bei den Verhandlungen zwischen deutscher und namibischer Regierung dürfen Vertreter von Herero und Nama nicht mitreden – für Luipert ein klares Zeichen dafür, dass das Leid der Nama noch immer nicht ernst genommen wird. Ihr gehe es dabei nicht in erster Linie um Geld, sagt Luipert, sondern um Anerkennung: »Ich glaube nicht, dass die Täter uns als Menschen sehen, denn sie weigern sich, mit uns zu sprechen. Ich finde es schmerzhaft und erniedrigend, den deutschen Staat darum zu bitten, meine Existenz anzuerkennen.«

Ebenso wünsche sie sich einen Austausch von Mensch zu Mensch, zwischen den Nachfahren der Täter und Opfer. Immerhin sind viele deutsche und namibische Familiengeschichten, wenn auch unfreiwillig, miteinander verknüpft. »Der Vater meiner Oma war ein deutscher Soldat, der nach Deutschland zurückkehrte und vielleicht weitere Kinder hatte«, so Luipert bei einem Besuch in Berlin. »Wer sind diese Kinder? Haben sie ein Interesse, ihre Verwandten kennenzulernen? Oder wollen sie sich von der Scham und der Schuld reinwaschen?«

Den Haag rügt Myanmar

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat Myanmar im Januar dazu verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord an den Rohingya zu verhindern. Er gab damit einer Klage Gambias statt. Die Rohingya seien weiterhin »ernsthaft vom Völkermord bedroht«, so das Gericht. Myanmar müsse alles tun, um einen Völkermord an der muslimischen Minderheit zu verhindern. Auch müsse das Land dafür sorgen, dass das Militär die Rohingya nicht verfolge. Weiter teilte das Gericht mit, dass die Maßnahmen zum Schutz der Rohingya »internationale rechtliche Verpflichtungen« seien. Gambia hatte den Fall im Namen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) vor das Gericht gebracht. Der Staatenbund beschuldigt Myanmar wegen des harten Vorgehens gegen die Rohingya des Genozids. Soldaten Myanmars haben seit 2016 Tausende Menschen ermordet, Dörfer zerstört, Frauen und Kinder vergewaltigt und mehr als 700.000 Menschen vertrieben. (»Vernachlässigt und verfolgt«, Amnesty Journal 01/2020)

Bolsonaro hebt Schutz für Indigenengebiete auf

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat im Februar ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Bergbau, Energiegewinnung und andere wirtschaftliche Aktivitäten in indigenen Gebieten erlauben soll. Unternehmen wird damit ermöglicht, in den Reservaten Bodenschätze wie Gold, Erdgas und Öl zu fördern. Auch der Bau von Kraftwerken soll möglich werden. Die Indigenen, denen diese Gebiete gehören, müssten zwar gefragt werden, haben aber kein Vetorecht, um die wirtschaftliche Nutzung zu verhindern. In der Praxis wird der bestehende Schutz der indigenen Gebiete damit aufgehoben. In Brasilien gibt es insgesamt 486 Reservate. Indigenenorganisationen und andere NGOs kritisierten den Gesetzentwurf. Bolsonaro fiel bei der Präsentation abermals mit abfälligen und rassistischen Äußerungen auf. (»Abgebrannt am Amazonas«, Amnesty Journal 04/2019)

Landraub. Indigener im stark von illegaler Abholzung betroffenen brasilianischen Bundesstaat Rondônia.

Deutschland schiebt weiter nach Afghanistan ab

Trotz der verheerenden Lage vor Ort hält die Bundesregierung an ihrem Kurs fest, geflohene Menschen nach Afghanistan abzuschieben. Bei der ersten Sammelabschiebung 2020 wurden 37 afghanische Männer nach Kabul geflogen. An der Abschiebung im Januar beteiligten sich Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. Es war die 31. Sammelabschiebung seit Dezember 2016. Damit haben Bund und Länder seither 837 Männer nach Afghanistan zurückgebracht. Üblicherweise geht etwa ein Abschiebeflug pro Monat nach Kabul. (»Rückkehr in Schulden und Scham«, Amnesty Journal 04/2019)

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