Noch schl채gt das Herz des Iran Geschichten von Frauenrechtlerinnen
Inhalt Iran – Ein Überblick 4 Frauenrechtsgruppen im Iran 6 Zeitleiste zur Frauenbewegung im Iran 8 Portraits von Frauenrechtlerinnen im Iran 12 ALIEH AGHDAM-DOUST 12 ASIEH AMINI 13 BAHAREH ALAVI 14 BAHAREH hedayat 15 Haleh sahabi 16 JIla Baniyaghoub 17 Kaveh Kermanshahi 18 Khadijeh Moghaddam 19 Mahboubeh Karami 20 mAHBOUBEH aBBASGHOLIZADEH 21 MANSOUREH SHOJAI 22 MEHRANGIZ KAR 23 Nasrin sotoudeh 24 shadi sadr 25 Sussan Tahmasebi 26 PARVIN ARDALAN 27 Shirin ebadi 28 Shiva Nazar AharI 29 Zohreh Arzani 30
© Amnesty International Eine Veröffentlichung der Iran-Gruppe von Amnesty International am Trinity College Dublin, Irland Deutsche Übersetzung von der Iran-Koordinationsgruppe der deutschen Sektion www.amnesty-iran.de
IRAN / 3
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
Amnesty International
Frauen im Iran werden oft als Opfer dargestellt – hoffnungslos unfähig, für ihre eigenen Rechte einzutreten und sie einzufordern. Die Wahrheit ist jedoch, dass iranische Frauen im Herzen der Menschenrechtsbewegung sind und dass einige die mutigsten und effektivsten Menschenrechtsaktivisten im Iran sind. „Noch schlägt das Herz des Iran – Geschichten von Frauenrechtlerinnen“ ist eine Ausstellung, die die iranischen Menschenrechtsverteidigerinnen würdigt. Die Ausstellung und diese daraus hervorgegangene Broschüre wurde vom TCD Community Fund finanziert und von Mitgliedern der Amnesty Iran-Gruppe in Irland mit Unterstützung von Amnesty International erstellt. Sie stellt 19 Frauen rechtlerinnen des Iran vor. Viele wurden wegen ihrer Arbeit inhaftiert und einige wurden ins Exil getrieben, aber sie kämpfen weiterhin für Frauenrechte im Iran.
4 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
IRAN
gröSSte Städte Teheran (Hauptstadt): 7,19 Mill. Mashhad: 2,592 Mill. Esfahan: 1,704 Mill. Karaj: 1,531 Mill. Tabriz: 1,459 Mill.
Verfassung verabschiedet am 3. Dezember 1979, überarbeitet 1989. Anmerkung: die Überarbeitung 1989 dehnte die Macht des Präsidenten aus und schaffte den Posten des Premierministers ab.
Staatsoberhaupt Ayatollah Sayed Ali Khamenei (Oberster Führer der Islamischen Republik Iran) Regierungschef Dr. Mahmud Ahmadinejad (Präsident) © (AP/PA Photo)
Ethnische Gruppen / Sprachen Persisch 51% Baluchi 3% Turkmenisch 24% Arabisch 2% Kurdisch 8% Türkisch 2% Luri 7% Andere 2%
© AP
Bevölkerung 77.891.220 (geschätzt 2010)
Religionen Moslems (offiziell) 98% (Schiiten 89%, Sunniten 9%) Andere (darunter Zoroaster, Juden, Christen und Baha’i) 2% Nachbarländer Afghanistan, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Pakistan, Türkei, Turkmenistan
Todesstrafe beibehalten 2010 gaben die Behörden 252 Hinrichtungen bekannt, aber es gab glaubwürdige Berichte über mehr als 300 weitere Hinrich tungen. Die wahre Zahl könnte sogar höher liegen. Mindestens ein jugendlicher Straftäter wurde hingerichtet. Verurteilungen zur Steinigung werden weiterhin ausgesprochen.
Iran ist Unterzeichnerstaat folgender internationaler Verträge: Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Konvention über die Rechte des Kindes Konvention über die Rechte Behinderter Konvention über die Verhinderung und Bestrafung von V ölkermord Konvention über die Beseitigung jeglicher Form von Rassen diskriminierung
Amnesty International
Menschenrechte im Iran Die Behörden haben die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt. Es werden weitreichende Kontrollen einheimischer und internationaler Medien durch geführt, die den Kontakt von Iranern mit der Außenwelt einschränken sollen. Einzelpersonen und Gruppen laufen Gefahr, verhaftet, gefoltert oder inhaftiert zu werden, wenn sie mit Menschen rechtsgruppen oder persisch sprachigen Medien im Ausland zusammenarbeiten. Folter und Misshandlungen von Häftlingen werden routinemäßig durchgeführt und bleiben straflos.
IRAN / 5
Allgemeiner politischer Rahmen Iran ist eine theokratische Republik, mit einem religiösen Rechtssystem auf der Grundlage der Scharia. Der Oberste Führer, Ayatollah Khamenei, ist die mächtigste politische Figur im Iran. Er ernennt den Leiter der Justiz, 6 der 12 Mitglieder des mächtigen Wächterrates, die Kommandeure aller Streitkräfte, die Leiter der Freitagsgebete und die Leiter von Radio und Fernsehen. Er bestätigt auch die Wahl des Präsidenten. Präsident Ahmadinejad verfolgt eine harte Linie sowohl im Inland als im Ausland. Eine ständige Verletzung der Menschenrechte im Iran ist verbunden mit einer Konfrontationshaltung in der internationalen Arena. Formelle politische Parteien sind eine relativ neue Erscheinung in der Islamischen Republik Iran und die meisten Konservativen arbeiten lieber in politischen Zusammenschlüssen als in Parteien. In den Revolutionsgarden sind schätzungsweise 125.000 Mann aktiv. Sie haben ihre eigenen Boden-, See- und Luftstreitkräfte neben der regulären Armee und haben die Kontrolle über Irans strategische Waffen. Die Garden haben auch eine starke Präsenz in zivilen Institutionen und sollen ein Drittel der iranischen Wirtschaft über Tochterfirmen und Stiftungen kontrollieren. Sie kontrollieren auch die freiwilligen Basidj-Milizen. Geistliche dominieren die iranische Gesellschaft und Justiz. In den letzten Jahren haben konservative Kräfte die Justiz benutzt, um Reformen durch Inhaftierung reformorientierter Persönlichkeiten und Journalisten und die Schließung von Zeitungen zu verhindern.
Frauen im Iran Frauen im Iran sind verbreiteter gesetzlicher Diskriminierung ausgesetzt:
Sie sind von Schlüsselpositionen des Staates ausgeschlossen – sie können z.B. nicht Richterinnen werden oder für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren.
Sie haben keine Gleichberechtigung bei Eheschließung, Scheidung, im Sorgerecht und Erbrecht. Straftaten gegen Frauen werden weniger hart bestraft als solche gegen Männer. Die Zeugenaussage einer Frau vor Gericht ist halb so viel wert wie die eines Mannes. Obwohl das gesetzliche Heiratsalter 13 Jahre beträgt, können Väter um Erlaubnis bitten, ihre Töchter früher zu verheiraten, auch an Männer, die viel älter sind als ihre Töchter.
Männer dürfen mehrere Frauen heiraten, Frauen aber nicht mehrere Männer. Männer haben das uneingeschränkte Recht auf Scheidung, Frauen nicht.
6 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
Frauenrechtsgruppen im Iran Trotz ständiger Unterdrückung und Schikanierung sind viele iranische Frauenrechtsgruppen weiterhin lebendig. Sie rücken Fragen ins Bewusstsein wie die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Anwendung der Steinigung als Hinrichtungsform. Hier sind einige der prominentesten Frauenrechtsgruppen.
Zentrum für Menschenrechtsverteidiger (CHRD) Das CHRD ist von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi zusammen mit vier anderen prominenten Menschenrechtsanwälten gegründet worden: Mohammad Ali Dadkhah, Mohammad Seyfzadeh, Mohammad Sharif und Abdolfattah Soltani. Das CHRD berichtete über Menschenrechtsverletzungen im Iran, gab politischen Gefangenen unentgeltlich Rechtshilfe und unterstützte ihre Familien. Das CHRD ersuchte seit seiner Gründung 2001 vergeblich um offizielle Registrierung. Daher arbeiteten Shirin Ebadi und ihre Kollegen in einer recht lichen Grauzone mit der ständigen Gefahr von Schließung und Repressalien. Sie wurden wiederholt schikaniert, eingeschüchtert, verhaftet und in Haft gehalten.
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
Das Büro des CHRD wurde 2008 von den Behörden ge schlossen. Einige seiner Mitglieder sind seit den Präsi dentschaftswahlen 2009 inhaftiert worden. Mohammad Seyfzadehwurde im Zusammenhang mit seiner Beteili gung an der Gründung des CHRD zu 9 Jahren Haft verurteilt. Shirin Ebadi ist seit der Präsidentschaftswahl nicht in den Iran zurückgekehrt. Sie hat Todesdrohungen erhalten und ihr Konto im Iran mit dem Preisgeld ihres Nobelpreises wurde, unter Verletzung iranischen Rechts, eingefroren.
DIE KAMPAGNE Stoppt Steinigungen für immer Eine Gruppe von iranischen Menschenrechtsverteidigerinnen, Rechtsanwältinnen und Journa listinnen, angeführt von Anwältin Shirin Ebadi und den Journalistinnen Mahboubeh Abbas gholizadeh und Asieh Amini, zusammen mit anderen Ak tivistinnen außerhalb des Iran, starteten 2006 die Kam pagne Stoppt Steinigungen für immer, um Steinigungen im Gesetz und in der Praxis abzuschaffen. Gemäß dem iranischen Strafgesetz ist Steinigung für die meisten Formen von Ehebruch vorgeschrieben. Die Kampagne hat zum Ziel, das Leben aller Menschen im Iran, gegen die die Steinigung verhängt wurde, zu retten. Diese mutigen Bemühungen wurden von internationalen Men schenrechtsorganisationen, darunter A mnesty Internati onal, und vielen Einzelpersonen weltweit unterstützt. Seit 2006 wurden mindestens 13 Menschen vor der Steinigung bewahrt. Bei anderen wurde die Hinrichtung ausgesetzt, und einige Fälle wurden überprüft oder neu verhandelt. Jedoch war die Kampagne im Iran Repres sionen ausgesetzt und ihre Unterstützerinnen wurden eingeschüchtert und schikaniert. Einige waren gezwungen, das Land aus Sorge um ihre Sicherheit zu verlassen, und leben seitdem im Exil.
Komitee der Menschenrechtsreporter (CHRR) Das CHRR wurde 2006 gegründet und kämpft gegen eine Reihe von Menschen rechtsverletzungen, darunter solche, die Frauen, Kinder, Gefangene und Arbeiter betreffen. Es wurde Zielscheibe von Angriffen insbeson dere seit den Wahlen vom Juni 2009. Im Januar 2010 beschuldigte die Staatsanwaltschaft von Teheran die Gruppe, Verbindungen zu den Volksmujahedin des Iran zu haben, einer verbotenen Organisation, und sagte, dass „jede Zusammenarbeit mit ihm (dem CHRR) ein Verbrechen sei. Das CHRR bestreitet entschieden, solche Verbindungen zu unterhalten.
IRAN / 7
© privat
Amnesty International
Mütter für den Frieden Mütter für den Frieden wurde 2007 gegründet, als über 500 Frauen einen Brief an iranische Behörden schrieben, in dem sie gegen die nationale Nuklearpolitik Stellung bezogen. Mütter für den Frieden setzt sich gegen eine mögliche militärische Intervention im Iran wegen des Nuklearprogramms ein, sucht nach „tragfähigen Lösun gen“ für die Instabilität der Region und kämpft gegen die Festnahme, Inhaftierung und Schikanierung gewöhnlicher Iraner. Mitglieder der Organisation wurden bei vielen An lässen festgenommen und inhaftiert.
Die Kampagne eine million unterschriften Die Eine Million Unterschriften-Kampagne, auch bekannt als Kampagne für Gleichberechtigung, wurde 2006 ins Leben gerufen. Es ist eine Graswurzelbewegung, beste hend aus einem Netzwerk von Menschen, die sich für ein Ende der Diskriminierung von Frauen im iranischen Recht einsetzen. Die Kampagne gibt eine grundlegen de rechtliche Ausbildung an Freiwillige, die durch das Land reisen und ihre Ideale verbreiten. Sie sprechen mit Frauen in ihren Häusern sowie auf öffentlichen Plätzen, klären sie über ihre Rechte auf und die Notwenigkeit einer Rechtsreform. Die Freiwilligen haben sich auch zum Ziel gesetzt, eine Million Unterschriften unter eine Petition zu sammeln, die eine Abschaffung Frauen diskriminierender Gesetze im Iran verlangt. Die Mitglieder der Kampagne legen Wert darauf, ihre Aktivitäten in voller Übereinstimmung mit dem Gesetz durchzuführen. Die iranische Verfassung erlaubt friedli che Zusammenkünfte, und es ist völlig legal, Bildungs seminare zu veranstalten und Unterschriften unter eine Petition für rechtliche Änderungen zu sammeln. Dennoch wurden Dutzende der Kampagnenmitglieder wegen ihrer Aktivitäten verhaftet oder schikaniert, einige beim Versuch, Unterschriften für die Petition zu sammeln. Da ihnen Genehmigungen für öffentliche Versammlungen häufig verweigert werden, halten Kampagnenaktivistinnen ihre Seminare häufig in Häusern von Sympathisantinnen ab, von denen einige Drohanrufe erhalten haben, angeb lich von Sicherheitskräften, oder zu Verhören einbestellt wurden. Mitgliedern der Kampagne für Gleichberechti gung wurde auch verwehrt, ins Ausland zu reisen.
Das Geheimdienstministerium hat den Müttern für den Frieden Verbindun gen zu linksgerichteten Gruppen wie den Volksfedayin des Iran unterstellt. Die Mütter für den Frieden bestreiten vehement, dass es irgendwelche politi schen Verbindungen gibt.
Die trauernden Mütter / Mütter des Laleh-Parks Die Trauernden Mütter sind Frauen, deren Kinder bei den Gewalttätigkeiten nach den Wahlen im Iran im Juni 2009 getö tet, verschwinden gelassen oder verhaftet wurden. Zu den Mitgliedern der Gruppe zählen die Mütter von Neda Agha-Soltan und Sohrab Arabi, die beide bei den Protesten nach den Wahlen ums Leben kamen. Die Trauernden Mütter treffen sich schweigend jeden Samstag in der Nähe des Platzes und zur Zeit der Ermordung der Protestteilnehmerin Neda Agha-Soltan, um ihrer Söhne und Töchter zu gedenken. Im Januar 2010 hielten die Trauernden Mütter eine friedliche Mahnwache im Laleh-Park in Teheran. Die 33 Frauen wurden abgeführt, einige von ihnen wurden geschlagen und 10 ins Krankenhaus gebracht. Alle 33 Frauen wurden ins Vozara-Haftzentrum in Teheran ge bracht. Mitglieder der Gruppe wurden auch im Dezember 2009 festgenommen und inhaftiert.
8 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
Zeitleiste zur Frauenbewegung im Iran Die iranische Frauenbewegung geht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Im folgenden finden Sie eine kurze Geschichte des mutigen Kampfes für ihre Rechte und einige Herausforderungen, denen sie dabei immer noch ausgesetzt sind.
2011 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 4. Juni: Irans Frauenfußball-Nationalmannschaft wird von einem Qualifikationsspiel für 2012 ausgeschlossen, weil sie die Kleiderordnung der FIFA nicht eingehalten hat. Diese besagt, dass Ohren und Hals nicht bedeckt sein dürfen, was wiederum die islamische Kleiderordnung im Iran vorschreibt. Juli: Die Menschenrechtsverteidigerin und Filmemache rin Mahnaz Mohammadi und die Schauspielerin, Blog gerin und Dokumentarfilmerin Pegah Ahangarani werden inhaftiert. Mahnaz Mohammadi wird der Kontakt zu ihrer Familie oder anwaltlicher Vertretung verweigert. 17. Juli: Die Schauspielerin Marzieh Vafamehr wird wegen ihrer Rolle im Film „Mein Teheran zu verkaufen“ verhaftet, weil sie in diesem Film ohne Hijab auftrat.
2010 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 11. März: „Change for Equality“ (die Webseite der Ein-MillionenUnterschriften-Kampagne) erhält den „Netizen“(„Netzbürger“)-Preis von Reporter ohne Grenzen. Die iranischen Behörden schlossen die Webseite am folgenden Tag (dem Welttag gegen Zensur) zum 23. Mal seit 2006.
2009 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 12. Juni: Präsidentschaftswahlen werden abgehalten. 13. Juni: Die Behörden erklären Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad zum Gewinner mit beinahe 63% der Stimmen. Mir Hossein Mousavi wird Zweiter mit 34 % und beklagt Wahlbetrug. Es kommt zu Auseinander setzungen Tausender Protestierender mit der Polizei. 17. Juni: Bis zu einer halben Million Menschen protestie ren auf dem 7.Tir-Platz in Teheran, viele davon Frauen. Die „Feminist Majority Foundation“ verleiht den Weltwei ten Frauenrechtspreis an die Ein-Millionen-UnterschriftenKampagne. 27. Juni: Die Aktivistinnen der Trau ernden Mütter versammeln sich zum ersten Mal im Laleh-Park in Teheran. Sie sehen sich ständigen Schikanen durch die Behörden ausgesetzt. Einige von ihnen werden verhaftet.
2008 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Prominenten Aktivistinnen der EinMillionen-Unterschriften-Kampagne: Nasrin Sotoudeh, Parvin Ardalan, Sussan Tahmasebi und Esha Momeni wird die Ausreise verweigert. 14. Februar: Raheleh Asgarizadeh und Nahim Khosravi werden wegen der Sammlung von Unterschriften für die Ein-Millionen-Unterschriften-Kampagne verhaftet.
2007 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
9. Mai: Fünf politische Gefangene, darunter die 28-jährige Kurdin Shirin Alam-Holi, werden im Geheimen hingerichtet.
April: Anousheh Ansari wird die erste Iranerin im All.
8. Juni: Shirin Ebadi, Mitbegründerin der Ein-MillionenUnterschriften-Kampagne, erklärt: „Die brutalen Angriffe machen Irans Frauen nur stärker.“
Der „Erste IPA Verleger-Freiheits preis“ geht an die Herausgeberin Shahla Lahiji.
Amnesty International
IRAN / 9
2006 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
2002 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
10. Januar: Nasim Sarabandi und Fatemeh Dehdashti, Mitglieder der Ein-Millionen-Unterschriften-Kampagne, werden inhaftiert wegen der Sammlung von Unter schriften in der U-Bahn.
8.März: zum ersten Mal wird der Internationale Frauentag öffentlich in einem der größten Tehera ner Parks, dem Laleh-Park begangen.
Sakineh Mohammadi Ashtiani wird von einem Gericht in Tabriz des Ehebruchs schuldig befunden und zu 99 Peitschenhieben verurteilt, die vor ihrem 17-jährigen Sohn ausgeführt werden. Ihr Fall wird später wieder er öffnet, als ein Gericht ihre Beteiligung am Tod ihres Ehemanns vermutet. Sie wird später freigesprochen, aber der Richter überprüft auch ihre frühere Anklage wegen Ehebruch und verurteilt sie zum Tod durch Steinigung.
Dezember: Der Leiter der Justiz, Ayatollah Shahroudi, ordnet ein Verbot der Steinigung an. Die Gerichte sprechen jedoch nach wie vor Steinigungsurteile aus.
2000 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 8.März: Zum ersten Mal seit der Revolution wird der Frauentag in Teheran begangen.
2005– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Frauen diskutieren auch über Sexualität und kritisieren die patriarchalische Struktur offen in Weblogs, die als die einzigen unzensierten Medien im Iran gelten.
Mahmoud Ahmadinejad wird zum Präsidenten Irans gewählt.
1999 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
8. März: Aktivistinnen versammeln sich im Studentenpark (Park-e Daneshjoo) in Teheran und begegnen heftiger Gegenwehr. Im Juni ver sammeln sich 6000 Aktivistinnen vor der Universität Teheran.
2004 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Das Frauenkulturzentrum öffnet die erste Frauenbibliothek. Sedigheh Dolat-Abadi und Mehrangiz Kar er halten den jährlichen „Human Rights First“-Preis. 64% der Studienanfänger sind weib lich. Die Verschlechterung der wirt schaftlichen Situation zwingt Millionen von Frauen zur Arbeitsaufnahme.
2003 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 9. Oktober: Shirin Ebadi erhält den Friedensnobelpreis für ihre Menschenrechtsarbeit.
Studentinnen liegen vor ihren männlichen Bewerbern bei den nationalen Eingangsprüfungen für die Universitäten.
1998 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Die erste Frauen-Polizeiakademie seit der Revolution 1979 wird eingeweiht 11. Oktober: Die erste Journalistinnenunion seit der Islamischen Revolution wird gebildet.
1997 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Trotz der Wahl von Mohammad Khatami mit 80% der Stimmen ändert sich wenig an der Situation der Frauen.
1996 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Faezeh Hashemi, Tochter des ehe maligen Präsidenten Akbar Hashemin Rafsanjani, wird von Hardlinern wegen ihrer Kritik und des Tragens von Jeans und des Radfahrens attackiert. Mit einem Erdrutschsieg und der höchsten Zahl von Stimmen in Teheran wird sie in das 5. Majlis (Parlament) gewählt.
10 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
1980-1988: Iran-Irak-Krieg
1980 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Azam Taleghani, Ateghe Sedighi, Maryam Behruzi und Ghoharoshaye Dastqeib sind die ersten vier Frauen, die nach der Revolution ins Parlament kommen. Frauenmilizen werden zur Verteidigung des Vaterlandes trainiert. Tausende Aktivistinnen werden verhaftet und viele in Gefängnissen hingerichtet, ebenso wie Männer. Amnesty International veröffentlicht Berichte über Vergewaltigun gen durch Gefängniswärter vor der Hinrichtung.
Gründung der Islamischen Republik Iran
1979 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Das Familienschutzgesetz wird geändert und Frauen wird der Zugang zum Richteramt und anderen Bereichen wie Gärtnerarbeit versperrt. Die Verschleierung wird verpflichtend, zunächst für Regierungsbehörden, dann für das ganze Land. Linke Demonstrationen gegen den Schleier werden mit Gewalt beantwortet. Im ersten Parlament sind unter den 217 Abgeordneten nur 3 Frauen.
1925-1979: Pahlavi-Dynastie
1978 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 33 Prozent der Studenten sind jetzt weiblich, etwa 2 Millionen arbeiten. 190.000 sind beruflich mit einem Universitätsabschluss tätig. 333 Frauen sind in Gemeinderäten, 22 im Parlament und zwei im Senat.
1975 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Frauen erhalten das Sorgerecht für ihre Kinder nach dem Tod ihres Ehemanns.
1971 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Das erste Frauenfußballspiel in Teheran findet statt.
1969 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Am 4. Juni werden Shirin Ebadi, Manijeh Farzad, Meimanat Chubak, Adineh Banimehr, Zahra Khavaran, Azamush Malek und Homayundokht Homayuni zu den ersten Richterinnen des Iran ernannt.
1967 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Das Familienschutzgesetz wird ratifiziert. Es gibt Fortschritte beim Scheidungsrecht, da Scheidungen an Familiengerichte verwiesen werden. Die Polygamie wird eingeschränkt, da die schriftliche Zustimmung der ersten Frau nun erforderlich ist. Das Heiratsalter für Mädchen wird auf 18 heraufgesetzt. Farokhroo Parsa wird die erste Ministerin im Iran.
1962 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – In Bahman erhalten Frauen endlich das Recht zu wählen und gewählt zu werden. Fatwas (religiöse Gutachten) von bekannten Persönlichkeiten wie Ayatollah Khomeini verurteilen dies als häretisch; die folgenden Demonstra tionen werden unterdrückt.
1961 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Die erste Anwältinnenvereinigung wird gegründet und ver langt für Frauen das Wahlrecht, das Recht, ins Parlament gewählt zu werden sowie Gleichberechtigung im Beruf.
1958 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Sattareh Farmanfarmaian gründet die ersten Klassen zur Ausbildung von Sozialarbeiterinnen und soziale Einrichtungen.
1956 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Maryam Svoji, Schriftstellerin, Dichterin und Juristin, ist die erste Frau, die über rechtliche Fragen im Radio spricht.
1953 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Kurz nach dem Putsch von 1953 wird der Höhere Frauenrat gebildet, geleitet von Ashraf Pahlavi.
1952 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Veröffentlichung von „Hoghugh-e Zan“ (Zeitschrift für Frauenrechte) durch Ebtehaj Mostahagh.
Amnesty International
IRAN / 11
1951 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 1934 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Mehrangiz Dawlatshahi, die erste Botschafterin, grün det mit Safayeh Firouz die Menschenrechtsorganisation „Rah Naw“ (Neuer Weg). Die beiden treffen den jungen Schah und verlangen das Wahlrecht. Durch Einspruch religiöser Autoritäten wird die Debatte beendet.
1949 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Yekatrina Saidkhanian wird zur ersten Anwältin des Landes ernannt. Dr. Mehrangiz Manuchehrian ver öffentlicht einen Aufsatz mit dem Titel: „Kritik an der Verfassung des Iran unter dem Gesichtspunkt der Frauenrechte“.
1947 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 5. Februar: Raziyeh Sha’bani, eine prominente Aktivistin, wird verhaftet.
1946 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Fatemeh Sayah und Simin Daneshvar gründen zusam men mit anderen prominenten Aktivistinnen die „Hezb-e Zanan-e Iran“ (Iranische Frauenpartei).
1940 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Mehrangiz Afzal und Zia Javid sind die ersten Hoch schulabsolventinnen in Naturwissenschaften im Iran. Die erste iranische Pilotin, Efat Tejaratchi, führt ihren ersten Alleinflug durch.
1936 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Reza Shah, seine Frau und Töchter, wohnen der Graduierungszeremonie am Lehrerinnenausbildungskolleg in Teheran bei. Alle Frauen werden an gewiesen, unverschleiert zu kommen. Das Ablegen des Schleiers wird ver pflichtend und Tschador und Kopftuch in der Öffentlichkeit werden verboten. Die ersten Frauen beginnen ihr Studium an der Univer sität Teheran. Amineh Pakhravan wird die erste Dozentin und Dr. Fatemeh Sayah 1938 die erste Professorin.
1935 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Die iranische Regierung verabschiedet ein Gesetz, das Frauen die Zulassung zu staatlichen Universitäten erlaubt.
Ruhangiz Saminejad wird die erste iranische Schauspielerin in einem längeren Film.
1931 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Die erste offizielle Frauenkonferenz wird in Teheran abgehalten. Das Heiratsalter wird auf 15 Jahre für Mäd chen und 18 für Jungen heraufgesetzt. Die erste Gruppe von Mädchen aus dem Iran reist nach Europa, um ihre Ausbildung fortzusetzen.
1926 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Banu Namus gründet die erste Mädchenschule in Shiraz. Eine erregte Menschenmenge schüttet ihr daraufhin heiße Asche auf den Kopf und hält ihr eine Fackel an die Haut.
1785-1925: Qajaren-Dynastie
1923 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 31. Januar: Die „Jamiyate Nesvan-e …“ (Patriotische Frauengesellschaft) wird gegründet.
1922 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Sedigheh Dolatabadi wird die erste iranische Frau, die an der Internationalen Frauenkonferenz teilnimmt.
1919 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Sedigheh Dolatabadi gründet die erste Frauenzeitschrift („Zaban-e Zanan“ – Stimme der Frau), die unter dem Namen einer Frau registriert wird.
1910 – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Trotz der Tatsache, dass 97% der iranischen Frauen An alphabetinnen sind und das Schreiben für Frauen tabu ist, gründet Dr. Kahali Jadid al-Islam Hamedani die erste Frauenzeitschrift „Danesh“.
1904/1905 – – – – – – – – – – – – – – – – – – Frauen werden vor allem in Teheran und Tabriz im Kampf für eine Verfassung aktiv und boykottieren ausländische Waren, führen Untergrundaktionen gegen ausländische Streitkräfte durch, organisieren, Straßen proteste und verkaufen Schmuck, um Verfassungskräfte zu unterstützen.
12 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
ALIEH AGHDAM-DOUST lEHRERIN UND FRAUENRECHTLERIN
„Widerspruch ist Teil unseres bürgerlichen © www.we-change.org
Lebens als Menschen und meine Beteiligung an den Frauenprotesten gehörte zu der Lebensweise, die ich gewählt habe.“
Alieh Aghdam-Doust, 58, ist Mitglied der Kampagne für Gleichberechtigung. Sie war zur Zeit der Islamischen Revolution Lehrerin und später auf Anordnung des Erzie hungsministeriums gezwungen, ihren Beruf aufzugeben. Alieh Aghdam-Doust, eine gewaltlose politische Gefange ne, verbüßte ab Januar 2009 eine dreijährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis in Teheran wegen ihres Protestes gegen diskriminierende Gesetze nach der Islamischen Revolution von 1979. Sie wurde im Januar 2007 wegen „Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch Teil nahme an einer illegalen Versammlung“ verurteilt. Ihre Verurteilung bezog sich auf eine friedliche Demonstration gegen Frauendiskriminierung, an der sie im Juni 2006 teilnahm. Diese wurde von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst und 70 Personen wurden verhaftet.
Alieh Aghdam-Doust wurde im März 2010 in Einzelhaft verbracht, nachdem sie am Internationalen Frauentag, dem 8. März 2010, vor weiblichen Mitgefangenen eine Rede gehalten hatte. Sie wurde später in Abwesenheit ihres Anwaltes vor Gericht gestellt und wegen ihrer Rede mit neuen Anklagen konfrontiert. Sie ist noch nicht deswegen verurteilt worden. Im November 2010 ver brachte sie eine Woche in Einzelhaft, nachdem sie gegen die Verlegung weiblicher Gefangener in die „MethadonAbteilung“, in der weibliche Drogenabhängige einsitzen, protestiert hatte. Alieh Aghdam-Doust wurde am 8. Januar 2012 nach Verbüßung ihrer Haftstrafe entlassen.
Amnesty International
IRAN / 13
ASIEH AMINI JOURNALISTIN, dICHTERIN UND FRAUENRECHTLERIN
„Gesetze spiegeln nicht die Wünsche einiger hundert Leute wider, die Steine auf andere werfen. Gesetze müssen die Gesellschaft genauso wie die Sicherheit von Individuen Normen unserer Zeit in Einklang stehen. Gesetze müssen Gesellschaften von Gewalt und Kriminalität wegführen.“
Asieh Amini ist Journalistin, Dichterin und Aktivistin für Frauen- und Menschenrechte. Viele Jahre hat sie gegen die Todesstrafe im Iran gekämpft, insbesondere die Hinrichtung von Minderjährigen und die Steinigung von Frauen. Sie ist eine der Gründerinnen der Kampagne „Schluss mit Steinigungen“, die viele vor der Hinrichtung durch Steinigung bewahrt hat, und ist Gründungsmitglied und Leiterin der Iranischen Frauenvereinigung (Kanoon Zanan Iran). Asieh Amini lebt jetzt mit ihrem Mann Javad Montazeri im Exil in Norwegen. Asieh Amini hat in den letzten zwei Jahren mehr als 60 Artikel, Berichte und Interviews auf Farsi, Englisch und Norwegisch veröffentlicht. Diese betrafen soziale Fragen im Iran wie Menschenrechte, Frauenrechte und Steinigung. Sie hat diese Fragen auch auf verschiedenen internationalen Konferenzen erörtert. Asieh Amini ist Herausgeberin von Online-Magazinen, „Frauen im Iran“ und „Koneshgaran“ und der Zeitungen „Sobhe Emrooz“, „Etemaad“ und „Iran Javan“. Sie ist auch Reporterin für die Tageszeitung „Azad“ und hat Artikel auf „Roozonline“ veröffentlicht.
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
schützen. Gesetze müssen mit den zivilisierten
2009 verlieh Human Rights Watch Asieh Amini den Hell man/Hammett-Preis. Laut der Organisation „wurde damit gewürdigt, dass sie das Leben einiger Jugendlicher und Frauen im Todestrakt gerettet hat, indem sie ihre Fälle veröffentlichte, Kampagnen an die Behörden organisierte und Familien von Opfern überzeugte, auf ihr Recht auf Vergeltung zu verzichten.“ Im März 2007 gehörte Asieh Amini zu 33 Frauen, die verhaftet wurden, als sie gegen die Anklage von fünf Frauenrechtlerinnen in Teheran protestierten. Sie wurde einige Tage später freigelassen und von den Anklagen gegen sie freigesprochen. Im Januar 2012 erhält sie den Oxfam Novib/PEN Award.
14 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
© privat
BAHAREH ALAVI JOURNALISTIN, bLOGGERIN, FRAUENRECHTLERIN UND AKTIVISTIN FÜR DIE RECHTE DER KURDEN
Bahareh Alavi, Menschenrechtlerin und Mitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“, war eines der jüngsten Mitglieder der Frauenbewegung. Sie begann ihre Menschenrechtlichen und journalistischen Aktivitäten, als sie 16 war, und wurde 2007 Mitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“. Am 26. April 2011 starb Bahareh Alavi im Alter von 20 Jahren bei einem Auto unfall. Bahareh Alavi beteiligte sich an den Protesten von 2009 nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen. Sie beschrieb sie detailliert in ihrem Blog. In den Tag nach den Protesten, als viele politische und zivilgesellschaft liche Aktivisten verhaftet wurden, waren auch viele ihrer Freundinnen und Freunde betroffen. Bahareh Alavi ver öffentlichte ihre Lage in den Medien.
Bahareh Alavi schrieb einen regelmäßigen Weblog, „Die Tochter der Sonne“, über die Einschränkungen, die sie als iranische Frauen erfuhr, und die Wut und Trauer die sie bei jeder Hinrichtung empfand. Im April 2010 schrieb sie einen Artikel für das „Menschenrechtshaus des Iran“ über das Leben von Farangis Khanum Davoudifar, der Mutter von Kaveh Kermanshahi, einer kurdischen Menschenrechtsaktivistin und Mitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“. In ihren letzten Projekten vor ihrem vorzeitigen Tod beschäftigte sie sich u.a. mit einer Untersuchung weib licher Genitalverstümmelung und der Übersetzung eines Buches über die Erfahrung, im Iran lesbisch zu sein. In einem Interview mit BBC sprach sie über Frauenrechte in der Ehe und die Gleichberechtigung für Frauen im Iran.
Amnesty International
IRAN / 15
BAHAREH hedayat StudentiN und frauenrechtlerin
„Wir sind erschöpft, aber sind nicht gebeugt oder gebrochen. Wir stehen weiterhin aufrecht, wenn auch mit verwundeten und ruhelosen Diktatoren, die ein fruchtbares Land plündern, das durch die selbstlose Opferbereitschaft vergangener und gegenwärtiger Generationen genährt wird.“
Bahareh Hedayat, 30, ist Studentin und Frauenrechtle rin und Mitglied der Kampagne für Gleichberechtigung. Sie verbüßt gegenwärtig eine 10-jährige Haftstrafe nach ihrer Verhaftung am 31. Dezember 2009, inmitten der Unruhen nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen. Sie verbrachte 81 Tage in Einzelhaft und erduldete einen grauenhaften Verhörprozess, bevor sie ins Evin-Gefängnis gebracht wurde. Am 16. Juli 2011 wurde ihr ein viertägi ger Hafturlaub zur Begehung eines religiösen Feiertages gegen 700.000 US-Dollar Kaution gewährt. Bahareh Hedayat ist Mitglied des „Büros für die Bewah rung der Einheit“ (einer Studentenorganisation) und Vorsit zende von dessen Frauenkomitee sowie Mitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“ gegen Frauen diskri minierende Gesetze. Wegen ihres Einsatzes war Bahareh Hedayat vor ihrer Verhaftung 2009 bei zahlreichen Anläs sen festgenommen und inhaftiert worden. Sie war für den Studenten-Friedenspreis 2010 nominiert worden. Sie ist verheiratet mit Amin Ahmadian, einem politischen Aktivisten und Mitglied der „Islamischen Graduierten vereinigung“. Am 24. Mai 2011 wurde Bahareh Hedayat ein halbstündiges Treffen mit Verwandten von Angesicht zu Angesicht gestattet. Dies war ihre erste persönliche Begegnung mit ihren Eltern nach 13 Monaten.
© privat (Campaign for Equality)
Herzen. Wir sind Zeugen der Bemühungen von
Einige der Anklagen, die gegenwärtig gegen Bahareh Hedayat erhoben werden, beziehen sich auf einen Brief anlässlich des Studententages am 7. Dezember 2010. Diesen Brief hatte sie verfasst mit Majid Tavakkoli, einem prominenten Studentenführer und politischen Gefangenen, und er lobte die Anstrengungen iranischer Studenten im Ausland. Der Brief fand großes Echo im und außerhalb des Iran und stieß auf großes Medien interesse. 2012 erhielt sie den Menschenrechtspreis der Edelstam Foundation, Stockholm/ Schweden. Nach einer zweiten Berufung hielt das Gericht an einer 9½-jährigen Haftstrafe fest. Am 17. Januar 2013 wurde sie jedoch aus medizinischen Gründen vorläufig aus der Haft entlassen, laut Mitteilung ihres Ehemanns gegen eine hohe Kaution und die Zusage, keinerlei Interviews zu geben und nicht an politischen Zusammenkünften oder Aktivitäten teilzunehmen. Wenn sie die Bedingun gen einhalte, werde ihr Hafturlaub zwecks medizinischer Behandlung verlängert, hieß es.
16 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
© privat
Haleh sahabi politische aktivistin und frauenrechtlerin, religionswissenschaftlerin
Haleh Sahabi, 54, war politische Aktivistin, Frauenrecht lerin und Religionswissenschaftlerin. Sie war Mitglied der „Mütter für Frieden“ und beteiligte sich an Kampagnen für Frauenrechte. Haleh Sahabi war eine der wenigen weiblichen iranischen Korangelehrten. Sie verbrachte einen Großteil ihres Lebens mit dem Studium des Koran auf der Suche nach Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Islam. Ihr Hauptanliegen war, zu beweisen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, und einen Weg zu finden, ihre Forschungsergebnisse der religiösnationalistischen Öffentlichkeit zu vermitteln. Haleh Sahabi, eine von Amnesty International betreute politische Gefangene, verbüßte eine zweijährige Haft strafe, nachdem sie wegen ihrer friedlichen Demonstra tionsteilnahme im Protest gegen Präsident Ahmadinejads Amtseinführung im August 2009 verhaftet worden war. Sie wurde Mitte August 2009 gegen Kaution freigelassen, aber später zu zwei Jahren Haft verurteilt wegen „Propa ganda gegen das System durch wiederholte Anwesenheit bei illegalen Versammlungen und wegen Störung der öffentlichen Ordnung“.
Haleh Sahabi starb, offensichtlich nachdem sie von einem Angehörigen der Sicherheitskräfte geschlagen worden war, am Morgen des 1. Juni 2011 während der Beiset zung ihres Vaters Ezzatollah Sahabi, einem ehemaligen Abgeordneten und Führer der „Nationalreligiösen Allianz“. Amnesty International erhielt den Bericht eines Augen zeugen, der sagte, dass ein oder mehrere Angehörige der Sicherheitskräfte Haleh Sahabi grob behandelt und geschlagen hatten, nachdem sie sich weigerte, ein Foto ihres Vaters herauszugeben, das sie hochhielt. Haleh Sahabis eigene Beisetzung, organisiert von Sicher heitskräften, wurde um 10 Uhr abends an ihrem Todestag durchgeführt. Eine vorherige Autopsie fand nicht statt. Einige Trauernde wurden laut Berichten bei ihrer Bei setzung verhaftet. Als Reaktion auf ihren Tod traten 18 gewaltlose politische Gefangene in einen Hungerstreik.
JIla Baniyaghoub Journalistin und frauenrechtlerin
IRAN / 17
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
Amnesty International
„Anders als Sie habe ich nicht Jura studiert, aber ich kenne das Recht in allgemeiner Weise, wie es jeder Bürger kennen sollte, und ich weiß, dass Staatsanwälte nicht dazu da sind, Journalisten oder andere Bürger zu verfolgen, sondern auch die Regierung, wenn diese Bürgerrechte verletzt.“
Jila Baniyaghoub, 41, ist eine freie Journalistin und Chefredakteurin der Website Kanoon Zanan Irani (Iranisches Frauenzentrum), einer Nachrichtenseite, die Frauenthemen behandelt. Die Seite steht unter regel mäßiger Überwachung durch iranische Behörden, die wiederholt versucht haben, sie zu schließen. Sie ist auch Gründungsmitglied der „Eine Million UnterschriftenKampagne“. Jila Baniyaghoub begann ihre Journalismus-Karriere bei der Tageszeitung „Hamshahri“, als sie noch an der Universität Allameh Tabatabai Journalismus studierte. Sie hat seitdem für verschiedene Zeitungen gearbeitet, darunter „Sarmayeh“, und wurde mehrfach bedroht oder entlassen wegen ihrer Berichterstattung über Unter drückung durch die Regierung. 2001 reiste Jila Baniyaghoub durch den Nahen Osten. Dort schrieb sie Artikel über Flüchtlinge und Frauen, die sie traf und behandelte Themen wie soziale und rechtliche Diskriminierung. Sie veröffentlichte kürzlich ein Buch, „Journalisten im Iran“, das die Erfahrungen iranischer Journalisten dokumentiert, darunter auch ihre eigenen. Derzeit schreibt sie ein Buch mit dem Titel: „Frauen in Abteilung 209 von Evin“.
2009 gewann Jila Baniyaghoub den „Mut im Journalis mus“ -Preis der Internationalen Frauen-Medienstiftung. In den letzten Jahren hat sie auch andere internationale journalistische Auszeichnungen erhalten, darunter den „Internationalen Freiheit der Meinungsäußerung“ -Preis der Kanadischen Journalisten für Meinungsfreiheit und den „Bestes Weblog“ -Preis von Reporter ohne Grenzen. Jila Baniyaghoub wurde bei vier Anlässen inhaftiert. Zu letzt wurde sie im Juni 2009 verhaftet, als sie über Pro teste nach der Wahl im Iran berichtete. Jila Baniyaghoubs Ehemann, der Journalist Bahman Ahmadi Amou’i, wurde damals auch verhaftet. Sie wurde im August freigelassen, aber ihr Ehemann bleibt gegenwärtig noch in Haft. Am 12. Dezember 2011 schrieb er einen bewegenden Brief an sei ne Frau aus der Haft. Ein Zitat: „Vielleicht, wenn du nicht gewesen wärest, wäre ich vor Jahren anderswo gelandet und nicht hier in der Abteilung 350 des Evin-Gefängnis neben den besten, aufrichtigsten und auserwählten Kin dern unseres Landes. Jetzt aber kann ich auf diese Art zu leben stolz sein und meinen Kopf hochhalten.“ Im August 2012 forderte man sie erneut auf, ihre einjäh rige Haftstrafe mit 30 Jahren Berufsverbot als Journa listin im Evin-Gefängnis anzutreten. Seit 1. September 2012 ist sie nunmehr in Haft.
18 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
© privat
Kaveh Kermanshahi Journalist und Menschenrechtler
Kaveh Kermanshahi, 27, Journalist und Menschenrechtler, fing 2005 an, auf dem Gebiet der Bürger- und Menschen rechte zu arbeiten, als er Mitglied des Zentralrates der Nichtregierungsorganisation „Zhiar“ in Kermanshah wur de. Drei Jahre später löste das iranische Innenministerium die Organisation auf. 2006 begann er, bei der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“ mitzuarbeiten. 2007 wurde Kaveh Kermanshahi Mitglied des Zentralrats der „Menschenrechtsorganisation von Kurdistan“. Er half mit, die Vertretung des studentischen „Büros für die Stärkung der Einheit“ in Kermanshah aufzubauen und war verantwortlich für den Menschenrechtsausschuss. Kaveh Kermanshahi hat einen Bachelor-Abschluss in Rechtswissenschaft der Universität Kermanshah.
Kaveh Kermanshahi schreibt den Blog „Zhiar“, der mehr mals von iranischen Behörden blockiert wurde. Er hat Be richte für die kurdische „Human Rights Watch-Agentur“, „Radio Zamaneh“, „Roozonline“, „Change for Equality“ und andere kurdische und Farsi-Websites geschrieben. Kaveh Kermanshahi wurde im Februar 2010 vom irani schen Geheimdienst festgenommen und inhaftiert. Er wurde vier Monate lang in Einzelhaft gehalten und harten Bedingungen und Verhören unterworfen. Im Mai 2010 wurde er gegen Kaution freigelassen, ohne formell ange klagt worden zu sein. Er wurde schließlich im Berufungs verfahren zu 4 Jahren Haft verurteilt. Jedoch entschied sich Kaveh Kermanshahi, sich nicht erneut zum Haftantritt anzumelden, um seine Strafe zu verbüßen. Er lebt seit März 2012 in Deutschland.
Amnesty International
IRAN / 19
© privat
Khadijeh Moghaddam Aktivistin für frauenrechte und Die umwelt
Khadijeh Moghaddam ist aktives Mitglied der „Kampagne für Gleichberechtigung“ und „Mütter für den Frieden“. Die 2006 ins Leben gerufene „Kampagne für Gleichbe rechtigung“ ist eine iranische Frauenrechtsbewegung, die von Frauen wie Männern getragen wird und die Diskrimi nierung von Frauen im iranischen Recht abschaffen will. „Mütter für den Frieden“ wurde 2007 von einer Anzahl iranischer Frauen mit dem Ziel gegründet, gegen eine mögliche militärische Intervention aus Anlass des irani schen Atomprogramms Stellung zu beziehen und „trag fähige Lösungen“ für die instabile Region zu entwickeln.
2009 wurde Khadijeh Moghaddam im Zusammenhang mit einer am 11. Januar 2009 abgehaltenen Demonstra tion der „Mütter für den Frieden“ angeklagt wegen „Missachtung von Polizeibefehlen“, „Störung der öffent lichen Ordnung“ und „Propaganda gegen das System“.
Khadijeh Moghaddam ist häufig wegen ihrer Tätigkeit als Aktivistin der Frauen- und Umweltbewegung gerichtlich vorgeladen worden. Auch wurde sie wegen ihrer Teil nahme an friedlichen Protesten verhaftet und mit einem Ausreiseverbot belegt.
Am 18. Dezember 2011 erhielt Khadijeh Moghaddam den Menschenrechtspreis der Stadt Bochum, den sie auch persönlich entgegennehmen konnte.
Bereits 2008 war Khadijeh Moghaddam im Zusammen hang mit Zusammenkünften in ihrer Wohnung fest genommen und verhört worden, die sie für Mitglieder der „Kampagne für Gleichheit“ und „Mütter für den Frieden“ organisiert hatte.
20 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
Mahboubeh Karami Journalistin und Aktivistin für Frauenrechte
gegangen bin. Ich glaube von ganzem Herzen an mein Anliegen, und ich bin bereit, den Preis dafür zu zahlen.“
© Raha Asgarizadeh
„Ich bereue nicht den Weg, den ich
Mahboubeh Karami, Journalistin und Aktivistin für Frauenrechte, gehört der „Eine Million Unterschriften- Kampagne“ an. Früher war sie Direktorin der Frauen sektion der unabhängigen Organisation „Menschen rechtsaktivisten im Iran“ (HRAI). Für die „Kampagne für Gleichberechtigung“ hat sie Artikel geschrieben.
Als ihre Mutter 2009 starb, war sie in Haft, und ihr wurde nicht gestattet, das Gefängnis aus Anlass des Jahrestags des Todes ihrer Mutter zu verlassen. Vor ihrer Verhaftung war sie die einzige Fürsorgeperson ihres alternden Vaters, der an Alzheimer erkrankt war und inzwischen auch gestorben ist.
Mahboubeh Karami, 42, wurde im März 2010 verhaftet und ohne Anklage oder gerichtliches Verfahren in Einzel haft im Evin-Gefängnis Teheran festgehalten.
Mehrere weibliche gewaltlose politische Gefangene im Evin-Gefängnis, darunter Bahareh Hedayat (S.15), Mahboubeh Karami und Shiva Nazar Ahari (S. 29) traten Ende Oktober 2012 für eine Woche in einen Hunger streik. Sie protestierten gegen ihre Behandlung durch das weibliche Gefängnispersonal. Sie seien auf entwür digende Art durchsucht worden und persönliche Dinge seien konfisziert worden. Einige berichteten von sexueller Belästigung. Sie beendeten den Hungerstreik, nachdem sie sie die Zusicherung erhalten hatten, dass die Vorgän ge untersucht würden.
Am 18. August 2010 wurde sie gegen eine Kaution von 500.000 US-Dollar freigelassen. Am 15.Mai 2011 trat sie eine dreijährige Gefängnisstrafe an, die gegen sie wegen ihrer friedlichen Unterstützung von erweiterten Frauenrechten verhängt worden war. Sie wurde verurteilt wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation (HRAI)“ und wegen „Zusammenkünften und Verabredungen mit der Absicht, die Staatssicherheit zu beeinträchtigen und Propaganda gegen das System zu verbreiten“. Mahboubeh Karami leidet unter gesundheitlichen Proble men. Zur Zeit ihrer Verhaftung im März 2010 hatte sie Depressionen, die während ihrer Inhaftierung schwerer wurden. Es wird auch berichtet, dass sie unter Schlaflo sigkeit und Atemproblemen litt.
Mahboubeh Karami musste ihren Hungerstreik abbre chen, da ihr Gesundheitszustand bedrohlich wurde und man sie in die Krankenabteilung des Gefängnisses bringen musste.
Amnesty International
IRAN / 21
© privat
mAHBOUBEH aBBASGHOLIZADEH jOURNALISTIN, fILMEMACHERIN UND FRAUENRECHTlErin
Mahboubeh Abbasgholizadeh war ein Gründungsmitglied der Kampagne „Stoppt Steinigungen für immer“, die der Steinigung im Gesetz und in der praktischen Durchfüh rung ein Ende setzen will. Sie ist aktives Mitglied der Bewegung für eine „Iranische Frauencharta“. Sie war Direktorin des Schulungszentrums, das zur Unterstützung des anwachsenden NGO-Netzwerks im Iran gegründet wurde. Die Organisation wurde 2004 vom Revolutions gericht des Iran bei ihrer ersten Festnahme geschlossen. Sie stand auch an der Spitze der „Vereinigung von Schriftstellerinnen und Journalistinnen“ und war die verantwort liche Herausgeberin der Frauenzeitschrift Farzaneh. Im März 2007 wurde Mahboubeh Abbasgholizadeh zusammen mit anderen Aktivistinnen während einer friedlichen Demonstration vor dem Revolutionsgericht in Teheran verhaftet. Sie wurde vom 4. bis 19. März in Einzelhaft gehalten. Sie war in der Abteilung 209 des berüchtigten Evin-Gefängnisses inhaftiert, die vom Geheimdienst-Ministerium der Islamischen Republik Iran unterhalten wird. Als Voraussetzung für ihre Frei lassung am 19. März 2007 wurde eine Kaution von 250 MillionenToman (oder 260.000 US-Dollar) fest gesetzt. Das Schulungszentrum wurde geschlossen und dessen Bankguthaben eingefroren.
Im Dezember 2009 gehörte Mahboubeh Abbasgholizadeh zu denjenigen im Iran, die auf dem Weg zur Beerdigung des Großayatollahs Hosseinali Montazeri verhaftet wur den. Er war ein ranghoher Geistlicher, der die iranische Regierung kritisiert hatte, weil sie die Demonstrationen im Gefolge der umstrittenen Präsidentschaftswahl im Juni 2009 gewaltsam niedergeschlagen hatte. Mahbou beh Abbasgholizadeh wurde nach 24 Stunden unter der Bedingung, ihre regimekritischen Filme von ihrer Website zu entfernen, freigelassen. Heute lebt sie in den USA.
22 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
Mansoureh Shojai ist eine iranische Journalistin, Über setzerin und Frauenrechtlerin. Sie war Gründerin vieler bedeutsamer Organisationen im Iran, so des „Frauen kulturzentrums“, der „Banoo Bibliothek“, der „Sedigheh Dolatabadi Bibliothek“ und der „Eine Million Unter schriften-Kampagne“. Jüngst war Mansoureh Shojai Mitgründerin des „Frauen solidaritätskomitees gegen soziale Gewalt“ und der „Grünen Koalition von Frauen“. Sie ist Verfasserin von mehr als 200 Artikeln in verschiedenen Magazinen, Zeitschriften und Websites. Mansoureh Shojai hat 22 Jahre lang als Bibliothekarin in der Iranischen Nationalbibliothek gearbeitet. Seit dem Jahr 2000 organisierte und gründete sie örtliche Biblio theken für Frauen und Kinder in Teheran und anderen Städten und fand dabei die Unterstützung und Zusam menarbeit nationaler und internationaler Organisationen wie z.B. der UNO.
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
MANSOUREH SHOJAI BIBLIOTHEKARIN, JOURNALISTIN, ÜBERSETZERIN UND FRAUENRECHTLERIN
Am 27. Dezember 2009 wurde Mansoureh Shojai ver haftet und ins Gefängnis eingeliefert. Es war ihre dritte Verhaftung seit 2005. Nach einem Monat wurde sie unter der Bedingung freigelassen, ihr Haus als Sicherheit zu verpfänden. Mansoureh Shojai lebt nun in Deutschland, wo sie von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt wird. Ihre Forschungen konzentrieren sich auf die Beziehungen zwischen der iranischen Frauenrechtsbewegung und der grünen Bewegung. Im Januar 2011 erhielt sie ein Stipendium des deutschen Zweigs der internationalen PEN-Vereinigung. Mansoureh Shojaee ist Co-Editorin und Verantwortliche einer Webseite für Frauenrechte. In den zwei Jahren, seit sie in Deutschland lebt, wurde sie dreimal aufgefordert, im Evin-Gefängnis ihre Strafe anzutreten.
Amnesty International
IRAN / 23
MEHRANGIZ KAR Menschenrechtsanwältin, Journalistin und FrauenrechtLerin
„Wenn ich über Frauenrechte spreche, fühle ich manchmal tiefen Ekel, weil ich dieser Rechte aufzählen muss, für die ich keine Lösungen weiß.“
Mehrangiz Kar, 67, ist Journalistin, Frauenrechtlerin und Menschenrechtsanwältin. Trotz der Beschränkun gen, die weiblichen Anwälten auferlegt sind, war sie als Verteidigerin in Zivil- und Strafgerichten des Iran tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen einfluss reichen und unabhängigen Zeitschriften wie etwa Zanan. Mehrangiz Kar hat 14 Bücher veröffentlicht und über 100 Artikel in iranischen Zeitungen und Zeitschriften. Ihre Bücher behandeln Themen wie die Rechte der Frauen und das Verhältnis von Recht und Politik im Iran. Mehrangiz Kar wurde 2001 von Amnesty International als „Menschenrechtsheldin“ ausgezeichnet. Sie ist die Witwe von Siamak Pourzand, dem Journalisten und politischen Dissidenten, der nach einer langen Zeit der Folterung und Einkerkerung am 29. April 2011 starb. Mehrangiz Kar wurde im April 2000 wegen ihrer Teil nahme an einer Berliner Konferenz zu sozialen und kulturellen Fragen inhaftiert. Ihre Äußerungen dort stellten keine Aufstachelung zur Gewalt dar; dennoch betrachtete die iranische Justiz ihre Teilnahme als „schädlich für die nationale Sicherheit“.
© privat
eine so lange Reihe von Verletzungen
Ihr Prozess fand im Dezember 2000 statt, und sie wurde wegen ihrer Erklärungen auf der Konferenz zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Vor der für den November 2001 terminierten Verhandlung am Revisionsgericht wurde sie gegen Kaution freigelassen, um sich in den USA wegen Brustkrebs behandeln zu lassen. Im Februar 2001 verließ sie für diese Behandlung den Iran, kehrte jedoch nicht zurück, weil sie im Fall ihrer Rückkehr die sofortige Inhaftierung befürchten müsste. Mehrangiz Kar war 2005/2006 Radcliffe Fellow an der Harvard University und arbeitete am Carr Center für Menschenrechtspolitik an der John F.Kennedy School of Government in Harvard. 2004 erhielt sie von Human Rights First einen Menschenrechtspreis. Sie war auch Fellow am Woodrow Wilson Center, der American Uni versity in Washington DC, der Universität von Virginia in Charlottesville und an der Columbia University. 2004 erhielt sie von Human Rights First einen Men schenrechtspreis.
Nasrin sotoudeh Menschenrechtsanwältin
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
24 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
„Ich danke euch dafür, dass ihr der Welt die massive Kluft demonstriert habt zwischen den Entscheidungen des herrschenden Regimes und der Sehnsucht einer ganzen Nation.“
Nasrin Sotoudeh, Menschenrechtsanwältin, gehört der „Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte“, der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“ und der „Gesellschaft für Kinderrechte“ an. Sie hat politische Gefangene rechtlich vertreten, die nach den Protesten gegen die Präsidentschaftswahlen 2009 inhaftiert wor den waren. Sie hat auch Opfer von Kindesmisshandlung vertreten und minderjährige Täter, denen die Todesstrafe drohte. Unter ihren früheren Klienten befindet sich auch die Trägerin des Friedensnobelpreises, Shirin Ebadi. Nasrin Sotoudeh, 47, hat ein Diplom in Internationalem Recht der Shahid Beheshti Universität. Seit 1991 hat sie für Medien Interviews gegeben und Artikel geschrie ben, so für die Zeitungen Jamee, Toos und Sobh e Emorooz und das Aban Magazin. Sie ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Nasrin Sotoudeh hat mehrere internationale Auszeich nungen für ihre Menschenrechtsarbeit gewonnen, darun ter 2008 den Preis des Internationalen Menschenrechts komitees von Italien, 2010 den Goldmohnpreis der Stadt Florenz und 2011 den PEN/Barbara Goldsmith Preis für die Freiheit zu schreiben.
Nachdem sie am 4. September 2010 verhaftet wurde, hat Nasrin Sotoudeh die meiste Zeit in Einzelhaft im Evin-Gefängnis, Teheran, verbracht. Ihre Gesundheit hat darunter gelitten, dass sie drei Hungerstreiks durchführ te, um gegen ihre Verhaftung und die Haftbedingungen zu protestieren. Während ihres Hungerstreiks trank sie drei Tage lang kein Wasser („trockener“ Hungerstreik). Am 9. Januar 2011 wurde Nasrin Sotoudeh zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie „gegen die natio nale Sicherheit gehandelt“ und „Propaganda gegen das System“ betrieben habe. Sie erhielt auch für 20 Jahre Berufs- und Ausreiseverbot. Nach weltweiten Protes ten wurde sie zu “nur” 6 Jahren Haft und 10 Jahren Berufsverbot verurteilt. Gegen ihren Ehemann und ihre Tochter wurde 2012 ein Reiseverbot verhängt. Besuche der Familie wurden nicht in dem rechtlich vorgesehe nen Umfang erlaubt. Die Schikanen wurden Ende 2012 teilweise zurückgenommen, nachdem Nasrin Sotoudeh in einen 49-tägigen Hungerstreik getreten war. Während ihres Hungerstreiks wurde ihr – zusammen mit dem iranischen Filmemacher Jafar Pahani – von der Europäischen Union der Sacharow-Preis für Meinungs freiheit verliehen.
Amnesty International
IRAN / 25
shadi sadr Anwältin, Journalistin und MenschenrechtsVerteidigerin
„Wir müssen daran arbeiten, Steinigung auszurotten, wo immer sie in der Welt Akt (...) , durch den die Herrschenden Kontrolle über die Gesellschaft gewinnen und die Menschen daran hindern wollen, ihr Recht auf Privatleben zu genießen.
Shadi Sadr ist eine iranische Journalistin, Anwältin und Verteidigerin von Menschenrechten. Sie gründete die angesehene Website Zanan-e Iran (Frauen in Iran), die erste Website, die ausschließlich Frauenrechtsaktivistin nen gewidmet war. Sie hat Aktivistinnen und Journalist innen verteidigt, darunter mehrere zum Tode verurteilte Frauen, deren Urteile danach revidiert wurden. Shadi Sadr war Direktorin von Raahi, einem Rechtsbe ratungszentrum für Frauen, bis zu dessen Schließung 2007. Das Zentrum betrieb kostenlose Rechtsberatung für randständige Frauen und Frauen, die rechtlicher Unterstützung bedurften. 2006 war sie mitbeteiligt an der Initiierung der Kampagne „Schluss mit der Steini gung“. Vorher war sie viele Male vom GeheimdienstMinisterium drangsaliert und zu Verhören einbestellt worden.
© Jorn van Eck / Amnesty International
vorkommt: es ist ein brutaler und inhumaner
Die Behörden schlossen das Raahi Rechtsberatungs zentrum, während sie 2007 in Haft war. Sie wurde auf Kaution entlassen, doch im Juli 2009 während der Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen von zwei Zivilpolizisten erneut verhaftet, als sie zum Freitags gebet ging. Nach 11 Tagen wurde sie als Reaktion auf den internationalen Protest entlassen, und sie floh nach Deutschland. 2009 erhielt sie den Lech-Walesa-Preis für ihre Förde rung der Menschenrechte, der Meinungsfreiheit und der Demokratie im Iran. Auch erhielt sie 2009 von der niederländischen Regierung die Menschenrechtsver teidiger-Tulpe.
Sussan Tahmasebi Aktivistin für Frauenrechte und zivilgesellschaftliche Entwicklung
© privat
26 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
„Die Frauen des Iran sind außerordentlich stark. Sie haben unglaubliche Fortschritte gemacht und haben über 100 Jahre lang für ihre gesetzlichen und sozialen Rechte gekämpft. Sie sind keine Opfer und müssen nicht gerettet werden. Sie kämpfen einen schwierigen Kampf, und augenblicklich stehen die Zeichen nicht gut für sie.“
Sussan Tahmasebi, Aktivistin für die Rechte von Frauen und die Entwicklung der Zivilgesellschaft, ist Gründungs mitglied der „Kampagne für Gleichberechtigung“. Sie hat in mehreren iranischen Nichtregierungsorgani sationen sowohl auf nationaler wie lokaler Ebene gearbeitet. Sussan Tahmasebi erhielt 2010 den AlisonDes-Forges-Preis von Human Rights Watch für ihre Beharrlichkeit, Frauenrechte als vordringliches Thema auf die nationale politische Agenda des Iran zu setzen. Sussan Tahmasebi hat eine Schlüsselrolle bei der Zusammenarbeit zwischen iranischen und den entspre chenden internationalen Nichtregierungsorganisationen eingenommen. Sie war Mitgründerin des Iranischen zivil gesellschaftlichen Schulungs- und Forschungszentrums, das von den Sicherheitskräften im März 2007 geschlos sen wurde. Gegenwärtig ist sie Herausgeberin der englischen Ausgabe von Change for Equality, die Website der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“.
Im Juni 2006 wurde Tahmasebi verhaftet und beschul digt, Propaganda gegen den Staat verbreitet zu haben und eine Bedrohung der nationalen Sicherheit darzustel len. Ihr Verfahren fand am 4. März 2007 statt, und sie wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, von denen 18 Monate ausgesetzt wurden. Sie wurde vor dem Beru fungsverfahren gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Am Tag ihres Verfahrens hielten Aktivistinnen der Frauenbewegung eine Protestversammlung vor dem Gebäude des Revolutionsgerichts ab. Als Tahmasebi das Gebäude verließ, wurde sie erneut zusammen mit 32 Demonstrantinnen verhaftet. Sie wurde der Bedrohung der nationalen Sicherheit beschuldigt sowie der Geheim bündelei und der Missachtung polizeilicher Anordnungen. Obgleich diese Beschuldigungen später fallengelassen wurden, ist sie weiterhin Drangsalierungen der Sicher heitskräfte ausgesetzt. Sussan Tahmasebi lebt heute in den USA.
PARVIN ARDALAN jOURNALISTIN, aUTORIN, FRAUENRECHTLERIN
IRAN / 27
© Kosoof (Arash Ashoorinia)
Amnesty International
„Diesen Preis widme ich allen Frauen in meinem Land, meiner Mutter, den Müttern von Männern, die wegen ihres Gewissens gefangen gehalten werden, und all den anderen Müttern dieses Landes, die, selbst darunter leidend, uns gelehrt haben, der Diskriminierung zu widerstehen, damit auch wir diese Lehren an unsere Kinder und künftige Generationen weitergeben können.“
Parvin Ardalan, 37, ist Journalistin und Autorin. Sie ar beitete für frauenspezifische Medien wie Zanestan und The Feminist Tribune of Iran, bis die iranischen Behörden beide Online-Magazine im Jahr 2007 unterbanden. Parvin Ardalan erhielt 2007 den Olof-Palme-Preis für ihre Erfolge und Bemühungen um die Erlangung gleicher Rechte für die Frauen im Iran. Im März 2008 wurde Parvin Ardalan daran gehindert, den Preis in Schweden entgegen zu nehmen. Ihr Reisepass wurde für drei Tage beschlagnahmt, um sie an der Reise zu hindern. An ihrer Stelle nahm ihre Schwester den Preis entgegen.
Parvin Ardalan gehörte dem „Frauen-Kulturzentrum“ an, der allerersten iranischen Nichtregierungsorganisation, die sich der Förderung von Frauenrechten widmete. Sie wurde im Jahr 2007 zusammen mit Zanestan verboten. Ardalan war auch ein Gründungsmitglied der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“. Im September 2008 wurde Parvin Ardalan wegen ihrer Beiträge zu den Websites Change for Equality und Zanestan zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Schon vorher war sie verhaftet und beschuldigt worden, an der Organisation einer friedlichen Demonstration beteiligt gewesen zu sein, die im Juni 2006 für erweiterte Frau enrechte eingetreten war. Heute lebt sie in Schweden.
28 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
© Kristin Rødland Buick / Amnesty International
Shirin ebadi Menschenrechtsanwältin und Nobelpreisträgerin
„So lange Frauen, wo auch immer in der Welt, die Menschenrechte vorenthalten werden, kann es keine Gerechtigkeit und keinen Frieden geben.“
Shirin Ebadi erhielt 2003 den Friedensnobelpreis für ihre Anstrengungen, die Menschenrechte und besonders die Rechte der Frauen, Kinder und politischen Gefange nen im Iran voran zu bringen. Sie war die erste muslimi sche Frau, die den Friedensnobelpreis erhielt. Shirin Ebadi war eine der ersten Richterinnen im Iran. Sie amtierte als Präsidentin des Stadtgerichts von Teheran in den Jahren 1975 bis 1979 und war die erste iranische Frau, die den Status einer Gerichtspräsidentin erlangte. Zusammen mit anderen Richterinnen wurde sie nach der Islamischen Revolution von 1979 aus dieser Position entlassen. Sie wurde zur Hilfskraft an dem Gericht degradiert, dessen Vorsitzende sie einst gewesen war, bis sie um Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand bat. Als sie 1992 ihre Zulassung als Anwältin erhielt, eröffnete Shirin Ebadi eine private Kanzlei.
Als Anwältin hat sich Shirin Ebadi vieler kontroverser Fälle angenommen und hat politische Dissidenten verteidigt. Folglich wurde sie bei vielen Gelegenheiten festgenommen. Sie war an der Gründung vieler Nicht regierungsorganisationen im Iran beteiligt, so an der „Eine Million Unterschriften-Kampagne“. Sie ist auch Mitbegründerin des „Zentrums für Menschenrechts anwälte (CHRD)“, einer in Teheran angesiedelten Nicht regierungsorganisation, die im Dezember 2008 von den iranischen Behörden gewaltsam geschlossen wurde. Als Universitätsprofessorin bietet Shirin Ebadi Schulungs kurse in Menschenrechten an. Sie hat über 70 Artikel und 13 Bücher veröffentlicht, die sich verschiedenen Aspekten der Menschenrechtsproblematik widmen. 2004 wurde sie vom Forbes Magazine als eine der 100 einflussreichsten Frauen der Welt aufgeführt. Shirin Ebadi lebt nicht mehr im Iran und bekam von Freunden und Kollegen den Rat, im Exil auszuharren, weil ihr bei einer Rückkehr die Verhaftung droht.
Shiva Nazar AharI JOURNALISTIN, BLOGGERIN UND FRAUENRECHTLERIN
IRAN / 29
© privat
Amnesty International
„Wenn dein Herz für einen anderen Gefangenen, eine Frau, ein zur Arbeit gezwungenes Kind schlägt, wirst du eine Angeklagte. Wenn du Vertrauen in die Menschen und den Glauben an Humanität und nichts anderes gefunden hast, begehst du dein erstes Verbrechen.“
Shiva Nazar Ahari, 27, ist Journalistin, Bloggerin und Gründungsmitglied des „Komitees der Menschenrechts reporter“ (CHRR). Das CHRR wurde 2006 gegründet und kämpft gegen ein breites Spektrum von Men schenrechtsverletzungen, darunter solche, die Frauen, Kinder, Gefangene und Arbeiter treffen. Sie war auch Gründungsmitglied der „Gesellschaft der Tara-Frauen“, einer bürgergesellschaftlichen Organisation, die sich die rechtlich erlaubte gewaltlose Verteidigung von Frauen rechten zum Ziel gesetzt hat. Shiva Nazar Ahari hat einen Abschluss der Islamischen Azad-Universität in Ingenieurwesen. Als sie versuchte, sich für die nationale Eingangsprüfung als Doktorandin einzuschreiben, wurde sie laut Berichten daran gehindert. Ihr wurde letztendlich wegen ihrer Arbeit als Menschen rechtlerin verboten, ihre Ausbildung fortzusetzen. Shiva Nazar Ahari wurde am 20. Dezember 2009 ver haftet, als sie auf dem Weg zur Beisetzung von Groß ayatollah Montazeri war, einem hochrangigen regierungs kritischen Geistlichen. Am 9. Januar 2011 verurteilte sie ein Berufungsgericht zu vier Jahren Haft im Exil in einem Gefängnis in Karaj und 74 Peitschenhieben wegen „Feindschaft gegen Gott“ und „Propaganda gegen das System“.
Shiva Nazar Ahari war vorher schon mehrfach festge nommen und inhaftiert worden. Sie verbrachte einige Zeit in einer „käfigähnlichen“ Einzelzelle, wo sie ihre Arme und Beine nicht bewegen konnte. Sie hatte ein geschränkten Zugang zu ihrer Familie und gar keinen zu ihren Anwälten. Im März 2011 wurde Shiva Nazar Ahari der „Theodor Haecker-Preis“ der Stadt Esslingen für ihre mutige Inter net-Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen verliehen. Der Preis soll Einzelpersonen oder Gruppen an erkennen, die sich für Frieden und Demokratie einsetzen. Sie trat am 8. September 2012 ihre 4-jährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis an.
30 / Geschichten von Frauenrechtlerinnen
© Raha Asgarizadeh
Zohreh Arzani Familienanwältin und Menschenrechtsaktivistin
Zohreh Arzani ist Familienanwältin und Menschenrechts aktivistin. Sie hat viele Aktivistinnen für Menschenrechte und im besonderen Frauenrechte vor Gericht vertre ten, z.B. Nahid Jafari, Somayeh Rashidi und Sussan Tahmasebi. Zohreh Arzani ficht beständig für die Gleichheit der Geschlechter und protestiert gegen diskriminierende Gesetze wie etwa die, die das Recht von Frauen auf Ar beit beschneiden, ihnen den Aufenthaltsort vorschreiben oder eine Erlaubnis für das Verlassen des Landes vor schreiben. Sie kämpft auch für das Recht auf Scheidung und dafür, das Mindestheiratsalter herauf zu setzen, das gegenwärtig bei 13 Jahren für Mädchen liegt, es sei denn, ein Gericht erlaubt ein noch jüngeres Alter.
Zohreh Arzani hebt die verschiedenen internationalen Resolutionen und Abkommen hervor, die dafür nützlich sein können, sowohl die Gewalt gegen Frauen wie die diskriminierenden Gesetze zu bekämpfen, die Gewalt anwendung im Leben der Frauen verstärken. Sie behaup tet, „wenn von den Gesetzen her mehr Unterstützung käme, würden wir bessere Chancen haben, Gewalt gegen Frauen im Iran zu bekämpfen und auszurotten.“ Als Mitglied der „Kampagne für Gleichheit“ und ihres Schu lungskomitees hat Zohreh Arzani Workshops zum Schutz der Familie und zu Menschenrechten geleitet. Zohreh Arzani wurde in der Vergangenheit vor iranische Gerichte zitiert und über ihre Arbeit vernommen. Zohreh Arzani kennt das iranische Justizsystem aus erster Hand. Zusammenkünfte mit Staatsanwälten und Klienten erwiesen sich als undurchführbar, weil das Revolutions gericht, um die Verfahren zu verschleppen, falsche Infor mationen zu den anstehenden Fällen herausgegeben hatte. Zohreh Arzani hat wie viele andere Anwälte gegen diese ungerechte Vorgehensweise protestiert. Sie kämpft weiter für Einhaltung der Menschenrechte im Iran.
Amnesty International
IRAN / 31
Die Verletzung von Frauenrechten ist nur ein kleiner Teil der Menschenrechtsproblematik im Iran. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite der Iran-Koordinationsgruppe der deutschen Sektion von Amnesty International: www.amnesty-iran.de/Main/Informieren Unser Ziel ist, die Menschenrechtsbewegung im Iran zu unterstützen. Das tun wir u.a. durch folgende Aktivitäten zum Iran: Wir sammeln, übersetzen und veröffentlichen Berichte über Menschenrechtsverletzungen. Wir koordinieren Aktionen für Menschenrechte und beteiligen uns an entsprechenden Veranstaltungen. Wir erstellen Fallakten zu Einzelfällen von Opfern von Menschenrechtsverletzungen. Wir betreuen und motivieren Amnesty-Gruppen in der Menschenrechtsarbeit. Wir leiten Eilaktionen zu Menschenrechtsverletzungen an Unterstützer/innen weiter. Wir beantworten länderspezifische Anfragen von Mitgliedern und aus der Öffentlichkeit. Wir erstellen Ländergutachten in Asylverfahren.
AMNESTY INTERNATIONAL Sektion der Bundesrepublik Deutschland e. V. . 53108 Bonn T: +49 228 98373-0 . F: +49 228 630036 . E: info@amnesty.de . W: www.amnesty.de SPENDENKONTO 80 90 100 . Bank für Sozialwirtschaft . BLZ 370 205 00
Amnesty International setzt sich auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für eine Welt ein, in der die Rechte aller Menschen geachtet werden. Die Stärke der Organisation liegt im freiwilligen und finanziellen Engagement von weltweit mehr als 3 Millionen Mitgliedern und Unterstützern unterschied licher Nationalitäten, Kulturen und Altersgruppen. Gemeinsam setzen sie Mut, Kraft und Fantasie für eine Welt ohne Menschenrechtsverletzungen ein. Amnesty erhielt 1977 den Friedensnobelpreis. Auch Sie können sich engagieren: www.amnesty.de / mitmachen Amnesty International finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Regierungsgelder lehnt Amnesty ab, um finanziell und politisch unabhängig zu bleiben. Menschenrechtsarbeit ist nicht umsonst. Unterstützen Sie Amnesty! Spendenkonto 80 90 100 Bank für Sozialwirtschaft BLZ 370 205 00
Insbesondere arbeitet Amnesty für die Aufklärung von Menschenrechts verletzungen und die Bestrafung der Täter gegen Folter, Todesstrafe, politischen Mord und das »Verschwindenlassen« von Menschen für die Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Überzeugung inhaftiert sind für den Schutz und die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern für den Schutz der Rechte von Flüchtlingen für den Schutz der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten und für wirksame Kontrollen des Waffenhandels gegen Rassismus und Diskriminierung für den besonderen Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen für die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte