STADTARBEIT - TEN YEARS OF DESIGN FEATURING THE CITY ( Preview)

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STADTARBEIT TEN YEARS OF DESIGN FEATURING THE CITY LILLI HOLLEIN, TINA THIEL


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228 280 Design on Display Mit vereinten Design on Display Kräften

Inhaltsverzeichnis

Table of contents

/ 4 Vorwort von Deyan Sudjic Foreword by Deyan Sudjic

/ 8 Lilli Hollein Stadtarbeit – a city full of design Stadtarbeit – a city full of design

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16 Stadt – Wien – Design

62 138 Design und Design für den lokale Produktion positiven Wandel

196 Design­vermittlung

City – Vienna – Design

Design and local Production

Design for positive Change

Design Education

/ 18 Christopher Wurmdobler Wien war immer schon „a city full of design“. Wir hatten es bloß fast vergessen.

/ 64 Alice Rawsthorn Qualität liegt in der perfekten Unregelmäßigkeit

/ 140 „Wir sind noch nicht widerständig genug!“ Gesprächsrunde zum Thema Social Design

/ 198 Education

Vienna has always been “a city full of design”. We just forgot that somewhere along the way.

Quality lies in the perfect Imperfection

“We’re not yet determined enough to resist!” Expert Panel on Social Design

/ 26 „Eine Anziehung, wie Liebe eben.“ Amelie Klein im Gespräch mit der Neigungsgruppe Design “It’s an attraction, just like falling in love.” Amelie Klein in conversation with Neigungsgruppe Design

/ 34 Doris Rothauer Kontinuität und Wandel. Ein strategischer Blick auf die VIENNA DESIGN WEEK und ihr Umfeld Continuity and Transformation. A strategic look at VIENNA DESIGN WEEK and its environment

/ 40 Wiener Bezirke im Fokus Viennese Districts in Focus

/ 68 Passionswege Passionswege

/ 154 Future Urban Mobility Future Urban Mobility

/ 114 Labor Laboratory

/ 162 Stadtarbeit Stadtarbeit

Education

/ 204 Talks Talks

/ 216 Debüt Debut

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Joining Forces

/ 230 „… aber meistens fehlt es an Mut!“ Lilli Hollein im Gespräch mit Chris Dercon “... but for the most part, it’s courage that’s really lacking.” Lilli Hollein in conversation with Chris Dercon

/ 242 Exhibitions – Specials – Tributes Exhibitions – Specials – Tributes

/ 260 VIENNA DESIGN WEEK Embassy VIENNA DESIGN WEEK Embassy

/ 282 Die Design- und Kreativszene im Wien der 2000er-Jahre. Eine Gesprächsrunde mit Partnern und Wegbegleitern der VIENNA DESIGN WEEK

/ 424 Beitragende und AutorInnen

Vienna’s Design and Creative Scene in the 2000s. A Conversation with Partners and Allies of VIENNA DESIGN WEEK

Index

/ 296 Programmpartner der VIENNA DESIGN WEEK Programme partners of VIENNA DESIGN WEEK

/ 396 Zehn Festivaljahre in der Übersicht Ten festival years – an overview

/ 418 Das Team der VIENNA DESIGN WEEK The VIENNA DESIGN WEEK team

Contributors and authors

/ 430 Index


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Vorwort

Foreword

Deyan Sudjic

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ls ich damals als Gastprofessor an die Hochschule für angewandte Kunst – so hieß sie zu dieser Zeit – kam, hätte man sich beim Betrachten der Deckengewölbe mit halbgeschlossenen Augen vorstellen können, es säße immer noch ein Habsburger auf dem Thron. Jedes Semester begann mit einem karnivoren Professorenfrühstück aus kaltem Braten, Bier und Brezeln. Ron Arad und ich, die zwei Besucher aus London, wurden ständig mit „Grüß Gott“-Rufen angefallen. Hätten wir damals bloß die etwas hämische Entgegnung aus dem protestantischen Norden schon gekannt … Die Professur in Wien machte mich schließlich selbst zu einem Mitglied der „Grüß Gott“-Gesellschaft. Aber Wien war auch jene Stadt, in die meine Großelterngeneration, in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts noch Untertan des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs, ging, um Jura zu studieren. In den vier Jahren, die ich dort verbracht habe, zwischen London und Wien hin- und herpendelnd, war dies auch noch das Wien einer Unterwelt von Taxifahrern und Kellnern aus den Balkanstaaten, das Wien jener Migranten, deren Serbisch und Kroatisch ich viel besser verstand als das Deutsch in der Welt da oben. Es ist eine vielschichtige Stadt. Wien, einst Ground Zero der Moderne, hat allein in jüngerer Zeit dicht aufeinanderfolgende schöpferische Momente erlebt. Während meiner Zeit an der „Angewandten“ verwandelte Ron Arad mit seinem Assistenten Robert Stadler die damals noch sogenannte Meisterklasse Metall in eine Talenteschmiede und zog Persönlichkeiten wie etwa Martino Gamper an. Helmut Lang unterrichtete an der Modeklasse. Matteo Thun war erst kürzlich weitergezogen, Zaha Hadid würde bald kommen. Und auf jeden dieser Momente folgte ein neuer. Mein großes Glück war, dass mich meine damalige Assistentin Tulga Beyerle mit Wien vertraut machte. Sie hat es zudem geschafft, dafür zu sorgen, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort vor den Studenten stand. Und diese Studenten, unter ihnen auch Thomas Geisler und Lilli Hollein, haben mich stets beeindruckt. Tulga, Lilli und Thomas sollten schließlich eine Institution ins Leben rufen, der sie so viel Energie eingehaucht und die sie mit so viel Potenzial ausgestattet haben:

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ack when I first arrived in Vienna as a visiting professor at what was still called the Hochschule fur Angewandte

Kunst, you could really believe, if you looked at its vaulted ceilings through half-closed eyes, that there was still a Habsburg emperor on the throne. Every term began with a dauntingly carnivorous professorial breakfast of cold meats, beer, and pretzels. Ron Arad and I, as the two visitors from London, would find ourselves assaulted with cries of “Grüss Gott!” If only we had known enough to use the sardonic response of the protestant north. My professorship there made me a member of the city’s Grüss Gotting class. But Vienna is the city where my grandparents’ generation went to study law as subjects of the Austro-Hungarian Empire at the close of the 19th century. And during the four years that I spent there, commuting back and forth from London, the Vienna whose language I shared was that of the underclass of taxi drivers and waiters from the Balkans, the migrants who spoke the Serbian or the Croatian that I could understand much more easily than the German of the surface world. It is a city with many layers. Vienna, once ground zero of modernism, has gone through successive creative moments. In my days there, Ron Arad – with Robert Stadler as his assistant – turned what was still called the metalwork masterclass into a hothouse of talent, attracting figures such as Martino Gamper. Helmut Lang taught the fashion masterclass. Matteo Thun had only recently moved on; Zaha Hadid would soon arrive. And it was a moment that, in turn, would feed another moment. My big break was to be introduced to Vienna by my teaching assistant, Tulga Beyerle. She managed to get me in front of the students at the right time and the right place. And those students – who included Lilli Hollein, and Thomas Geisler – were just as impressive. The three of them have since brought a special energy and a sense of possibilities to the now-maturing institution that they invented: VIENNA DESIGN WEEK. They have had the skill to navigate all the intricacies of funding and of different aesthetic and political camps, and they have never lost sight of their values. These are qualities that have shaped their subsequent careers: Tulga is now working in Dresden, in charge of a museum of her own, Thomas is now a curator at the MAK, and Lilli remains with VIENNA DESIGN WEEK as


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die VIENNA DESIGN WEEK. Sie haben sowohl die Fähigkeit bewiesen, das Kunststück der Finanzierung zu meistern, als auch die Gräben unterschiedlicher ästhetischer und politischer Lager zu überwinden, und dabei niemals ihre Überzeugungen aus den Augen verloren. Diese Eigenschaften haben auch ihre späteren Karrieren beeinflusst. Tulga arbeitet nun in Dresden und ist für ihr eigenes Museum verantwortlich; Thomas wurde Kurator im MAK und Lilli leitet im zehnten Jahr erfolgreich das Festival. Bei der VIENNA DESIGN WEEK ging es nie einfach um DesignPromotion oder darum, dass Wien sich gut fühlt (obwohl sie das auch bewirkt). Sondern es ging bei den dreien immer um Wissensdurst und neue Ideen. Das Jahr 2007, in dem sie mit der VIENNA DESIGN WEEK begannen, scheint ja, zumindest was Mode betrifft, noch nah genug, als dass uns die Schöpfungen aus dieser Zeit komisch oder lächerlich vorkämen. Oder vielleicht hat sich die Mode auch so schnell entwickelt, dass der Look von 2007 schon den Aus-der-Mode-gekommen-Moment überschritten hat und nicht mehr altmodisch, sondern bereits Kulturerbe ist. 2007 arbeitete John Galliano, der gerade erst seine erste Männerkollektion von einer Parkgarage auf der falschen Seite der Pariser Peripherique aus lanciert hatte, immer noch bei Dior. Alexander McQueen hatte noch ein paar Jahre zu leben. Seine Paris-Kollektion aus diesem Jahr präsentierte Kate Moss in der Form eines Hologramms. Und Helmut Langs Archiv war noch nicht in die ständige Sammlung des Wiener MAK gelangt. Verglichen mit der Entwicklung der Modewelt in der letzten Dekade, hat sich der technologische Wandel, insbesondere was die Digitalisierung betrifft, hingegen dermaßen beschleunigt, dass das Jahr 2007 in Relation zu 2016 als Teil des Neolithikums betrachtet werden darf. Als in diesem Jahr die VIENNA DESIGN WEEK erstmals stattfand, gab es noch kein iPhone. Steve Jobs, der gerade erst vom Disney-Konzern sieben Milliarden Dollar für seine Anteile an Pixar eingesteckt hatte, präsentierte im selben Jahr das allererste MacBook Pro. Es hatte ein DVD-Laufwerk. Facebook war gerade erst Mark Zuckerbergs Studentenheimzimmer in Harvard entkommen. Nokia freute sich über 4,3 Milliarden Dollar Gewinn dank des Nokia 1100, das 2003 herauskam und zum meistgekauften Mobiltelefon

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its head. Design Week is not simply about promotion, or just about making Vienna feel good about itself (although it certainly does that, too). It has always been, and in their hands always will be, about intellectual curiosity and ideas. In fashion terms, the year in which they started – 2007 – seems close enough not to appear entirely ridiculous to our eyes. Or perhaps fashion has moved so fast that the look of 2007 has already passed the no-longer-fashionable moment, emerging this side of the quaint phase to take on the status of heritage. Back then, John Galliano – who had just launched his first menswear collection from a basement car park on the wrong side of the Périphérique – was still working for Dior. Alexander McQueen, whose Paris collection that year featured Kate Moss in the form of a hologram, had a few more years to live. And Helmut Lang’s archive had not yet ended up in the MAK’s Permanent Collection. But in contrast to the pace of fashion over the last decade, the speed of technological change has accelerated so fast that, in digital terms, 2007 seems practically part of the Neolithic Age when compared with 2016. When VIENNA DESIGN WEEK was dreamed up, there was as yet no such thing as the iPhone. Steve Jobs, who had just pocketed $7 billion from Disney for his share of Pixar, launched the first-ever MacBook Pro that year. It had a DVD slot. Facebook had only just escaped from Mark Zuckerberg’s Harvard dorm room. Nokia posted a $4.3 billion profit thanks to the Nokia 1100, launched in 2003, which became the best-selling mobile phone of its era. Sony launched its Playstation 3. Instagram’s founders hadn’t even arrived at Stanford yet. And Google had just bought YouTube less than two years after its launch and probably long before anybody knew that what they had on their hands was going to usurp broadcast television for a generation of millennials. Airbnb had yet to transform not just the hotel industry but potentially the fabric of the city. What’s more, it didn’t even exist yet, with its founders still broke students at design school. The world was probably a shade cooler then than it is now. And though nobody can be sure exactly when it happened, the world in 2007 had most likely not yet achieved the majority urban status that it almost certainly now has, with more than 50 percent of the planet’s population living in what are designated by the United Nations’ statisticians as cities.

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seiner Zeit wurde. Sony brachte die Playstation 3 auf den Markt. Der Gründer von Instagram war noch nicht mal in Stanford. Und Google hatte gerade erst YouTube gekauft, vermutlich lange bevor irgendjemand ahnte, dass es sich der audiovisuellen Gewohnheiten einer ganzen Generation von Millennials bemächtigen würde. Auch AirBnB hatte noch nicht die Hotellerie und potenziell die gesamten Stadt transformiert. Genau genommen existierte es noch nicht einmal, und seine Gründer waren noch mittellose Studenten an der Designuni. Die Welt war vermutlich auch noch einen Grad kühler als heute. Und auch wenn wir nicht genau wissen, wann genau wir an dem Punkt angekommen sind, war die Welt 2007 noch nicht überwiegend „urban“, was nun ganz sicher der Fall ist. Denn laut Statistik der Vereinten Nationen leben über 50 Prozent der Bevölkerung des Planeten nun in Städten. Und der Stellenwert von Design in der Welt damals und heute? Vielleicht ist das beständig Faszinierendste am Design als Idee, dass es niemals statisch bleibt. Die Definition von Design verändert und reformiert sich unaufhörlich, nicht zuletzt in stetiger Reaktion auf technologischen und sozialen Wandel. Von Beginn an hieß die VIENNA DESIGN WEEK sowohl markenbewusste als auch kritische Designer willkommen. Hartmut Esslinger stand ebenso auf der Gästeliste wie Fiona Raby. Ross Lovegroves Gruppe organisch geformter, solarbetriebener Straßenlaternen stand vor dem MAK und wirkte wie ein exotisches Stück Dschungel von üppig tropischer Flora. Und im Inneren des MAK vertrat immer noch der ehemalige Direktor Peter Noever seinen sehr speziellen Zugang zum Ausstellen materieller Kultur im Museum. Genauso wie Wien als Stadt im Kalten Krieg eine Art Horchposten für beide Seiten des Ost-West-Konflikts war, reagiert es auch in Bezug auf die Designlandschaft produktiv auf unterschiedlichste, ja miteinander in Konflikt stehende Strömungen. Und die VIENNA DESIGN WEEK hat großen Anteil daran, dies möglich zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass Design ein essenzieller Bestandteil der gesamten Kultur der Stadt ist und nicht nur ein Privatgespräch. Ich gratuliere Tulga, Lilli und Thomas und all ihren MitstreiterInnen.

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And the place of design in the world between then and now? Perhaps the most continually fascinating thing about design as an idea is that it never stays static. The definition of design is constantly changing and reconfiguring in response to technological and social change. When it started, VIENNA DESIGN WEEK welcomed brand-conscious form-givers as well as critical designers. Both Hartmut Esslinger and Fiona Raby were on the guest list. You could find Ross Lovegrove’s clump of organically shaped, solar powered street lights outside the MAK, like an exotic jungle grove of luxuriant tropical plant life. And inside the MAK, then-director Peter Noever was championing a very particular approach to showing material culture in a museum. Vienna, in a way perhaps similar to how it spent the Cold War as a listening post for both sides of the East-West divide, is still highly attuned to conflicting currents in the design landscape. And VIENNA DESIGN WEEK has played a huge part in making that possible, as well as in making sure that design embodies an essential part of the wider culture of the city and beyond, rather than simply a private conversation. To Tulga, Lilli, Thomas, and all of your collaborators: congratulations!


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Stadtarbeit – a city full of design Stadtarbeit – a city full of design

Lilli Hollein

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o viele Jahre, mehr als tausend Projekte mit hunderten Designschaffenden mit unterschiedlichen Profilen – welcher Titel eint ein Buch, das diesen Bogen spannen möchte? „Stadtarbeit“ – auf diesen Titel einigten wir uns vor Jahren bei einem neuen Social-Design-Format für unser Festival VIENNA DESIGN WEEK. Der Titel „Stadtarbeit“ kann aber auch exemplarisch für das ganze Festival und somit auch für diese Publikation stehen. „Stadtarbeit“ in bestem Sinne ist es, was wir tun und in höherem Maß erreichen wollen. Design und Architektur in unterschiedlichster Ausprägung ziehen sich durch dieses Konzept. Es ist gemacht für Wien, manche der Strategien sind aber auch auf andere Weltgegenden, Metropolen oder Kleinstädte anwendbar. Das Festival ist eine Arbeit an der Stadt und für die Stadt, viele Themenstellungen sind klar urban. Es geht darum, die Stadt zu aktivieren, durch Design, durch Internationalisierung und durch den Willen zur Innovation. Ein Jahrzehnt ist eine gute Zeitspanne, um Bilanz zu ziehen, Zwischenbilanz. Dieses Buch rollt also zehn ereignisreiche Jahre an Festivalarbeit auf – zehn Jahre „Stadtarbeit“ – und unternimmt dies nicht chronologisch und auch nicht sentimental, sondern, indem Strategien und Themen, unter denen man die VIENNA DESIGN WEEK zusammenfassen kann, dargestellt werden. Damals, an Tulga Beyerles Küchentisch vor mehr als zehn Jahren, war nicht absehbar, welche nachhaltige Auswirkung unser Entschluss, mit einer Veranstaltung für mehr internationalen Designdiskurs in Wien zu sorgen, auf die nächsten Jahre unseres Lebens haben würde. Für die Neigungsgruppe Design – Tulga Beyerle, Thomas Geisler und mich – hat sich jedoch nach dem Erfolg des ersten Festivals bald abgezeichnet, dass Zeit und Ort für dieses Experiment richtig gewählt waren. Zur Gründung des Festivals trug bei, dass wir alle drei eine ehrliche, tiefe Begeisterung für die Stadt Wien empfinden, den Ort, an dem wir einander während des Designstudiums an der Angewandten begegnet sind. Wien ist eine wohlhabende, gepflegte Stadt mit einem breiten Kulturangebot und einem leidenschaftlichen Publikum für unterschiedliche Kunstsparten. Wien ist aber auch langsam, oft geradezu resistent gegen alles Neue, und es war die längste Zeit sicher so etwas wie ein Geheimtipp mitten in Europa. Auch das hat sich in den vergangenen zehn Jahren geändert.

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o many years, over a thousand projects with hundreds of design professionals of all sorts … what title could possi-

bly tie together a book intended to cover this arc? Stadtarbeit [City Work] – this was the title that we settled on a few years ago for a new social design format at our festival VIENNA DESIGN WEEK. The title Stadtarbeit can also be considered exemplary for the festival as a whole, and hence for this book. “City work” in the best sense is what we do and what we seek to realise to an ever-greater extent. Design and architecture of the most varied kinds play a role throughout this concept. And though it is made for Vienna, some of its strategies can also be applied in other world regions, metropolises, and small towns. This festival works on the city and for the city, with many of its themes being clearly urban in nature. It is about activating the city via design, via internationalisation, and via the will to innovate. The ten year-mark is a good point in time to take stock, to think about where we are. Therefore, this book summarises our eventful years of festival work, ten years of “city work” – doing so neither chronologically nor sentimentally, but rather by portraying strategies and themes via which one can grasp the essence of VIENNA DESIGN WEEK. In the beginning, at Tulga Beyerle’s kitchen table over ten years ago, it could not be foreseen just how lasting an impact our decision to stage an event to promote more international design discourse in Vienna would have on the subsequent years of our lives. But for Tulga Beyerle, Thomas Geisler, and myself – collectively known as Neigungsgruppe Design – it became apparent soon after the festival’s successful first edition that the time and place for such an experiment had indeed been well chosen. A key factor behind our initiation of the festival was that all three of us harbour a sincere, deeply felt enthusiasm for the city of Vienna, the place where we first got to know each other during our design studies at the University of Applied Arts. Vienna is a wealthy, well-kept city with broad cultural offerings and a passionate audience for various art forms. Vienna is also slow, frequently downright resistant to everything new, and was for the longest time something like a best-kept secret at the heart of Europe. That, too, has changed over the past 10 years. Such knowledge of the city’s strong points and drawbacks, particularly as they relate to the design world, led us to conceive the festival from the very beginning as a mixture


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Das Wissen um die Vorzüge und Nachteile der Stadt, besonders in ihrem Verhältnis zur Designwelt, führte dazu, dass dieses Festival – von Beginn an eine Mischung aus großer Ausstellung, einer Reihe von Auftragsarbeiten und ambitionierten Partnern – viel eher mit Strategien für die Stadt und die Sensibilisierung für Design als mit einem Businessplan aufwartete. Das, was das ambitionierte Team der VIENNA DESIGN WEEK heute, nachdem meine Kollegen Thomas und Tulga aus der Festivalleitung bereits seit einigen Jahren ausgeschieden sind, jedes Jahr bewerkstelligt, ist ein kuratiertes Programm, das diese Stadt maßgeschneidert mit internationalen Protagonisten des Designs zusammenbringt. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, ein Non-Profit-Unternehmen mit einem Budget, das sich zur Hälfte aus öffentlichen Geldern und zur Hälfte aus Mitteln der Privatwirtschaft speist. Mit dieser Finanzierung werden wir als Anlaufstelle für Design ganzjährig in Anspruch genommen. Neben der komplexen und durch die jährlich wechselnden Standorte und Partner aufwendigen Festivalorganisation bereiten wir Auftritte im Ausland in Form von Ausstellungen, Workshops und Vorträgen vor; wir haben eine kleine Galerie an unser Büro angeschlossen, wo wir über das Jahr junge Talente vorstellen, und wir tragen zum Diskurs über Design sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene bei. Wir präsentieren mit dem „Gastland“ jedes Jahr quer durch die Festivalformate Positionen einer Designnation, der Fokusbezirk wiederum zeigt Wiener Lokalkolorit und macht an oft ungewohnten Orten auf Designaspekte aufmerksam. In den vergangenen zehn Jahren haben Bereiche wie Design, Architektur und Mode in einer breiteren Öffentlichkeit deutlich an Bedeutung gewonnen. In Fachkreisen hat sich der Designbegriff noch einmal gehörig ausgeweitet. Experimentelles Design, Handwerk, Social Design – Themen, die wir im Festival von Beginn an aufgegriffen haben, bestimmen heute die Entwicklung des Berufsbildes entscheidend. Wenn wir gefragt werden – und das geschieht rund um dieses Jubiläum öfter –, worauf die VIENNA DESIGN WEEK stolz ist, dann ist es darauf, mit hohem Qualitätsanspruch sowohl den Diskurs für ein Fachpublikum als auch die Vermittlung an eine breite Öffentlichkeit dieser aktuellsten Themen bewerkstelligt zu haben, und das bei stetig steigenden Besucherzahlen und mit einem überschaubaren Budget.

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of large-scale exhibitions, a series of commissions, and ambitious partners – and thus more in terms of strategies for the city and for its sensitisation to design than in terms of a business plan. And that which the ambitious team of VIENNA DESIGN WEEK has continued to set in motion each year, following the departure of my colleagues Thomas and Tulga from the festival’s leadership several years ago, is a curated programme that brings this city together with international design protagonists in a custom-tailored way. We are a public charity and a non-profit corporation with a budget comprised half of public funds and half of private sponsorship. Thus financed, we make ourselves available year-round as a point of contact on design matters. Alongside the complex job of organising the festival, which is quite an undertaking due to its annually changing locations and partners, we also prepare appearances abroad in the form of exhibitions, workshops, and lectures; furthermore, we have a small gallery attached to our office where we introduce young talents throughout the year, and we contribute to the national and international discourse on design. With its annual “guest country”, the festival presents the output of a selected design nation across its entire range of formats, and the annual “focus district” serves to highlight local Viennese colour and also frequently draws attention to aspects of design in unaccustomed locations. Over the past ten years, areas such as design, architecture, and fashion have clearly become more important to the broader public. In specialist circles, design’s very definition has become broader still. And today, experimental design, hand craftsmanship, social design – all of these being themes that we took up as part of the festival – have come to play decisive roles in the profession’s development. When we’re asked – as quite often happens, with this jubilee upon us – what VIENNA DESIGN WEEK is proud of, then we point to how, upholding a high standard of quality and with a modest budget but constantly rising attendance, we’ve managed to facilitate discourse among specialists as well as work toward educating a broad audience on these most current themes. From the very beginning, it was a priority of ours to connect a local scene of designers and design firms with our international network, to link it all to the city

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Von Beginn an war es uns ein Anliegen, eine lokale Szene aus Design­schaffenden und Unternehmen mit unserem internationalen Netzwerk in Verbindung zu setzen, auf besondere Weise mit dieser Stadt zu verknüpfen und auch ein breites Publikum für Design zu gewinnen, ohne Arroganz und Schwellenangst und zudem mit einem kostenfreien Kulturfestival. Teilen der Auflage dieser Publikation ist eine Studie beigelegt, die in Zahlen, Daten und Fakten den Erfolg dieser Veranstaltung belegt. Ablesen lässt er sich aber auch an nicht quantifizierbaren Maßstäben: an Karrieren, Neuorientierungen, Perspektiven und Kooperationen, die es ohne dieses Festival nicht gegeben hätte. Wir haben – das dürfen wir stolz feststellen – einen internationalen Beitrag geleistet, und wir wollen das auch in Zukunft tun. Es ist, das muss man auch sagen, dennoch mit den Jahren und dem wachsenden Erfolg nicht einfacher geworden, eine Veranstaltung als Kulturfestival zu positionieren, Experimente und Projekte zu initiieren und zu finanzieren und einen kuratorischen Anspruch zu halten. Es gab auf diesem Weg zu jeder Zeit wichtige und verständige Unterstützer, denen ich danken möchte. Allen voran Tulga Beyerle und Thomas Geisler für die gemeinsam geleistete Aufbauarbeit, für die verlässliche Seilschaft auf dem ersten Wegstück, für den Spaß, den wir an dieser Sache immer hatten, und die Energie, die wir in vielen Tagen und Nächten gemeinsam in dieses Projekt gesteckt haben. Es war eine Aufbauarbeit, die nur funktionieren konnte, weil wir zu dritt mit Überzeugung und viel Engagement darangegangen sind, Entbehrungen auf uns genommen haben und mit jeder Menge anderer Jobs die Finanzierung für dieses Projekt gewährleisten und es damit weitertreiben konnten. In den vergangenen Jahren sind wir längst in einem so großen Maß gewachsen, dass diese Arbeit auf viele Schultern des Teams der VIENNA DESIGN WEEK verteilt ist. Ich empfinde es als Freude und Privileg, täglich mit dieser Gruppe von begabten Menschen in einem von Freude und Wertschätzung getragenen Zusammenspiel die Arbeit fortzusetzen. Besonders herzlicher Dank geht an mein engstes Team, bestehend aus Julia Hürner, Marlene Leichtfried, Elli Schindler und Anna Hilber. Erwin K. Bauer danke ich als Ko-Kurator des Labors, Christof Nardin mit dem Team des Bueronardin für mittlerweile sechs Jahre prägende CI und gute Zusammenarbeit.

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in a special way, and to attract a broad audience for design, in the process presenting a cultural festival free of any arrogance and inhibiting factors – and also free of charge – to the general public. Attached to this publication is a study that demonstrates the success of our event with statistical data and other facts. Our success, however, is also visible in more qualitative terms: in careers, reorientations, perspectives, and cooperative arrangements that, in the absence of this festival, would not have come about. We can ascertain with a certain sense of pride that we have made an international contribution – and we hope to do so in the future, as well. But it must also be said that growing success over the years has not made it any easier to position an event as a cultural festival, to initiate and finance experiments and projects, and to uphold our curatorial standards. On the path we’ve travelled, we have constantly been accompanied by important and patient supporters, to whom I would like to extend thanks here. First and foremost Tulga Beyerle and Thomas Geisler for the work we did together to build this festival, for their reliable partnership throughout its initial phase, for the fun that we always had working on it, and for the abundant energy and many days and nights that we put into this project together. This building process was only successful because all three of us went at it full of conviction and energy, enduring financial hardships and doing all sorts of other jobs in order to keep going. Today, the festival has long since grown to the point that this work is borne by many shoulders, those of the VIENNA DESIGN WEEK team. It makes me feel happy and privileged to continue our work day-in and day-out with this group of gifted individuals, in a form of interplay that rests upon mutual joy and esteem. Special and particularly heartfelt thanks go to my core team members Julia Hürner, Marlene Leichtfried, Elli Schindler, and Anna Hilber. I thank Erwin K. Bauer as co-curator of the Laboratory format, as well as Christof Nardin and the team of Bueronardin for their great collaboration and for a CI that has served us well for six years now. My thanks also go to our long-time collaborators Tina Haslinger, Robert Rüf, Stephan Haupt and Jürg Meister (nextroom), Gabriela Steiner-Scharfetter, and Matthias Heschl.


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Mein Dank ergeht außerdem an die langjährigen Weggefährtinnen und Weggefährten Tina Haslinger, Robert Rüf, Stephan Haupt und Juerg Meister/nextroom, Gabriela Steiner-Scharfetter sowie an Matthias Heschl. Ana Berlin leistet mit ihrem Team unschätzbare Arbeit für das Festival. Verantwortlich für die PR und Öffentlichkeitsarbeit hat sie wesentlichen Anteil an dessen internationalem Renommee. Wir schätzen die Bürogemeinschaft mit Ana Berlin Communications, und ich danke Ana persönlich für ihren unermüdlichen Einsatz rund um das Jahr und rund um den Globus, auch als unkompliziertester travel mate aller Zeiten. Von all den ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seien hier stellvertretend genannt: Myra Waltl, Thomas de Martin, Andrea Hilser, Bea Roidinger und Franziska Gerner (juicy pool), Birgit Grabner (Artdirection 2006–2010). Eine vollständige Liste findet sich im hinteren Buchteil. Und entgegen meinen Gewohnheiten, aber weil es eine solche Publikation nur einmal in zehn Jahren gibt, und aus tiefstem Herzen möchte ich an dieser Stelle meiner Familie danken, allen voran meinem wunderbaren Mann Markus Eiblmayr für dessen liebevolle Unterstützung (emotionale, technische und fachliche), besonders wenn ich dabei war, meinen Idealismus zu verlieren. Unserer Tochter Ada, die damit aufwächst, dass nicht der gregorianische und auch nicht der julianische Kalender zur Anwendung kommen, sondern unser Jahresverlauf dem Festivalkalender folgt, danke ich für ihren Witz, ihre Klarheit und ihr großes Interesse an der Welt, sie macht mich so stolz! Meinen unvergessenen Eltern Helene und Hans und meinem brillanten Bruder Max danke ich für so Vieles, an dieser Stelle aber dafür, dass das Aufwachsen in dieser liebevollen Familie eine Art boot camp für den Kulturbetrieb war. Es wird trotz des Umfangs dieses Buches und dieser Zeilen nicht gelingen, hier allen zu danken und alle zu nennen, die in zehn Jahren Wesentliches beigetragen haben und die sich meiner Wertschätzung und auch der des Teams der VIENNA DESIGN WEEK versichert sein dürfen. Dennoch möchte ich jene besonders hervorheben, die von Anfang an an diese durchaus spontane Idee geglaubt haben. Allen voran danke ich in tiefer Verbundenheit Gerald Bast, Eva Blimlinger, Renate Brauner, Brigitte Jank, Andrea Ecker, Andreas Mailath-Pokorny und Norbert Kettner.

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Ana Berlin and her team perform an invaluable service for the festival. Their press and public relations work is a significant factor behind the festival’s international renown, we value our shared offices with Ana Berlin Communications, and I’d like to thank Ana personally for her tireless work throughout the year and around the world – not to mention for being the most uncomplicated travel mate of all time. Of our many former team members, I’ll make special mention here of the following individuals: Myra Waltl, Thomas de Martin, Andrea Hilser, Bea Roidinger, and Franziska Gerner (juicy pool), as well as Brigit Grabner (art direction, 2006–2010). A complete list can be found in the rear section of this book. Contrary to my usual habit – and since, after all, such a publication only comes along every ten years – I would like to extend deeply felt thanks to my family, above all my wonderful husband Markus Eiblmayr for his loving support (emotional, technical, and subject-specific), particularly at times when I was in danger of losing my idealism. To our daughter Ada, whose is growing up according to our festival calendar rather than the Gregorian or Julian one, I extend thanks for her humour, her clarity, and her great interest in the world – she makes me so proud! And I thank my unforgotten parents Helene and Hans as well as my brilliant brother Max for the privilege of growing up in our loving family, which functioned as something like a boot camp for the cultural world. Despite the length of this book and of these lines, it is impossible here to thank or mention everyone who made significant contributions over the past ten years and who can be assured of both my esteem and that of the VIENNA DESIGN WEEK team. Nonetheless, I would like to single out a group of individuals who believed in this truly spontaneous idea right from the beginning. First and foremost, I am deeply grateful to Gerald Bast, Eva Blimlinger, Renate Brauner, Brigitte Jank, Andrea Ecker, Andreas Mailath-Pokorny, and Norbert Kettner. Equally important, in shifting roles, were Christoph Thun-Hohenstein and Bettina Leidl. They have all helped to lay the very basis for VIENNA DESIGN WEEK.

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Ebenso und in wechselnden Rollen: Christoph ThunHohenstein und Bettina Leidl. Sie alle haben durch Rat und Unterstützung von Anbeginn das Fundament der VIENNA DESIGN WEEK geschaffen. Zudem möchte ich Sabine Pümpel und Bernhard Sagmeister und – in ihrer damaligen Rolle – Sonja Hammerschmidt von der aws, Gerhard Hirczi und Elisabeth NoeverGinthör von der Wirtschaftsagentur Wien sowie seitens der Kultursektion des Bundeskanzleramtes auch Bernd Hartmann, Gudrun Schreiber, Gerhard Jagersberger und natürlich den MinisterInnen Claudia Schmied, Josef Ostermayer und Thomas Drozda danken. Seitens der Wirtschaftskammer danke ich neben der ehemaligen Präsidentin dem amtierenden Präsidenten Walter Ruck und den Mitarbeitern Helmut Naumann und Sylvia Kolenz. In Bezug auf die vorliegende Publikation danke ich allen voran meiner Ko-Herausgeberin Tina Thiel, meiner alten Verbündeten in Text und Bild, deren profunde Kenntnis des Festivals und aller Beteiligten und analytische Perspektive auf das Geschehen der letzten zehn Jahre wesentlich zur Struktur dieses Buches beigetragen haben. Tina hat beide Formate – „Passionswege“ und „Stadtarbeit“ – als Projektleiterin betreut und mit ihrem Hintergrund als Soziologin immer für eine weitere Perspektive gesorgt. In der vorliegenden Publikation hat sie nicht nur wesentlich dazu beigetragen, die vielfältigen und vor allem ungeheuer zahlreichen Aktivitäten der letzten zehn Jahre zu strukturieren, sie ist auch in den vergangenen zehn Jahren für den Großteil aller Festivalpublikationen verantwortlich gewesen. Ich danke Tina für den Spaß, den wir in diesen Monaten hatten. Für Brigitta Umstätter erscheint dieses Buch als erster Titel im Programm ihres, nach vielen Jahren Erfahrung im Verlagsbusiness, eben gegründeten eigenen Verlages umstaetter Publishing – contemporary books. Wir haben Sympathie für Neuland, haben es gerne mit ihr betreten und sind gespannt, wohin ihre große Begeisterung für den Design- und Architekturbereich führen wird. An dieser Stelle möchte ich Brigitta für die Energie danken, mit der sie dieses Projekt verfolgt hat. Alexander Kada und seiner Kollegin Barbara Reiter bei kadadesign danke ich herzlich für die Gestaltung des Buchs mit großem Einsatz und Interesse an unserer Arbeit. Mit einem neutralen Blick und Humor ist es Alexander und seinem

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Additionally, I would like to thank Sabine Pümpel, Bernhard Sagmeister and Sonja Hammerschmidt of aws, Gerhard Hirczi and Elisabeth Noever-Ginthoer from the Vienna Business Agency, and the Arts and Culture Division of the Federal Chancellery of Austria as personified by Bernd Hartmann, Gudrun Schreiber, Gerhard Jagersberger, and naturally Ministers Claudia Schmied, Josef Ostermayer, and Thomas Drozda. In addition to the former president of the Vienna Economic Chamber I would also like to thank the incumbent president, Walter Ruck as well as his collaborators Helmut Naumann and Sylvia Kolenz. With regard to the present publication, I extend thanks above all to my co-editor Tina Thiel, my long-time ally in words and images, whose deep knowledge of the festival and all those involved, combined with her analytical perspective on the events of the past ten years, have made a central contribution to the structure of this book. Tina has served as project head for both the Passionswege and the Stadtarbeit formats, and she has also repeatedly provided a different perspective on things with her background as a sociologist. She not only made a significant contribution to structuring the present publication in terms of the diverse and, above all, enormously numerous activities of the past ten years, but was also responsible for the lion’s share of festival publications during this period. I also thank Tina for the fun we’ve had over these many months of work. Brigitta Umstätter is releasing this book as the first title in the catalogue of her brand-new publishing house umstaetter Publishing – contemporary books, founded after many years of experience in the publishing business. We are fond of pioneering new territory and were thus happy to join her in this, and we’re excited to see where her great enthusiasm for design and architecture will lead her to take things. I would like to take this opportunity to thank Brigitta for the energy with which she pursued this project. To Alexander Kada and his colleague Barbara Reiter at kadadesign go my most cordial thanks for designing this book with great dedication and interest in our work. With a neutral gaze and humour, Alexander and his team succeeded brilliantly at the task of graphically realising the book’s structure and making selections from the festival’s fantastic and abundant visual material, regarding which I thank Kollektiv Fischka –


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Team gelungen, sich dieser Aufgabe anzunehmen, die Struktur grafisch aufzubereiten und aus dem großartigen und in Fülle vorhandenen Bildmaterial auszuwählen, für das dem Kollektiv Fischka – allen voran Kramar und Marcell Nimführ und weiters Petra Rautenstrauch, Christine Wurnig, Nick Albert, Florian Rainer und einigen anderen zu danken ist, die in zehn Jahren unermüdlich jede einzelne Veranstaltung mit derselben Genauigkeit und Leidenschaft festgehalten haben. Katharina Gossow hat wiederum mit den Porträts und Teamfotos festgehalten, was sich in zehn Jahren nicht nur personal-, sondern auch figur- und frisurtechnisch verändert hat. Für die Texte in diesem Band ist eine Reihe von Leuten verantwortlich, die ich in höchstem Maße schätze. Deyan Sudjic, dem Direktor des London Design Museum, danke ich von Herzen für das persönliche Vorwort, dafür, dass er ein Mentor ist und ein Freund und für jeden von uns drei Gründern ein wichtiges Gegenüber. Alice Rawsthorn, die zu den relevantesten Stimmen der Designwelt heute zählt, mit ihrem Instagram Feed täglich beweist, wie aufregend Design ist, und deren Ausstellungen im Londoner Design Museum eine ebensolche Bandbreite hatten und immer inspirierend waren, danke ich für den Text zu den Passionswegen, die sie mehrfach besucht hat. Ebenso beeinflusst haben die Ausstellungen von Chris Dercon die Designwelt, spätestens ab seiner Zeit am Haus der Kunst in München. Es war ein schöner Moment für ein Gespräch – zwischen gepackten Umzugskartons in der Tate Modern auf dem Weg Richtung Volksbühne Berlin. Doris Rothauer begleitete die Neigungsgruppe Design, also Tulga, Thomas und mich, von Beginn an mit einer analytischen Außensicht und hat uns immer wieder zu Kurskorrekturen ermutigt. Sie hat die österreichische Kreativlandschaft genau im Blick, wie man auch ihrem Text entnehmen kann. Ebenfalls einen genauen Insider-Blick hat Christopher Wurmdobler als langjähriger Festivalbesucher und Journalist mit Wien-Schwerpunkt. Christopher geht in die Geschichte des Festivals außerdem als einer der humorvollsten Moderatoren ein – leider hat das Mikrofon damals nicht funktioniert. Amelie Klein kennen wir zwar nicht von „Klein“ auf, aber aus der Zeit, als sie noch Znidaric hieß. Ich danke ihr für die Rückkehr in alte Zeiten und ihre Heimatstadt, um dort an einem Sonntagmorgen mit der Neigungsgruppe Design in alter Frische über neue Zeiten zu diskutieren. Petra Gregorits

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first and foremost Kramar and Marcell Nimführ as well as Petra Rautentsrauch, Christine Wurnig, Nick Albert, Florian Rainer, and several others – for documenting every single event with equal measures of exactitude and passion. And Katharina Gossow, with her portraits and team photos, documented in a similar way just what all has changed not just in terms of personnel but also in terms of figures and hairstyles. The texts in this volume were written by a number of people whom I value most highly. Deyan Sudjic, Director of the London Design Museum, I thank most warmly for his personal foreword as well as for being a mentor, a friend, and an important partner for each of us three founders. To Alice Rawsthorn, who is among the most relevant voices in today’s design world, whose Instagram feed proves on a daily basis just how exciting design is, and whose exhibitions at the London Design Museum covered an equal breadth and were always inspiring, I extend thanks for her text on Passionswege, which she visited a number of times. The design world has also been influenced just as much by the exhibitions of Chris Dercon – ever since his time at the Haus der Kunst in Munich, at the latest. It was a wonderful moment for a chat with him, sitting amongst packed moving boxes at Tate Modern on the eve of his move to the Volksbühne in Berlin. Doris Rothauer has accompanied Neigungsgruppe Design – consisting of Tulga, Thomas, and myself – from the very beginning with her analytical outside view, thereby repeatedly enabling us to make necessary adjustments with confidence. She has her eagle eye on the entire Austrian creative landscape, as one can easily gather from her text. Another detailed, intimately informed view is provided by Christopher Wurmdobler, a long-time festival attendee and a far-sighted journalist. Christopher will also go down in the festival’s history as one of our most humorous moderators – even if, on the occasion in question, the microphone unfortunately refused to work. Amelie Klein we know from when her last name was still Znidaric. I thank her for returning back to old times and to her hometown in order to spend a Sunday morning with Neigungsgruppe Design for a fresh-as-ever conversation about both the present and times yet to come. Petra Gregorits I thank for her great dedication in putting together the study evaluating the economic sustainability of the festi-

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danke ich für den großen Einsatz bei der Erstellung der Studie zur Evaluierung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit des Festival, die von der Wirtschaftsagentur Wien und der Wirtschaftskammer unterstützt wurde, und die den economic impact, die wirtschaftliche Nachhaltigkeit des Festivals untersucht hat. Dank geht auch an die Firma Sappi (hier danke ich besonders Jakob de Ruijter), welche die Publikation mit Papier unterstützt, ebenso an die Druckerei Grasl, Karl Grasl. Ebenso an der Realisierung dieses Buches beteiligt waren das Bundeskanzleramt, die MA7, Kulturabteilung der Stadt Wien, WienTourismus, die Erste Bank, hier im Besonderen Ruth Goubran und Theres Fischill, die Wiener Silber Manufactur und die Firma J.&L. Lobmeyr sowie andere private Unterstützer. Ich danke allen ganz herzlich dafür. Ganz wichtig ist mir der Dank an alle Unterstützer des Festivals und aller anderen Aktivitäten über die Jahre. Es sind zu viele, um sie hier alle aufzulisten, aber ich möchte jedem Einzelnen meinen Dank für die gute Zusammenarbeit aussprechen. Wir haben mit vereinten Kräften vieles bewegt, und ich freue mich auf das, was vor uns liegt. Zuletzt geht mein Dank an die vielen Designerinnen und Designer, die durchwegs mit großem Engagement an der VIENNA DESIGN WEEK mitgewirkt und sie zu dem gemacht haben, was sie ist und hoffentlich bleibt: ein großes Experimentierfeld, ein Projekt voller Idealismus und ein Beitrag zum Diskurs über Design und verwandte Bereiche. Vor Ihnen liegt nun ein etwa 400 Seiten langer Ausflug in die Designwelt, die Stadt Wien und Biografien, von denen manche in der Kaiserzeit beginnen, andere in den 1990erJahren. Trotz des Umfangs haben längst nicht alle Projekte Platz gefunden, die es wert gewesen wären, hier vorgestellt zu werden – so fehlt eine Reihe von wunderbaren Arbeiten, was mich schmerzt, aber vielleicht auch schon zu zukünftigen Buchprojekten anspornt. In der Zwischenzeit wünsche ich beim Lesen und Schmökern viel Vergnügen und freue mich, wenn Sie das Festival auch in seiner lebendigsten Form mitverfolgen – wenn es Herbst wird in Wien.

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val, which was supported by the Vienna Business Agency and the Economic Chamber and examined the festival’s economic impact and sustainability. Thanks also go to the Sappi firm (and in particular Jakob de Ruijter), which supported this publication by providing paper, as well as to Karl Grasl and the Grasl printmakers. Additional contributions to the realisation of this book came from the Austrian Federal Chancellery, the City of Vienna’s Municipal Department MA7 – Cultural Affairs, the Vienna Tourist Board, Erste Bank (here in particular Ruth Goubran and Therese Fischill), and Wiener Silber Manufactur and the firm J.& L. Lobmeyr as well as other private supporters. I thank all of the abovementioned most warmly for their support. It is also very important to me to thank all supporters of the festival and our other activities over the years. They are too numerous to be listed here, but I would like every individual one to be assured of my gratitude for their good work with us – and I’m looking forward to a mutual future. With our forces thus joined, we have achieved a lot, and I’m excited about what lies ahead. Finally, my thanks goes to the equally comprehensive list of all the designers who, always with great dedication, participated in VIENNA DESIGN WEEK and made it what it is and will hopefully remain: a vast field of experimentation, a project of abundant idealism, and a contribution to the discourse on design and related fields. You now have before you a ca. 400-page excursion through the world of design, through Vienna, and through biographies – some of which began back in the Empire, others in the 1990s. Despite this book’s size, however, nowhere near all of the projects that would have been worth introducing could be included. Hence, a number of wonderful works are missing, which pains me, but these will perhaps find their way into future book projects. In the meanwhile, I wish you much enjoyment reading and browsing through the present publication, and I will be happy if you also continue to follow the festival in its most lively form when, once again, autumn comes to Vienna.


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Stadt – Wien – Design

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Wissend, dass Wien nicht Mailand ist, setzten wir von Anfang an auf eine kuratierte Veranstaltung, die eine internationale Szene verbindet, das Experiment forciert und die Stadt als Austragungsort intensiv einbezieht. Die Strategie, dabei jeweils auf einen bestimmten Teil der Stadt, den Fokusbezirk, hinzuweisen – der nicht notwendigerweise ein Viertel mit Kreativ-Hotspot, sondern auch mal ein rauer Stadtteil ist –, rückt das Geschehen ebenso in ein jährlich sich wandelndes Setting wie die wechselnden Festival­ zentralen. Ein klares Konzept, wiederkehrende Formate, aber stets wechselnde Atmosphären und Inhalte sind das Rezept der VIENNA DESIGN WEEK.

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City – Vienna – Design

The whole is more than the sum of its parts. From the very beginning, fully aware that Vienna is not Milan, we sought to create a curated event that brings together an international scene, promotes experimentation, and intensively involves the city as its location. The strategy of combining this with an annual focus on a certain part of town, the “focus district” – which is not necessarily an area with a creative hotspot, and is sometimes even a bit rough-edged – places the goings-on in a setting that changes every year, as does the location of Festival Headquarters. A clear concept with recurring formats but constantly changing atmospheres and content is thus the recipe for VIENNA DESIGN WEEK.

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Wien war immer schon „a city full of design“. Wir hatten es bloß fast vergessen. Vienna has always been “a city full of design”. We just forgot that somewhere along the way.

Christopher Wurmdobler

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rei schmale Rechtecke aus schwerem, schwarz lackiertem Eisen, aus Gründen der Stabilität mit sich kreuzenden Metall-Verstrebungen fixiert, eine Reihe silberner Haken auf beiden Seiten, darüber eine Hutablage: Als der österreichische Architekt Roland Rainer Ende der 1950er-Jahre diesen Kleiderständer für die Publikumsgarderoben der von ihm geplanten Wiener Stadthalle entwarf, konnte er nicht ahnen, dass ein knappes halbes Jahrhundert später 120 Exemplare davon im Müll landen sollten. Einfach so. Weggeschmissen. Den Designfans vom Vintage-Einrichtungsgeschäft Lichterloh ist es zu verdanken, dass zumindest sechzig Stück „gerettet“ wurden. Durch Zufall hatten die Lichterlohs Wind davon bekommen, dass Arbeiter beim Umbau der Wiener Stadthalle Rainers Entwürfe in Metallcontainer verfrachteten. Nur wenige Stunden hatten sie Zeit, die achtlos entsorgten Kleiderständer wieder aus den Containern zu ziehen und zu sichern. Sie reparierten die mit vierzig Hakenplätzen für Privathaushalte doch recht groß dimensionierten Garderobenmöbel und boten sie als „Wiener Klassiker“ der interessierten Kundschaft an. Die war offenbar begeistert. Das Beispiel zeigt, dass man in Wien nach Jahrzehnten des gleichgültigen Umgangs inzwischen Design zu schätzen weiß. Zumindest ansatzweise und innerhalb gut informierter Kreise. Und wenn halt gerade kein Container in der Nähe ist. „A city full of design“: Mit diesem vielversprechenden Slogan bewirbt die VIENNA DESIGN WEEK, die seit 2007 jährlich stattfindet, ihren herbstlichen Veranstaltungsmarathon. Und man muss dem Festival zugutehalten, dass es die Stadt rund zehn Tage lang mit noch mehr Design versorgt und eine Menge Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt. Das restliche Jahr ist Wien natürlich auch voll mit Design. Doch irgendwie hat man das Gefühl, dass das nicht immer schon so war. Vielleicht hat sich aber auch nur unsere Wahrnehmung verändert. Die gestaltungswütigen Wiener der 70er- und 80er-Jahre, die Wiener Fifties, die 20er-Jahre mit dem stadtbildprägenden Gemeindebauboom, Wiener Werkstätte, Wiener Jugendstil und irgendwann lange davor auch Wiener Biedermeier, Wiener Barock und Wiener Bodenständigkeit. So betrachtet war die Hauptstadt natürlich schon immer auf ihre Art auch Designstadt. Das Interesse daran war jedoch nicht immer gleich groß; nicht nur, weil lange Zeit das gestaltete schöne Leben die Angelegenheit weniger Privilegier-

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hree narrow rectangles made of heavy, black-painted iron, fastened with crossing metal braces for stability,

flanked by a row of silver hooks on each side, and topped off by a hat rack: back in the 1950s, when Austrian architect Roland Rainer designed this coat rack for the audience cloakrooms of the Wiener Stadthalle, the indoor arena and convention centre that he built in Vienna, he couldn’t have known that barely half a century later, 120 of them would land on the rubbish heap. Just like that. Trashed. It’s only thanks to the design fans at vintage furniture retailer Lichterloh that at least sixty of them were “rescued”. By pure coincidence, the Lichterloh folks had gotten wind of how construction workers involved in the Stadthalle’s renovation were carting off Rainer’s designs in metal dumpsters,

and they had just a few hours to save what they could. They subsequently repaired these pieces of cloakroom furniture, which were admittedly a bit large for private households with their forty coat hooks apiece, and then offered them to their interested clientele as “Viennese classics”. Said clientele apparently loved them. This is but one example of how, after decades of indifferent treatment, Vienna is finally beginning to value design. At least a bit, within well-informed circles. And as long as there doesn’t happen to be a dumpster nearby. “A city full of design”: it’s with this promising slogan that VIENNA DESIGN WEEK, which has been taking place since 2007, advertises its autumn marathon of events. And it must be said for the festival that for around ten days, the city is indeed filled with even more design than otherwise, with attention for the theme commensurately great. Vienna is also full of design during the rest of the year, of course. But one somehow has the feeling that it wasn’t always this way. Perhaps it’s just our perception that’s changed. The design-crazed Viennese of the 1970s and ’80s, the Viennese ’50s, the 1920s with its public housing construction boom that changed the face of the city, as well as the Wiener Werkstätte, Viennese Art Nouveau, and sometime long before that the Viennese Biedermeier, the Viennese Baroque, and always that Viennese quality of the down-to-earth. Viewed this way, Austria’s capital has always been a city of design in its own way. But the interest in it was not always equally great – due to more than just the fact that, for a long time, the well-designed good life was reserved to a privileged few. And


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ter war. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass spätestens zu Beginn des 20. Jahrhunderts Design – das damals natürlich noch nicht so hieß, sondern „angewandte Kunst“, „Tand“ oder schlicht „Handwerk“ – industriell hergestellt und vergleichsweise leistbarer wurde. Gut Gestaltetes für die Massen? Fand wohl erst mit dem Siegeszug des schwedischen Einrichtungshauses den Weg zu den Menschen: Mitte der Siebzigerjahre eröffnete in der Shopping City Süd bei Wien die erste Ikea-Filiale Österreichs, hej!

Die Juwelen der Wiederaufbauzeit erkannte lange niemand Die Zeit davor erscheint uns aus heutiger Sicht wie die grauen Jahre. Betrachtet man Fotos von Stadtansichten und öffentlichem Raum aus den Wiener Nachkriegsjahren oder befragt man Zeitzeugen, mag der Eindruck deprimierend ausfallen. Worüber man aber schnell vergisst, dass in der Stadt auch damals das pralle Leben vorhanden war, eine beträchtliche Wiederaufbau-Euphorie herrschte. Es wurde abgerissen, neu gebaut und Wien schaute sich von anderen Metropolen Esprit oder Trends ab, kopierte sie frech. Gestalter machten daraus einen ganz eigenständigen Wiener Stil, von dem glücklicherweise noch einige Interieurs, wie beispielsweise das von Oswald Haerdtl im wunderbaren Ringstraßen-Kaffeehaus Prückel (1954), jenes im modernen Ringturm Erich Boltensterns (1955) oder dessen Innenausbau der Staatsoper, erhalten blieben. Viel Design wurde aber auch einfach demontiert, musste Platz machen für Neues. Denn offenbar erkannte und schätzte die Juwelen der Wiederaufbauzeit lange niemand, sie wurden vielmehr als Schandflecken empfunden, weg damit! In den Siebzigern und bis vor wenigen Jahren verkaufte die Tourismus-Branche die Destination Wien mit Postkartenansichten der üblichen Kitsch-Highlights wie dem Schloss Schönbrunn, der Hofburg, dem Riesenrad. Vielleicht war noch die Secession Sensation oder das Majolikahaus an der Wienzeile von Otto Wagner. Andere Bauwerke des großen Architekten des Fin de siècle hingegen mussten in den Siebzigern von Aktivisten geschützt werden, wie der Naschmarkt übrigens auch, den Stadtplaner zugunsten einer Verlängerung der Westautobahn (!) bis zur Stadtmitte „schleifen“ wollten.

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that didn’t change much even when, at the dawn of the 20th century at the latest, design – which, of course, still went by names like “applied art”, “bric-a-brac”, or simply “handwork” – began to be mass-producible and comparatively cheaper. Well-designed goods for the masses? Such things probably only reached the general populace here with the triumphal worldwide march of Sweden’s famous furniture store: it was in the mid-1970s that Austria’s first Ikea opened at the mall Shopping City Süd, just south of Vienna. Hej!

Nobody valued the jewels created during the period of post-war reconstruction

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/ City – Vienna – Design

Aus heutiger Sicht ist es immer noch unfassbar, dass im Zuge der – durchaus modernen und zeitgemäßen – Umgestaltung des Karlsplatzes und des U-Bahn-Baus die ehemalige Stadtbahnstation von Otto Wagner mit ihren beiden Gebäuden dort hätte abgerissen werden sollen. Wie viele andere WagnerWerke übrigens auch. Glücklicherweise trug man die beiden Stationsgebäude letztendlich dann doch sorgsam ab und baute sie eineinhalb Meter höher wieder auf. Ihrer ursprünglichen Bestimmung entsprechend genutzt werden sie heute allerdings nicht mehr. Eines davon ist eine beliebte Club-Location, das andere bespielt das Wien Museum als Ausstellungsfläche. Ganz nebenbei eine typische Wiener Lösung: Man macht Party oder Museum. Am besten beides zusammen.

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That’s also true of the entire Naschmarkt, by the way, which city planners wanted to raze in order to extend the Western Motorway (!) into the centre of town. From a present-day standpoint, it seems inconceivable that – as part of the U-Bahn system’s construction and the redesign of Karlsplatz, which was certainly modern and stateof-the-art – the former Stadtbahn station by Otto Wagner, with its two buildings, could have also been torn down. As could have been the case with many other of Wagner’s works, by the way. But luckily, the two station buildings ultimately ended up being carefully removed and thereafter returned to their original locations, albeit one-and-a-half meters higher up. Even if they’re no longer used for their original purpose, with one of them now being a popular nightlife location and

The period prior to that would seem a grey era indeed, if viewed from the present: looking at post-war photos showing views of the city and aspects of its public space or

Man überplattete oft recht ahnungsund achtlos, was heute unter Denkmalschutz gestellt würde

the other used by the Wien Museum as an exhibition space. Which is a typical Viennese solution, by the way: do parties or a museum. Or, better yet, do both simultaneously.

consulting people who were alive at the time may leave one feeling a bit depressed. But it’s easy to forget that even back then, the city was full of life – and the city’s ongoing reconstruction was accompanied by no small euphoria. Things were being torn down and built afresh, with Vienna looking to other big cities for the necessary esprit and copying it in a cheeky way. Designers used such borrowings to create a specifically Viennese style, to which a few original interiors luckily still bear witness – such as that by Oswald Haerdtl for the wonderful Café Prückl on the Ringstraße (1954), the interior of Erich Boltenstern’s modern Ringturm building (1955), and the redesigned interior of the State Opera. A lot of design from back then, however, was simply taken down later on to make room for what came after. It’s evident that, for a long time, nobody recognised or valued the jewels created during the period of post-war reconstruction; they were much rather perceived as eyesores – so out with them! Back in the seventies and even as recently as a few years ago, the tourism industry marketed Vienna with postcard views of the usual kitsch highlights like Schönbrunn Palace, the Hofburg, and the Ferris wheel known as the Riesenrad. Maybe they’d also include the Secession, as a sensation, or Otto Wagner’s Majolikahaus on the Wienzeile. Other works by the great architects of the fin de siècle, on the other hand, survived the ’70s only thanks to efforts by activists.

Die U-Bahn als Mutter aller neuen Dinge, sozusagen. Das Prinzip „U-Bahn-Bau als Motor für Stadtentwicklung“ propagiert Wiens Stadtverwaltung besonders gerne. Tatsächlich kam und kommt der (Aus-)Bau des Wiener U-BahnNetzes, der 1968 für eine Weltstadt relativ spät beschlossen wurde, bis heute der öffentlichen Wahrnehmung von Design sehr entgegen. Zum einen, weil – siehe das zuvor erwähnte Beispiel mit Otto Wagners Stadtbahn-Stationen – es damals plötzlich Aufmerksamkeit für bereits Existierendes und Schützenswertes gab. Zum anderen, weil U-Bahn eben mehr bedeutet als ein unterirdisches Schienennetz und funktionale Bauten an der Erdoberfläche, die sogenannten Aufnahmegebäude. Dass man etwa bei der Erweiterung der U1 der vorgegebenen Designlinie treu geblieben ist, darf nicht als selbstverständlich hingenommen werden. Als in den Achtzigern aus der Stadtbahn die U4 wurde, war man weniger zimperlich mit vorgefundenen Gestaltungsstrukturen und überplattete oft recht ahnungs- und achtlos, was heute unter Denkmalschutz gestellt würde. Dass Wien im Umgang mit Design sensibler geworden ist, hat sicher auch damit zu tun, dass dem Thema im Rest der Welt ebenfalls seit einiger Zeit größere Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Was Wien betrifft ist das sicher auch mit ein Verdienst von Katarina Noever (und zu Beginn

Things that would be protected as historic today were being paved over with little understanding or concern The U-Bahn as the mother of all things, so to speak. The principle of “underground railway construction as a motor of urban development” is one that Vienna’s municipal administration is particularly fond of propagating. And in fact, the construction and expansion of the Viennese U-Bahn network since 1968, rather late for a cosmopolitan city, has had a lasting positive effect on the public’s perception of design. For one thing, because – see the previously mentioned example with Otto Wagner’s city rail stations – attention was suddenly being paid to existing structures that were worthy of protection. And another thing was that an underground means much more than just a subterranean track network and functional station buildings on the surface. The fact that the recent expansion of the U1, for example, retained the line’s original design concept should not be taken for granted. Back in the 1980s, when the city rail system formerly known as the Stadtbahn was folded into line U4, pre-existing design structures had been handled with far less restraint, with many things that would be protected as historic today being paved over with little understanding or concern.


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vielleicht auch ihres damaligen Manns Peter Noever, dem späteren Direktor des Museums für angewandte Kunst). Von Beginn der Siebziger- bis Mitte der Achtzigerjahre führte sie in der Wiener Innenstadt die Section N. Das von Architekt Hans Hollein gestaltete Geschäft für Einrichtungsgegenstände, Accessoires und Mode (heute würde man sagen: Concept Store) war ein Ort, an dem Noever einem interessierten – und sicherlich noch überschaubaren – Publikum internationale Designklassiker und sonst wie Schönes, vom Marcel-BreuerSessel bis zum irischen Tweed-Hut, als größtenteils unbezahlbare Beispiele in einer Art Schule des Sehens vorführte. Als „Lern-, Seh- und Lesehilfen dafür, hinter die Dinge zu blicken“, hat es auch der Architekt Otto Kapfinger beschrieben, was Section N darstellte: „Ein europäisches Designcenter en miniature.“ Und das in einem Wien, das viele als düster und muffig in Erinnerung haben. Section N war Bühne für eine kleine Gruppe von Menschen, die guter Geschmack verband und deren Begeisterung womöglich bis heute Auswirkungen darauf hat, dass Wien wieder zur Designstadt wurde. War Wien designfeindlich? Oder ist man in dieser Stadt Neuem gegenüber generell eher unaufgeschlossen? Sieht man sich öffentliche Diskussionen an, wie sie seit den Achtzigern bis in die Gegenwart um Projekte wie HaasHaus, Museumsquartier, Wien Mitte oder – ganz aktuell – den geplanten Turm beim Eislaufverein geführt werden, bekommt man schon den Eindruck.

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The fact that Vienna began to deal more sensitively with design certainly also has to do with how the rest of the world has recently come to pay more attention to the theme. And in Vienna’s case, this is definitely also the achievement of Katarina Noever (and, early on, perhaps also her then-husband Peter Noever, who later became director of the Museum of Applied Arts). From the early 1970s until the mid-’80s, she ran Section N in Vienna’s first district. This shop for furnishings, accessories, and fashion (today we’d say: concept store) designed by architect Hans Hollein was a place where Noever showed an interested (and certainly still rather small) clientele international design classics and other pleasing items from Marcel Breuer chairs to Irish tweed hats as for the most part priceless examples that amounted to a sort of schooling in visual aesthetics. It was in a similar vein – as “learning, seeing, and reading aids to help one look behind things” – that architect Otto Kapfinger described what Section N showed: “A miniature centre for European design.” And that was in a Vienna that lots of people remember as grey and stuffy. Section N provided a stage for a small group of people united by good taste, whose enthusiasm may indeed still play a role in Vienna’s development as a design city. Was Vienna actually hostile to design? Or are people in this city just generally wary of new things? If one surveys the public discussions that have accompanied new projects from the ’80s to this day, including the Haas-Haus, the Museumsquartier, Wien Mitte, or the currently planned tower by the ice skating rink next to the Konzerthaus, one does get that impression.

Die Leute interessieren sich. Was gutes oder schlechtes Design ist, entscheiden nicht mehr ausschließlich Planer Über öffentlichen Raum wird in dieser Stadt ebenfalls leidenschaftlich gerne gestritten. Glücklicherweise weniger über Luigi Blaus Wartehäuschen für die Wiener Linien aus den frühen Neunzigern oder über die Farbe, welche die Sitzmöbel von PPAG im Museumsquartier in der aktuellen Saison haben sollen. Aber als vor einigen Jahren die Fußgängerzone Kärntner Straße umgestaltet wurde, einen neuen Straßenbelag und neue Sitzgelegenheiten bekam, stellte sich die damalige Bezirksvorsteherin quer, als die Architekten Straßenlaternen

People are interested. It’s no longer just planners who decide what’s good design or bad design. Public space, after all, is another thing that this city is passionate about arguing over. Happily, they don’t argue so

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im modern-sachlichen Stil vorschlugen. Die gusseisernen „Maiglöckchen“, wie sie sonst in der feinen Innenstadt üblich sind, sollten bleiben, entschied die Frau, und nun stehen in der neuen Fußgängerzone neben moderner Stadtmöblierung historisierend verkitschte Straßenlaternen, deren GusseisenAnmutung Fake ist und deren Beleuchtung keine altmodischen Gaslaternen imitiert, sondern viel zu grelles LED-Licht spendet. Festzustellen ist: Die Leute interessieren sich. Sie haben großes Interesse, was die Gestaltung ihrer Stadt und ihres unmittelbaren Umfelds betrifft, wollen Mitbestimmung. Was gutes oder schlechtes Design ist, entscheiden nicht mehr ausschließlich Planer und einige wenige Auskenner; man kann darüber traurig sein oder es super finden. Als das berühmte Café Museum 2003 in seinen ursprünglichen Zustand des Jahres 1899 samt von Architekt Adolf Loos entworfener, rekonstruierter Thonet-Möblierung und Gaskandelabern aus Messing zurückversetzt werden sollte, regte sich nicht nur bei den Stammgästen des beliebten Kaffeehauses Widerstand. Das bestehende, 1930 eingebaute Interieur von Josef Zotti in Rot und ursprünglich sogar Silber kam erstaunlich futuristisch daher, und mit den Jahrzehnten war es natürlich auch wunderbar abgewohnt. Wir Wiener lieben das! Proteste, Boykottaufrufe, Demonstrationen, es half alles nichts: Das alte Loos-Design kam schließlich als Fake zurück, machte das Kaffeehaus zum seelenlosen KaffeehausMuseum und wenige Zeit später wurde es dann eh wieder umgebaut. Aber nicht gerettet, weder Loos noch Zotti. Immerhin: Die Menschen beschäftigten sich mit Design. Gutes Design von „damals“ wird wiederentdeckt, neues Design zum Entdecken zur Diskussion gestellt. Nicht von ungefähr landete die Neigungsgruppe Design wenig später, 2006 von Tulga Beyerle, Lilli Hollein und Thomas Geisler gegründet, punktgenau einen Erfolg mit der ersten VIENNA DESIGN WEEK. Wien war bereit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und ist bis heute neugierig geblieben.

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wrought-iron “lily-of-the-valley” lamps present throughout the rest of the oh-so-fine first district had to stay, for which reason the new pedestrian zone’s modern street furniture now stands beneath historicist-kitsch streetlamps done in fake wrought iron and emanating the excessively bright light of LEDs rather than something more in keeping with old-fashioned gas streetlamps. But in any case, it can be said that people are interested. They’re very interested in the design of their city and their immediate surroundings, and they want to have a say in it. So it’s no longer just planners and a few connoisseurs who decide what’s good design or bad design. One can be sad about that or think it’s great. When the original 1899 interior design of the renowned Café Museum was reinstated in 2003, complete with reconstructions of architect Adolf Loos’s Thonet furniture and brass gas candelabras, resistance came not only from the café’s regulars. The existing red (and originally also silver) interior by Josef Zotti from 1930 made an astoundingly futuristic impression, and it had naturally acquired a wonderful patina over the decades. We Viennese love that! But the resulting protests, calls for boycotts, and demonstrations were all for naught: the old Loos design was ultimately brought back as a fake, turning what was once a coffeehouse into a soulless coffeehouse museum – and soon thereafter, it was time for the next makeover … which rescued nothing, neither the café’s Loos-incarnation nor its Zotti one. But at any rate: people paid attention to design. So good design from “back then” gets rediscovered, and new design is put up for discussion and discovered for the first time. And it’s no coincidence that, soon after the Café Museum fiasco, the initiative Neigungsgruppe Design – founded in 2006 by Tulga Beyerle, Lilli Hollein, and Thomas Geisler – landed a resounding success with the first VIENNA DESIGN WEEK. Design was a theme that Vienna was ready to deal with, and the city has remained curious ever since.

much about Luigi Blau’s early-’90s shelters at bus and tram stops, or about the colour of the seating elements by PPAG at the Museumsquartier this season. But a few years ago, when

Raus aus den Galerien, rein in die (Vor-)Stadt!

So out of the galleries and into the (outer) districts!

the pedestrian zone on Kärntner Straße was redesigned with a new paving surface and seating, the person who was district mayor at the time moved to block the architects’ plans for streetlights in a modern, functional style. She decided that the

Zudem brachten die „Drei von der Designstelle“ mit ihrem Festival damals nicht nur einem kleinen Kreis fachlich kompetenter Fans das Thema Design näher (diese Aufgabe

What’s more, these three managed to use their festival to do more than just convey design to a small circle of expert fans (a job that, by the time, had already been assumed by


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/ Stadt – Wien – Design

hatten zu dem Zeitpunkt ohnehin schon andere Einrichtungen übernommen ...). Vielmehr strahlte und strahlt die VIENNA DESIGN WEEK in die Stadt aus und erreicht dort auch ein Publikum, das sich mit Gestaltung vielleicht sonst nicht so sehr beschäftigen würde. Um das Motiv von Museum und Party ein weiteres Mal zu bemühen: Die VIENNA DESIGN WEEK bringt Menschen zusammen. Das designaffine Publikum und designinteressierte Produzenten, bislang designunerfahrene Handwerkstreibende und zunächst designkritische Unternehmer. Und, vielleicht am allerschönsten, Designerinnen und Designer lernen Menschen kennen, die mit ihrem Metier zunächst einmal nichts anfangen können. Wahrscheinlich ist das nicht immer supereinfach. Aber in vielen Fällen ist es supernachhaltig. Social Design, oder wie es beim Festival heißt: „Stadtarbeit“, gehört mit zum Niederschwelligsten, was die Veranstaltung leisten kann. Dass davon auch wieder das designaffine Publikum profitiert, versteht sich inzwischen fast von selbst. Raus aus den Galerien, rein in die (Vor-)Stadt! Nämlich in jene Grätzel, Orte und Ecken, wo die abgehobene Kunstschickeria sonst nicht so einfach hinkommt. Wenn Designerinnen und Designer sich damit beschäftigen, wie wir als Stadtmenschen besser miteinander leben, dann nicht im Studio unter Laborbedingungen. Sondern zusammen mit jenen, die es betrifft. Beispiel gefällig? Natürlich kann man die „Vollpension“, die sich die Jeansschneider Gebrüder Stitch vor ein paar Jahren für die VIENNA DESIGN WEEK ausgedacht haben, als weitere Hipsterbude belächeln. Ein paar Wochenenden lang backten Pensionistinnen und Pensionisten in der mit Vintagemöbeln zum „Omacafé“ umfunktionierten Schneiderwerkstatt in einem Mariahilfer Hinterhof deftige Kuchen, kochten ausgesprochen starken Kaffee und erzählten den Gästen aus ihrem Leben. Dazu gab es Likörchen. Ganz nebenbei hatten die sympathischen alten Leute plötzlich eine Aufgabe, Aufmerksamkeit und – auch nicht unwichtig – verdienten zusätzlich zu ihrer Pension auch noch Geld. Mittlerweile ist die Vollpension fixer Bestandteil der modernen Wiener Kaffeehausszene. Der Kuchen in der neuen Dependance im schicken Freihausviertel schmeckt noch immer wie bei der Oma daheim. Überhaupt die Hinterhöfe, die man in den letzten Jahren dank des Festivals kennenlernen durfte; oder auch die in Vergessenheit geratenen Ballsäle in der Vorstadt, Fabriken,

ten   /   Vienna design week

other institutions...). Instead, VIENNA DESIGN WEEK cast and continues to cast its light onto the entire city, reaching an audience that might not otherwise deal so closely with design as a topic. And to once again flog the museum-plus-party motif: VIENNA DESIGN WEEK brings people together. Members of the general public and product producers interested in design, craftspeople with no prior design experience, and entrepreneurs who are initially critical of the very concept. And what’s perhaps nicest: designers get to meet people who are initially clueless about what they do. That’s probably not always super-easy. But in a lot of cases, it is super-effective. Social design – or as the festival calls it: “Stadtarbeit” [City Work] – is among the most barrier-free things that the festival has to offer. Though it goes without saying that design connoisseurs also benefit. So out of the galleries and into the (outer) districts! To all those neighbourhoods, sites, and street corners that the conceited art crowd won’t be able to locate all that easily. Because if designers are to deal with ways for us city folk to coexist better, then it can’t be in the studio, under laboratory conditions. It has to happen with the people whom it affects. Care for an example? The “Vollpension” concept that the jeansmakers Gebrüder Stitch thought up for VIENNA DESIGN WEEK a few years ago could, of course, get laughed off as just another hipster novelty. For a couple weeks, their tailor’s shop in a courtyard in Mariahilf – which had been turned into a “granny café” with vintage furniture – played host to pensioners who baked heavy cakes, brewed extremely strong coffee, and told the guests stories from their lives. Topped off with a shot of liqueur. This also meant that these likeable old people were suddenly doing a job, receiving attention, and – not unimportantly – also earning a little money on top of their pensions. Vollpension has since become a fixture of the modern Viennese coffeehouse scene. But the cakes made at its new location in the chic Freihausviertel neighbourhood still taste like the ones made by grandma back home. And oh, the courtyards that the festival has introduced to us over the past few years! And the forgotten ballrooms in the outer districts, as well as factories, condemned school buildings, and even palaces normally closed to the public, some of which have served VIENNA DESIGN WEEK as Festival Headquarters; not to mention the curious workshops and

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abbruchreifen Schulgebäude oder sogar die für die Öffentlichkeit sonst nicht zugänglichen Palais, die der VIENNA DESIGN WEEK als Festivalzentralen dienten; kuriose Werkstätten, tolle Geschäfte, deren Besitzer mit internationalen Designern zusammenarbeiteten und die sich über all die Menschen freuten, die mit der „Designsafari“ in ihre Läden gespült wurden. Welcher Bezirk, welches Grätzel ist diesmal im Fokus der Wiener Designwochen? Die Frage stellen sich neugierige Fans der Veranstaltung spätestens im Sommer. Wer einmal mit offenen Augen durch ein Zielgebiet der VIENNA DESIGN WEEK spaziert ist, wird den entsprechenden Teil der Stadt künftig mit ganz anderen Augen und guten Erinnerungen sehen. Doch, doch, wir haben gelernt, achtsamer mit Wien zu sein. Schwer vorstellbar, dass Objekte wie die von Roland Rainer für die Wiener Stadthalle entworfenen Garderobenständer im Jahr 2016 noch acht- und respektlos entsorgt würden. Rainers berühmte Stadthallen-Sessel zum Beispiel kosten in Vintage-Geschäften, die sich auf Mid-Century-Design spezialisiert haben, ein Vermögen. Ebenso wie LobmeyrLuster aus der Epoche, zum Beispiel die Kristallglasexplosionen, die Hans Harald Rath in den Sixties für die New Yorker Met entworfen hat. Wiederentdeckt – und glücklicherweise erhalten – wurden Interieurs wie das fantastische Gartenbaukino von Robert Kotas oder der Pavillon im Volksgarten. Nämlich nicht als Baujuwele mit musealem Charakter, sondern gemäß ihrer Bestimmung als Kino oder sommerlicher Hangout für Nachtschwärmer. Da ist sie wieder, die bewährte Wiener Partylösung. Apropos Party: Die Bar, die Mitte der 1980er-Jahre vom Architekten Hermann Czech im Untergeschoß des Palais Schwarzenberg und im Stil der Zeit ausgestattet wurde, ist noch so ein Glücksfall. Als 2014 die VIENNA DESIGN WEEK das seit fast einem Jahrzehnt ungenutzte und fast schon in Vergessenheit geratene Gebäude als Festivalzentrale bespielte, war die Czech-Bar mit ihren Nischen, erstaunlichen Materialien, luftig-zufälligen Stofflampenschirmen und blinden Bildern erstmals wieder zugänglich und mit ein Höhepunkt der Veranstaltung. Wien war also immer schon „a city full of design“. Aber es braucht halt auch Leute, die einen ab und zu darauf hinweisen.

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fantastic retail businesses whose proprietors have worked together with international designers and been happy to see all the people that the festival’s “design safari” brought in. Which district, which neighbourhood will be VIENNA DESIGN WEEK’s next focus? Curious fans start asking this question every year by summer, at the latest. And anyone who’s walked through a VIENNA DESIGN WEEK target area will henceforth view that part of town in a new light and with good memories. So yes, we have learned to deal with our city of Vienna more mindfully. And one can hardly imagine that objects like the coat stands designed by Roland Rainer for the Wiener Stadthalle would still be thrown away so disrespectfully in 2016. Rainer’s famous Stadthalle seating, for example, now costs a fortune in vintage shops specialised in mid-century design. As do Lobmeyr chandeliers from that era, such as the crystal glass explosions that Hans Harald Rath designed for the Met in New York during the sixties. Rediscovery – and, happily, preservation – has also been the fate of interiors such as that of the fantastic Gartenbaukino by Robert Kotas and that of the Pavilion at the Volksgarten. Not as architectural jewels with the character of a museum, but in keeping with their purposes as a movie theatre and as a summer hangout for party animals. And there it is again, Vienna’s tried-andtrue party solution. Speaking of parties: the mid-1980s bar that architect Hermann Czech installed in the basement of Palais Schwarzenberg, a work stylistically at the height of its times, was yet another stroke of luck. When VIENNA DESIGN WEEK’s 2014 edition held events in that building, following almost a decade of disuse and consequent near-obscurity, Czech’s bar – with its niches, surprising materials, airy and coincidental cloth lampshades, and empty picture frames – could be experienced for the first time in ages and definitely represented one of the event’s highlights. So Vienna’s always been “a city full of design”. But there is, now and again, a need for people who are willing to remind us.


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/ Stadt – Wien – Design

ten   /   Vienna design week

„Eine Anziehung, wie Liebe eben“

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/ City – Vienna – Design

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Tulga Beyerle, Thomas Geisler und Lilli Hollein, die drei GründerInnen der VIENNA DESIGN WEEK, blicken zurück und nach vorne.

Tulga Beyerle, Thomas Geisler and Lilli Hollein, the three founders of Vienna Design Week, look back and ahead.

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“It’s an attraction, just like falling in love”

/ Neigungsgruppe Design, 2007

Text und Interview: Amelie Klein Text and interview: Amelie Klein

raucht Wien ein Designfestival? Die Frage, die 2006 zur Gründung der Neigungsgruppe Design führte, zu den ersten Passionswegen und 2007 schließlich zur Gründung der VIENNA DESIGN WEEK, stand schon länger am Tapet. Genau genommen stand sie in einer Masterarbeit, an der Mitgründer Thomas Geisler im Jahr 2005 schrieb, und sie stand auch auf einem großen Papierbogen, der die Ergebnisse eines Brainstormings zusammenfasste, zu dem Tulga Beyerle, Lilli Hollein und Geisler damals zusammenkamen, und der bis heute in Beyerles Wintergarten am Fensterbrett klebt. Die Antwort war schlicht: Ja, Wien braucht ein Design­festival. Und ja, wir machen das gemeinsam. Kurz nach der Jahrtausendwende hatte es begonnen, in Wiens Designszene zu gären. Nach mehrjähriger Pause war 2001 der Staatspreis für Design wiederbelebt worden. Im selben Jahr eröffnete mit der Home Depot eine kleine Designmesse, die neben den großen internationalen Marken auch heimisches Jungdesign zeigte. 2004 startete mit departure, der Förderagentur für Wiens Kreativindustrie, einer der wichtigsten Impulsgeber der Stadt. 2005 expandierte die im Jahr 2000 in Graz gegründete Österreichische Designstiftung in die Hauptstadt und eröffnete gemeinsam mit dem Berufsverband designaustria das designforum Wien im Museumsquartier. Und doch war alles überschat-

oes Vienna need a design festival? This question, which led to the founding of Neigungsgruppe Design in 2006,

to the first Passionswege event, and finally to the founding of VIENNA DESIGN WEEK in 2007, was one that had long been in the air. To be exact, it was raised in an MA thesis written by co-founder Thomas Geisler in 2005 and also appeared on a large sheet of paper summing up the results of a brain-storming session at the time between Tulga Beyerle, Lilli Hollein and Geisler – a sheet of paper that’s still stuck to the windowsill in Beyerle’s winter garden. The answer was plain and simple: Yes. Vienna needs a design festival. And yes, we’re doing it together. Things had started fermenting on the Vienna design front shortly after the turn of the century. The State Design Award was revived in 2001 after a several-year hiatus. That same year saw the debut of the “Home Depot” furniture fair, which showed young Austrian design as well as major international brands. One of the most important boosts for the city was triggered by the start-up in 2004 of departure, the promotional agency for Vienna’s creative industries. In 2005, the Austrian Design Foundation (established in Graz in 2000) expanded to Vienna and joined forces with the professional association designaustria to open designforum Wien at the Museumsquartier. And yet, all this was overshadowed by the fact that a major institution, whose task – according to


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tet davon, dass die eine große Institution, deren Aufgabe es laut Gründungsstatuten aus dem Jahr 1863 eigentlich gewesen wäre, „die kunstgewerbliche Tätigkeit zu fördern und vorzugsweise zur Hebung des Geschmacks in dieser Richtung beizutragen“, andere Schwerpunkte setzte. Das MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst widmete sich damals schon seit vielen Jahren hauptsächlich der bildenden Kunst.

Die Passionswege eröffneten eine neue Perspektive auf das, was Design (auch) ist: Prozess statt Endergebnis, Experiment statt Massenproduktion.

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its foundation statutes of 1863 – should actually have been “to foster work in the decorative arts and preferably to assist in raising the standards of taste in this direction”, had other priorities. Even then, the MAK – Austrian Museum of the Applied Arts / Contemporary Art – had for many years been concentrating primarily on visual and fine arts.

Passionswege opened up a new perspective as to what design (also) is: process instead of result, experiment instead of mass production. Design was hardly visible in Vienna in 2006 – despite all the recent initiatives – and young, contemporary design not

Design war 2006 – allen Initiativen zum Trotz – kaum sichtbar in Wien und junges, zeitgenössisches Design schon gar nicht. Kein Wunder also, dass Tulga Beyerle, Lilli Hollein und Thomas Geisler die Neigungsgruppe Design „als gemeinnützige und unabhängige Initiative zur Verbesserung der Wahrnehmung von Design in Österreich und von österreichischem Design im Ausland“ gründeten. Die Gelegenheit, diesen Vorsatz umzusetzen, folgte auf dem Fuß. Im Oktober 2006 hob die Neigungsgruppe gemeinsam mit der Universität für angewandte Kunst „DESIGN 06 – Zeitzonen“ aus der Taufe, eine Designkonferenz mit einem Lineup von rund 30 SprecherInnen, das Wien so noch nicht gesehen hatte. In unmoderierten Gesprächseinheiten von 50 Minuten begegneten einander DesignerInnen wie Konstantin Grcic oder Patricia Urquiola, KuratorInnen wie Paola Antonelli vom MoMA oder Galerie-Kreo-Gründer Didier Krzentowski, Hersteller wie Thomas Bene vom gleichnamigen Büromöbelproduzenten oder Leonid Rath von Lobmeyr und Theoretiker wie Christian Witt-Dörring oder Herbert Lachmayer, Leiter des Da-Ponte-Instituts.

„Die Stadt als Designlabor war und ist Antrieb des Festivals“ / Thomas Geisler

at all. So it was no wonder that Tulga Beyerle, Lilli Hollein and Thomas Geisler founded Neigungsgruppe Design “as a non-commercial and independent initiative for improving the awareness of design in Austria and of Austrian design abroad. The opportunity to realize this aspiration soon followed. In October 2006, Neigungsgruppe joined up with the University of the Applied Arts to launch “DESIGN 06 – Time Zones”, a design conference with a line-up of around thirty speakers such as Vienna had never experienced in this form. Free unmoderated talk sessions of fifty minutes each brought about encounters between such designers as Konstantin Grcic and Patricia Urquiola, curators like Paola Antonelli from MoMA and Kreo gallery founder Didier Krzentowski, manufacturers like Thomas Bene from the office furniture producer of the same name, and also Leonid Rath from Lobmeyr and theorists like Christian Witt-Dörring and Herbert Lachmayer, director of the Da Ponte Institute, as well as many more.

“The desire to involve the city as a design lab was and is the motivation behind the festival.” / Thomas Geisler And because they were there on the spot, Beyerle, Hol-

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/ City – Vienna – Design

dem DesignerInnen und Gewerbetreibende auf gleicher Augenhöhe und ohne kommerzielle Erwartungshaltung aufeinandertrafen. Das Resultat dieser Begegnung eröffnete den BesucherInnen vielleicht zum ersten Mal eine neue Perspektive auf das, was Design (auch) ist: Prozess statt Endergebnis, Experiment statt Massenproduktion und Fragen statt einer Lösung. Design nahm jede nur erdenkliche Form an, und es war überall.

[Paths of Passion], an experiment in which designers and business operators met at eye level and without commercial expectations. The result of this encounter opened up a new

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perspective for visitors, perhaps for the first time, as to what design (also) is: process instead of result, experiment instead of mass production, and questions instead of solutions. Design took on every conceivable shape, and it was everywhere. Thomas Geisler   /   It’s about making the entire range of design into the theme of a festival, hence working out the process as well, in fact, and not only in the crafts and manufacturing projects of the Passionswege, but also in other

Thomas Geisler   /   Es geht darum, die gesamte Bandbreite von Design zum Thema eines Festivals zu machen, also eben auch den Prozess herauszuarbeiten, und zwar nicht nur in den Handwerks- und Manufakturprojekten im Rahmen der Passionswege, sondern auch in anderen Formaten, etwa bei der Stadtarbeit, bei der es um soziale Prozesse geht. Die Stadt als Designlabor war und ist Antrieb des Festivals – das fasziniert mich bis heute, und das hat auch sehr stark zum Profil des Festivals beigetragen. Lilli Hollein   /   Wien funktioniert als Stadt, und da muss man mit mehreren Orten spielen. Die VIENNA DESIGN WEEK war von Anfang an als große Ausstellung konzipiert. Tulga Beyerle   /   Wir sind viel in der Stadt herumgegangen und haben diese besonderen Orte gesucht. Dabei haben uns nicht nur die Handwerkskultur und Manufakturen interessiert, sondern auch tolle alte Läden wie zum Beispiel der letzte Kartenverkäufer. Es ging uns um diese Orte, die Wien so besonders machen und die Stadt von anderen unterscheiden. LH   /   Das war auch wichtig für die konzeptionelle Arbeit am Festival: Was braucht es, damit sich Wien gegen die „echten“ Designdestinationen durchsetzen kann? TB   /   Und wir haben nie aufgehört, in dieser Hinsicht neue Formate zu entwickeln. Das ist ein grundlegender Unterschied zu anderen Designfestivals, weil Passionswege, Labor, Stadtarbeit – das sind alles Formate, in deren Rahmen wirkliche Dinge vor Ort entstehen, speziell für das Festival.

lein and Geisler immediately joined in the development of the accompanying background program with Passionswege

Und weil sie schon dabei waren, entwickelten Beyerle, Hollein und Geisler auch gleich noch das Rahmenprogramm dazu mit: die Passionswege. Ein Experiment, bei

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formats, for instance Stadtarbeit (City Work), where it’s about social processes. The desire to involve the city as a design lab was and is the motivation behind the festival – this has fascinated me to this day, and it has contributed very strongly to the festival profile. Lilli Hollein   /   Vienna functions as a city, and here we have to play with multiple venues. The VIENNA DESIGN WEEK was conceived from the very start as a mega-exhibition. Tulga Beyerle   /   We moved around the city a great deal and looked for these special locations. We weren’t only interested in crafts culture and manufactories, but also in fantastic old shops like the last card seller, for instance. What mattered to us were those places that make Vienna so special and make the city stand apart from others. LH   /   This was also important for the conceptual work on the festival: what does it take to ensure that Vienna can hold its own against the “real” design destinations? TB   /   And we never stopped developing new formats with this in mind. This is a fundamental difference from other design festivals, because Passionswege, Labor/Laboratory, Stadtarbeit – these are all formats where things really are created onsite and specifically for the festival. The commissioned works injected life into Vienna’s design landscape. Because in view of the still rather narrow home scene, as it was then, Neigungsgruppe Design soon came up against its limits and had to extend its search for new talents beyond Austria’s borders. This brought international flair to the festival and subsequently to the Viennese

Mit den Auftragsarbeiten kam Leben in Wiens Designlandschaft. Denn angesichts der damals noch recht überschaubaren heimischen Szene war die Neigungsgruppe Design rasch ans Limit gestoßen und hatte ihren Suchradius

design scene. The city shook off its old image and became an attractive location for creative people, and the platform that the festival offered to these designers was certainly just as effective as Vienna’s active sponsoring policy.


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/ Stadt – Wien – Design

nach neuen Talenten über Österreichs Grenzen hinaus erweitert. Damit kam es zu einer Internationalisierung des Festivals und in weiterer Folge auch zu einer Internationalisierung der Wiener Designszene. Denn die Stadt mauserte sich zu einem attraktiven Standort für Kreativschaffende, und die Plattform, die das Festival diesen DesignerInnen bot, war dafür sicher ebenso ausschlaggebend wie Wiens aktive Förderpolitik. TG   /   Die Möglichkeit, auch Talente zu entdecken, war schon immer ein Wesen des Festivals. Es war uns immer wichtig, nicht die „abgefeierten“ Leute zu präsentieren. Im Museumsbereich heißt es eher: Wer kennt wen? Man versucht, sich auf sichererem Terrain zu bewegen, und kann nicht einfach so Leute positionieren.

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TG   /   The opportunity to discover new talents had always been an essential part of the festival. We always thought it important not to rely on “celebrities” in our presentations. In the museum scene, the motto tends to be: who knows who? They try to move on secure terrain and can’t simply place people without further ado.

“There are quite a few businesses and enterprises that now work on a long-term basis with the designers we’ve passed on to them.” / Lilli Hollein TB   /   A show in a museum is also assessed differently.

„Es gibt ganz viele Betriebe und Unternehmen, die dauerhaft mit den DesignerInnen zusammenarbeiten, die wir ihnen zugespielt haben.“ / Lilli Hollein

If you have ten Passionswege participants, eight or nine function fantastically while and one perhaps doesn’t. Because we have, of course, sometimes make mistakes. But this isn’t tragic in a festival context: it’s a risk you have to take if you want young, exciting people. And what I do know is: for the first Passionswege, ten Austrian design studios joined in, and

TB   /   Eine Schau im Museum wird auch anders gewertet. Wenn du zehn Passionswege-Teilnehmer hast, funktionieren acht oder neun super und einer vielleicht nicht. Weil, wir haben uns natürlich auch manchmal geirrt. Aber beim Festival ist das keine Tragik, es ist das Risiko, das du mitträgst, eben weil du junge, spannende Leute willst. Und ich weiß schon noch: Bei den ersten Passionswegen haben zehn österreichische Designstudios mitgemacht, und schon im nächsten Jahr haben wir uns gefragt: „Uups, wen nehmen wir denn da jetzt?“ TG   /   Ich fand es aber auch total spannend, dass wir es geschafft haben, etwas aufzuziehen, wo Leute ihre Karrieren starteten. Die VIENNA DESIGN WEEK ist ein Super-Sprungbrett geworden. LH   /   Es gibt ganz viele Betriebe und Unternehmen, die dauerhaft mit den DesignerInnen zusammenarbeiten, die wir ihnen zugespielt haben. Und das ist, das muss man auch mal betonen, ein sehr überlegter Auswahlprozess: Wer könnte mit wem, atmosphärisch, in Bezug auf das Material, wer kann mit den Gegebenheiten eines Unternehmens gut umgehen? Es ist ja nicht so, dass das Los entscheidet. Und ich glaube, wenn man da ein perfect match gefunden

the next year we were already thinking, “Oops, who are we going to take now?” TG / But I also thought it was so exciting that we managed to launch something where people have managed to start their careers. VIENNA DESIGN WEEK has become a fantastic springboard. LH   /   There are quite a few businesses and enterprises that now work on a long-term basis with the designers we’ve passed on to them. And this, we have to stress, is a very

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/ City – Vienna – Design

hat, dann empfinden die Leute das auch so. Zum Beispiel chmara.rosinke mit Wäscheflott, die haben da sozusagen die Generationenübernahme im Unternehmen anmoderiert und begleiten das Unternehmen jetzt einfach weiter. Lobmeyr hat mit x Leuten weiter zusammengearbeitet, auch die Silbermanufaktur hat mit vielen Leuten weitere Projekte gemacht. TB   /   Aber natürlich gab es immer auch welche, die sich überhaupt nicht damit auseinandergesetzt haben. Das waren dann oft Projekte, in denen junge DesignerInnen wirklich gelitten haben. Aber keiner hat aufgegeben, sie haben das Ding irgendwie durchgeboxt, und wenn sie es dann selber produziert haben. TG   /   Partner wie Lobmeyr waren extrem wichtig, die diese Idee einfach verstanden haben und auch für sich zu nutzen wussten. Das waren wichtige Multiplikatoren, die dafür gesorgt haben, dass andere mitgezogen sind. LH   /   Und man muss – auch im Zusammenhang mit der Konferenz – immer wieder Leute wie Julian Riess nennen, der so den Einstieg ins Thema gefunden hat und erkannt hat: Aha, Design ist eigentlich etwas, worüber ich etwas wissen sollte! Leider gibt es nicht viele wie Julian Riess in diesem Land. TG   /   Das zeigt auch, wenn man da immer dranbleiben würde, könnte man zum Teil noch viel mehr daraus machen. Aber das kann das Festival dann natürlich nicht leisten, es kann nur einen Impuls dazu liefern. Nicht zuletzt heißt das Ganze ja auch Passionswege: wegen der Leidenschaft, aber auch, weil es teilweise Leidensdruck und Leidensfähigkeit beinhaltet.

carefully considered selection process: Who could work with whom in terms of the climate they generate, or as regards the material? Who can cope with a business environment? It isn’t like running a raffle. And I think that if you’ve found a perfect match, the people feel this as well. For example chmara. rosinke and Wäscheflott: they moderated, as it were, the intergenerational takeover of the business, and now they’re

done further projects with many participants. TB   /   But of course there were also those who didn’t give themselves over to the process at all. These were often projects where young designers really suffered. But not one

of them gave up; they all boxed it through to the last round, even if they had to finish the production by themselves. TG   /   Partners like Lobmeyr were extremely important; they just plain understood the whole idea and were able to use it for themselves. They were important multiplying factors, ensuring that others got and stayed on board. LH   /   And – also in the context of the conference – we always have to mention people like Julian Riess, who managed to empathize with this idea and realized: aha, design is actually something I ought to know about! Unfortunately, we don’t have that many Julian Riess’s in this country. TG   /   This also shows that if people were to keep at it, they could sometimes make much more of it. But the festival, of course, can’t afford to do this; it can only provide an impulse. And after all, this format is called Passionswege: because of the passion, but also because it involves psychological stress and a certain capacity to suffer – as does “passion” in the biblical sense. No one could deny that this is true of Neigungsgruppe Design. Because passion and the capacity to suffer are essential in order to withstand the psychological stress not only of starting a festival despite scarce resources and high expectations, but also of establishing it for the long term. LH   /   I came into contact with design, architecture and art way back in childhood, and there’s something special about topics and things that fascinate you, something you can’t quite put your finger on – it’s an attraction, just like falling in love.

All das kann man der Neigungsgruppe Design wohl nicht absprechen. Denn Leidenschaft und Leidensfähigkeit sind nötig, um den Leidensdruck auszuhalten, den es bedeutet, ein Festival trotz knapper Mittel und hoher Erwartungshaltung nicht nur zu starten, sondern auch nachhaltig zu etablieren.

simply continuing to support it. Lobmeyr has gone on working with countless people, and the Silbermanufactur has likewise

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LH   /   Ich bin schon als Kind mit Design, Architektur und Kunst in Berührung gekommen, und gerade bei den Themen und Dingen, die einen faszinieren, ist etwas daran, was man nicht benennen kann – einfach eine Anziehung, wie Liebe eben.

“In keeping with the dynamics of the idea of design, the festival won’t let itself be nailed down to one aspect, but will cast light on design trends or even help determine them.” / Tulga Beyerle TG   /   Over the past 20 years or so, I’ve been involved with design from all kinds of perspectives – as a craftsman, as a designer, as a teacher and researcher, and as a curator and author, but ultimately always as consumer, as


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/ Stadt – Wien – Design

„Gemäß der Dynamik des Designbegriffs wird sich auch das Festival nicht festlegen lassen, sondern die Tendenzen im Design ablichten oder aber selbst vorgeben.“ / Tulga Beyerle

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well. Accordingly, my relationship with this field is multifarious and sometimes even seems like a multiple failure/flop, because design doesn’t deliver what I or people in general expect of it. Or because I’m totally overwhelmed with having to keep up with the constant changes in the field. But this is precisely where the challenge and the fascination of working in this field lie.

TG   /    Ich habe mich in den letzten rund zwanzig Jahren von den unterschiedlichsten Perspektiven aus mit Design beschäftigt – als Handwerker, als Designer, als Lehrender und Forschender, als Kurator und Autor, letztlich aber immer auch als Konsument. Dementsprechend ist die Beziehung zu diesem Feld eine multiple, und manchmal kommt sie auch einem multiplen Versagen gleich, weil Design nicht das einlöst, was ich oder die Allgemeinheit von dieser Disziplin erwarten. Oder weil ich vollkommen überfordert bin, der ständigen Veränderung des Feldes zu folgen. Genau darin liegen aber auch der Reiz und die Faszination, in diesem Feld zu arbeiten. TB   /   Interessant finde ich die Beobachtung, dass sich Designer von der üblichen Dienstleistung immer weiter entfernen oder auch befreien. Entweder indem sie selbst zu Produzenten werden, oder aber Problemlösungen als open source ins Netz stellen, oder aber, indem sie sich in partizipativen Projekten direkt und aktiv mit gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Wobei hier die Ursprungsdisziplinen schon sehr verschwimmen … TG   /   Gemäß der Dynamik des Designbegriffs wird sich auch das Festival nicht festlegen lassen, sondern die Tendenzen im Design ablichten oder aber selbst vorgeben, wie das zu Beginn mit den Passionswegen gelungen ist. Es ist immer wieder eine Herausforderung, so etwas am Puls zu halten. Und das ist etwas, das manche andere Festivals auch verpassen. LH   /   Ich glaube, wenn du auf die Konferenz schaust, siehst du, was die Breite unseres Designbegriffs ist, und mit den Jahren sind die Möglichkeiten im Festival gewachsen, das auch umzusetzen. TB   /   Eine andere Frage ist natürlich – und das ist jetzt hier nicht zu beantworten: Ab wann wird man so institutionell wie andere, die man kritisch betrachtet? Noch glaube ich, ist es ein ganz wichtiger Schritt, dass jetzt eine

TB   /   What I find interesting is to observe how designers are retreating farther and farther away and liberating themselves from providing the usual mainstream services. Either by becoming producers themselves or by placing problem-solving services on the Internet in open source form, or by engaging in participatory projects that deal directly and actively with social problems. Which means, though, that the original disciplines do get really blurred … TG   /   In keeping with the dynamics of the idea of design, the festival won’t let itself be nailed down to one

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determine them, as happened so successfully right at the beginning with Passionswege. It never ceases to be a challenge to keep something like this on the cutting edge. It’s something that quite a few other festivals don’t quite manage. LH   /   I think that if you look at the conference, you’ll see how broad our idea of design is – and as the years go by, the festival’s range of options for realizing this is also growing. TB   /   Of course, there’s another question – though it can’t be answered here: when do we start getting as institutional as others, as the ones we view critically? Though I do still view the year-round visibility and professionalization that’s absolutely normal and essential. LH   /   There’s this momentum of bringing something to life, then there’s a period where ideas get put into practice, and then it’s very important, I think, to build up a team and a structure that make sure the whole apparatus works. But afterwards, it’s certainly also interesting to take the festival to a point where it can perhaps accommodate other concepts, where someone else can put his or her curatorial touch at its disposal for a specific length of time and thus introduce a new dynamic and a totally different view of

/ City – Vienna – Design

ganzjährige Sichtbarkeit und eine Professionalisierung stattfinden. Das halte ich für völlig normal und wesentlich. LH   /   Es gibt dieses Momentum, etwas ins Leben zu rufen, dann gibt es den Abschnitt, wo Ideen greifen, und dann, glaube ich, ist es ganz wichtig, dass man ein Team aufbaut und eine Struktur, sodass der Apparat funktioniert. Aber danach ist es sicher auch interessant, das Festival an einen Punkt zu bringen, wo es vielleicht auch andere Konzepte verträgt, wo für eine gewisse Zeit jemand anderer seine kuratorische Handschrift zur Verfügung stellt und damit die Dynamik hineinbringt und eine total andere Sicht der Dinge, so wie wir das auch schon machen. Das muss gar nicht immer die eigene Sicht sein. Stattdessen sollte man sich fragen, was Themen sind, über die in verschiedenen Communities nachgedacht wird, und denen ein Sprachrohr bieten. Das, finde ich, sind interessante Szenarien für die Weiterentwicklung.

aspect, but will cast light on design trends or even help

that are now coming about as a very important step; I think

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/ Neigungsgruppe Design, 2016

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things – just like we’re doing now, in fact. This needn’t always conform to our view of things. Instead we should ask ourselves what topics are being thought about in various communities and offer them the opportunity to be heard. These, I think, are interesting scenarios for further development.


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/ Stadt – Wien – Design

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/ City – Vienna – Design

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Kontinuität und Wandel Ein strategischer Blick auf die VIENNA DESIGN WEEK und ihr Umfeld

Continuity and Transformation A strategic look at VIENNA DESIGN WEEK and its environment

Doris Rothauer

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ines der erhellendsten und berührendsten Gespräche, die ich im Rahmen der VIENNA DESIGN WEEK führte, war ein Interview, das im Zuge einer Evaluierung stattfand. Es war im sechsten Jahr des Festivals, und wir wollten am Beispiel der Passionswege herausfinden, in welcher Weise die teilnehmenden Unternehmen von der Zusammenarbeit mit den DesignerInnen profitierten und ob sich ihr Verständnis darüber, was Design ist, verändert hatte. Dietmar Sulzberger, Inhaber eines kleinen Uhrengeschäftes in Hernals, hatte massiv mit der Veränderung seiner heruntergekommenen Geschäftsumgebung zu kämpfen. Inmitten von billigen Call Shops fühlte sich der Uhrenmacher mit seinen hochwertigen und hochpreisigen Uhren zunehmend im Abseits, und immer weniger Kunden fanden ihren Weg hierher. Er war daher für das Experiment, sein Geschäft von Designern für eine Woche lang „neu gestalten und beleben“ zu lassen, offen, wenn auch ohne jegliche Erfahrung und Vorstellung, was eine solche Gestaltung eigentlich meint. Die Designer, mit denen er zusammengespannt wurde, waren Georg Schnitzer und Peter Umgeher, gemeinsam Vandasye, und sie transformierten Sulzbergers kleinen, altmodischen Laden um in einen „Concept Store“: Die alten Punzenbilder, die in der EU nicht mehr erlaubt sind, wurden gerahmt an die Wand gehängt; ein nach allen Seiten offenes Regal, bestückt mit

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ne of the most enlightening and touching conversations that I had during VIENNA DESIGN WEEK was an

interview that took place as part of an evaluation. It was the festival’s sixth year, and we wanted to find out – taking the Passionswege event as our example – how the participating companies were benefitting from their work together with the designers and whether their understanding of design as such had changed. Interviewee Dietmar Sulzberger, proprietor of a little clock and watch shop in Vienna-Hernals, had been experiencing massive difficulties due to the changes taking place in his business’s run-down neighbourhood. Surrounded by cheap call shops, the clockmaker felt increasingly isolated with his high-quality and high-priced timepieces, and fewer and fewer customers were finding their way to him. He was therefore quite open to the experiment of having designers “re-design and enliven” his business for a week – even if he had no experience or idea as to just what such a re-design might actually entail. The designers with whom he was paired were Georg Schnitzer and Peter Umgeher, who work together as Vandasye, and they transformed Sulzberger’s small, oldfashioned shop into a “concept store”: the old metal stamps, no longer in use due to EU laws, were framed and hung on the wall, and a shelving unit – open on all sides and stocked with high-quality products and accessories from other Viennese manufactories – complemented Sulzberger’s own offer-


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hochwertigen Produkten und Accessoires aus anderen Wiener Manufakturen, ergänzte das Angebot, strukturierte den Raum und schaffte besucherfreundliche Bereiche. Der Laden war während des Festivals voll mit staunenden BesucherInnen. Was Sulzberger in der Zusammenarbeit mit den beiden Designern besonders beeindruckte, war ihre ruhige Art, mit der sie alle ihre Ideen an ihn herantrugen. Sie waren durch nichts zu erschüttern, auch nicht durch seinen anfänglichen Widerstand. Sie spürten das Veränderungspotenzial sehr feinfühlig auf, viel mehr als er selber, der täglich im Geschäft stand, der befangen war, und sie gaben ihm neue Ziele vor. „Man bekommt wieder Kraft“, meinte er, „sie bringen frischen Wind rein, wenn man, müde geworden, für Neuerungen nicht mehr so zugänglich ist.“ Und dann sagte er einen Satz, der mir ewig in Erinnerung bleiben wird: „So ein Projekt wirkt wie ein homöopathisches Mittel, man muss es nur erkennen.“ Es ist eine der Stärken der VIENNA DESIGN WEEK, sich und ihre TeilnehmerInnen regelmäßigen Reflexionsschleifen zu unterziehen und immer wieder die strategische Frage zu stellen, warum wir tun, was wir tun. So hat es das Festival geschafft, eine einmalige Positionierung zu erarbeiten und zu erobern, die so kein anderes Designfestival auf der Welt einnimmt. Experimentell, lustvoll, immer wieder überraschend geht es seinen ganz eigenen Weg und zeigt in unterschiedlichsten und ungewöhnlichsten Formen und Formaten auf, worin eine Kernkompetenz Designschaffender liegt: Visionen zu Strategien zu machen. „The most successful strategies are visions, not plans“, sagte einmal einer der innovativsten ManagementTheoretiker, Henry Mintzberg, der stets die kreative, experimentelle Seite der Strategieentwicklung betonte. Wenn in einem sich permanent verändernden, immer komplexer werdenden Umfeld die Zukunft nicht mehr planbar ist und die Konzepte der Vergangenheit nicht mehr funktionieren, braucht es neue Zugänge und Sichtweisen. Diese Ansicht hat sich heute weitgehend durchgesetzt: Zeitgemäße Strategiearbeit kann sich nicht mehr (nur) an quantitativ messbaren Zahlen, Analysen und Zielvorgaben orientieren. Es muss daher weniger um treffsichere Planung als um ein visionäres und experimentelles Kombinieren von Faktoren

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ings while also helping to structure the space and create inviting areas for visitors. During the festival, this shop was filled to the brim with wide-eyed visitors. What particularly impressed Sulzberger about his experience working with the two designers was the calm way in which they approached him with their ideas. Nothing could shake them, not even his initial resistance. In a sensitive way, the two worked to identify potential for change – which they were able to sense to a far greater extent than Sulzberger, with his bias from being at the shop day-in and day-out. And they gave him new goals toward which to work. “It lends you renewed strength,” he said, “a second wind when you’ve grown tired and stopped being all that receptive to new things.” And then he said something that I’ll always remember: “A project like this works like a homeopathic remedy – you just have to realise it.” One of VIENNA DESIGN WEEK’s strengths lies in the fact that it regularly subjects itself and its participants to reflective loops, repeatedly posing the strategic question of “why we do what we do”. And in this way, the festival has managed to formulate and occupy a one-of-a-kind stance exhibited by no other design festival anywhere in the world. With experimentation and excitement, and often full of surprises, it goes its very own way – using the most varied and unusual forms and formats to demonstrate an essential core competence of designers: turning visions into strategies. “The most successful strategies are visions, not plans,” said Henry Mintzberg, one of the most innovative management theorists and a figure who constantly stressed the creative, experimental aspect of developing strategies. When a permanently changing, ever more complex environment entails an unplannable future and the obsolescence of concepts from the past, new approaches and perspectives become necessary. It’s a view that, by now, has become fairly universal: modern strategic work can no longer orient itself (only) on quantifiable figures, analyses, and objectives. For this reason, it is less about well-targeted planning than about combining various factors in a visionary and experimental way. This is a core competence and a strength that characterizes creative professionals in general, and that is exemplified by designers’ working methods and problemsolving abilities.

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gehen. Eine Kernkompetenz und Stärke, die Kreativschaffende auszeichnet und die beispielsweise in der Arbeitsweise und Problemlösungskompetenz von DesignerInnen sichtbar wird. Übrigens hat Mintzberg – was den Zusammenhang noch weiter veranschaulicht – Strategieentwicklung auch als „Crafting“ bezeichnet und den Vergleich mit einer Töpferin gebracht, die zunächst mit einem Haufen Tonmasse startet. Ihre Erfahrung lehrt sie, was damit zu machen ist, gleichzeitig will sie mit einer neuen Form experimentieren. Hingabe, handwerkliche Meisterschaft und Kreativität sind ihre Erfolgsfaktoren, den Ton zu formen, ihre Strategie. Wenn die VIENNA DESIGN WEEK visionäre Strategien sowohl für sich selbst entwickelt, als auch anhand ihrer Projekte und TeilnehmerInnen aufzeigt, so ist dies nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit der Entwicklung des Umfeldes zu betrachten. Da ist zunächst die Veränderung im Berufsbild und Selbstverständnis von DesignerInnen zu beobachten, die gerade in den letzten zehn Jahren spannende neuartige Zugänge und Positionen mit sich gebracht hat. Das Leben der Menschen zu verbessern, nicht mehr und nicht weniger ist grundsätzlich das Ziel von Design. War dies lange Zeit zunächst an ein Objekt und dessen Gestaltung gebunden, so gehen heutige Ansätze weit darüber hinaus. Viele DesignerInnen und GestalterInnen setzen heute angesichts der massiven gesellschaftlichen Herausforderungen ihre Erfahrungen, ihr Know-how und ihre Kreativität dort ein, wo es um soziale Innovationen und Nachhaltigkeit im weitesten Sinne geht, sei es objekt-, dienstleistungs- oder prozessbezogen. Diese Ansätze ziehen sich, analog zum Designfeld selbst, auch durch das gesamte Programm der VIENNA DESIGN WEEK und spiegeln sich insbesondere in den Formaten „Stadtarbeit“ und „Future Urban Mobility“ wider. Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Stadt selbst, und zwar das, was die Stadt so besonders macht, ihr Lokalkolorit, ihre „DNA“, um Lilli Hollein zu zitieren. Eine Stadt, die sich zum wiederholten Mal in Folge rühmen kann, im internationalen Mercer Ranking die weltweit höchste Lebensqualität zu verzeichnen, und die gleichzeitig wie kaum eine andere europäische Metropole wächst. Eine Stadt, in der der Spagat zwischen Tradition und Innovation

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Mintzberg, by the way – and this makes the context even clearer – also referred to strategy development as “crafting” and drew the analogy to a potter who starts out with a lump of clay. Experience tells the potter what to do with it, but at the same time, she wants to experiment with a new form. Her devotion to, mastery of, and creativity in her craft are the factors behind her success, while shaping the clay is her actual strategy. When VIENNA DESIGN WEEK develops visionary strategies for itself and also points out the visionary strategies of its various projects and participants, such things need to be viewed not in isolation, but rather always with the development of the overall context in mind. This can be observed first and foremost in the changing job description and self-understanding of designers, a phenomenon that has brought about novel approaches and stances especially during the past ten years. Design’s fundamental objective is to improve people’s lives, no more and no less. And though this was long tied to objects and the forms they were given, today’s approaches go much farther. Today, in light of the massive challenges faced by the societies we live in, many designers are applying their experiences, their know-how, and their creativity to areas where the task at hand is social innovation and sustainability in the broadest sense, be it pertaining to objects, to services, or to processes. And similarly to how these approaches run throughout design as such, they also run throughout the entire programme of VIENNA DESIGN WEEK – and are reflected most prominently in the formats “Stadtarbeit” [City Work] and “Future Urban Mobility”. A further point of contact is the city itself, that which makes this city so special, it’s local colour – or its DNA, as Lilli Hollein puts it. A city that can boast the world’s highest quality of life according to the international Mercer ranking for multiple consecutive years now, and is at the same growing faster than almost any other European metropolis. A city where the tightrope act between tradition and innovation leads to precisely those special features that make Vienna so unique – be it in art, in design, in architecture, or in its entrepreneurial landscape, which is characterized by innovative companies with long traditions as well as by niche market leaders. Every year, VIENNA DESIGN WEEK works like a truffle hog to sniff out and unearth such things, ranging from


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zu genau jenen Besonderheiten führt, die Wien so auszeichnen, sei es in der Kunst, im Design, in der Architektur oder in ihrer Unternehmerlandschaft, die von innovativen Traditionsbetrieben und Nischenmarktführern gekennzeichnet ist. All das spürt die VIENNA DESIGN WEEK alljährlich wie ein Trüffelschwein auf, vom letzten innerstädtischen Handwerksbetrieb seiner Art bis hin zur Schneckenfarm am Stadtrand. Damit erfüllt das Festival die gleiche Brückenfunktion wie die Stadt selbst: Es ist eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Ost und West, zwischen kultureller und wirtschaftlicher Attraktivität. Und nicht zuletzt ist es das Umfeld eines Wiener Kunst- und Kreativschaffens, das sich gerade in den letzten zehn, 15 Jahren starke Netzwerke und klare Positionierungen aufgebaut hat. Wenn auch das Schlagwort der Kreativwirtschaft wirtschaftspolitisch gerade zu verhallen scheint, so haben die damit verbundenen Förderprogramme – wie beispielsweise die Kreativwirtschaftsprogramme der Stadt Wien, departure, sowie des Bundes, impulse – einen klaren Gewinn gebracht: Sie haben zur Ausbildung einer kreativen Szene beigetragen, die selbstbewusst und selbstbestimmt neue Wege geht und Alternativen aufzeigt. Alternativen zu herkömmlichen, festgefahrenen Formen eines institutionalisierten Denkens und Handelns, das an seine Grenzen gekommen ist. Neue Wege, die sich in neuartigen Arbeitsweisen und Kooperationsformen, Formaten und Geschäftsmodellen manifestieren. Ihre Strategien sind von Visionen geleitet. Von diesen neuen Wegen können wir nicht nur profitieren, sondern auch lernen. Nicht zuletzt deshalb sind Initiativen wie die VIENNA DESIGN WEEK, die dieses kreative Feld in den vergangenen zehn Jahren wesentlich mitgestaltet hat, so wichtig, weil sie das Bewusstsein dafür öffnen, was Kreativität bewirken und verändern kann. Im Rückblick sollten wir daher den strategischen Blick in die Zukunft nicht aus den Augen verlieren: Die letzten zehn Jahre sind die Basis für die nächsten zehn Jahre, die den Spagat zwischen Kontinuität und Wandel meistern müssen und werden.

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the last inner city craft business of its kind to a snail farm at the edge of town. And in doing so, the festival fulfils the same bridging function as the city itself, a bridge between past and future, between East and West, and between cultural and economic attractiveness. Last but not least, it is the realm of Viennese artistic and creative work itself that, especially over the past ten, fifteen years, has seen the development of strong networks and clear stances. And even if “creative industries” may seem to be fading a bit as a buzzword, the publically funded promotion programmes associated therewith – such as those of the City of Vienna (departure) and of the Austrian Federal Government (impulse) – have produced a clear benefit: they’ve led to the formation of a creative scene that is self-confidently and independently striking out on new paths and highlighting alternatives. Alternatives to the traditional, set-in-stone forms of an institutionalized style of thought and action that has reached its limits. And new paths that manifest themselves in new ways of working and cooperating, new formats, and new business models. This scene’s strategies are guided by visions. So its new paths are things from which we can not only benefit but also learn. And finally, the significance of initiatives like VIENNA DESIGN WEEK – which has made such a valuable contribution to shaping this creative field over the past ten years – lies also in how they help develop a consciousness for just what all creativity can accomplish and change. So as we look back, we should still keep one eye on the strategic view into the future – for the past ten years are the basis for the next ten years, during which we must and will master the tightrope act between continuity and transformation.

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