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Meditation
from Angelus n° 09 / 2022
by Cathberne.ch
KRAFTQUELLEN SUCHEN
Man hat sie wieder in diesem Sommer und Herbst gesehen: die grossen Sonnenblumenfelder. Dieses flammende Meer sieht wunderschön aus und die Kerne der Sonnenblume sind wertvoll, etwa für Speiseöl oder Körnerbrötli.
Die Sonnenblume richtet sich nach der Sonne aus und sucht eine Licht- und Kraftquelle. Was sucht unser Herz?
Es gibt eine ganze Reihe von Kraftquellen im Leben: Der Glaube; Liebe und Zuneigung, Freundschaften, die Familie; die Freude an der Arbeit oder im Sport; Erlebnisse in der Natur, Tiere; Hobby, Computer und die Faszination der Technik. Die kleinen Alltagsfreuden: ein Besuch, über den ich mich freue; das Lieblingsessen; ein unterhaltsamer Abend mit anderen; ein handgeschriebener Brief, der mit der Post ins Haus flattert. Vielleicht habe ich selbst dazu beigetragen; Freundlichkeit gesät, die ich ernten darf. Vielleicht kommt Einiges auch überraschend gut.
Sonnenblumen strahlen Freude und Optimismus aus; etwas, was vielen Patientinnen und Patienten im Spital sicher zu Recht schwerfällt. Auch die Kirche tut sich damit nicht immer leicht. Diese Leichtigkeit können wir uns im Gebet holen, auch wenn wir unsere Seele in die Sonne Gottes halten und Spiritualität erleben. Wenn die Kerne der Sonnenblume ausgereift und schwer sind, ist nicht einfach alles aus: Vögel, welche die Kerne stibitzen, sorgen im nächsten Jahr dafür, dass Sonnenblumen an Orten wachsen, wo wir sie gar nicht erwarten. So verlieren wir manche Bekannte aus den Augen – vielleicht durch Umzug oder Streit oder Missverständnisse. Wünschen wir ihnen, dass sie anderswo «Wurzeln schlagen» und aufblühen. In jedem reifen Sonnenblumenkern steckt die Kraft der ganzen Blume. Wer den Kern in die Erde pflanzt, erlebt das Wunder einer neuen Blüte.
Die Sonnenblume gibt Kerne ab, welche wachsen. Wie die guten Kreisläufe, welche wir in die Welt setzen und die weiterwirken, auch wenn wir einmal nicht mehr da sind. Das, was ich selbst gesät habe an Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, den Glauben, den ich hatte: das bleibt und geht nicht verloren. Judith Bélat,lic.theol, Spitalseelsorgerin
In einem Segensgebet heisst es: Guter Gott Lass Dein Licht leuchten über uns, Lass die Blumen blühen für jeden von uns, lass den Wind uns den Rücken stärken und die Sonne warm auf unser Gesicht scheinen.
Sonnenblumenfeld: Sonnenblumen strahlen Freude und Optimismus aus.
Foto: shutterstock