„Wo ist das Kind?“ Kunst in der Stadt
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Wo ist das Kind? Kunst in der Stadt Die Ausstellung zeigt Arbeiten und Projekte, die von Gästen, Absolvent*innen, Student*innen und Lehrenden des Masterstudiums „Social Design-Arts as Urban Innovation“ realisiert wurden, das 2012 an der Universität für angewandte Kunst Wien gegründet wurde. Der Titel des Programms mag zur Annahme verleiten, dass sich Soziales über Gesellschaftliches stellte, dass Social Designer*innen helfen und einspringen. Individuelles Engagement, emphatisches Mitdenken oder Hilfsbereitschaft, ohne zu zögern, sind sicherlich persönliche Voraussetzungen, sich diesem Studium zu widmen. Doch wird Solidarität im Social Design Studio als gesellschaftspolitische Kategorie verstanden, zu deren Einlösung es neuer und ungewöhnlicher Lösungsansätze bedarf. Es gilt, ein Um- oder Neudenken zu provozieren, das zu gesellschaftlicher Veränderung führen kann. Das Social Design Studio und seine Gäste reagieren auf aktuelle Bedürfnisse intensiv wie nachhaltig, jung wie engagiert, polyglott wie verständlich, niedrigschwellig wie qualitativ, künstlerisch wie handfest, mit Interventionen, Programmen, Reihen, die am Puls schwieriger Zeiten und (nicht allein) städtischer Bedürfnisse bleiben. Letztendlich geht es bei diesem jungen Studium immer noch und immer wieder um die große von Künstlerinnen und Künstlern formulierte und mutig vertretene Forderung nach einer Verschränkung von Kunst und Leben, und so trifft der Titel einer Arbeit des Künstlers und kritischen Denkers Asger Jorn aus dem Jahr 1962 das Anliegen des Social Design Studios in gebotener Schärfe: „Die Avantgarde ergibt sich nicht“. Brigitte Felderer Brigitte Felderer ist Kuratorin und Kulturwissenschaftlerin. Sie lehrt an der Universität für angewandte Kunst Wien, leitet das Masterstudium „Social Design-Arts As Urban Innovation“ und hat zahlreiche medien- und kulturhistorische Ausstellungsprojekte und Publikationen realisiert, zuletzt „Der Hände Werk“, Schallaburg 2019. Die Ausstellung verdankt sich einer Kooperation der Universität für angewandte Kunst Wien und der Galerie der Stadt Villach und wird von der Abteilung „Social Design-Arts as Urban Innovation“ umgesetzt. Gezeigt werden Arbeiten von: Catalin Betz, Sophie Bösker, Eylem Ertürk, Martin Färber, Citlali Gómez Escobar, Moriz Fischer, Miriam Hübl, Marlene Hübner, Lena Kohlmayr, Sebastian Kraner, Virginia Lui, Susanne Mariacher, Ruth Mateus-Berr, Michael Moser (formerly Tatschl / breadedEscalope) und Jan Knopp (DA Institute), Peter Piuk und David Scheßl / Urban Playground, Karolina Plášková, Bernd Rohrauer, Christina Schraml, Alessia Scuderi, Alberta Sinani, Christoph Steininger, Alexander Sulz, Herwig Turk, Asia Valencic, Anna Vasof, Raphael Volkmer Die Arbeit des Social Design Studios verdankt sich immer der wesentlichen Unterstützung aller: Oldooz Ahmad Zadeh, Jana Alaraj, Cornelia Bast, Jessica Blank, Nadia Brandstätter, Nesrine Bukhari, Florian Burger, Eliza Chojnacka, Ilkin Beste Cirak, Laschandre Coetzee, Nathalia Da Silva Portella, Frank Daubenfeld, Antonia Eggeling, Dilrübâ Erkan, Markus Gebhardt, Tanja Gsell, Michel Gölz, Marta Gomez, Monika Farukuoye, Alessia Finckenstein, David Grüner, Silvan Hagenbrock, Clara Hirschmanner, Magdalena Hubauer, Mariia Hupalo, Lydia Kaminski, Da Hyun Kim, Emer Kinsella, Neslihan Kiran, Klaus Kodydek, Sally Kotter, Hana Križanová, Poojitha Amarnath Lal, Dieter Lang, Tinka Legvart, Jan Phillip Ley, Naqi Li, Elaine Liu, Alejandra Loreto, Eva Maria Mair, Anna Ilona Misovicz, Teresa-Elisa Morandini, Bo Mu, Andrea Navarrete Rigo, Pavel Naydenov, Vera Naydenova, Péter Oroszlány, Ivan Pantelić, Nina Pohler, Lisa Puchner, Barbara Putz-Plecko, Milly Reid, Clara Rosa Rindler-Schantl, Marie Christin Rissinger, Frida Robles, Julijana Rosoklija, Amelie Schlemmer, Bana Sa`adeh, Katharina Spanlang, Elisabeth Stephan, Cosima Terrasse, Enrico Tomassini, Stephan Trimmel, Thi Quê Chi Trinh, Mariya Tsaneva, Gabriela Urrutia Reyes, Julian Verocai, Michael Wallraff, Lukas Weithas, Stefan Wiltschegg, Julia Wohlfahrt, Joanna Zabielska, Zuzanna Zając, Klelija Zhivkovikj, Anne Zühlke. Die Ausstellung wurde von Brigitte Felderer und Anna Vasof konzipiert. 2
Zu den ausgestellten Arbeiten · Obergeschoß: Anna Vasof, Hitting my Head on the World, 2019, 13:00 min, f, Video Anna Vasof lässt ihren Kopf wie einen Drumstick, mal ganz zart und vorsichtig oder fest und schmerzhaft aufschlagen. Ihr eigener Körper wird zum Instrument und die Stadt, die sie umgibt, zum Resonanzraum. Der Schlag des Kopfes gibt den Rhythmus vor, das Soundscape eines jeden Orts liefert die unverkennbare Melodie. Manchmal werden die Städte zudem an markanten Sehenswürdigkeiten erkennbar, immer sichtbar ist die Künstlerin: sie tritt ins Bild, rückt noch schnell das Mikrofon auf ihrem Kopf zurecht, prüft vielleicht ihre eigene Position und los geht’s: Der Titel hat angekündigt was zuverlässig folgt: die Künstlerin haut sich ihren Kopf an, in der jeweils erwähnten Weltstadt, und landet mit jedem Schlag einen Treffer. Anna Vasof studierte Architektur an der Universität Thessaly (Griechenland) und Transmediale Kunst an der „Angewandten“. Ihre Videos und Kurzfilme wurden auf zahlreichen Festivals präsentiert und mehrfach ausgezeichnet. Derzeit arbeitet sie an der Entwicklung innovativer Mechanismen zur Herstellung kritischer, themenbezogener Videos und Aktionen. Virginia Lui, Miriam Hübl, SECURIWAS?, 2017, Fotostrecke (Tapete) SECURIWAS? beschäftigt sich mit Security-Personal und wie diese boomende Berufsgruppe die Bedingungen einer neuen, prekären Arbeitswelt zum Ausdruck bringt. Sicherheitskräfte sind in den meisten Städten der Welt zur Selbstverständlichkeit geworden. Wessen Sicherheit sie eigentlich garantieren sollen, bleibt oft unhinterfragt. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die Nachfrage nach Sicherheitsdienstleistungen in ähnlichem Maß ansteigt, wie der Abbau von Sicherheit und Rechten am Arbeitsmarkt voranschreitet. Securities stehen – nur durch ihre physische Anwesenheit – für Sicherheit und Ordnung. Wird jedoch der Mensch selbst zur Ware, ist die Ausbeutung seiner Arbeitskraft perfektioniert. Die Fotostrecke zeigt Variationen einer Uniform, die von Wachpersonal getragen werden könnte. Die Leseart der Uniform, als Symbol für Autorität und Ordnung, lässt die Trägerin beinahe verschwinden. Jede und jeder könnte ihre Stelle einnehmen. Virginia Lui hat Social Design und Architektur studiert. Ihre künstlerischen Methoden umfassen ortsspezifische Performance, Text, Photographie, Zeichnung und künstlerische Forschung. Für ihren PhD untersucht sie „critical spatial practice“ in städtischen Erneuerungsprozessen in China. Miriam Hübl ist Journalistin und hat Social Design und Politikwissenschaften studiert. Inhaltlich befasst sie sich mit Urbanismus, kritischer Geographie und internationaler Politik. Sie schreibt und produziert für österreichische Printmedien und Radiosender. Social Design Studio, Spielfeld – Das Spiel ums Ganze, 2019, Ping-Pong-Tisch, Betonmauer, Stacheldraht, Video Das Social Design Studio organisierte ein offenes Ping-Pong-Turnier. In diesem Wettkampf ging es darum, nie über die Grenze zu kommen, immer einen allzu hohen Preis zu zahlen und nichts mehr dabei zu verlieren. Wer mitmachte hatte sich strengen Regeln zu unterwerfen, war vielleicht auf der Seite der Gewinner oder auch ganz schnell wieder aus dem Spiel. Falschspielerinnen und Spielverderber bekamen ihren Anteil, List und Betrug rechneten sich – die Hindernisse schienen unüberwindlich. Was spielte sich ab? Wer würde am Ende den Sieg davontragen? Wofür? 3
In der Ausstellung verteilt: Martin Färber, Moriz Fischer, Raphael Volkmer, Alexander Sulz, Stühle und Sessel, 2019 Die prototypischen Sitzmöbel nehmen Bezug auf erfragte Bedürfnisse von Nutzer*innen des öffentlichen Raumes. Die Wünsche gelten der Bewegung, Kommunikation, Kooperation, Begegnung, Frische, Abgrenzung, Augenhöhe, Sauberkeit, Unterhaltung wie auch der Eigenart eines Möbels. Mit „minimalen Interventionen“ (Lucius Burckhardt) wurden vorhandene Sitzmöbel nach Kriterien der Wiederverwertung und -verwendung erweitert und transformiert. Altbekanntes und Ausgeschiedenes werden zu spielerischen Elementen, zu Werkzeugen sozialer Interaktion und Medien des Austausches. Die Möbel fragen gleichsam danach, welche Qualitäten öffentliche Stadträume bieten müssen, und sie erproben, wie öffentlich benutzte Möbel gestaltet werden könnten und sollten. Martin Färber arbeitet als sozial engagierter Designer an partizipativen und kollektiven Projekten für den öffentlichen Raum und forscht mit experimentellen und spekulativen Designmethoden zu konkreten Bedarfslagen. Raphael Volkmer ist Designgeneralist und visueller Kommunikator, der sich besonders für kollaborative Designprozesse und das transformative Potenzial designorientierter Unternehmungen interessiert. Moriz Fischer studiert Industriedesign an der „Angewandten“ und hat sich in diesem Projekt intensiv mit Wiederverwendung und nicht bloß -verwertung beschäftigt. Alexander Sulz ist Webentwickler, überzeugter DIY-Praktizierender und lebt die urbane Ludologie in Wien. (Foto: Martin Färber) Stiege: Marlene Hübner, Alberta Sinani, Literal Stair Chair, 2019 Das Social Design Projekt „Literal Stair Chair“ soll alternative Verwendungszwecke von Stiegenhäusern anregen und eine Wiederaneignung von halböffentlichen Räumen mobilisieren. Nicht nur Wiener Stiegenhäuser sind durch ihre großzügige Architektur ein idealer Ort, um sich an heißen Sommertagen abzukühlen. Im Alltag werden diese jedoch meist nur als kurzfristiger Transitraum genutzt. Ein faltbarer Sitz gibt Bewohner*innen die Möglichkeit zum Verweilen auf den Stufen. Für das Design wurden Bücher verwendet, in die Sitzpolster eingenäht wurden. Die handlichen Bücher fügen sich in das Erscheinungsbild der Treppenhäuser und bieten eine bewusste Kuriosität im Alltag, die Neugierde auf alternative Nutzungen von Stiegen wecken soll. Marlene Hübner studiert nach ihrem Bachelor in „Geographie und Regionalstudien“ nun Social Design, arbeitet als Projektmanagerin in den Bereichen zeitgenössische Kunst und Radio und beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der temporären Nutzung von Leerständen. Alberta Sinani hat vor ihrem Social Design Studium Politikwissenschaften studiert, vertritt die Interessen der Studierenden in der Hochschülerschaft der „Angewandten“ und hat u. a. im „Kosovar Gender Studies Center” in Prishtina wie auch für das Dokufilmfestival „Dokufest“ in Prizren/Kosovo gearbeitet. Social Design-Imagefilm, 2017, Video HD, 3:53 min Mit: Ina Nagler & Hending, Text & Stimme: Virginia Lui, Kamera: Laurenz Korber, Regie und Schnitt: Sebastian Kraner, Konzept: Brigitte Felderer, Herwig Turk, Sebastian Kraner, Support: Clara Rosa RindlerSchantl. Gedreht 2017 in Wien. Der Film ist im Kontext der Studie „Eine urbane Knautschzone mit Potential“ entstanden, die 2017 im Auftrag der Wiener Magistratsabteilung 19, zuständig für Architektur und Stadtgestaltung, durchgeführt wurde. Diese Studie untersuchte einen Stadtteil und ergab, dass die befragten wie beobachteten Bewohner*innen neue Möglichkeitsräume einfordern beziehungsweise vorhandene Raumpotentiale und Ressourcen in ihrer Nachbarschaft nicht wahrnehmen. Im Zuge des fortlaufenden Projekts werden Strategien und Aktionen entwickelt, solche Möglichkeitsräume zu etablieren, als wesentliche Voraussetzung dafür, um schließlich mit Bewohner*innen – in einem gemeinschaftlichen Prozess – Veränderungen und Verbesserungen anzuregen. Das Projekt erarbeitete anhand innovativer Methoden Grundlagen und Handlungsmodelle für eine nachhaltige wie temporäre Aktivierung öffentlicher Räume. Projektteam: Christina Schraml, Martin Färber, Lena Kohlmayr, Karolina Plášková, Asia Valencic. Christina Schraml arbeitet als Urbanistin und Senior Scientist im Social Design Studio und verfolgt Projekte zu Themen wie leistbares Wohnen oder die Entwicklung neuer Methoden in der Stadtforschung. Martin Färber ist als Designer und Künstler im Social Design Studio aktiv, Lena Kohlmayr, Karolina Plášková und Asia Valencic haben Social Design studiert und sind mittlerweile in unterschiedlichen Projekten international tätig. 4
Cornern / First Viennese Applied Corner Institute / 2019
Erdgeschoß:
Michael Moser (Tatschl), Jan Knopp, Corner Workshop, 2019 Die belebte Natur kennt die Ecke nicht, sie ist eine menschgemachte Abstraktion. Sobald sich zwei gedachte Linien schneiden, bietet sich uns ein Ausgangspunkt zur Betrachtung der Welt. Von Pythagoras über Mercator bis Mandelbrot erschließen sich Konzepte, die es ermöglichen, uns über Ecken einer Vermessung der Welt anzunähern. Wir betrachten diesen Diskurs als Ausgangspunkt für die eigene Standortvermessung der Studierenden: Wie erklärt man die eigene Position im Kontext des Social Design Studiums anhand einer Ecke? Die Ergebnisse dieses Workshops mündeten unweigerlich in die gemeinschaftliche und intuitive Entwicklung eines Vermittlungsformats: Die Workshop Gruppe erschloss das Potential eines ungezwungenen Wissenstransfers im Rahmen des „Cornerns“ und proklamierte das erste Wiener Corner-Institut. Michael Moser (Tatschl) gründete 2004 breadedEscalope, ein Kollektiv für experimentelles Design und Functional Art und beschäftigt sich mit Feldforschungsprojekten in Grauzonen zwischen Kunst und Design, Hochsee und Hochgebirge, Einsiedelei und Wirtshaus. Er betreibt seit 2015 mit Rebekka Kiesewetter, Jan Knopp und Olivier Rossel das DA Institut for Applied Knowledge, um die diversen Formen eines Wissenstransfers zu pflegen. Neben dem DA Institut ist Studio Piet die offene Unternehmung des Schweizer/Deutschen Designers Jan Knopp. Im Fokus der Arbeit stehen Design, Storytelling, Wissenstransfer- und Formatentwicklung sowie Architektur und urbane Strategie. In Zusammenarbeit mit Künstlern, Architekten, Forschern, Fotografen und Designern gestaltet und entwickelt Studio Piet für Kunden aus Design, Architektur, Wirtschaft, Kultur und Bildung. Sedici
Applied
Ruth Mateus-Berr, MURMUR, 2018, Corner Digital Prints 1-5, Fine Art 2019 Hahnemühle Bamboo, 640 x 841 mm Sedici Wie erscheinen Bilder und Erinnerungen, was verändert sich, wenn man vergisst und Dinge nicht mehr klar erkennen und zuordnen kann? Inspiriert von Menschen mit Demenz entwarf Ruth Mateus-Berr Digitaldrucke mit dem Titel „MURMUR“, was so viel wie Rauschen oder auch Murmeln bedeutet, Synonyme also für akustisch oder visuell nicht klar identifizierbare Dinge. Die Reihenfolge der Arbeiten beschreibt ein Einfühlen in das Wesen des Erkrankungsprozesses. Die Arbeit „MURMUR“ entstand im Rahmen des künstlerischen Forschungsprojektes Dementia-ArtsSociety. PEEK Projekt AR 366–G24, gefördert vom FWF https://www.dementiaartssociety.com/ Ruth Mateus-Berr ist Künstlerin, Wissenschaftlerin, Social Designerin, Professorin an der Universität für angewandte Kunst Wien und Leiterin des Zentrums für interdisziplinäre Didaktik und Kunstdidaktik. Sie beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Themen an der Nahtstelle von Wissenschaft, Kunst und Design, Kunst- und Designvermittlung, Pädagogik, Gesundheit, Silver Generation, Demenz, Bildungsforschung, Multisensorischer Forschung, Urbanismus, Interdisziplinarität sowie mit interkulturellen und sozialen Projekten. ISBN 978-3-906912-29-5
Peter Piuk und David Scheßl / Urban Playground, Parkour-Workshop , seit 2011 Der öffentliche Raum wird zum Spielplatz der Bewegung. Die architektonisch bebauten und natürlich vorgegebenen Bewegungswege werden durchbrochen, Hindernisse durch den eigenen Weg in individuellen Bewegungskombinationen überwunden – eine Fortbewegung, die naturgegebene Umwelt wie bebauten Raum beobachtet und neu interpretiert. Bei diesem Parkour-Workshop geht es darum, sich und den eigenen Körper durch eine Verbindung aus körperlichen, technischen und mentalen Herausforderungen kennen zu lernen. Grenzen werden ausgelotet und Selbstvertrauen erlernt. In dieser wettkampflosen Trainingsmethode setzen allein die persönlichen Fähigkeiten Rahmen wie Ausgangspunkt. Der Fortschritt ist das Ziel. David Scheßl studiert Social Design, betreibt seit über fünf Jahren Parkour und versucht, seine Kenntnisse weiter zu geben. Im Juni 2011 organisierte und leitete er das Festival „Urban Playground“, das seither eine Plattform für urbane Kulturen und Hip Hop in Kärnten darstellt. Er arbeitet als Künstler im In- und Ausland und ist als DJ Pekave aktiv. Peter Piuk verfolgt als Kindersportcoach wie als Student der Erziehungs- und Bildungswissenschaften die Etablierung dieser Bewegungsart. Als Künstler der Plattform „Urban Playground“ trägt er laufend zu Projekten bei. www.urban-playground.at 5
Zwischengeschoß: Alessia Scuderi, The Network Wall, 2019, interaktive Installation, Linoldruck auf Karton Die durch das handwerkliche Druckverfahren individualisierten Formulare bieten Freiräume auf Papier, in denen alle, die im Social Design Studio aktiv sind und waren, neugierig machen auf die Projekte, die sie verfolgen. Diese Schau innerhalb der Ausstellung gibt die Vielfalt der Interessen und Kompetenzen wieder, die von den Studierenden bereits mitgebracht und im Lauf ihres Studiums weiter vertieft und erweitert werden. Studierende wie Lehrende kommen aus unterschiedlichen urbanen Realitäten, die sie als gleichsam muttersprachliche Kenntnisse, als Denkund Erfahrungssysteme teilen und im Lauf des Studiums zu einem ständig anwachsenden Netzwerk entwickeln. Alessia Scuderi arbeitet seit Abschluß ihres Social Design Studiums in Projekten an der Schnittstelle von Kunst, Kultur und Forschung. Ihr Interesse gilt dabei der Vielfalt des Gedruckten, ob in seiner Auswirkung auf Alltag und Emotion oder nicht zuletzt in seiner geradezu existenziellen Bedeutung. Untergeschoß: Christoph Steininger, Demut, 2016, 13:07 min, s/w und Farbe, 16:9, Full HD, Stereo „Demut“ ist ein essayistischer Kurzfilm über die Brüder Wilhelm und Eduard Demut und ein kleiner Versuch, die Zeit des Austrofaschismus und Nationalsozialismus im Leben dieser zwei Personen aufzuarbeiten. Wilhelm Demuth war im Austrofaschismus in mehreren Organisationen politisch aktiv. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Eduard Demuth war Generaldirektor verschiedener Institutionen und hatte während des Nationalsozialismus an „Arisierungen“ mitgewirkt. Der Filmemacher ist ein naher Verwandter der Brüder Demuth und versucht, auch sein eigenes Verstricktsein anhand von historischem Filmmaterial und eigener Filmaufnahmen aufzuarbeiten und so gegen neuere Erscheinungen von Antisemitismus vorzugehen. Christoph Steininger ist Absolvent der Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film, studierte Social Design sowie Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, wobei er sich auf grundlegende gesellschaftliche und ökologische Fragestellungen konzentrierte. Sein Interesse liegt in der transdisziplinären künstlerischen Forschung und dem Bewegtbild.
Susanne Mariacher, Wildbad – Weltbad, 2018/19, Performance, dokumentiert in einer Zweikanal -Videoinstallation Die Performance „Wildbad – Weltbad“ im Kurort Bad Gastein konzentriert sich auf den Ursprung der Gemeinde – die heißen Quellen – durch den Akt des Badens. Ausgehend von den Traditionen traditioneller Badekultur bringt die Arbeit neue Rituale an unterschiedliche öffentliche Orte des Dorfes. Die wiederholten Fuß- und Dampfbäder stellen minimale Interventionen dar, die den Blick auf den Raum und dessen Benutzung und Zuschreibung zu verändern vermögen. Mit dieser persönlichen Aneignung der Ressourcen setzt sich die Künstlerin für die Wertschätzung des kulturellen Erbes ein und ruft nicht zuletzt dazu auf, touristisch verwerteten Raum zurückzuerobern. Susanne Mariacher hat Architektur an der Technischen Universität Wien und Social Design studiert. Ihre Performances im öffentlichen Raum schaffen mit wenigen Hilfsmitteln temporäre, humorvolle Settings, welche die Bedeutung und Wahrnehmung von Raum verrücken. Sie hat mit unterschiedlichen Kollektiven unter anderem Arbeiten für das Festival der Regionen, die Vienna Design Week und zuletzt die Bozar Artist in Architecture Residency umgesetzt. (Foto: Helene Schauer 2019)
Alle Fotos (wenn nicht anders angegeben): Courtesy of the artists 6
Catalin Betz, Sophie Bösker, Citlali Gómez Escobar, Let’s Face it! The Avocado Dilemma, 2019, dokumentarischer Kurzfilm, 13: min, Animation: 1 min, „Klimabeichten“: 2 min Das Thema Klimawandel ist in aller Munde, niemand kann der Debatte entkommen. CO2-Steuer, Elektromobilität und Fahrverbote dominieren als Themen die tagespolitischen Medien. Ein gesellschaftlicher Wandel ist unausweichlich. Doch wie verhalten wir uns als Individuen und wo stoßen wir an die Grenzen unseres Handlungsspielraums? Hat individuelles Handeln überhaupt eine Wirkung? Der dokumentarische Kurzfilm „Let’s Face it! The Avocado Dilemma“ befasst sich mit der Frage nach dem Einfluss Einzelner auf ein System, das auf unendliches wirtschaftliches Wachstum hin ausgerichtet ist und keinen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel fordert. Ein bewusster Lebensstil ist dringlich. Doch waschen wir nicht in Wahrheit unser schlechtes Gewissen durch Kompensation rein und zwingt uns das „Avocado-Dilemma“ nicht zu einer Form modernen Ablasshandels? Catalin Betz studiert Social Design nach Abschlüssen in Kommunikations- und Produktdesign in Würzburg, Hamburg und Bozen. Ihr Anspruch ist es, fächerübergreifend zu arbeiten und dabei ihr Interesse an theoretischen Themenfeldern mit praktischen Tätigkeiten zu vereinen. Sophie Bösker studierte Literatur-Kunst-Medien und „Design and Art“ in Konstanz und Bozen und seit 2018 Social Design in Wien. Ihre Arbeit umfasst Projekte in Film, Design und Kunst, deren Gemeinsamkeit sich durch eine grundlegende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, politischen oder ökologischen Problemstellungen auszeichnet. Citlali Gómez Escobar ist Pianistin und Komponistin, und studiert nach Abschlüssen in Klavier und Philosophie nun Social Design. Sie organisierte Klavierkonzerte und MusikWorkshops für die indigene Bevölkerung Mexikos, für Frauen und Kinder in Erziehungseinrichtungen und für andere marginalisierte Gruppen und hat international konzertiert. Herwig Turk, Social Design ist unsichtbar, 2019, Video HD, Farbe, 3:53 min Die bewegten Bilder präsentieren Einblicke in unterschiedliche Projekte und Aktionen des Social Design Studios, vermitteln die dichte Atmosphäre und wechselnden Stimmungen, in denen sich die Arbeit entfaltet. Der Blick wandert von einem Szenario zum nächsten und gibt die Ernsthaftigkeit und das Engagement der Beteiligten wieder. Herwig Turk hält dabei die poetischen Momente künstlerischen Risikos fest und er macht auf humorvolle Weise klar, dass sich die angestrebten Lösungen und Ziele der Projekte schon im Prozess auftun. Herwig Turks Projekte entstehen im Spannungsfeld von Kunst, Technologie und Wissenschaft. Seine Arbeiten wurden etwa im Museum Moderner Kunst Kärnten, im Museum für angewandte Kunst Wien, im Seoul Museum of Art, im TESLA Labor für Medienkunst, in der Galerie Georg Kargl oder bei der Transmediale gezeigt. Er lehrt als Senior Artist in der Abteilung „Social Design-Arts as Urban Innovation“. www.herwigturk.net
Im Begleitprogramm: Eylem Ertürk, Bernd Rohrauer, Shared Walks „Shared Walks“ ist ein Social Design-Projekt, das Begegnungen im öffentlichen Raum schafft. Es verbindet Menschen zum gemeinsamen Gehen, initiiert soziale Interaktionen und schafft Möglichkeiten für räumliche Aneignungs- und Partizipationsprozessen in Städten. Die Teilnehmenden gehen zu zweit, sammeln und teilen Beobachtungen, Eindrücke, Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Geschichten, Assoziationen usw. und kartieren die Nachbarschaft aus verschiedenen Perspektiven. 30 unterschiedliche Spaziergänge in einem Kartenset schlagen kleinere Änderungen der Art und Weise vor, wie wir normalerweise gehen. Eylem Ertürk ist Kulturschaffende und arbeitet in Istanbul und Wien. Ausgebildet in Bildender Kunst, Social Design und Kulturmanagement, befasst sie sich mit gesellschaftlich engagierten künstlerischen Praktiken. Ihr derzeitiger Arbeitsschwerpunkt liegt auf künstlerischer Forschung und der Arbeit an und für Plattformen urbaner Partizipation. Bernd Rohrauer hat Geschichte, Malerei und Trickfilm, sowie Sozialarbeitswissenschaften studiert und Projekte mit unterschiedlichen KünstlerInnen umgesetzt. Er forscht und publiziert zur sozialräumlichen Methodenentwicklung und Sozialraumforschung und ist beruflich mit Sozialraumarbeit/Gemeinwesenarbeit, Partizipation und leistbarem Wohnen beschäftigt. 7
Rahmenprogramm Samstag, 9. November 2019, 14 bis 16 Uhr „Parkour“-Workshop mit Peter Piuk und David Scheßl / Urban Playground (Bei Schlechtwetter findet der Workshop am 30. Nov. oder am 7. Dez. statt.) Der öffentliche Raum wird zum Spielplatz der Bewegung. Die architektonisch bebauten und natürlich vorgegebenen Bewegungswege werden durchbrochen, Hindernisse durch den eigenen Weg der persönlichen Bewegungskombinationen effizient überwunden. Eine Fortbewegung, die natürliche Umwelt und bebauten Raum beobachtet und neu interpretiert. Offen für alle ab 12 Jahren. Anmeldung bitte unter: 0699 11883791 Samstag, 16. November 2019, 10 bis 12 Uhr „Hier sind die Kinder!“ Familienvormittag mit Simone Dueller Workshop zum Thema „Kunst in der Stadt“ für die gesamte Familie. Kinder und ihre Freund*innen und Familien sind eingeladen, mit uns einen gemütlichen Vormittag in der Ausstellung zu verbringen und gemeinsam kreativ zu den gezeigten Werken zu arbeiten. Anmeldung und nähere Informationen unter 0699 11883791 Alle Altersstufen. Werkbeitrag € 2,-
Freitag, 29. November 2019, 18 bis 20 Uhr Kunst & Stadt. Workshop für Erwachsene mit Simone Dueller Rundgang & Workshop zum Thema der Ausstellung „Wo ist das Kind?“. Anmeldung & Informationen unter 0699 11883791. Werkbeitrag € 2,Kunstvermittlung Für Kindergärten, Volksschulen, Unter- und Oberstufen bieten wir nach telefonischer Terminvereinbarung gerne Führungen und Workshops an. Anmeldungen bei Simone Dueller, Tel. 0699 11883791 Ausstellungsgestaltung: finnworks
Galerie Freihausgasse · Galerie der Stadt Villach · Freihausgasse, A – 9500 Villach Tel.: +43(0)4242 / 205-3420 und/oder -3450 · kultur@villach.at · www.villach.at Galerieleitung: Edith Eva Kapeller Mittwoch, Donnerstag, Freitag: 9 – 13 und 14 – 18 Uhr · Samstag: 9 – 15 Uhr Ausstellungsdauer: 8. 11. bis 7. 12. 2019
Foto Vorderseite: © Anna Vasof für Social Design, 2019 · Gestaltung: Peter Putz · www.ewigesarchiv.at
Samstag, 23. November 2019, 15 bis 17 Uhr „Shared Walks“ in Villach mit Eylem Ertürk und Bernd Rohrauer Treffpunkt: Galerie der Stadt Villach „Shared Walks“ ist ein Social Design-Projekt, das Menschen bei gemeinsamen Spazierengängen zusammenbringt, so unerwartete Begegnungen ermöglicht und dabei städtische Räume erobert. Mit einem Kartenspiel lassen sich 30 unterschiedliche Spaziergänge auswählen. Die Ergebnisse werden on-line präsentiert. Offen für alle, die gern neue Menschen und ihre alltägliche Umgebung anders kennenlernen möchten. Ab 14 Jahren. Anmeldung bitte unter: 0699 11883791