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Vor 100 Jahren

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„I BAMBOCCIONI CON I CAPELLI GRIGI“ NEUERUNGEN BEI DER UNTERHALTSPFLICHT ZUGUNSTEN VOLLJÄHRIGER KINDER

Beide Elternteile müssen, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, zum Unterhalt ihrer Kinder beitragen. Diese Pflicht erstreckt sich bis zum Erreichen deren Volljährigkeit oder deren wirtschaftli chen Selbstständigkeit, sofern die Kinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht ökonomisch unabhängig sind. Der römische Kassationsgerichtshof hat nun in einem erst vor we nigen Tagen erlassenen richtungsweisenden Urteil (Nr. 17183 vom 18. August 2020) einen neuen Trend in diesem Bereich eingeleitet. Nachdem die Höchstrichter einleitend feststellten, dass die Situa tion in Italien diesbezüglich nahezu einmalig ist („Solo in Italia si mantiene un figlio fino a trenta anni“), wurde nun der Grundsatz festgelegt, wonach ein Kind, infolge des Abschlusses der Ober schule bzw. eines Universitätsstudiums, sich unverzüglich auf die Suche nach einer Arbeitsstelle zu machen und damit in die wirt schaftliche Selbstständigkeit zu begeben hat. Selbst eine prekäre Anstellung rechtfertigt unter Umständen die Einstellung der Un terhaltszahlungen. Demzufolge obliegt die Beweislast, sich diesbezüglich aktiviert zu haben, nicht (wie in der Vergangenheit) beim verpflichteten Elternteil, sondern beim Kind, das einen Unterhalts anspruch geltend macht. So werden die Eltern (bzw. das verpflichtete Elternteil im Falle einer Trennung oder Scheidung) fortan von ihrer Unterhaltspflicht entbunden, falls sich deren Nachkommen, infolge der abgeschlossenen Ausbildung, nicht unverzüglich auf die Suche nach einer Arbeit begeben. In der Vergangenheit haben die italienischen Gerichte vorwiegend die Interessen der Kinder in den Mittelpunkt gestellt und damit viel fach einen Missbrauch des Anspruches auf Unterhalt ermöglicht. Nicht selten hat dies dazu geführt, dass die Kinder bis zu ihrem 40. Lebensjahr bei ihren Eltern leben und von diesen erhalten werden müssen (in den Medien wurden sie demnach vielfach als „bam boccioni con i capelli grigi“ stigmatisiert). Die Gerichte haben diese Situation weitgehend gefördert, indem sie beispielsweise die Be weislast, wonach das Kind die Möglichkeit hat, eine geeignete Erwerbstätigkeit zu finden, dem verpflichteten Elternteil anlasteten (was praktisch unmöglich ist, da nur das Kind den Nachweis erbrin gen kann, alles Mögliche unternommen zu haben, eine geeignete Anstellung zu finden). Es kam sogar so weit, dass die Richter die Entscheidung der Kinder billigten, bestimmte Arbeitsstellen auszu schlagen, die nicht ihren persönlichen Vorstellungen entsprachen. Die vom Kassationsgerichtshof jüngst gefällte Entscheidung ist grundsätzlich zu begrüßen, da die Richter die Kinder damit indirekt in die Verantwortung nehmen, sich in die wirtschaftliche Unabhän gigkeit zu begeben und damit einen positiven Beitrag sowohl für die eigene Entwicklung als auch für die Gesellschaft zu leisten.

Endlich ist sie da!

Die elektronische Identitätskarte hält Einzug in die Wipptaler Gemeinden schings, und Karin Nitz von den Bürger muss während der Eingabe

Seit Anfang Juni haben die Südtiroler Gemeinden die Möglichkeit, elektronische Identitätskarten auszustellen. Die neue Plastikkarte im Kreditkartenformat löst den bisherigen Ausweis in Papierform ab. Auch im Wipptal ist die neue Identitätskarte angekommen.

Seit 1997 wurde in Italien über die Einführung der elektronischen Identitätskarte diskutiert. Im Juli 2016 wurden schließlich die ersten Plastikausweise ausgestellt, u. a. in Bozen. In den restlichen Südtiroler Gemeinden hieß es aber weiterhin abwarten. Es gab Probleme mit der Zwei- bzw. Dreisprachigkeit. Mittlerweile konnte das Problem behoben werden. Seit Anfang Juni werden die neuen Identitätskarten dreisprachig ausgestellt: italienisch, englisch und deutsch. Die Landesregierung setzt sich zudem beim Innenministerium in Rom dafür ein, künftig die Angaben auch noch auf ladinisch anzuführen.

Die Situation im Wipptal

Im Wipptal erhält man seit Anfang Juni in den Gemeinden Brenner, Freienfeld und Ratschings die neue Plastikkarte. Die Gemeinde

Ausstellung der elektronischen Ausweise Anfang September (nur mit Terminvereinbarung), auch die Gemeinde Pfitsch plant, im Herbst mit der Ausstellung zu starten. Wann in der Stadtgemeinde Sterzing auf das neue System umgestellt wird, ist noch nicht klar. Wie Werner Amrain, Standesbeamter in der Gemeinde Ratdemografischen Ämtern der Gemeinde Franzensfeste auf Nachfrage des Erker erklären, ist die Ausstellung einer elektronischen Identitätskarte zeitlich etwas aufwendiger als die Ausstellung des „herkömmlichen“ Personalausweises. Auch Regina Steinmann, Beamtin in der Gemeinde Freienfeld, bestätigt, dass man pro Ausweis nun anstatt fünf etwa 15 Minuten braucht. Deshalb wird den Bürgern empfohlen, einen Termin entweder direkt beim Meldeamt (per E-Mail oder Telefon) oder auf der Internetseite des Ministeriums (www.prenotazionicie. interno.gov.it) zu vereinbaren, um Wartezeiten zu vermeiden. „Der Franzensfeste beginnt mit der

der Daten im Amt anwesend sein, weil auch die Fingerabdrücke abgenommen werden müssen“, so Kerstin Gschnitzer von den de

mographischen Ämtern der Gemeinde Brenner. Zudem muss das Passfoto digitalisiert werden. Es wird nur mehr ein Foto anstatt wie bisher drei benötigt und der Bürger kann es nach erfolgter Digitalisierung wieder mitnehmen. Jene Bürger, die über das Portal des Ministeriums einen Termin vereinbaren, haben dort bereits die Möglichkeit, ein Passfoto hochzuladen. Für die neue Karte muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen. Anstatt wie bisher 6 Euro kostet die Identitätskarte nun 22 Euro. Sie wird von der Staatsdruckerei gedruckt und mit privater Post je nach Wunsch an die Gemeinde oder an die Privatadresse des Bürgers verschickt – sie wird dem Bürger also nicht direkt ausgehändigt. Dies dauert in der Regel sechs Arbeitstage (in einigen Fällen auch länger). „Für diese Zeitspanne erhält der Bürger eine Art Bescheinigung über die Ausstellung der Identitätskarte. Diese gilt im Inland als Erkennungsdokument (‚documento di riconoscimento‘), und zwar so lange, bis die elektronische Identitätskarte in Empfang genommen wird. Der Bürger kann mit dieser Übergangsbescheinigung bis zum Erhalt der Identitätskarte nicht ins Ausland reisen, außer er ist im Besitz eines Reisepasses“, so Amrain.

Sie haben ausgedient: In vielen Gemeinden Südtirols werden seit Anfang Juni keine Personalausweise im Papierformat mehr ausgestellt.

Gleich geblieben ist die Möglichkeit, bei der Beantragung der Identitätskarte die Bereitschaft zur Organspende zu bekunden. Neu ist hingegen, dass die Bürger – bedingt durch das neue Programm – nun explizit danach gefragt werden (man kann bejahen, verneinen oder sich nicht äußern). Die herkömmliche Identitätskarte wird nur mehr in Ausnahmefällen ausgestellt (Gesundheitsgründe, Auslandsreisen, Wahlangelegenheiten, öffentliche Ausschreibungen und Wettbewerbe). Als Vorteil beschreiben die Bediensteten der Meldeämter das praktische Kreditkartenformat. Wie Werner Amrain erklärt, erhält man mit der elektronischen Identitätskarte zudem einen PIN. Die Karte kann über NFC ausgelesen werden (viele Handys haben z. B. eine NFC-Schnittstelle) und man kann damit auf diverse Online-Bürgerdienste zugreifen, wie etwa SPID. Neben den höheren Kosten wird die kleine Schrift auf der Karte als Nachteil genannt, da die Daten zum Teil schwer lesbar sind. Bisher habe es bei der Ausstellung selten Probleme gegeben. su

ALLGEMEINE INFOS

Die elektronische Identitätskarte ist ein Ausweis, mit dem die Identität einer Person bescheinigt wird. Sie kostet 22 Euro und wird nur für Bürger ausgestellt, die in der jeweiligen Gemeinde ansässig sind.

WIE LANGE IST DIE ELEKTRONISCHE IDENTITÄTSKARTE GÜLTIG?

• 3 Jahre für Kinder von 0 bis 3 Jahren; • 5 Jahre für Kinder und Jugendliche von 3 bis 18 Jahren; • 10 Jahre für alle Volljährigen. • Die Identitätskarte verfällt am Tag des

Geburtstages der betreffenden Person.

Das Verfallsdatum ist auf der Karte ang geben.

WANN KANN DIE IDENTITÄTSKARTE ERNEUERT WERDEN?

Die alten Identitätskarten aus Papier können jederzeit erneuert werden. Zum Zeitpunkt der Erneuerung wird eine elektronische Identitätskarte ausgestellt. Die neuen elektronischen Identitätskarten können ab dem 180. Tag vor dem Verfallsdatum erneuert werden. Nur bei Änderung der anagrafischen Daten, wenn der Ausweis beschädigt oder verloren gegangen ist oder wenn er gestohlen wurde, kann er schon vorher erneuert werden. In den beiden letztgenannten Fällen ist dafür die bei der Polizei eingereichte Anzeige vorzulegen.

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