15 minute read
Geschichte: Orgelbaumeister Joseph Aigner aus Gasteig
from ERKER 09 2020
by Der Erker
Ein großer Meister des Orgelbaues
Orgelbaumeister Joseph Aigner aus Gasteig
Viele Namen kämen einem in den Sinn, wenn man bekannte Persönlichkeiten aus der Gemeinde Ratschings nennen sollte. Olympiasieger Alex Schwazer vielleicht, Friedl Volgger oder der Neustifter Abt Bernhard Haller. Möglicherweise auch das eine oder andere Mitglied der Familie von Sternbach. Oder die Staudn-Riesin Maria Fassnauer oder der Hexenmeister Pfeifer Huisele. Ob dabei auch der Name Joseph Aigner fallen würde, darf wohl eher be zweifelt werden, sein Name ist nämlich in seiner Heimatgemeinde mehr oder weniger in Vergessenheit geraten.
Am 15. März 1809 wurde dem Ehepaar Bartlme Aigner und Margreth Mayresl in Gasteig ein Bub geboren, der vom Sterzin ger Hilfspriester Anton Stainer – Gasteig gehört auch heute noch zur Pfarre Sterzing – auf den Na men Joseph getauft wurde. Der Vater versah den Mesnerdienst in Gasteig, während der Göte Georg Hofer als „Spittalmeßner“ in Sterzing fungierte. In Gasteig wird der kleine Joseph, aus dem einmal ein vielgerühmter und weitum bekannter Orgelbauer werden sollte, wohl auch seine ersten Schuljahre verbracht ha ben, bevor es ihn dann irgendwann einmal ins Unterinntal verschlug. Überhaupt ist außer über sein im menses Schaffen diesseits und jenseits des Brenners recht we nig über den weiteren Lebenslauf dieses Mannes, der in der Fachliteratur nicht selten als einer der besten und mitunter sogar als der beste Orgelbauer Tirols des 19. Jahrhunderts bezeich net wird, bekannt. Insgesamt hat er im Laufe seines Arbeitslebens über 100 Orgeln neu aufgestellt, umgebaut oder repariert. Aigner wird überdies auch als guter Or ganist gerühmt, was ihm bei der Ausübung seines Berufes sicher lich zugutegekommen ist. von Paul Felizetti
Alte Ansichtskarte von Gasteig
Wir wissen bis heute auch nicht, wo und bei welchem Meister Jo seph Aigner in die Lehre gegangen ist, wo er sich sein Wissen und sei ne besonderen Fertigkeiten im Orgelbau angeeignet hat. Seine ersten Werke sind für das Jahr 1837 dokumentiert, als er für die Kir chen von Navis und Reith bei Seefeld die Orgeln gebaut hat. Er war damals somit gerade 28 Jahre alt.
Zu dieser Zeit war er in Radfeld im Bezirk Kufstein ansässig. Spätestens im Jahr 1841 ließ er sich dann in Schwaz nieder. Dort trat er dann auch vor den Traualtar. Am 9. März 1846 wurde er vom Fran ziskanerpater Cassian Danzl, Vikar im Kloster von Schwaz, mit Anna Stubenvoll, gebürtig aus Wiesing als Tochter eines Bergknappen, Häuer am Falkenstein bei Schwaz, getraut. Trauzeugen waren der Tischler Anton Kirchmair und der Bauernsohn Josef Schaffler. Ein Jahr später wurde dem jungen Paar am 6. Juni 1847 eine Toch ter geboren, die auf den Namen Anna Maria getauft wurde. Tauf pate war Mathias Zingerle, der im Taufbuch als Orgelbauergesel le bezeichnet wird. Josephs Trauzeugen Anton Kirchmair war tags
zuvor ein Sohn geboren worden, bei dem Aigner als Taufpate fun gierte. Er dürfte auch im Hause des Tischlermeisters seine Woh nung gehabt haben, denn bei beiden wird im Taufbuch als Wohnsitz das Haus Nr. 205 in der Pfleggasse angegeben. Ein Sohn – wie damals nicht un üblich nach dem Vater Joseph genannt – erblickte am 17. März 1850 das Licht der Welt. Dieser verstarb allerdings im zarten Alter von wenigen Tagen am 23. März 1850. Als Todesursache wird im Sterbebuch „Fraisen“ angegeben. Darunter versteht man heute eine ganze Reihe von Krankheiten, de ren Symptome in einer vorübergehenden krampfartigen Funktionsstörung des Gehirns bestanden, u. a. Epilepsie, und die man mit dem damaligen Stand der Medizin
„Tischlergerechtsame“ zum Verkauf, Zeitungsinserat von 1855
nicht zu unterscheiden wusste. Seine Ehe mit Anna Stubenvoll war nur von kurzer Dauer. Sie ver starb bereits am 27. Dezember 1853 im Alter von 41 Jahren an Lungensucht. Bereits am 24. Ap ril 1854 stand Aigner wieder vor dem Traualter und nahm die Tag löhnerstochter Maria Kern, geboren zu Reith im Alpbachtal bei Rattenberg, zur Frau. Im Juni 1868 trat Aigners Tochter Anna Maria in das altehrwürdi ge Dominikanerinnenkloster Maria Steinach in Algund ein. Bei dieser Gelegenheit ließ sich der inzwischen ziemlich bekannte Orgelbauer nicht lumpen, wie das „Südtiroler Volksblatt“ vom 20. Juni 1868 zu berichten wusste: „Meran, 12. Juni. (Eine Profeßfei er ...) Am letzten Dienstag wurde im nahen Dominikanerinnen-Klos ter Maria Steinach eine Profeßfeier begangen, die sich durch eine besondere Eigenthümlichkeit aus zeichnete. Die fromme Jungfrau, die bei dieser Gelegenheit durch die feierliche Ablegung der hl. Or densgelübde Gott für immer sich zum Opfer brachte, war Chorfrau Maria Sibilina, die einzige Tochter des im ganzen Lande sowohl we gen seines Charakters als wegen seiner Leistungen in seinem Fa che rühmlichst bekannten Herrn Orgelbauers Aigner von Schwaz. Der edle von wahrer Frömmig keit durchdrungene Mann wollte an dem Tage, wo er gleich Abra ham sein Liebstes, sein Lieblingskind, dem Herrn auf den Opferaltar legte, wie der Festprediger, der Hochw. P. Ambros, Pfarrer von Senale so treffend bemerkte, an
Aigner-Orgel in Marienberg (Vinschgau), Aufnahme von 2017
dem Tage, der ihm wie seinem Kinde zu einer so außerordentlichen Freude gereichte, auch mit vielen Theilnehmern seiner Freude sich umgeben. Zu diesem Zwecke lud er außer einer hübschen Anzahl von Freunden und Honoratioren auch 20 Arme aus der Nachbar schaft des Klosters zur Profeßfeierlichkeit, und betheilte und erfreute diese hierauf mit einem kräftigen Mahle und ließ überdies noch anderen, die ihres Alters oder ih rer Preßhaftikeit (Gebrechlichkeit, Anm.) wegen weder in der Kirche noch bei Tisch erscheinen konn ten, Speisen und Erquickungen ins Haus bringen. Ehre und Got teslohn dem Edlen, der Gottesund Nächstenliebe in einem Akte so anspruchslos zu üben versteht ...“ Die Professschwester Maria Si bilina verstarb bereits im Jahr 1869 im Kloster Maria Steinach. Die Familie Aigner muss wohl eine sehr gläubige Familie gewesen sein, denn ein Sohn aus Aigners zweiter Ehe hat sich ebenfalls für ein Leben hinter Klostermauern entschieden. Der am 29. Jänner 1855 geborene Josef Clemens trat bei den Kapuzinern ein, nahm den Ordensnamen Hieronymus an und wurde 1880 zum Priester geweiht. Im Orden betätigte er sich so wie der Vater als Orgelbauer. Als sol cher wurde er später von der Ordensleitung nach Sofia in Bulgarien geschickt, wo er die Orgel in der Domkirche herstellte. Er ver starb als Festtagsprediger und Direktor des III. Ordens am 25. Februar 1896 in Feldkirch.
Anfangs war Aigner mit zwei bis drei Gesellen im Lande unterwegs. Möglicherweise waren dies ein Bruder seiner Frau, Johann Stu benvoll, geboren am 15. September 1809 in Wiesing, der später auch die Laufbahn eines Orgel bauers einschlug und dabei bis in die deutsche Sprachinsel Zahre (Sauris) in Friaul kam, dann Ma thias Zingerle, der Taufpate seiner Tochter, und natürlich Thomas Kirchmair, der ihm sein ganzes Leben lang bis zu seinem Tod als „unzertrennlicher Gehilfe“ treu zur Seite stehen sollte. Anschei nend hatte Aigner keine eigene Werkstatt für den Orgelbau. Auf alle Fälle bot er 1855 in der Zei tung seine „Tischlergerechtsame“ in Schwaz zum Verkauf an. In der Regel fertigte er seine Orgeln di rekt am Aufstellungsort an, auch die Platten für die Herstellung der metallenen Orgelpfeifen wurden an Ort und Stelle gegossen. Dar in wird wohl auch der Grund dafür zu suchen sein, dass seine Orgeln
um einiges preisgünstiger als die der Konkurrenz ausfielen und sich somit auch nicht besonders bemit telte Pfarreien eine Orgel in solider Qualität leisten konnten. Albert Reichling, dem wir eine umfassen de Südtiroler Orgelgeschichte verdanken, beschreibt den Klangstil der Aigner-Orgeln als „etwas alt meisterlich, zum Strengen neigend“. Seine Werke sind nach ihrem äußeren Erscheinungsbild unverwechselbar. Aigners Orgeln heben sich in der Prospektgestaltung von anderen Orgelbauern der Zeit deutlich ab. War er anfangs noch eher dem Klassizismus zugeneigt, so pflegte er später die Neugo tik, die gerade hoch in Mode war, oder auch Mischstile. Ihre vorzüg liche Planung und die akkurate handwerkliche Ausführung wur den allgemein gerühmt.
Wirft man einen kurzen Blick auf die lange Liste der Aigner-Orgeln, die obendrein nicht einmal voll ständig ist, so kann man sich vielleicht das unstete Wanderleben des Orgelbauers und seines Gesel len bildhaft vorstellen: Navis 1837, Reith bei Seefeld 1837, Zirl Kalva rienbergkirche vor 1840, Mötz um 1840, Absam 1841, Roppen 1842, Schwaz Franziskanerkirche 1843, Reith bei Kitzbühel 1843, Landeck Pfarrkirche 1844/45, Kirchdorf 1846, Hinterriß 1846/47, Sautens im Ötztal 1847, Reutte Franziska nerkirche 1847, Toblach 1848/49, Reith im Alpbachtal 1849, Sexten 1850, Zirl Pfarrkirche 1851/52, Lienz Dominikanerinnen-Kirche 1852, Bozen-Gries alte Pfarrkir che 1852/53, Bozen St. Anton im Ansitz Klebenstein um 1854, Fie berbrunn 1854, St. Jakob in Haus 1855, Enneberg 1855, Flaas 1856, Brixen Klarissenkirche 1856/57, Brixen Pfarrkirche St. Michael 1858, Algund Klosterkirche Maria Steinach 1860, Terfens 1861, Ter enten 1862, Rum um 1863, Andrian 1863, Platt 1864/65, Kaltern Franziskanerkirche 1865, Mari enberg Benediktiner-Stiftskirche 1865/66, Meran Pfarrkirche St. Ni kolaus 1867, Meran Spitalkirche 1868, Unsere Liebe Frau im Walde 1868, Proveis 1868, Riffian 1869, Weerberg 1869/70, Unsere Frau in Schnals 1870, Fiecht bei Schwaz Benediktiner-Stiftskirche 1871, Völlan 1871/72, Tisens Pfarrkirche 1872/73, Laatsch 1873, Burgeis Pfarrkirche 1873/74, Planeil 1874, Wolkenstein 1874, Lana Pfarrkir che Mariä Himmelfahrt 1875, St. Leonhard in Passeier 1876, Mar ling 1877, Altrei 1877, Achenkirch 1877/78, Müstair (CH) Klosterkir che 1878, Moos in Passeier 1879,
Wengen 1879, St. Georgenberg Wallfahrtskirche 1880, Jenesi en 1880, Lana St. Peter 1881, Schlanders Pfarrkirche 1881, Stuls 1882, St. Walburg in Ulten 1883, Lana Kapuzinerkirche 1884, Latsch Pfarrkirche 1884, Tscherms 1884/85, Rabenstein 1885, St. Martin im Kofl 1886. Als seine wichtigsten Meisterwer ke werden zumeist die Orgel des Benediktinerstifts Marienberg ge nannt, das größte von ihm gebauten Instrument, an dem er vom 27. November 1865 durch 57 Wochen arbeitete, sowie jene in der Stiftskirche St. Josef der Benediktinerabtei St. Georgenberg-Fiecht im Unterinntal. Möge stellvertretend ein einziger Zeitungsbericht (Volksblatt vom 28. Juli 1875) die große Wert schätzung und Achtung bezeugen, die Aigner landauf, landab genoss. So hieß es nach dem Bau der Orgel in der Pfarrkirche von Niederlana: „Lana, 20. Juli. Die seit Jahren mit unermüdeter Thätig keit und mit anerkanntem Erfolge restaurierte, wahrhaft prachtvolle Pfarrkirche von Niederlana ist ihrer Vollendung nun wieder ein gutes Stück näher gebracht. Sie hat nämlich ein sehr ansehnliches und gediegenes neues Orgelwerk erhalten. Wenn das Sprichwort sagt: das Werk lobt seinen Meis ter, so muß man hier sagen: das Werk lobt die Meister; denn bei de Künstler, der Herr Architekt sowohl in Anfertigung des mit großem Geschmacke und in architektonischer Richtigkeit ausgeführten Kastens, als insbesonders Herr Or gelbauer Jos. Aigner mit seinem lieben ‚Brüderle‘ Thomas in Erstel lung des Orgelwerkes selber werden schon durch das Werk gelobt, ohne erst das Menschenlob ab warten zu müssen. Das ganze Orgelwerk mit Einschluß des Positives hat nur seine 20 Register wie vorher, allein der Charakter der neuen Orgel ist an Männlichkeit und Völle so verschieden von der alten, daß die Leute eine nochmal so große Orgel zu hören glauben. Insbesonders spricht aber an die Zartheit und Lieblichkeit der Sing
In Marling fand Joseph Aigner seine letzte Ruhestätte, alte Ansichtskarte.
register. Ohne uns in eine weitere Schilderung einzulassen, da des Hrn. Aigners Orgeln in der weiten Umgegend zu viele sind, als daß noch jemand Zweifel hätte, ob deren Haltbarkeit und Schönheit, sei im Gefühle schuldiger Dank barkeit nur noch erwähnt, daß an der einzig nur durch milde Beiträ ge erstellten, großartigen Orgel Herr Aigner durch seine Billigkeit der größte Wohltäter ist und ihm sonach vor und mit allen übrigen Wohlthätern ein herzliches ‚Ver gelt‘s Gott‘ gebührt.“
Aigners letztes Werk wird wohl die Orgel in St. Martin im Kofl im Vinschgau gewesen sein. Am 2. Jänner 1887 verstarb er in Mar ling an „Schlagfluss“, wie der „Burggräfler“ vom 5. Jänner 1887 seiner Leserschaft zu be richten wusste: „3. Dez. (müsste Jänner sein, Anm.) Marling. (Or gelbauer Aigner †.) Gestern starb dahier nach langer Krankheit und wiederholten Schlaganfällen, ver sehen mit den hl. Sterbesakramenten, der in Deutschtirol allbekannte und vielgesuchte Orgelbauer Herr Josef Aigner, welcher mit seinem unzertrennlichen Ge hilfen Thomas weit über 100 Orgeln theils neu aufstellte, theils reparirt hat. Aigner war ein sehr gewissenhafter, uneigennütziger und religiöser Mann, der durch seine geringen Forderungen so manchen unbemittelten Kirchen es ermöglichte, eine Orgel anzu schaffen und allerorts durch seinen frommen Wandel erbaute. Er wird besonders dem Gebete des hochw. Klerus empfohlen, dem er stets die größte Ehrfurcht be zeugte.“ Möglicherweise hatte er sich in seinen alten Tagen im son nigen Marling sesshaft gemacht. Dafür spricht auch der Umstand, dass sein treuer Geselle Thomas Kirchmair, der 1887, dem Todes jahr seines Meisters, noch dessen Orgel in Wolkenstein repariert hat, am 9. März 1889 ebenfalls in Marling verstorben ist.
Dass in Marling und Umgebung die Erinnerung an den großen Or gelbauer aus Gasteig lebendiger ist als in seiner Geburtsgemein de, beweist wohl am besten die Tatsache, dass der Gemeinderat von Lana auf Antrag des Heimat kundlers Albert Innerhofer mit Beschluss Nr. 22 vom 2. Juli 1997 im Gewerbepark der Marktgemein de eine Straße nach dem großen Meister der Orgelbaukunst be nannt hat. Auf dem Gemeindegebiet von Lana hat Aigner nämlich vier Orgeln gebaut, die allesamt auch heute noch zum Lobe Got tes erklingen. E
Direktor Orazio Serafini
Das Bergwerk am Schneeberg im Hinterpasseier und die Erzaufbe reitungsanlage in Maiern im Ridnauntal durchliefen in den Jahren des Zweiten Weltkrieges von 1939 bis 1945 eine sehr turbulen te Zeit. 1940 hatte die A.M.M.I., eine Bergwerksgesellschaft mit starker staatlicher Beteiligung, das Bergwerk und die Aufbereitungs anlage von der privaten S.A.I.M.T. übernommen. Dabei änderte sich für den Schneeberg die Situation dahingehend, dass das traditions reiche Bergwerk nun nur mehr einer von zahlreichen anderen Bergbauen in Italien war, die von der neuen Gesellschaft geführt wur den. Ein Generaldirektor im fernen Rom leitete die gesamte Unternehmung, während vor Ort ein Werksdirektor eingesetzt wurde. Dieser Werksdirektor saß in Mai ern und wachte von dort aus über den Grubenbetrieb am Schnee berg. 1944 wurde in Folge des Zusam menbruchs der faschistischen Herrschaft in Italien das Bergwerk am Schneeberg und die Indust rieanlage im Ridnauntal von der deutschen Bergwerksgesellschaft Sachsenerz übernommen. Nach dem Ende des Krieges gingen die Anlagen wieder in die Führung der A.M.M.I. über. Der Betrieb am Schneeberg wurde allerdings bis 1948 nur eingeschränkt aufrecht erhalten, da die völlige Neuordnung der Verwaltungsstrukturen der A.M.M.I. auf nationaler Ebene Vorrang hatte. Am 2. November 1948 wurde der Ingenieur Orazio Serafini zum neuen Werksdirektor des Berg werks am Schneeberg ernannt. Wie schon unter seinen Vorgän gern fiel die Aufbereitungsanlage in Maiern ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des neuen Direktors. Hier wurden die Erze, die mittels einer Materialseilbahn vom Schneeberg über das Kaindljoch und das Lazzachertal angeliefert wurden, mechanisch und chemisch aufbereitet. Die ge wonnenen Erzkonzentrate, in der Hauptsache Blei und Zink, wurden in Pulverform für den Weitertrans port vorbereitet. Dieser erfolgte mittels Eisenbahn über den Bahn hof in Sterzing. Die Herausforderungen für Serafi ni waren vielfältig. Gerade zu Beginn seiner Tätigkeit als Werksdirektor gab es eine Reihe sehr strenger und schneereicher Win ter. Dabei war die Transportseilbahn die entscheidende Schwachstelle des Betriebs. Die Schneelasten waren derart, dass das Trageseil sogar brach und der Förderbetrieb vorübergehend eingestellt werden musste. Als Betriebsdirektor trug Serafi ni allerdings nicht nur die Verantwortung für die Betriebskosten und die Produktion von Erzkon von Armin Torggler zentraten. Er hatte auch die Aufsicht über die zahlreichen Arbeiter. Seit 1948 stieg die Zahl der Beschäftigten kontinuierlich an. Die einheimischen Bergknappen wurden dabei durch zahlreiche Arbeiter aus den verschiedensten Teilen Italiens aufgestockt. Beson ders viele kamen aus den Abruzzen an den Schneeberg. Als Direktor musste sich Orazio Serafini mit zahlreichen gewöhn lichen und außergewöhnlichen Problemen im Betrieb plagen. Sie reichten von den Schwierigkeiten vieler Arbeiter aus Mittel- und Süditalien mit dem Klima und der Abgeschiedenheit des Hochgebirges bis zum Geistlichen in der Schnee berger Kirche, der sich mit Serafini überhaupt nicht verstand. Beson ders das Leben der Arbeiter am Schneeberg war von Entbehrun gen gekennzeichnet. Die Arbeitsbedingungen waren vor allem in den langen Wintern hart. Die en gen Unterkünfte der Arbeiter und fehlende Freizeitangebote führten immer wieder zu schwierigen per sönlichen Situationen. Sogar einen Mord hat es in der Amtszeit Serafinis am Schneeberg gege ben. Die Betreibergesellschaft A.M.M.I. war zu jener Zeit, als Serafini Werksdirektor war, noch eine Kör perschaft öffentlichen Rechts. Bis 1957 hatte die A.M.M.I. als Ge sellschaft vier Eigentümer: das Hauptkapital wurde durch den Staat bereitgestellt (ca. 70 %), die restlichen 30 % stellten das nationale Versicherungsinstitut (INA), das Nationale Institut für Sozial fürsorge (INPS) und der Banco di Napoli bereit. 1957 wurde die A.M.M.I. in eine Aktiengesellschaft umgewan delt (S.p.A.). Der Hintergrund dieser Änderung der Betriebsstruktur war eine enorme Überschuldung von damals über 4,8 Milliarden Lire. Diese Verluste waren selbstverständlich nicht nur am Schneeberg eingefahren worden, sondern vor allem auch in ande ren Bergwerken in den verschiedenen italienischen Regionen. Das Defizit führte jedoch dazu, dass sich der Staat schrittweise aus den Bergbauunternehmungen der A.M.M.I. zurückziehen wollte. Die Umwandlung in eine Aktienge sellschaft sollte der erste Schritt in die Privatisierung der Bergbauge sellschaft sein, wobei jedoch eine erhebliche Zahl der gezeichneten Anteile wiederum vom Staat er worben werden musste, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Diese Änderungen in der be trieblichen Gesamtstruktur der A.M.M.I. brachte auch eine Ver änderung in der Werksleitung in Maiern. Nach rund zehn Jahren wurde Orazio Serafini 1958 als Werksdirektor abberufen.
Das Wipptal in historischen Bildern
von Alois Karl Eller
Feuerwehr-Festtag in Sterzing
Es ist nunmehr genau 120 Jahre her: Die Abbildung zeigt den feierlichen Einzug der Festgäste zum X. Delegiertentag des Feu erwehr-Bezirksverbandes und des 25-jährigen Gründungs festes der Freiwilligen Feuerwehr Sterzing am 23. September 1900.
Mit einem Zapfenstreich wurde am
Samstagabend die große Festfei er für Sonntag, den 23. September 1900 eingeleitet. Am Sonntagmor gen um 8.30 Uhr empfing eine Abordnung der Sterzinger Feuerwehr mit der Sterzinger Musikkapel le die Geladenen und Delegierten aus Nord- und Südtirol. Das waren u. a. Bezirksobmann Baron von Freyberg als Regierungsvertreter, Bezirksverbandsobmann Seidner, Herr Hummel aus Innsbruck als Vertreter des Landesverbands-Ausschusses, 20 Delegierte in Vertretung der elf Feuerwehren und weitere Geladene aus Innsbruck, Steinach, Bozen, Bri xen, Bruneck und Klausen. Zum offiziellen Frühschoppen lud der Besitzer vom „Hotel Rose“. Um 11.00 Uhr fand im Rathaus die X. Delegiertentagung statt, an der von Sterzing Jakob Stifter, Kom mandant der Sterzinger Feuerwehr, und dessen Stellvertreter Josef Tha ler teilnahmen. Nach dem Mittagessen beim „Schwarzen Adler“ begaben sich alle Festgäste auf den Stadtplatz. Dort zeichnete Bürger meister Alois Gschwenter 18 Feuerwehrmänner, die bereits 25 Jahre den Dienst in Sterzing versehen hat ten, mit der silbernen Erinnerungsmedaille aus. Nach der Schauübung ließen die Teilnehmer den Tag bei Blasmusik und Gesang im Garten vom Hotel „Alte Post“ gemütlich ausklingen.