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Ein wirklich lebendiger

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Editorial

Editorial

„EIN WIRKLICH LEBENDIGER MARKTPLATZ“

Ein Gespräch mit dem Bauherrn Stefan Mehl über die Vision für das Archiv der Zukunft und warum sich die Stadt Lichtenfels mit ihrer Mischung aus Tradition und Innovation besonders für das ambitionierte Projekt eignet. 11

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Herr Mehl, wenn Sie sich den Marktplatz in Lichtenfels in zwei Jahren vorstellen, was sehen Sie? SM:Meine Vision ist ein wirklich lebendiger Marktplatz.

Ich sehe regelmäßige Veranstaltungen, bei denen sich Menschen treffen und austauschen; einen Ort, an den man immer wieder schaut, um zu sehen, ob es etwas Neues gibt.

Neben dem geplanten Archiv der Zukunft gibt es ja noch andere spannende Projekte hier in Lichtenfels.

Meine Hoffnung ist, dass sie sich alle miteinander vernetzen und Lichtenfels eine Modellstadt wird.

Wir haben hier das Glück, dass die Zusammenarbeit zwischen den politischen Verantwortlichen, der lokalen Wirtschaft und allen interessierten Bürgern extrem gut ist. Dadurch entstehen Projekte, die die

Region beleben und zeigen werden, wie man sich in so einer kleinen Stadt der Zukunft stellt.

Es gab aber auch kritische Stimmen zum Bau des Archivs der Zukunft. Welche waren das? SM:Von Anfang an wurde das Vorhaben sehr positiv aufgenommen, viele Bürger waren froh, dass endlich etwas mit dem alten Gebäude passiert. Aber es gab auch ein paar wenige, denen die Architektur des neuen Gebäudes zu ungewöhnlich erschien und die befürchteten, dass das neue Gebäude nicht zum

Marktplatz passen könnte.

Sie sind dann direkt mit den Bürgern ins Gespräch gegangen. Wurde der Rückhalt in der Bevölkerung dadurch gestärkt? SM:Wir haben viel in Kommunikation und Darstellung des Bauprojekts investiert und ich glaube, das hat sich gelohnt. Viele Bürger sind zu unseren Veranstaltungen gekommen, haben Interesse gezeigt, sich mit dem Projekt auseinanderzusetzen, und ich hatte auch viele persönliche Gespräche. Mir ist es nicht gelungen, jeden Einzelnen zu überzeugen, aber ich habe den Eindruck, dass die Menschen bereit sind, abzuwarten und sich vom fertigen Bau überzeugen zu lassen.

Hat sich durch das Feedback der Bürger auch etwas an der Vision für das Archiv der Zukunft verändert? SM:Das Projekt steht noch am Anfang der Entwicklung, aber wir werden versuchen, die vielen Vorschläge und Ideen in den dynamischen Prozess einzubinden.

Das Gebäude selbst ist mittlerweile relativ klar und alle wichtigen Bestandteile sind festgelegt und befinden sich in der Umsetzung. Aber was dann wirklich das Archiv der Zukunft ausmachen wird, also, was wir drinnen und rundherum machen werden, das ist gerade erst im Entstehen. Es gibt die Vision, die

Leute für die Zukunft zu begeistern, und jetzt erarbeiten wir daraus Stück für Stück etwas Konkretes.

Was sind die nächsten Schritte? SM:Wir entwickeln gerade gemeinsam mit dem Architekten Peter Haimerl und einer Firma, die auf die Konzeption von Ausstellungen spezialisiert ist, ein Konzept, wie die Ausstellungen im Archiv der Zukunft aussehen könnten. Es gibt bereits erste Entwürfe und Vorschläge, die im Laufe des Jahres ausgearbeitet und dann hoffentlich bis zum Herbst nächsten Jahres fertig werden.

Können Sie schon erste Ideen verraten? SM:Es wird in jedem Fall keine Ausstellung im herkömmlichen Sinne sein. Es gibt bereits einige spannende

Projekte wie das Futurium in Berlin, die sich mit dem

Thema Zukunft beschäftigen. Wir haben aber kein

Interesse daran, solche Projekte im kleinen Rahmen nachzuahmen.

Wird der virtuelle Raum eine Rolle spielen? SM:Ganz sicher. Wir werden stark investieren, um das

Archiv der Zukunft auch weltweit präsentieren zu können. Auch weil wir nicht wahnsinnig viel Platz haben, müssen wir sehr viel stärker virtuelle Wege der Vermittlung nutzen. Wir wünschen uns auch, dass es interaktiv wird, dass sich die Besucher – sowohl vor Ort als auch im virtuellen Raum – mit einbringen und ausprobieren können.

Langfristig soll ein Kurator das Archiv der Zukunft bespielen. SM:Das stimmt, wir suchen zurzeit die richtige Person für diese Aufgabe und ich bin sehr neugierig, wer sich das zutraut und sich auf diese Stelle bewerben wird. Es ist eine große Herausforderung, etwas zu gestalten, das es in der Form bisher noch nicht gegeben hat, und es dann auch dauerhaft attraktiv zu machen.

Haben Sie konkrete Wünsche, was diese Person mitbringen soll? SM:Die Person sollte eine gewisse Offenheit und eine

Vorliebe für ländliche Regionen haben – das braucht man, um sich hier vor Ort durchzusetzen. Noch wichtiger ist aber, dass die Person engagiert ist und innovative Ideen und Mut hat. Sie muss immer wieder neue Dinge entwickeln und auch auf Entwicklungen reagieren.

Wenn sich irgendwo eine neue Entwicklung abzeichnet, die unsere Zukunft beeinflusst, dann möchten wir sie gerne so früh wie möglich hier präsentieren.

Wir wollen die Menschen immer wieder überraschen mit dem, was wir da machen. Wir suchen also jemanden, der kreativ ist und gleichzeitig ein ausgesprochenes Faible für technische Zusammenhänge hat.

Welche Themenschwerpunkte wünschen Sie sich für das Archiv der Zukunft? SM:Mir ist wirklich wichtig, dass wir versuchen, über den

Tellerrand hinauszublicken. Ich finde zum Beispiel das Thema Vertical Farming spannend, weil ich

„Es geht uns darum, immer wieder spannende Projekte zu finden, die real und virtuell umgesetzt werden, damit wir uns mit Orten und Menschen auf der ganzen Welt vernetzen können.“

denke, dass das für unsere Zukunft sehr wichtig werden könnte. Bei jedem Thema sollte man sich die Fragen stellen: Was können wir damit in der Zukunft machen und wie wird es unser Leben verändern? Ich finde es spannend, aufzuzeigen, wie etwas unser Leben und das Leben nachfolgender Generationen beeinflusst. Da kann es um Mobilität, Umweltschutz oder Nachhaltigkeit gehen; Dinge, die jetzt wichtiger werden und wo wir jetzt Weichen stellen können. Es soll darum gehen, Themen aufzugreifen, Wege zu zeigen, wie sie umgesetzt werden, und den Menschen die Angst vor neuen Entwicklungen zu nehmen.

Was macht Lichtenfels zu einem guten Ausgangspunkt für ein solch ambitioniertes Projekt? SM:Die gute Mischung. Einerseits unsere Traditionen und das Gemütliche, Fränkische, andererseits die

Betriebe, die hier in den letzten Jahren entstanden sind, die innovative Technologien entwickeln und jetzt teilweise an der Weltspitze mitarbeiten. Diese Mischung aus Tradition und Zukunft gibt es nicht so häufig und sie zeichnet Lichtenfels aus. Unser Bürgermeister ist sehr engagiert und konnte vieles bewegen und auch parteiübergreifend werden hier Projekte angeschoben und nach vorne gebracht. Das gibt es in dieser Form vermutlich nicht so oft, dass man sich nicht bekämpft und versucht, den anderen mit besseren Ideen zu übertrumpfen, sondern in der Lage ist, sich zurückzunehmen, damit man gemeinsam etwas erreicht.

Es gibt den Wunsch, dass sich Lichtenfels durch das Archiv der Zukunft mehr mit der Welt vernetzt. SM:Wir werden versuchen, die technischen Möglichkeiten dafür zu schaffen – da gibt es bereits erste Ideen, die auch in das Ausstellungskonzept mit einfließen könnten, zum Beispiel die Möglichkeit, virtuelle Verbindungen an andere Orte der Welt herzustellen und sie auch dauerhaft einzurichten.

Die Firmen hier in der Region zeichnen sich dadurch aus, dass sie weltweit exportieren. Es gab die Idee, dass man zeigen könnte, was irgendwo auf der Welt mit Produkten aus Lichtenfels und der Region gemacht wird. Und umgekehrt gäbe es die Möglichkeit, dass jemand, der an einem ähnlichen Projekt arbeitet oder eine tolle, neue Idee hat, hier ein Forum findet, in dem er sich virtuell präsentieren kann.

Aber auch die persönliche Begegnung soll wichtig bleiben. SM:Die persönliche Begegnung gewinnt gerade jetzt an

Wert. Wir möchten spannende Leute einladen, die hier Vorträge halten. Das konnten wir bereits mit unseren Veranstaltungen im letzten Jahr testen, erstaunlich viele Menschen konnten sich dafür begeistern und hatten Interesse mitzudiskutieren. Es geht uns darum, immer wieder spannende Projekte zu finden, die real und virtuell umgesetzt werden, damit wir uns mit Orten und Menschen auf der ganzen Welt vernetzen können.

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